Protocol of the Session on June 25, 2003

(Glocke)

Ich komme zum Schluss. Meine Damen und Herren, die Kita-Politik von Herrn Senator Lange ist eine Gefahr für Hamburg. Sie ist eltern-, kinder- und frauenfeindlich. – Danke.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat Herr Böwer.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Senator Lange, ich habe heute in der Zeitung mit den großen Buchstaben gelesen, ich hätte Sie gelobt.

(Stephan Müller Partei Rechtsstaatlicher Offensi- ve: Haben Sie!)

Man muss sich allerdings fragen, warum ich Sie für dieses Super-Kita-Gutscheinsystem hätte loben sollen. Von Frau Goetsch sind die ungefähr 7700 fehlenden Plätze angesprochen worden. Davon sind 3900 Berufstätige betroffen, die, wie es heute scheint, leer ausgehen. Das ist schlimm. Von daher gibt es keinen Grund zum Loben.

Soll ich Sie vielleicht für Ihren neuen Pressesprecher loben, dem es offensichtlich zu verdanken ist, dass anlässlich der Beratung zum Kita-Gesetz vom Abschied vom Sozialismus die Rede war? Ist es eventuell auch der Pressesprecher gewesen, der in der Presseerklärung der Behörde vom 20. Juni folgende Empfehlung an Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger geschrieben hat:

„Wir empfehlen den betroffenen Eltern und Erziehungsberechtigten der Priorität sechs und sieben, sich vorerst einen nicht geförderten Betreuungsplatz zu suchen.“

Wissen Sie eigentlich, was Sie da gesagt haben? Tatsache ist, dass Sie Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängerinnen empfehlen, sich für etwa 494 Euro einen Teiltagsplatz im Kindergarten zu kaufen. Herr Senator Lange, das ist nicht einmal fantasievoll, das ist zynisch, unsozial und atmet den Geist von Manchester.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Soll ich Sie loben, Herr Senator, dass Sie ohne einen Wimpernschlag 320 Krippenplätze, 860 Ganztagsplätze im Elementarbereich abgebaut haben und sich noch wie Bolle freuen? Sie haben an dieser Stelle das Angebot um 8,4 Millionen Euro reduziert und feiern dieses noch als Erfolg.

Das Projekt 18 hat Frau Goetsch gerade angesprochen. Ganze 18 Gutscheine gibt es im Bereich der Sprachförderung. Ich empfehle Ihnen und ich bin sicher, dass Ihr Pressesprecher dafür feine Ideen hat, diese 18 Gutscheine persönlich zu überreichen und ein nettes Event daraus zu machen: Lange spricht deutsch und alle staunen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich komme noch einmal auf die Zeitung mit den großen Buchstaben zurück. Soll ich Sie vielleicht loben und Ihnen dazu gratulieren, dass Sie, wenn man Ihren Zahlen zum Haushalt 2004 Glauben schenken darf, noch einmal weitere 5 Millionen Euro aus dem Haushalt herausnehmen müssen? Soll ich Sie loben, dass Sie den Kita-Bereich so solide finanziert haben wie weiland der dicke Kim Schmitz auf dem Neuen Markt, der sich bei Geschäftseröffnung feiern ließ und die drohenden Verluste für die nächsten Jahre verschwieg? Die Verlierer Ihrer verfehlten KitaPolitik stehen fest. Im Januar und Februar laufen die Übergangsregelungen aus. Das wird genau die Eltern und die Kinder treffen, für die sich Manfred Silberbach stark machen möchte. In Wilhelmsburg, in Neuwiedenthal und auf der Veddel werden Plätze eingespart werden müssen. Das hat mit Liberalität nichts mehr zu tun, das ist zynisch, das ist unsozial.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Da man sich hier an eine Redezeit von fünf Minuten halten soll, will ich Ihnen zwei Kaufmannsregeln mit auf den Weg geben, weil Sie im Augenblick so solide wie auf dem Neuen Markt finanzieren: Erstens begegnet man sich immer zweimal im Leben und zweitens sind auf dem Neuen Markt bisher alle Bilanztäuschungen aufgeflogen.

Herr Senator, es wird Ihnen zwar keine lange Nase wachsen, aber die Eltern und die Kinder werden Ihnen zu Recht eine eigene Rechnung aufmachen. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Herr Weinberg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Frau Goetsch, lieber Herr Böwer, es ist ein schöner Tag, dass man endlich von Prognosen und von Spekulationen wegkommt, weil man endlich Ergebnisse sieht.

(Ingo Egloff SPD: Besonders wenn die Ergebnisse schlecht sind!)

Wenn Sie sich die Ergebnisse im Zusammenhang mit dem Kita-Gutscheinsystem genau betrachten und analysieren, dann kommen wir zum Ergebnis, das KitaGutscheinsystem ist richtig, es ist gut und die Einführung war ein Erfolg.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Deswegen bin ich auch erstaunt, Frau Goetsch, wenn Sie dieses System nach wie vor als Glücksspiel bezeichnen. Wir haben eine Prioritätenliste und die Prioritäten eins bis vier – Priorität 4: Anschlussbewilligung – wurden komplett abgearbeitet, das heißt, von eins bis vier wurden bereits an die 50 000 Gutscheine verteilt. Sie haben bereits vor vielen, vielen Monaten spekuliert, es werde gar nicht möglich sein, es sei gar nicht machbar, das werde der Senat nicht schaffen. Er hat es geschafft und das ist auch gut so.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Der zweite Punkt und da habe ich Sie nicht verstanden: Vor Monaten haben Sie gesagt, es fehlen 18 000 Plätze, dann waren es 14 000, dann waren es 15 000. Das haben Sie heute wieder gesagt. Noch einmal: Es fehlen zurzeit 7500, davon werden 3900 der Priorität fünf in den nächsten Wochen verteilt werden. Das heißt, die Restsumme von 3600 hat nichts mit Ihren Spekulationen zu tun. Sie haben die Stadt verunsichert. Sie haben in einer Pressemitteilung geschrieben, es fehlten 18 000 Plätze und berufstätige Frauen würden keinen Platz bekommen. Es stimmt nicht und das ist jetzt einmal offen dargelegt worden.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Sie haben gesagt, es sei unsere Politik, Frauen wieder an den Herd zurückzuholen. Priorität fünf heißt: Erstbewilligung bei Berufstätigen und bei Personen, die in einer Ausbildung sind. Wenn diese 3900 Gutscheine verteilt werden, haben wir es in Hamburg geschafft, dass alle Hamburgerinnen und Hamburger, die in Ausbildung oder berufstätig sind, für ihr Kind einen Gutschein bekommen haben.

