Als Innensenator haben Sie eine Vorbildfunktion. Was muss eigentlich ein Polizeibeamter von Ihnen halten, von dem verlangt wird, dass er sich an Recht und Gesetz zu halten hat, wenn sein eigener Senator es nicht so genau damit nimmt? Und was für ein Verhältnis zur Wahrheit haben Sie eigentlich, wenn Sie sich standhaft weigern, Berichte zu lesen, die möglicherweise Ihr eigenes Weltbild infrage stellen könnten? Man müsste fürwahr sagen, das ist eine Partei rechtswidriger Offensive.
Ein Aktenfresser – Zitat – wollen Sie ja nicht sein, brauchen Sie auch nicht, denn Sie wissen ja schon vorher, was die Wahrheit ist; das war schon als Richter so. Als Sie nämlich einen angeklagten Polizeibeamten freisprachen, sagten Sie in der Urteilsbegründung – Zitat –:
„Was in der Öffentlichkeit als Polizeiskandal bezeichnet wird, stellt sich immer mehr als etwas heraus, was diesen Namen nicht verdient. Es ist vielmehr der Versuch einer Diskreditierung der Polizei.“
Warum sind Sie eigentlich hier im Parlament, Herr Lenders? Ein Amtsrichter hat natürlich den größeren Durchblick als ein vom Parlament eingesetzter Untersuchungsausschuss, der 3000 Akten gesichtet, 57 Sitzungen durchgeführt und 101 Zeugen gehört hat. Könnte da vielleicht ein bisschen Größenwahnsinn eine Rolle spielen?
Ich möchte auf einige Argumente eingehen, die immer wieder gern gegen die Polizeikommission ins Feld geführt werden.
Von Seiten der CDU und der Schill-Partei wird immer wieder behauptet, ein Polizeibeauftragter oder eine Polizeikommission seien ein Misstrauensvotum gegen die Polizei; das ist natürlich völliger Unsinn. Herr Schäfer hat Herrn Ehlers heute schon mit dem Originalton zitiert, Sie können sich nicht herauswinden. In der Kriminologie ist eindeutig
umschrieben, was ein Polizeibeauftragter ist, das ist nämlich ein Beauftragter mit den Funktionen, die die Polizeikommission heute hat.
Doch, so ist das! Die Bereitschaft zur Selbstkritik, die Sie damals bei sich selbst angemahnt haben, ist leider aus opportunistischen Gründen baden gegangen.
Von Herrn Vahldieck wurde immer wieder behauptet, die Kommission sei zu teuer, das Geld solle man lieber für Stellen bei der Polizei ausgeben.
Auch die Wirtschaftlichkeit der Polizei entzieht sich der Debatte; da haben wir es, ein und dieselbe Sitzung.
Ein weiteres Argument lautet, dass es bereits genügend Kontrolleinrichtungen gebe, wie beispielsweise das Parlament, die Gerichte, die Dienstaufsicht und so weiter. Hierauf stellt auch der Antrag der Regierung ab, der – mit Einschränkungen – leider von der SPD unterstützt wird. Erinnern wir uns aber, was Holger Christier 1996 auf der Abschlusspressekonferenz des PUA sagte – übrigens im Sinne der Mehrheit des PUA:
„Wir denken, dass dieses Instrument notwendig ist, um auch die Kontrollmöglichkeiten auf parlamentarischer Ebene zu stärken. Der Innenausschuss, die bisherigen Instrumente wie Große und Kleine Anfragen haben das allein offenbar nicht vermocht.“
Probleme bereitet den anderen Parteien sicher auch der Druck. Das hat man im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss auch gemerkt. Die Polizeigewerkschaft war ein Jahr ziemlich still. Dann wurde sie aber wieder lauter. Dieser Druck hat sich natürlich auf die Parteien ausgewirkt.
