Auch wir haben dieses Thema in der vergangenen Legislaturperiode mehrfach aufgegriffen. Unter anderem hatten wir Ihnen vorgeschlagen, dass die Überprüfung der Leistungen in Hamburg in Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung, mit Krankenkassen und dem Medizinischen Dienst verbessert wird. Das haben Sie damals rundweg abgelehnt. Frau Mandel sagte hier im März des Jahres 2000:
„Sie wissen so gut wie ich, dass diese Prüfung bereits durch die Kassenärztliche Vereinigung und durch die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales stattfindet. Sie unterstellen der BAGS mit Ihrem Antrag zu Unrecht, dass sie nicht in der Lage sei, diese Kostenabrechnung inhaltlich zu überprüfen.“
„Die Prüfung geht nach den gleichen Maßstäben für gesetzliche Krankenversicherung und Sozialhilfeempfänger, sie bekommen genau das, was sie auch bekommen, wenn sie in der AOK versichert wären.“
Alle drei Punkte haben sich nach dem Regierungswechsel bei näherem Hinsehen in der Behörde als falsch herausgestellt. Dieses waren Behauptungen und Frau SchnieberJastram wird das regeln.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Wersich, ich verstehe es gar nicht, wenn Sie jetzt davon reden, dass wir fünf Jahre gewartet und nichts getan haben, um Sozialhilfeempfänger in gesetzliche Krankenkassen zu bringen. Haben Sie sich nicht informiert? Sind Sie nicht auf der Reihe oder wie?
Die SPD und die CDU. Das hieß, glaube ich, Lahnstein. Herr Kruse, da wurde beschlossen und festgelegt, dass Sozialhilfeempfänger in gesetzliche Krankenkassen aufzunehmen sind – 1992. Nun muss ich sagen, dass wir es nicht geschafft haben, aber Sie auch nicht.
Das muss man nun einmal festhalten. Das ist für uns bedauerlich, aber sich hier hinzustellen und darzustellen, dass wir seit 1998 nichts gemacht haben, ist infam.
Was ist zu tun oder was sollte schon längst getan sein? Sie haben Frau Mandel zitiert, Herr Wersich. Ich habe heute Morgen mit dem Geschäftsführer der Kassenärztlichen Vereinigung gesprochen und dort erfahren, dass natürlich Verträge mit dem Senat und der Kassenärztlichen Vereinigung bestehen, dass geprüft werden kann. Es wird aber nicht geprüft. Die Sozialbehörde stellt bei der KV keine Anträge, dass geprüft werden soll.
dass dieses eingeführt wird, dass Sie endlich diese Verträge umsetzen. Die Senatorin sagt, es besteht der begründete Verdacht, dass Sozialhilfebezieher großzügiger behandelt werden als Kassenpatienten. Ist das ein Verdacht, ist das aus dem Bauch heraus gesagt oder können Sie das beweisen? Beweisen können Sie diese Behauptung nicht. Wenn Sie Beweise hinlegen, ist es gut. Dann gehen wir auch mit. Wir finden es unmöglich, wenn Hamburger Kassenärzte Sozialhilfeempfänger anders als AOKPatienten behandeln. Das geht definitiv nicht.
Es gibt ein Sozialgesetzbuch, in dem steht, dass die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Wenn Sie hier von Missbrauch sprechen, Herr Schinnenburg, gucken Sie sich einmal bei Ihren eigenen Kollegen, den Zahnärzten, um, denn da hat es ein Problem mit dem Rechnungshof gegeben.
Ich bitte Sie alle, wieder etwas herunterzukommen und die Neid-Debatte zu lassen, denn die ist in keiner Weise angebracht, sie grenzt nur Sozialhilfeempfänger aus. Nehmen Sie das, was vorliegt. Prüfen Sie alles genau nach, dann haben Sie uns auf Ihrer Seite. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion hat ein Thema zur Aktuellen Stunde angemeldet, das uns in der Partei Rechtsstaatlicher Offensive schon seit längerer Zeit beschäftigt und weiterhin beschäftigen wird.
