Protocol of the Session on September 3, 2003

(Thomas Böwer SPD: Du sollst deinen Bürger- meister nicht erpressen! – Ingo Egloff SPD: Das haben wir heute gesehen!)

Aber wir sind unserem Gewissen unterworfen.

(Zurufe von der SPD und der GAL)

Dieses Gewissen mag für manch einen von Ihnen ein altmodischer Begriff sein. Es ist, philosophisch gesehen, – so sagte Kant – unser innerer Gerichtshof, der uns sagt, was richtig oder was falsch ist.

(Michael Neumann SPD: Dann hören Sie doch mal auf Ihren Gerichtshof!)

Das Christentum hat eine Verschärfung hineingebracht und hat von Gut und Böse gesprochen. Da wird es dann schon prekär. Etwas Falsches mag jeder gern vielleicht noch verkraften können, aber etwas Böses nicht. Deswegen versuchen wir, Ausflüchte zu finden. Das heißt, wenn Herr Zuckerer hier von einer intelligenten Polemik redet, dann kann ich darüber nur lachen, denn das ist es wahrhaftig nicht. Wir sagen, aus dem Bauch heraus muss man etwas tun oder es gibt eine Informationspflicht, obwohl es nur Voyeurismus ist. Schiller sagte:

„Es liebt die Welt, das Strahlende zu schwärzen und das Erhabene in den Staub zu ziehn.“

Das tun Sie.

Wieweit wir diesem nachgeben, ist eine Frage der persönlichen Moral. Herr Zuckerer hat hier von persönlicher Moral gesprochen. Ich begebe mich nicht auf dieses dünne Eis, denn ich weiß, dass es kulturelle, religiöse oder ethnische Unterschiede gibt. Aber es gibt in diesem Hause einen stillschweigenden oder auch selbstverständlichen Konsens des Anstandes. Dem hat man nachzukommen. Dieser Anstand ist Toleranz, die keine Ignoranz oder Gleichgültigkeit ist. Sie betrifft jeden Abgeordneten hier im Hause und den Geist haben Sie, Frau Möller, nicht gepachtet.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Dr. Andrea Hilgers SPD: Was ist das Thema?)

Diesen Respekt und diese Achtung voreinander erwarte ich von allen. Sie sollten endlich lernen, Ihre Rolle anzunehmen. Sie sollten aufhören, beleidigt und moralisch entrüstet Ihren Machtverlust zu beweinen. Dann würde es der Würde dieses Hauses sehr wohl entgegenkommen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Dr. Holger Christier SPD: Absolut peinlich!)

Das Wort hat der Abgeordnete Silberbach.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Zuckerer, Sie haben sich gewundert, dass es zu einem derartigen Ergebnis kommen konnte, und insbesondere, warum die Schill-Partei gewählt worden ist. Die Schill-Partei ist ein Produkt der Unfähigkeit der SPD, die damals an der Regierung gewesen ist. Die Schill-Partei ist entstanden, weil Sie unfähig waren, für die Hamburger Bürger eine Politik zu machen, die von ihnen nachvollzogen werden konnte. Das ist das Ergebnis Ihrer eigenen Unfähigkeit gewesen.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Erhard Pumm SPD: Sie waren 18 Jahre dabei!)

Die Wähler haben vor zwei Jahren entschieden, dass sie die Politik von SPD und GAL nicht mehr haben wollten. Sie haben sie abgewählt, weil sie der Meinung waren, dass sie unfähig waren, diese Stadt zu regieren. Sie können herumreden, wie Sie wollen, aber so ist es gewesen. Diese Koalition hat eine gute Politik gemacht,

(Barbara Duden SPD: Gemacht, ja!)

wobei die Entgleisung von Herrn Schill nur einen Schatten auf diese Politik geworfen hat.

Sie, Herr Bürgermeister, haben diesen Schatten durch Ihr Handeln beseitigt. Ihnen gilt dafür unser Dank.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Die SPD läuft wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen durch die Stadt und präsentiert so genannte Bürgermeisterkandidaten.

(Dr. Holger Christier SPD: Völlig charakterlos!)

Der eine, Herr Scholz, weiß nicht, wohin er gehört.

(Michael Neumann SPD: Sie auch nicht!)

Bei der Situation, die wir in Hamburg hatten, hatte Herr Schulz

(Michael Neumann SPD: Scholz!)

nichts Besseres zu tun, als in Berlin zu sein und ein Buch von Herrn Gysi vorzustellen. Herr Mirow musste sich als Bürgermeisterkandidat selbst vorschlagen, weil von der SPD keiner auf die Idee gekommen ist, ihn vorzuschlagen.

