Ich hoffe sehr, dass wir es auch anders können. Das meinen wir im Ernst und ohne Häme. Wenn es um die Interessen von Kindern und Familien geht, dann ist mir nicht danach, frivol mit Friedenspfeife oder Kriegsbeil umzugehen.
Erstens: Herr Senator, Sie stellen Ihren Kita-Gesetzentwurf zurück. Sie bringen diesen Gesetzentwurf nicht in den Senat ein. Dann werden wir mit Ihnen gemeinsam ausloten, welche Hamburger Interessen wir im Zusammenhang mit dem Bund/Länder-Gipfel im Zusammenhang Bildung und Betreuung im Frühjahr 2003 haben. Dort geht es um die Verhandlung von 1,5 Milliarden Euro im Zusammenhang mit dem bundesweiten Krippenausbauprogramm. Das ist nicht nur unsere patriotische Pflicht, das tun wir auch in Verantwortung für die Kinder und Familien in dieser Stadt.
Zweitens: Sie stellen Ihren Gesetzentwurf zurück, dann werden wir uns gemeinsam die aktuellen Zahlen über die Platznachfrage ansehen. Wir werden überprüfen müssen, ob das Ergebnis der ISKA-Studie und die von mir gemachten Äußerungen tatsächlich so weit von den Ihnen vorliegenden Zahlen aus einer neuen Umfrage entfernt liegen.
Drittens: Sie stellen Ihren Gesetzentwurf zurück und wir werden trotz der angespannten Haushaltslage gemeinsam einen Weg finden, auf dem wir mit kleinen, aber energischen Schritten bis 2006/2007 die in der Kita-Reform angelegte Hamburger Rechtsgarantie auf einen Kindergartenplatz Wirklichkeit werden lassen.
Lassen Sie uns gemeinsam einen Pakt für eine echte Reform der Kindertagesbetreuung schließen, einen Pakt, der familiengerecht ist, weil er langfristig dafür sorgt, dass jedem Kind berufstätiger Eltern ein angemessener KitaPlatz garantiert wird, einen Pakt, der sozial gerecht ist, weil er Bildungschancen im Vorschulalter verbessert und die Kinder in den sozialen Brennpunkten mitnimmt, einen Pakt, der kindgerecht ist, weil er die Interessen der Kinder in der Kita sieht und für eine sachliche und personelle Ausstattung und eine verlässliche Gruppenzugehörigkeit sorgt, und einen Pakt, der machbar ist. Wir wollen in dieser Frage keine überforderte Verwaltung, wir wollen keine Träger, die um die Existenz ihrer Einrichtungen bangen, und wir wollen insbesondere keine Eltern, die ein dreiviertel Jahr lang um den Betreuungsplatz ihrer Kinder zittern müssen.
Ich glaube, dass wir uns in diesen Zielsetzungen einigen können. Was wir brauchen, ist der Mut, in dieser Frage zusammenzuarbeiten und unkonventionelle Wege zu gehen. An der Stelle, wo Sie saßen, saß vor etwas längerer Zeit Paula Karpinski, Hamburgs erste Jugendsenatorin.
Sie hat bewiesen, wie man gerade in schwierigen Zeiten für Kinder und Jugendliche kämpfen kann, auch gegen harthörige Finanzsenatoren und Bürgermeister. Ihnen sei es ein Trost, es waren damals Sozialdemokraten. Trotzdem hat sie gezeigt, dass man in diesen Belangen über unkonventionelle Wege die Zusammenarbeit suchen kann. Dieser Pakt für Kinder, Herr Senator Lange, ist ernst gemeint. Nach der Tagesordnung der Bürgerschaft haben Sie jetzt die Gelegenheit, direkt hierauf zu antworten, wenn Sie wollen, dass wir gemeinsam vorangehen. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Böwer, das, was Sie in den letzten Wochen gezielt gesteuert und zelebriert haben, findet jetzt hier seinen Höhepunkt. Dass Sie hier wie Gott aus der Maschine kommen
Lassen Sie mich noch eine Bemerkung zum Gesamtzusammenhang machen. Es war ja auch Ihr Landesvorsitzender und der jetzige General der Luftwaffe, Olaf Scholz, der sich grundsätzlich zum Thema Familienpolitik geäußert hat. Es geht um die Lufthoheit über die Kinderbetten in Deutschland.
Eines kann er ganz klar mitnehmen, das ist unsere Botschaft: Die Kinderbetten und die Lufthoheit bleiben bei uns in Hamburg bei den Eltern und bei keinem anderen.
Herr Böwer, Ihre Rede war sehr moderat und zurückhaltend, das ist bemerkenswert, aber sie sollte bei uns wahrscheinlich auch etwas entwickeln.
Ich frage mich, warum Sie nicht in den letzten Wochen und Monaten Ihre anscheinend vorhandenen konstruktiven Vorschläge im Jugendausschuss eingebracht haben.
Gerade die Frage der Kindertagesbetreuung wird in den nächsten Monaten und Jahren eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe sein. Eines sei Ihnen garantiert: Alle gesellschaftlichen Gruppen, die darin involviert sind, sollen an diesem Prozess teilhaben. Das sind die Träger, das sind die Eltern, das sind auch die Politiker. Jeder ist aufgefordert, sich in diesen Prozess einzubringen.
