Protocol of the Session on November 14, 2001

Darüber hinaus wünschen wir uns eine enge Zusammenarbeit mit dem Land Berlin. Das Wort von der „strategischen Allianz“ ist hier oft strapaziert worden. Der Ansatz ist aber richtig: Die beiden größten deutschen Metropolen trennt eine Entfernung, auf der in anderen Kontinenten Ballungszentren entstehen. Das schnelle verkehrliche Zusammenwachsen von Hamburg und Berlin hat für uns erste Priorität. Aber auch in den Bereichen Tourismus, Kultur, Wissenschaft und Forschung kann ich mir eine erheblich engere Zusammenarbeit vorstellen. Diese enge Zusammenarbeit liegt nicht nur finanziell im Interesse beider Städte, sondern auch im Hinblick auf die strategischen Entwicklungschancen in der gesamten Region. Ich meine damit die Ostseeregion.

Ich bin fest davon überzeugt, dass es in dieser Region und für Hamburg als wichtige Metropole große Chancen gibt. Hamburg hat jetzt schon gute Kontakte zu den EU-Beitrittskandidaten Osteuropas, Polen und den baltischen Staaten. Diese Kontakte wird die Stadt intensivieren. Dies soll gleichzeitig mit einem noch größeren Engagement der Stadt bei den europäischen Institutionen geschehen. Symbolisch unterstrichen wird dies durch die Zuordnung der Zuständigkeit für die hamburgische Europapolitik im Senat im Bereich des Ersten Bürgermeisters und einen eigenen Staatsrat als Bevollmächtigten beim Bund und Europabeauftragten des Senats. Es ist unser Ziel, Hamburgs Stimme im eigenen Interesse mehr Gehör zu verschaffen, aber auch als Fürsprecher für die Beitrittskandidaten, soweit diese es wünschen. Dieses Ziel wollen wir in den nächsten vier Jahren verwirklichen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Gleichzeitig wollen wir die Zusammenarbeit mit dem südskandinavischen Raum – Dänemark, Südschweden, insbesondere der Øresund-Region – verstärken. Wir sehen den Bereich Hamburg–Berlin, Polen, die baltischen Staaten und Südskandinavien jeweils als Eckpunkte eines Dreiecks, das gemeinsam zum gegenseitigen Vorteil alle Chancen des europäischen Einigungsprozesses nutzen sollte. Gerade die Globalisierung erfordert es, neben loka

(Erster Bürgermeister Ole von Beust)

ler Wirtschaftspolitik die Zusammenarbeit in der europäischen Region zu verstärken. Dies beinhaltet nicht nur wirtschaftliche Zusammenarbeit, sondern gegenseitige kulturelle Bereicherung, gemeinsame Forschungsvorhaben, Begegnungsmöglichkeiten junger Leute und – soweit dies irgendwie möglich ist – eine gemeinsame Stimme dieser Region in Europa und in den dortigen Institutionen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Die Priorität der Hamburger Politik heißt nicht, dass wir unsere Verpflichtung aufgrund der Tatsache, dass wir weltweit die zweitmeiste Anzahl von Konsulaten haben, vernachlässigen wollen. Im Gegenteil. Zusammenarbeit in der Region und Freunde in aller Welt gehören zusammen. Wir werden Hamburgs traditionelle überseeische Verbindungen nach Asien, nach Lateinamerika, nach Afrika pflegen und ausbauen. Mehr Internationalität wird unserer Stadt gut tun.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Meine Damen und Herren! Die Politik des Wechsels in Stabilität, eine Politik, die klare Wertvorstellungen und Haltungen hat, die Hamburg zu einer wachsenden Metropole machen wird, Schwachen hilft, Leistungswillige und Starke unterstützt sowie die internationale Zusammenarbeit pflegt, wird die Politik des Senats sein.

Ich reiche jedem die Hand, sich an dieser Politik oder an Teilen dieser Politik engagiert zu beteiligen. Wir wollen das Bündnis mit den Bürgerinnen und Bürgern und eine faire Zusammenarbeit mit dem Parlament. Eine rituelle Konfrontation passt nicht mehr in die Zeit. Die Zeiten ideologischer Auseinandersetzungen sind vorbei. Lassen Sie uns dem dadurch Rechnung tragen, dass wir bei allen parteipolitischen Unterschieden gemeinsam eines im Auge haben: das Wohl unserer Freien und Hansestadt Hamburg.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort hat der Abgeordnete Grund.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zuerst ein Kompliment, Herr von Beust: Man merkt Ihrer Regierungserklärung an, dass endlich hamburgische Beamte ran durften. Sie ist inhaltlich deutlich stärker als die Koalitionsvereinbarung.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Man merkt, auf die hamburgischen Beamten ist Verlass. Weiter so, kann ich da nur sagen.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Da seien Sie mal sicher! – Bernd Reinert CDU: Auf viele Jahre!)