(Beifall bei Elke Thomas CDU)

Das heißt, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist in Hamburg gegeben. Das hat nichts mit „zurück an den Herd“ zu tun, liebe Frau Goetsch.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Vor vielen Monaten wurde von Ihnen immer wieder spekulativ, insbesondere auch von Herrn Böwer, gesagt, es würde in Hamburg eine Riesenverschiebung weg von den Ganztagsplätzen hin zu den Halbtagsplätzen geben. Haben Sie sich die Zahlen angesehen? Ich habe sie in Ihrem Vortrag vermisst und hätte gern einiges von Ihnen dazu gehört.

Ich will das an einem Beispiel deutlich machen. Wir haben im Bereich Elementar-Ganztagsbetreuung im letzten Jahr 16 144 Plätze gehabt, jetzt haben wir 15 142 Plätze. Das sind nicht 50 Prozent weniger, auch nicht 30 Prozent, das sind 6 Prozent weniger. Das ist also diese Riesenverschiebung hin zu den Halbtagsplätzen, die die Eltern erwartet haben. Nein, es herrscht in Hamburg eine Betreuungskontinuität.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Herr Böwer hat Herrn Lange laut der Zeitung mit den großen Buchstaben für den Ablauf bei der Einführung des Kita-Gutscheinsystems gelobt. Ich möchte betonen, dass wir hier einen Paradigmenwechsel im Bereich der Kindertagesbetreuung haben. Wir haben noch 7500 Anträge, die in der Bearbeitung sind. Aber ich möchte ausdrücklich meine Anerkennung aussprechen, wie es diese Behörde geschafft hat, die Umstrukturierung entgegen der Spekulation der Opposition zu vollziehen. Der Dank geht insbesondere an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behörden und in den Bezirken, die Enormes geleistet und das Gutscheinsystem tatsächlich zum Funktionieren gebracht haben.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Eines wurde deutlich und wird, wenn das Controllingverfahren richtig eingespielt ist, noch deutlicher werden: Wir haben in Hamburg etwas im Bereich der Kindertagesbetreuung geschafft, wir haben ein System entworfen und entwickelt, das die Ressourcen effektiver einsetzt. Sie sehen und erkennen jetzt genauer, wie Angebot und Nachfrage zusammengesteuert werden sollen. Wir haben jetzt ein System als Ausgangsbasis. Es war immer unser Impuls, zu sagen, Reform der Kindertagesbetreuung heißt in erster Linie erst einmal, den systemischen Ansatz zu vollbringen, dass wir die wenigen und knappen Ressourcen, die wir leider haben, effektiv einsetzen können.

Frau Goetsch, es ist sehr bedenklich, wenn Sie von lächerlichen 5 Millionen Euro sprechen, die wir jetzt noch einmal „nachgerüstet“ haben. Sie haben vor drei Jahren 26 Millionen DM eingespart, wir haben heute 5 Millionen Euro investiert. Das ist ein Riesenunterschied.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Insofern bleibt am Schluss als Fazit stehen: Ihre Spekulationen in dieser Stadt haben sich nicht „gelohnt“. Die Zahlen liegen jetzt auf dem Tisch. Als Perspektive ist für 2004 gegeben, dass dieses Kita-Gutscheinsystem sich stabilisiert. Das ist gut für die Menschen in dieser Stadt, das ist gut für die Familien und insbesondere ist es gut für die Kinder. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort hat jetzt Herr Müller.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zwei kurze Vorbemerkungen. Frau Goetsch, Politik für Kinder und Familie ist nicht nur im Ressort Schule oder Kita zu suchen, sondern es fängt auch in Berlin an, wo Standortpolitik und eine absolute verfehlte Wirtschaftspolitik gemacht wird.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Bernd Reinert CDU: Rich- tig! – Ingo Egloff SPD: Jetzt müssen Sie den Zu- sammenhang herstellen, Herr Kollege!)

Ich möchte Ihnen Folgendes mit auf den Weg geben: Sie beschweren sich hier, dass dieses System ein wenig ins Stocken geraten ist und ein paar Eltern möglicherweise ihren Gutschein nicht rechtzeitig erhalten. Das liegt doch wohl unter anderem auch daran, dass Sie sich hier verweigert haben, der zweiten Lesung zuzustimmen und das Ganze dadurch verschleppt haben.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Blockierer!)

Herr Böwer, ich bin bei der Ausschusssitzung dabei gewesen. Es ist richtig, Sie haben sich nicht bei Senator Lange bedankt. Das wäre auch zu viel erwartet gewesen. Sie haben sich bei den Behördenmitarbeitern bedankt. Ich glaube, Sie hätten sich eher bei den Behördenmitarbeitern entschuldigen müssen, dass Sie Ihnen durch die Verschleppung so viel Arbeit aufgebürdet haben.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Michael Fuchs CDU: So ist es!)