Was Sie aber in den letzten Wochen gemacht haben, Herr Böwer, ist nahezu eine Frechheit. Sie sind nicht zur CDU gekommen, nicht zur FDP, auch nicht zur Partei Rechtsstaatlicher Offensive, sondern Sie haben die „taz“ angerufen, die „Morgenpost“ und „Die Welt“ und haben Ihre Politik über Zeitungen fortgetragen.
Sie haben keinerlei konstruktive Vorschläge gebracht, haben ein Bild aufgebaut, eine Kampagne entwickelt, haben die in diesem Prozess sicherlich sehr schwierigen Punkte, Eltern und Träger betreffend, so entwickelt, dass es zu einer Verunsicherung der Eltern und der Träger kam. Jetzt, hier und heute ist der Höhepunkt, dass Sie diese Inszenierung des Schreckens zelebrieren, als wenn nur noch Sie das Kita-Gutscheinsystem retten könnten. Dem ist nicht so. Das Kita-Gutscheinsystem wird auch ohne Ihren Paktvorschlag kommen.
(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Uwe Grund SPD: Heißt das, Sie lehnen das ab?)
Zu Ihrer Argumentation drei Beispiele. Sie haben in einem Artikel gesagt, wer keinen Job hat, bekommt keinen KitaPlatz. Das stimmt nicht. Es ist so, dass Sozialhilfeempfänger und Empfänger von Arbeitslosenhilfe, wenn sie einen Job bekommen, sofort in die Prioritätsstufe zwei bei den Bewilligungskriterien kommen und sofort Anspruch auf einen Kita-Platz haben.
Zu den Elternbeiträgen. Sie haben in einer Zeitung geschrieben, der Beitrag würde von 78 auf 84 Euro steigen. Auch da müssen Sie genauer argumentieren und die Fußnoten mit einbringen. Das waren Planungsvorgaben aus dem Jahre 2001. Dieser Planungswert – das war das Produkt Krippenteilung – hat dann in dem Falle 84 Euro betragen. Das ist richtig. Nur vergessen wurde von Ihnen, dass die Einkommensentwicklung mit berücksichtigt werden muss. Das sind unkonkrete Aussagen, die eine Verunsicherung herbeiführen, die nicht berechtigt ist.
Elternzeiten und Zeiten der Arbeitslosigkeit, die Sie heute genannt haben, werden in dem neuen System abgestuft. Es ist vorgesehen, dass trotz des Beginns des Erziehungsurlaubs oder des Eintritts der Arbeitslosigkeit eine Anschlussbewilligung für eine täglich sechsstündige Betreuung gewährt wird, wenn die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes innerhalb eines neunmonatigen Zeitraums nach Beginn des Erziehungsurlaubs ansteht. Es wird auch innerhalb von zwei Jahren eine Rückkehrgarantie geben für den Fall, dass Eltern und Träger bei Wiederaufnahme der Arbeit nach Beendigung des Erziehungsurlaubs oder nach Eintritt in die Arbeitslosigkeit wieder einen Kita-Platz brauchen.
An diesen Beispielen erkennen Sie also, dass Sie in Teilen unsauber argumentiert haben, um etwas in dieser Stadt zu erzeugen, nämlich eine Politik und einen Druck auf die Menschen, die sie verunsichert. Das ist nicht im Sinne einer, wie Sie es gerade formuliert haben, allgemein gültigen familienpolitischen Ansicht.
Wir haben in diesem Falle das Ergebnis als Ziel – und das ist das Kita-Gutscheinsystem –, nach Jahren der Diskussion endlich ein nachfrageorientiertes System für alle, die beteiligt sind, mit vielen Vorteilen und mit einem Leistungsangebot. Ich denke nur einmal an die Vorteile für die Eltern. Jetzt entscheiden sie, welches Leistungsangebot sie für ihre Kinder wahrnehmen und welche Qualitätsstandards gesetzt werden. Sie haben Transparenz und Vergleichbarkeit der einzelnen Kitas. Die Vorteile bei den Trägern, nämlich eigenständige Vorstellungen zu entwickeln, sind genauso gegeben wie eine Planungssicherheit bei den Trägern, weil man insbesondere bei der Frage der Finanzierung genau planen kann. Das trifft auch auf die Vorteile für die öffentliche Hand zu, nämlich Steuerungsfähigkeit und Planungssicherheit.
Was Sie heute in Ihrer Rede überhaupt nicht erwähnt haben, Herr Böwer, war Ihr Antrag. Warum haben Sie diesen Antrag eigentlich vor zwei Jahren nicht gestellt, als Ihr rotgrüner Senat den letzten Haushalt einbrachte?
Damals wurden zu hohe Elternbeiträge, defizitäre Platzangebote für die Kinder und das gesamte „Gemuse“ der
Kita-Card bemängelt. Sie sind damals nicht nach vorne geprescht und haben Ihren Antrag formuliert, sondern haben bei der Diskussion über die Anrechnung und Nichtanrechnung der Elternbeiträge sogar noch Ihren Sozialsenator verteidigt. Das hat sich mittlerweile geändert, denn das wird kommen, die Elternbeiträge werden nicht mehr angerechnet werden.
Ihr Angebot – der Senator wird sich noch dazu äußern – haben wir gerne gehört. Es sind alle dazu aufgerufen, sich seriös an einer ehrlichen Diskussion zu beteiligen. Es ist wirklich zu wenig, Herr Böwer, über zwei Wochen hinweg eine Kampagne und eine Inszenierung zu fahren, sich hier in einer tragenden Rolle aufzuspielen und dann das KitaSystem als Gott aus der Maschine retten zu wollen. Da machen wir nicht mit.