Protocol of the Session on November 12, 2003

Natürlich kann ich verstehen, dass Sie jeden Antrag nutzen, um Ihren Schwerpunkt zu bilden. Aber ich halte es auch für unseriös, wenn wir in der Bürgerschaft einen Antrag über die Qualifizierung von Tagesmüttern haben, Sie dann auf diesen Antrag, wie zum Beispiel Herr Böwer, aber kaum eingehen.

(Christa Goetsch GAL: Weil er so blöd ist!)

Das finde ich, ist auch für die Opposition etwas wenig. Frau Dr. Freudenberg hat den Antrag im engeren Sinne behandelt. Das fand ich sehr gut und sehr richtig. Herr Böwer ging traditionell nach vorne und hat die Reden der letzten zwei Wochen wiederholt.

Ich möchte noch etwas zu Frau Dr. Freudenberg sagen, um zumindest einmal noch ein bisschen inhaltlich über den Antrag zu reden. Jetzt werfen Sie uns vor, was ich nicht als Vorwurf bezeichnen will, dass Tagesmütter kein Ersatz für die Kindertagesbetreuung seien. Das ist richtig. Sie werfen uns indirekt ein bisschen vor, dass wir die Qualifizierung und den Ausbau der Tagesmütter benutzen würden, um das zu kompensieren. Dann frage ich Sie doch mal: Wer war es denn vor acht Jahren, der die Tagespflegebörse eingeführt hat? Sie waren es.

(Christa Goetsch GAL: Nö!)

Sie haben dieses ohne Begleitung und Qualifizierung eingeführt. Sie haben tatsächlich vor acht Jahren nur die Tagesmütter als kompensatorische Leistung benutzt.

(Dr. Willfried Maier GAL: Das war der Herr Silberbach von der PRO!)

Jetzt holen wir das nach, was Sie versäumt haben, nämlich die Qualifizierung von Tagesmüttern.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Ich glaube, dass es inhaltlich völlig richtig ist, alle Bereiche, soweit es möglich ist, abzudecken.

Herr Dr. Maier, warten Sie es doch mal ab. Wir werden in den nächsten Monaten noch genug Zeit haben, dann auch die Ergebnisse zu besprechen. Tatsache ist zurzeit, dass die vor kurzem eingetretenen Schwierigkeiten vom Senat und von den Regierungsfraktionen in gemeinsamer Abstimmung gelöst werden. Wir können uns dann im Januar oder Februar gern noch einmal über diese Debatte unterhalten. Dann werden wir sehen, wo wir gelandet sind.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Nun bekommt Herr Dr. Schinnenburg das Wort.

Also, ich könnte Ihnen Zeitungen aus diversen SPD-regierten Ländern vorführen. Da steht überall so etwas drin. Das ist nicht nur in Schleswig-Holstein so.

Herr Böwer, Sie haben gesagt, Herr Schinnenburg habe nichts begriffen. Das Schlimme mit Ihnen ist, Sie haben es begriffen. Sie erzählen nur ständig etwas anderes, als Sie selber wissen. Das ist das Problem mit Ihnen.

(Beifall bei der CDU und der Partei Rechtsstaat- licher Offensive)

Sie führen uns hier etwas vor, von dem Sie selber wissen, dass es falsch ist.

Der Unterschied, Frau Goetsch, ist folgender: Sie haben Recht, es ist nicht befriedigend, wenn Eltern in Unsicherheit sind, ob sie einen Kita-Gutschein erhalten oder nicht. Das ist keine Frage. Noch viel unbefriedigender ist es, wenn in allen anderen Ländern keine Unsicherheit besteht, sondern Sicherheit, nämlich Sicherheit, dass man keinen Platz erhält. Das ist doch der entscheidende Unterschied.

(Beifall bei der CDU und der Partei Rechtsstaat- licher Offensive – Petra Brinkmann SPD: Ist hier doch auch so!)

Es geht doch nur darum, wie viel mehr Kapazität wir hier schaffen, verglichen mit den von Ihnen regierten Ländern. Das ist doch der entscheidende Punkt. Sie kennen die Untersuchungen. Zu Ihren Zeiten fehlten 15 000 Plätze. Dann gab es die Studie, die wir so gelesen haben, dass 13 000 Plätze fehlen. Herr Böwer meinte, 18 000 daraus zu lesen. Jetzt werfen Sie uns vor, es fehlten jetzt noch 10 000 Plätze. Selbst nach Herrn Böwers Geschichten ist es eine deutliche Verbesserung. Es wurde erwähnt, dass Sie hier den Kita-Etat um 27 Millionen D-Mark gesenkt haben. In der bereits erwähnten Studie kam nun doch gerade heraus, dass ein großer Bedarf an Tagespflege besteht, den Sie nicht befriedigen wollten. Das sage ich Ihnen ganz eindeutig. Sie trauen den Menschen nicht zu, sich selber um die Kinder zu kümmern und Sie trauen den Menschen nicht zu, sich um die Kinder ihrer Nachbarn zu kümmern.