Nun noch Herrn Zuckerer, der es bisher nicht versucht hat. Sie haben sich ja auch noch selbst ins Gespräch gebracht. Nach dem, was Sie heute hier abgeliefert haben, haben Sie sich vollkommen disqualifiziert und sind völlig unterhalb dessen, was ein Amtsinhaber braucht.

(Beifall und Bravo-Rufe bei der Partei Rechtsstaat- licher Offensive, der CDU und der FDP)

Die SPD ist heute so schwach, dass sie noch nicht einmal in der Lage ist, eine vernünftige Oppositionspolitik zu betreiben, geschweige denn, die Regierungsverantwortung zu übernehmen.

(Jenspeter Rosenfeldt SPD: Lassen Sie das doch die Wähler entscheiden!)

Die Koalition wird in aller Ruhe weitere zwei Jahre eine verantwortliche Regierungspolitik betreiben. Am Ende dieser vier Jahre wird der Bürger über die Regierungsarbeit entscheiden

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Früher!)

und nicht Sie durch derartige Theatervorstellungen, die Sie heute hier gegeben haben, auch wenn Sie eventuell in drei Wochen noch einmal den Versuch unternehmen, Neuwahlen erzwingen. Der Bürger hat Sie abgewählt, weil Sie unfähig sind. Ich habe starke und schwache SPD-Fraktionen erlebt. Aber eine solche SPD-Fraktion, wie die jetzige, habe ich noch nie erlebt.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Maier.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Herr Bürgermeister, Ihre Unterscheidung zwischen Taten und Sprüchen erinnert mich sehr an eine deutsche Eigentümlichkeit, nämlich zu vergessen, dass das Wichtigste, was politische Menschen in Ämtern machen, das Reden ist. Reden von politisch Verantwortlichen sind Taten. Wir sind dazu aufgerufen, politische Willensbildung zu betreiben. Das herunterzuqualifizieren und zu sagen, was der Herr Schill in seinen Reden an bösem Geist produziert, spiele keine Rolle, ist falsch.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Dass da böser Geist produziert worden ist, ist doch das Verhängnis.

Herr Mettbach, Herr Voscherau hat die Brocken hingeschmissen, nachdem er seinen Wählern vor der Wahl gesagt hatte, dass er nicht weitermachen würde, wenn er ein Ergebnis unter 40 Prozent erzielen würde; dann hat er 36 Prozent bekommen. So war der Vorgang.

(Dr. Verena Lappe GAL: Der war konsequent!)

Frau Koop, ich habe immer noch nicht das Erhabene gefunden, was wir in den Schmutz gezogen haben. Aber das mag sich ja noch ergeben.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich möchte ein paar Argumente vorbringen, warum ich Neuwahlen für die Stadt für besser halte als das Weitermachen,

(Peter Lorkowski Partei Rechtsstaatlicher Offensi- ve: Das kann ich mir vorstellen!)

obwohl ich weiß, dass Neuwahlen für die SPD oder für uns keinesfalls gewonnen wären. Das gebe ich sofort zu. Aber das wichtigste Ergebnis von Neuwahlen wäre, dass die 19,4 Prozent Bürgerinnen und Bürger, die Rechtspopulisten gewählt haben, nach zwei Jahren Erfahrung mit rechtspopulistischer Politik die Chance bekämen, sich zu korrigieren. Ich schätze viele Menschen im Einzelnen aus der Partei, aber als politische Formation muss sie versenkt werden.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Es gab einmal unter Demokraten in dieser Republik die Einigung darüber, dass sowohl Rechts- als auch Linkspopulisten nicht in die demokratische Ansehnlichkeit geholt werden. Sie, Herr Bürgermeister, haben in Ihrer eigenen Bundes-CDU damit zu tun und zu kämpfen, dass Sie das getan haben. Es ist die klassische Aufgabe der CDU, Rechtspopulisten nicht salonfähig zu machen, sondern sie, wie die Deutsche Partei, irgendwann einmal aufzulösen, wie die NPD oder die Republikaner klein zu machen. Sie haben sie ans Herz gedrückt und preisen das heute noch unter Zustimmung der Liberalen als Koalition der Vernunft.

(Jens Pramann Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Bürger sind das, der Wähler!)