Protocol of the Session on November 14, 2002

Herr Hesse, diese Frage ist in einem sehr, sehr weiten Kontext zu dem aufgeworfenen Thema „staatsferne Lösungen“. Ich bitte, auf dieses Thema zurückzukommen.

(Unmutsäußerungen bei der GAL)

Wie hoch sind die bisher entstandenen Kosten – und jetzt kommt es – aufgrund der gescheiterten Verhandlungen für den Steuerzahler erstens für die Sperrmüll- und Sondermüllbeseitigung auf dem Bauwagenplatz, zweitens für den Polizeieinsatz im Zusammenhang mit der Räumung und drittens, wie hoch werden die zu erwartenden Kosten für den Austausch des kontaminierten Bodens sein und welche weiteren Kosten sind durch die Beseitigung des rechtsfreien Raumes entstanden – durch diese „staatsferne Lösung“?

(Christa Goetsch GAL: Das hat nichts damit zu tun! – Lachen bei der SPD, der GAL und Heiterkeit bei der FDP – Uwe Grund SPD: Frau Präsidentin, las- sen Sie sich nicht veralbern!)

Nach juristischer Klärung im Hintergrund haben wir entschieden, dass wir die Frage nicht zulassen. Wir sind gerne bereit – das Thema steht sowieso an –, die Fragestunde und die Fragemöglichkeiten nach der Geschäftsordnung im Ältestenrat noch einmal zu klären, sodass wir hier eine einvernehmliche Auffassung darüber finden, was geht und was nicht geht. Frau Dr. Freudenberg zu dem Thema „staatsferne Lösung“.

Ich möchte noch einmal zurückkommen auf die erwähnten Wohnberechtigungsscheine. Ich frage den Senat: Wie schnell führen aus Sicht des Senats die ausgestellten Wohnberechtigungsscheine zu real verfügbarem Wohnraum für die Bewohnerinnen und Bewohner der geräumten Bauwagenplätze?

Diese Wohnberechtigungsscheine sind ausgegeben worden, nachdem jedem Bewohner und jeder Bewohnerin zwei Wohnungen konkret nachgewiesen worden waren. Nachdem diese abgelehnt worden sind, sind an diesem Abend, dem Donnerstagabend, diese Wohnberechtigungsscheine ausgehändigt worden. Um noch einen weiteren Hinweis zu geben: Das heißt, die Bewohnerinnen und Bewohner haben konkret nachgewiesene Wohnungen abgelehnt.

(Staatsrat Walter Wellinghausen)

Das war keine Antwort auf meine Frage.

Stellen Sie bitte eine Frage.

Wie schnell werden die ausgegebenen Scheine jetzt zu einer Wohnraumvermittlung führen?

(Unmutsäußerungen bei der CDU)

Das formale Verfahren ist Ihnen sicherlich bekannt, wie ich Ihnen unterstellen darf. Ein ausgegebener Schein ist keine Wohnung und mit diesem Schein können Sie selbstverständlich in eine bestimmte Einrichtung der Freien und Hansestadt Hamburg gehen und sich dort melden. Sie haben dann die Möglichkeit, dort zu erfahren, wo es freie Wohnungen gibt, und können sich an die entsprechenden Einrichtungen wenden. Dies ist im Übrigen eine theoretische Frage und ich möchte Sie darauf hinweisen, dass sie aus meiner Sicht mit dem Thema nichts zu tun hat.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das ist die zweite Frage gewesen. Sie mussten Sie zwar noch einmal stellen, aber es ist die zweite Frage.

Meine Frage ist nicht beantwortet worden.

(Lachen bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Meine Damen und Herren, das ist nicht etwas, was wir an dieser Stelle festzustellen haben. Sie haben zwei Fragen gehabt. Diese sind vom Senat beantwortet worden. Wir müssen feststellen, dass wir demnächst in unseren Beratungen über die Geschäftsordnungsfragen noch einiges an Unklarheiten zu beseitigen haben. Meine Damen und Herren, wir haben mit dieser Frage das Ende der Fragestunde erreicht. Es ist jetzt 16 Uhr.

Wir kommen jetzt zu den Tagesordnungspunkten 10 und 53, Drucksachen 17/950 und 17/1629, der Großen Anfrage der SPD-Fraktion zur Zukunft der beruflichen Bildung und dem Antrag der SPD-Fraktion: Kein Rückzug aus der Verantwortung für die berufliche Bildung.

[Große Anfrage der Fraktion der SPD: Zukunft der beruflichen Bildung – Drucksache 17/950 –]

[Antrag der Fraktion der SPD: Kein Rückzug aus der Verantwortung für die berufliche Bildung – Drucksache 17/1629 –]

Die Drucksache 17/950 möchte die GAL-Fraktion an den Schulausschuss überweisen. Wer begehrt das Wort? – Herr Wehnert, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bereits im Juni, kurz nach den Jesteburger Beschlüssen, haben wir die Anfrage zur beruflichen Bildung gestellt. Anlass waren Verlautbarungen nach der Klausurtagung, die Berufsschulen sollten privatisiert wer

den. Wörtlich heißt es in der Pressemitteilung der Staatlichen Pressestelle:

„Die Berufsschulen sollen in Kooperation mit Handelskammer und Handwerkskammer in eine private Trägergesellschaft überführt werden.“

So weit die Absichtserklärung des Senates. Natürlich hat es uns interessiert, was sich dahinter verbirgt. Sieht man jetzt einmal vom Status quo ab, so lässt sich die Antwort in einem recht einfachen und allgemein verständlichen Satz zusammenfassen:

(Vizepräsident Farid Müller übernimmt den Vorsitz.)

