Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Berichte, die uns von Transparency International vorliegen, sind in der Tat Besorgnis erregend, denn es muss einen schon misstrauisch stimmen, wenn sich Deutschland beim Korruptionsindex in der Nähe von Ländern wie Botswana befindet. Wir brauchen deswegen eine Zwei-Säulen-Strategie und zu dieser Zwei-Säulen-Strategie gehört nicht nur die Repression, die von dieser Seite des Hauses immer besonders in den Vordergrund gestellt wird, sondern wir brauchen auch eine Präventionsstrategie und der Senat vernachlässigt diese Präventionsseite. Denn zu dieser Präventionsstrategie gehören zwei Dinge, zum einen das Antikorruptionsregister, auf das hier schon eingegangen wurde, denn der Bereich der Vergabe der öffentlichen Aufträge ist nun wirklich der allersensibelste Bereich und dort wird auch das größte Schindluder getrieben.
Deswegen brauchen wir zwingend eine Abschreckungswirkung und eine erhöhte Transparenz durch ein solches Register und außerdem ein Höchstmaß an Transparenz in diesem Bereich. Da möchte ich noch einen Aspekt anbringen. Wir sollten versuchen, dass die Bürger unsere Alliierten werden und wir mehr Transparenz in den Behörden schaffen. Wir brauchen nicht den gläsernen Bürger, sondern die gläsernen Akten.
Wir brauchen eine möglichst große Zahl von Bürgerinnen und Bürgern, die in diesen sensiblen, korruptionsanfälligen Bereichen kontrollieren können, und dazu brauchen wir einen Anspruch, der die Bürger in die Lage versetzt, hier Kontrollen vornehmen zu können, und das ist das bereits angesprochene Informationsfreiheitsgesetz, das diesem Hause vorliegt.
Ich möchte diese Aktuelle Stunde dazu nutzen, den Senat aufzufordern, mit dem hier angekündigten Informationsfreiheitsgesetz endlich einmal in die Hufe zu kommen. Seit Monaten wird der GAL-Antrag im Rechtsausschuss geschoben und vertagt. Ich möchte den Senat jetzt auffordern, endlich tätig zu werden, um mehr Transparenz in diesem sensiblen Bereich zu schaffen.
letzten Wochen eine Volksinitiative für eine andere KitaBetreuung in Hamburg unterzeichnet und gestern standen, beeindruckend bei der Sitzung des Jugend- und Sportausschusses, über 1000 Eltern und Kinder gegen Ihre Politik auf der Straße. Das „Hamburger Abendblatt“ fordert, der Senator möge den Notanker werfen.
(Beifall bei der GAL und der SPD – Burkhardt Mül- ler-Sönksen FDP: Da stellt die unabhängige Presse schon eigene Forderungen auf!)
Was macht Senator Lange? Er steuert Hamburgs Kinderbetreuung sehenden Auges an die Wand. Herr Lange, Sie spielen mit der Zukunft Hamburgs.
Für wie dumm halten Sie eigentlich die Eltern in dieser Stadt? Kita-Card heißt jetzt Kita-Gutschein.
18 000 Plätze zu wenig sind plötzlich nur noch 5000 Plätze zu wenig. Das alles können Sie sich bis zum 1. August schönreden, aber dann schlägt die Stunde der Wahrheit. Solange dieser Senat sein Geld prioritätenmäßig in die wachsende Stadt und in die Polizei steckt, bleibt eben nichts übrig für die Kleinen und die viel gepriesene Familienfreundlichkeit. Frau Schnieber-Jastram hat für die Zuständigkeit ihrer Behörde so etwas wie einen Familien-TÜV ausgerufen. Es heißt schlicht: Frauen zurück an den Herd.
Wer soll eigentlich nach Hamburg ziehen, wenn Sie nicht für eine ausreichende Kinderbetreuung sorgen? Um auf Ihren Einwurf einzugehen, Herr Müller-Sönksen. Sie haben keine schlechten Grundlagen vom rotgrünen Senat übernommen, aber was Sie daraus machen, ist dilettantisch. Allen Beteiligten war klar – zu dem Zeitpunkt im Übrigen auch der CDU-Fraktion –, dass mehr Geld ins System gesteckt werden muss, denn nur dann kann diese Umsteuerung von Angebot auf Nachfrage funktionieren. Und was tun Sie? Sie übernehmen den Rahmen, stecken aber nicht mehr Geld ins System. Das ist der Kardinalfehler, der hier gemacht wird.