(Petra Brinkmann SPD: Das ist eine Frechheit!)

Das ist Ihr Problem. Sie wollen immer nur die Kitas unterstützen. Das wollen wir auch, aber eben nicht nur. Es muss ein gesunder Wettbewerb bestehen, was die Mütter haben wollen, sollen sie bekommen, einen Kita-Platz oder einen Tagespflegeplatz. Das Kita-Gutscheinsystem deckt erst das auf, was Sie uns hier hinterlassen haben. Das ist doch der entscheidende Punkt. In Hamburg gibt es in einigen Punkten Unsicherheit. In Ihren Ländern gibt es generell Sicherheit, dass man nämlich nichts erhält. Von den 1,5 Milliarden Euro, die Ihre Bundesregierung für die Kindertagesbetreuung versprochen hat, ist hier kein einziger Cent angekommen. Wir müssen, wie oft, vom Bund und Rotgrün allein gelassen, die Probleme lösen. Wir werden das tun und Sie werden uns nicht daran hindern. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Frau Steffen hat jetzt das Wort.

A C

B D

Herr Dr. Schinnenburg und Herr Weinberg, das war ja ein etwas untauglicher Versuch, die Situation zu beschönigen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Es ist jetzt so, dass Sie seit zwei Jahren verantwortlich sind und regieren und dass Sie zwei Jahre Zeit gehabt haben, das System richtig zu etablieren. Um es noch einmal deutlich zu machen, da Sie versucht haben, hier Vergangenheitsbewältigung zu betreiben: Wir haben in der letzten Legislatur genau aus dem Grunde, weil deutlich wurde, dass ein Ausbau im Kita-System erforderlich ist, die Kita-Card nicht umgesetzt. Wir haben Ihnen im Übrigen in der jetzigen Legislatur dauernd Hinweise gegeben, dass dieses genau das Problem ist. Sie haben wider besseren Wissens gehandelt und nicht auf die Opposition gehört. Sie haben trotzdem in der Erarbeitung Ihres Kita-Systems mit bestimmten Änderungen, die wir auch so nicht gemacht hätten, weitergearbeitet. Sie haben jetzt versucht, es durchzusetzen. Es nützt gar nichts, wenn Sie versuchen, was vor zwei Jahren in der letzten Legislatur war, zu beantworten oder darauf herumzureiten. Sie sind seit zwei Jahren verantwortlich. Insofern ist es auch Ihr Problem. Das muss man mal ganz deutlich sagen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Im Übrigen, um es nochmals deutlich zu machen, was auch aus den Reden schon deutlich geworden ist, zähle ich noch einmal auf: 12. Juni Pressemitteilung der BBS: Das Kita-System ist solide finanziert; 24. Juni, zwölf Tage später, Drucksache: Mehr Bedarf im Kita-Bereich von 19 Millionen; dann wird den ganzen Sommer über das, worauf die Opposition hinweist, nämlich, dass das System nicht solide finanziert ist, als Hysterie der Opposition ausgelegt; dann wird deutlich gesagt, mindestens 10 000 Kinder seien ohne Betreuung, mindestens 10 000 Eltern bekämen keinen Gutschein, es seien über 6000 Antragsteller abgelehnt worden, es seien in den diversen Kategorien immer noch Antragsteller da, die keine Bescheinigung bekämen, dass sie einen Platz bekämen. Das wird alles negiert. Der Senator ist in der Sitzung des Jugend- und Sportausschusses am 4. November nicht auskunftsfähig: Wie sieht es aus mit der Finanzierung des Systems? Haben wir noch mehr an Nachforderungen zu erwarten? Da ist er mit Hinweis auf die Sitzung des Senates am 10. November nicht auskunftsfähig gewesen. Und das Ergebnis ist, dass man sagt, man erfülle den Rechtsanspruch. Genau so ist die Chronologie. Insofern ist es so, dass nicht nur eine Nachforderung von 19 Millionen gegeben worden ist, es ist eine Nachforderung von X Millionen zurzeit offen. Wir wissen alle noch nicht, wie es weitergehen wird. Es gibt nur Vier-Stunden-Bewillligungen.