Es wäre aber ein Irrtum zu glauben, die Polizei sei ein monolithischer Block. So wurde mir beispielsweise seinerzeit zugetragen, dass die Befürworter eines Polizeibeauftragten im Hamburger Vorstand der Gewerkschaft der Polizei nur knapp unterlagen. Und an Herrn Lenders gerichtet: Die Deutsche Polizeigewerkschaft soll bereits 1980 auf einem Delegiertentag einen Polizeibeauftragten gefordert haben; ebenso die junge Gruppe der Berliner GdP im Jahre 1995.
Meine Damen und Herren, nochmals zur Erinnerung: Der Untersuchungsausschuss „Hamburger Polizei“ beherrschte zwei Jahre die Politik und die Schlagzeilen der Hamburger Presse.
Und warum? Weil etwas Besonderes geschehen war. Erstmals hatten sich Polizeibeamte dem Ausschuss und der Staatsanwaltschaft offenbart und über fürchterliche Übergriffe ihrer Kollegen ausgesagt. Am Ende der Untersuchungen war der Ausschuss mit den CDU-Stimmen zu der Überzeugung gekommen, dass Corpsgeistmechanismen innerhalb der Polizei eine Mauer des Schweigens
begünstigten. Diese Mauer hatten diese Polizeibeamten durchbrochen. Gedankt hat es ihnen bis heute niemand; und Sie schon gar nicht, meine Damen und Herren.
Der PUA geißelte, dass das Reden von „schwarzen Schafen“ – mit den Stimmen der CDU – die offengelegten Probleme verharmlosen würde. Er stellte fest – mit den Stimmen der CDU –, dass die ermittelten strukturellen Defizite bei der Polizei nicht hamburg-, sondern großstadttypisch seien. An der Allgemeingültigkeit dieser Aussagen und Feststellungen hat sich auch nach fünf Jahren nichts geändert.
Vor diesem Hintergrund war und ist die Einrichtung der Polizeikommission konsequent und richtig. Sie knüpft übrigens an internationale Erfahrungen im demokratischen Ausland an und stünde nicht nur Hamburg, sondern auch anderen Bundesländern gut zu Gesicht.
(Wolfgang Beuß CDU: Europas! – Karl-Heinz Ehlers CDU: Die Bundesrepublik würde mir schon rei- chen!)
Die Polizeikommission signalisiert der Bevölkerung, dass eine unabhängige Kontrolle der Polizei möglich ist, und steigert damit das Ansehen der Polizei. Es geht nicht darum, unbescholtene Polizeibeamte zu verfolgen, sondern Bürgerinnen und Bürger ernst zu nehmen und Polizeibeamte, die ihre Arbeit gut machen, nicht in Verruf zu bringen. Die Polizeikommission ist vielmehr ein wichtiges Frühwarnsystem, die präventive und qualitätsfördernde Funktionen hat.
Ich komme zum Schluss. Mit der Abschaffung der Kommission trampeln Sie ein weiteres Mal auf den Polizeibeamten herum, die seinerzeit mit Zivilcourage vor diesem Ausschuss ausgesagt haben. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Mahr, ich beginne einmal mit Ihnen, mache es aber ganz kurz. Was Sie eben dargestellt haben, war mehr eine Vergangenheitsdebatte
und eine Bewältigung mit dem jetzigen Koalitionspartner der FDP, nämlich mit der CDU. Zur Sache selbst haben Sie jedenfalls weiter nichts Erhellendes herausgebracht,
(Beifall bei der FDP und der Partei Rechtsstaat- licher Offensive – Manfred Mahr GAL: Dann sagen Sie mal etwas dazu!)
Bei der Abschaffung der Polizeikommission geht es um die Abschaffung eines politischen Kropfes, den uns Rotgrün hinterlassen hat.
(Beifall bei der FDP und der Partei Rechtsstaat- licher Offensive – Manfred Mahr GAL: Das sagt ein Liberaler!)
Ja! Schon die Installierung der Polizeikommission war eine politische Torheit. Wir haben hier miterlebt, wie Sie das Vertrauen in die Polizei auf dem Altar der Altachtundsechziger-Romantik geopfert haben.