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine Dame, meine Herren Senatoren, liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Selbstverständlich gratuliere ich dieser neuen Regierung zu ihrem Wahlerfolg.

(Beifall bei der FDP)

Wir wünschen Ihnen im Interesse Hamburgs und seiner Bürgerinnen und Bürger eine glückliche Hand.

(Beifall bei der SPD)

Die SPD-Fraktion wird Ihnen eine kritische, aber konstruktive Opposition sein.

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Hoffentlich!)

Warten Sie es ab; Sie werden es erleben.

Gerne nehmen wir das Angebot an, dort, wo möglich, gemeinsam zum Wohle Hamburgs zu arbeiten. Wir würden das auch gern, wie Sie sagen, jenseits ideologischer Auseinandersetzungen tun, auch wenn das nach dem Wahlkampf wirklich schwer fällt.

(Beifall bei der SPD)

Leider müssen wir aber in Ihrer Rede, Herr von Beust, erkennen, dass sie voll alter, überholter, unbrauchbarer Ideologien ist, die sich in glatten und schönen Formulierungen zu verstecken sucht.

Nehmen wir die von Ihnen genannten vier Grundüberzeugungen:

Sie sprechen zuerst von Sicherheit, für die Sie sorgen wollen. Stattdessen haben Sie in wenigen Wochen seit der Wahl zahllose Menschen in dieser Stadt verunsichert.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Ja, das ist so!)

Was versprochen wurde, wird wieder zurückgenommen. Keiner weiß, woran er bei Ihnen ist. Verlässliche Politik ist aber eine wesentliche Voraussetzung für Sicherheit. Wir sehen, Sicherheit heißt bei Ihnen zuerst Verunsicherung.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Die zweite Grundüberzeugung war das Thema Respekt. Was aber heißt bei Ihnen Respekt? Respekt vor jedem, gleich welchen Geschlechts, wenn in Ihren Reihen – ob im Senat oder in der Fraktion – kaum Frauen zu finden sind? Was heißt Respekt vor jedem, gleich welcher Nationalität, wenn Ausländer in Ihrem Koalitionsvertrag nur im Zusammenhang mit Abschiebungen und Kriminalität vorkommen?

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir sehen, meine Damen und Herren, Respekt heißt bei Ihnen Missachtung.

Die dritte Grundüberzeugung war: Rückzug des Staates. Das machen wir gern mit, wo es sinnvoll ist. Sie aber wollen gar nicht den schlanken Staat, sondern Sie wollen den magersüchtigen Staat. In der Sozialpolitik wollen Sie die Schwächsten sich selbst überlassen. Wir sehen, Rückzug des Staates heißt bei Ihnen, der Staat lässt die Menschen im Stich.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Die vierte Grundüberzeugung: Geschichtliche Verantwortung. Dass Sie dieses Wort heute in den Mund nehmen, ist angesichts der unseligen Debatte um die KZ-Gedenkstätte in Neuengamme fast zynisch. Wir sehen, geschichtliche Verantwortung heißt bei Ihnen, daran denken Sie erst, wenn die Proteste zu laut werden.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Regieren, so hat kürzlich Ihr Abgeordneter Karl-Heinz Ehlers mit einem Begriff ausgedrückt, den ich sonst nur von meinen Kindern kenne, sei geil.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Er hat sich ja auch auf seinen Sohn bezogen!)

Herr Ehlers sprach weiter von Schwielen am Hinterteil, die viele Jahre Opposition bei ihm hinterlassen hätten.

(Erster Bürgermeister Ole von Beust)

Aus entsprechender Erfahrung können wir berichten, dass auch für regierungstragende Fraktionen belastungsfähiges Sitzfleisch nötig ist, Herr Ehlers.

(Beifall bei der SPD)

Es haperte aber bei der CDU vor allem an Disziplin. Wie zu lesen war, sollen in Zukunft Schwänzer bei Ihnen 50 Euro Strafgeld zahlen.

(Dr. Michael Freytag CDU: Mussten sie bisher auch zahlen!)

Hier ein weiterer Vorschlag, Herr von Beust: Herr Dr. Freytag bekommt vom Ersten Bürgermeister zum Nikolaustag eine Rute für besonders hartnäckige Hinterteile geschenkt. Er wird sie brauchen.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Dr. Michael Freytag CDU: Habe ich jetzt schon gekriegt!)