Die Freie und Hansestadt Hamburg hat im Laufe des vergangenen Jahres insgesamt circa 170 Millionen Euro für die ärztliche Versorgung der 117000 Sozialhilfeempfänger bezahlen müssen. Davon entfielen für Arzt- und Krankenhausrechnungen auf die 65 000 in gesetzlichen Krankenkassen Versicherten circa 67 Millionen Euro, aber auf die 52 000 nicht bei den gesetzlichen Krankenkassen Versicherten circa 103 Millionen Euro.
Das bedeutet, dass ein in der gesetzlichen Krankenversicherung befindlicher Sozialhilfeempfänger die Steuerzahler circa 1030 Euro im Jahr kostet, ein nicht Versicherter aber beinahe das Doppelte, nämlich 1980 Euro. Das ist bei der gleichen rechtlichen Anspruchslage nicht in Ordnung, diese Schieflage ist nicht hinnehmbar.
Was sind nun die Gründe für diese Situation? Wir sind auch nicht allwissend. Nur wer bereits vor Beantragung von Sozialhilfe in einer gesetzlichen Krankenkasse gewesen ist, kann in seiner Kasse bleiben. Bei denjenigen Sozialhilfeempfängern, bei denen dieses nicht der Fall ist, weigern sich die gesetzlichen Krankenkassen mit der Begründung, der geringe Beitragssatz von circa 150 Euro im Monat sei nicht kostendeckend. Außerdem, so hört man hinter vorgehaltener Hand immer wieder, zählen diese Personen zu der im Versicherungsjargon als „schlechtes Risiko“ bezeichneten Gruppe, also Menschen, die der Krankenkasse weniger einbringen als sie kosten.
Solche Personengruppen gibt es aber noch deutlich mehr, beispielsweise Studenten mit Beiträgen um maximal 50 Euro, aber auch chronisch Kranke mit geringen Beiträgen, die hohe Kosten verursachen. Selbstverständlich versorgen die Kassen diese Personengruppen und das muss und soll auch weiterhin so bleiben. Deshalb sage ich Ihnen: So geht es nicht.
Unsere Gesellschaft kann es nicht akzeptieren, dass die gesetzlichen Krankenkassen auf Gutdünken entscheiden und sich durch die Hintertür durch Gesetzeslücken aus ihrem Auftrag verabschieden.
Eine andere Gruppe im Gesundheitswesen profitiert auch massiv von dieser Situation, nämlich die Ärzte, die diese Sozialhilfeempfänger ohne Krankenversicherung behandeln. Bei den gesetzlich Versicherten gibt es die Deckelung der Ausgaben der Krankenversicherung, unabhängig von der Anzahl der Untersuchungen und der Behandlungen, nicht aber bei den Sozialhilfeempfängern ohne Krankenversicherung. Dort können Ärzte gleiche Leistungen nach höheren Sätzen abrechnen und verschreiben, was sie wollen,
zum Teil auch Leistungen, die Patienten aus gesetzlichen Kassen nicht in Anspruch nehmen können und die sonst nur Privatpatienten möglich sind.
Es kann nicht angehen, dass die medizinische Versorgung von Sozialhilfeempfängern mit einer eventuellen niedrigpreisigen privaten Zusatzversicherung das Niveau der Versorgung von Privatpatienten übersteigt. Selbst der Rechnungshof – das wissen Sie – rügte diese Situation und forderte ein schnelles Handeln.
Diese Situation besteht schon seit einigen Jahren und schreit förmlich nach einer Lösung, mit der endlich Ge
rechtigkeit geschaffen werden soll, Gerechtigkeit vor allem auch all denen gegenüber, die jeden Tag zur Arbeit gehen, von ihrem Gehalt Krankenkassenbeiträge abführen müssen und sich mit dem Leistungsangebot der gesetzlichen Krankenkassen zufrieden geben müssen.