(Beifall bei der GAL und der SPD – Burkhardt Mül- ler-Sönksen FDP: Sie haben uns ja so volle Kassen überlassen!)
Sie machen keine Politik für berufstätige Eltern, die bekommen nämlich keine Garantie für acht Stunden Betreuung. Sie machen keine Politik für allein erziehende Elternteile, die arbeiten können, müssen und wollen, denn die bekommen ebenfalls keine Garantie für eine ganztägige Betreuung. Migrantenkinder müssen erst massive Sprachprobleme haben, um ein Jahr vor der Einschulung einen Anspruch zu erhalten. Eltern, die ein zweites Kind bekommen haben und Erziehungsurlaub nehmen, verlieren sogar ihren bisherigen Anspruch auf einen Betreuungsplatz.
Dies alles ist diesem Senator noch nicht beschämend und peinlich genug, er stellt sich noch großmütig hin und verkündet Stand-by-Kita-Plätze für Eltern, die zu einem Bewerbungsgespräch müssen. Herr Senator, Kinder sind keine Gepäckstücke und Kitas keine Schließfächer. Ich sage Ihnen schlicht: Sie haben keine Ahnung von dem, was Sie tun.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Bürgermeister, ich habe jeden Morgen großes Verständnis für Menschen, die sagen, ich möchte privat ohne Kinder durch die Welt gehen, weil ich das Problem habe, sie immer für die Schule fertig machen zu müssen.
Aber ich habe kein Verständnis für einen Bürgermeister, der sich in einem zentralgesellschaftlichen Punkt auf die Zuschauerreihe zurückzieht.
Glauben Sie denn allen Ernstes, dass Sie für die von Ihrem Senat praktizierte Kita-Politik Beifall bekommen?
Das war auch schon alles an Beifall. Gestern hatten wir im Jugend- und Sportausschuss eine Anhörung und die größten Kritiker der Elternvertreter waren die von der CDUFraktion selbst benannten Elternvertreter; das können Sie demnächst im Protokoll nachlesen.
Klatschen Sie weiter hier im Hause, wenn 22 000 Hamburgerinnen und Hamburger für eine Volksinitiative für eine bessere Kindertagesbetreuung stimmen, denn jeder von Ihnen, der die Volksgesetzgebung kennt, weiß, was die nächsten Schritte sein werden.
Wenn Sie das „Hamburger Abendblatt“ gelesen haben – ich hoffe, Herr Bürgermeister, Sie lesen es –, dann werden Sie festgestellt haben, dass trotz einer sehr unchristlichen Witterung 1500 Eltern mit ihren Kindern vor der Patriotischen Gesellschaft gestanden haben; klatschen Sie weiter.
Und klatschen Sie weiter, wenn 30 000 Berufstätige zum 1. August einen Kinderbetreuungsplatz brauchen und wir heute schon wissen, dass 19 000 Berufstätige in Hamburg keinen Platz erhalten werden.
Klatschen Sie weiter von der CDU, der Schill-Partei und der FDP, wenn der eigene selbsternannte Kita-Experte bei keiner Anhörung und Debatte zur Kita-Politik überhaupt anwesend war; so im Protokoll nachzulesen.
Da werden Berufstätige in die Planlosigkeit entlassen, weil der Vertreter eines Bezirksamts sagen muss, er wisse gar nicht, ob Berufstätige im Mai, Juni, Juli, August oder womöglich später eine Zusage für einen Platz bekämen. Klatschen Sie von der Koalition ruhig weiter; für die Eltern ist es eine sehr dramatische Angelegenheit.
Wenn wir uns dann weiter angucken, Herr Silberbach, wie die Situation etwa in Wilhelmsburg aussehen wird, wo nach Aussagen und Schätzungen von Experten im Kita-Bereich etwa 25 Prozent des Platzumfangs abgebaut werden sollen, dann klatschen Sie weiter. Sie haben die Gelegenheit, den Gesetzentwurf, den Sie am Freitag ver
suchen werden, durch den Jugend- und Sportausschuss zu bringen, noch einmal anzuhalten. Sie wissen bis heute nicht, ob die Träger Ihnen überhaupt eine Zusage geben. Wenn sie zusagen, wird das zusätzliches Geld kosten und dieses Geld bekommen sie nicht von Ihrem Finanzsenator, sondern nur durch Platzabbau.
Klatschen Sie weiter, die Eltern wissen, was die Stunde geschlagen hat. Sie wollen eine bessere Kindertagesbetreuung in dieser Stadt und das ist nicht eine Zugabe, das ist täglich Brot. – Danke.