(Erster Vizepräsident Berndt Röder übernimmt den Vorsitz.)

Kinder, die bisher in Betreuung sind und von Krippe in Elementar übergehen, werden jetzt auch höchstens noch vier Stunden betreut werden und nicht mehr ganztags. Eltern stehen davor, dass sie ihren Arbeitsbereich ändern oder kündigen müssen. Und dann kommen Sie damit, dass Sie sagen: Ersatztagesmütter. Es ist ja richtig, dass Herr Weinberg gesagt hat, Tagesmütter seien kein Ersatz für die Kita. Das habe ich ja mit Interesse gehört. Ganz offensichtlich wurde, dass Sie da irgendwie doch mit Ihrem Koalitionspartner FDP auseinander liegen, denn

Herr Schinnenburg hat genau das Gegenteil gesagt. Vielleicht sollten Sie sich auch in der Frage noch einmal untereinander einigen. Dass eine Kita bisher mehr ausgerichtet hat als Tagesmütter, dass also die Frage der Bildung dort anders bewertet wird – was Tagesmütter auch gar nicht leisten können, das ist überhaupt keine Negativunterstellung für die Frage der Tagesmütter –, ist ganz deutlich dem System zu danken. Das ist klar. Insofern würde ich doch sagen: Wenn Sie selbst nicht wissen, ob Tagesmütter für Sie nun Ersatz für die Kita sein sollen – bei der FDP sieht es dem Beitrag von Herrn Schinnenburg nach ja so aus – oder ob das eine sinnvolle Ergänzung ist, so wie das bisher ja auch gemacht wurde, dann einigen Sie sich doch darüber einmal. Und dann sehen Sie vor allen Dingen zu, dass es hierzu klare Äußerungen gibt, auf die sich Eltern verlassen können, womit sie rechnen können. Es wird jetzt Zeit, Herr Weinberg, und nicht erst im Januar oder Februar.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Stephan Müller.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Das hilft auch nichts mehr! – Barbara Duden SPD: Das reißt ihn nicht mehr rum!)

Herr Präsident, ich erlaube mir einfach einmal – so hoffe ich doch zumindest – das Schlusswort.

(Thomas Böwer SPD: Da wäre ich nicht so sicher, Herr Kollege!)

Ich versuche es noch einmal auf sachlicher Ebene: Ich muss Sie vorläufig erst noch einmal enttäuschen. Als wir diesen Antrag geschrieben haben, stellte sich diese KitaProblematik nicht,

(Thomas Böwer SPD: Wann haben Sie den Antrag denn gestellt?)

denn dieser Antrag, meine Damen und Herren, ist mittlerweile ein halbes Jahr alt.

(Lachen bei der SPD)

Ich möchte auch nicht, dass dieser Antrag jetzt hier so heruntergespielt wird, so quasi, wir würden mit diesem Antrag jetzt versuchen, hier etwas schön zu schminken. Aber wenn Sie denn diese Kita-Debatte aufmachen, muss ich natürlich mitmachen. Das sehe ich ganz offen so.

Ich kann Ihnen eigentlich nur das sagen, was wir hier in der letzten Bürgerschaftssitzung auch gesagt haben: Es gibt sicherlich Nachbesserungsbedarf. Dafür ist die Lenkungsgruppe eingesetzt worden und ich würde es nach wie vor für verkehrt halten, hier blinden Aktionismus walten zu lassen. Natürlich ist das unbefriedigend für die, die sich im Augenblick in einer Situation der Unsicherheit befinden. D'accord, gar keine Frage. Nur: Blinder Aktionismus in einem solch großen Projekt, in einer solch großen Reform hilft hier niemandem weiter, meine Damen und Herren.

(Dr. Verena Lappe GAL: Das müssen Sie abstel- len!)

Ich sehe mit Bedauern, dass Sie sich melden, Herr Böwer. Eigentlich wollte ich das Schlusswort haben.

Deswegen bitte ich Sie auch: Lassen Sie uns doch diese Problematik konstruktiv angehen, und zwar gemeinsam. Hier gibt es Lösungsmöglichkeiten. Davon bin ich fest überzeugt. Es sind ja nur ein paar kleine Dinge in dieser Frage zu lösen und das sollten wir doch gemeinsam schaffen. Trotz alledem bitte ich Sie, dieses jetzt nicht mit diesem Antrag, der hier vorliegt, zu vermischen. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Böwer.

(Martin Woestmeyer FDP: Die dritte Wiederho- lung!)