Wir wollen mit weniger Ressourcen mehr Qualität schaffen, aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben wir überhaupt keine Ahnung, wie das geht. Na ja, für das Chaos in der Schulbehörde sind Sie in der letzten Zeit ja verantwortlich. Wir sind das gewöhnt, hier setzt es sich nur einfach fort.

(Beifall bei der SPD)

Ausgeführt wird auch, dass der Prüfprozess noch nicht einmal begonnen habe. Und außerdem sei das alles sehr kompliziert. Also, entweder war die Aussage nach Jesteburg hohles Geschwätz oder Sie sagen nicht alles, was Sie wissen, zumindest nicht der Opposition.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter. Es ist mir hier zu laut, ich verstehe den Redner kaum. Sie sollten ihn auch verstehen.

Ist das jetzt politische Geheimniskrämerei oder politische Orientierungslosigkeit? Ganz klar: Geheimniskrämerei. Wenn man es so sieht, kann man ja dadurch feststellen, dass politische und sachliche Intransparenz hier momentan, seit Sie an der Regierung sind, gang und gäbe ist. Oder man muss sagen, Sie haben einfach Angst, offen zu sagen, was Sie eigentlich wollen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt war das jedenfalls so. Oder war es Orientierungslosigkeit? Nun, dagegen kann man etwas tun. Es gibt also jetzt ein Prüfverfahren, das bis Ende des Jahres abgeschlossen sein soll. Wir wissen inzwischen, am 25. November soll wohl vorgestellt werden, was Sie vorhaben. Natürlich ist die laufende Prüfphase dann im nächsten Jahr, wo es vonstatten gehen soll, ergebnisoffen angelegt. Wunderbar, dann haben wir eine Menge Zeit, darüber zu diskutieren und zu debattieren, welche Veränderungen bei der beruflichen Bildung Sinn machen und welche nicht. Da Sie also offensichtlich völlig unvoreingenommen an die Reform der beruflichen Bildung herangehen, können wir ja ganz von vorne anfangen, bei den Zielen. Ihre Vorgaben sind: Qualitätsverbesserung und Ressourcenschonung. Zur Ressourcenschonung muss man, glaube ich, nicht zu viel sagen. Aber zum Thema Qualität wüsste ich schon gerne, wie Sie die definieren. Ich fange einmal an und stelle ein paar Thesen dazu in den Raum.

Erstens: Im Rahmen der Chancengleichheit soll die berufliche Erstausbildung für jeden zugänglich sein. Außerdem sollen auch schwächere Schülerinnen und Schüler einen Beruf erlernen können. Es geht hier nicht um die Qualität der Schule, sondern um die Qualität des Ausbildungsniveaus, mit dem Menschen in unserer Gesellschaft ins Berufsleben eintreten.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GAL)

Zweitens: Voll qualifizierte Schulen werden benötigt und stellen eine adäquate Ergänzung und Begleitung zum dualen System dar. Solange die Handelskammer nicht ihre Hausaufgaben macht und ihre Unternehmen dazu bewegen kann, genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, muss der Staat die Verpflichtung zur Ausbildung hingeben. Er muss etwas machen und dazu gehört die voll qualifizierte Schule.

Drittens: Die Fachoberschulen, Klassen 11 und 12, die Fachoberschule 12 sind integraler Bestandteil des Berufsbildungssystems. Jugendliche brauchen die freie Wahl, ihren Weg zum höchstmöglichen Schulabschluss zu bestimmen. Das ist wichtig für diese jungen Menschen, insbesondere, wenn sich nachher Herr Drews als Banker hier hinstellt. Beachten Sie bitte, dass gerade die Banken immer mehr Fachabiturienten einstellen und nicht Realschüler. Geben Sie bitte auch diesen die Möglichkeit, das Fachabitur zu schaffen.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GAL)

Viertens: In der Berufsausbildung sollen berufsspezifische Fachkenntnisse vermittelt werden. Deswegen begrüßen wir handlungsorientierte Lehr- und Lernkonzepte an den Berufsschulen und Ausbildungsverbünde unter den Unternehmen. Aber das ist nicht alles. Berufsübergreifende und allgemein bildende Inhalte gehören in eine gute Ausbildung, besonders dann, wenn sich die Berufsbilder so schnell wandeln, dass die spezifischen Kenntnisse bald von der Praxis überholt werden. Wir brauchen eine Ausbildung, die es jungen Menschen ermöglicht, darauf aufzubauen, Kenntnisse auszubauen und auf einer breiten Basis Neues dazuzulernen.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GAL)

Das schließt auch, meine Damen und Herren, die Umorientierung zu einem neuen Beruf ein. Gerade in diesem Zusammenhang ist uns staatliche Verantwortung für die Berufsbildung so wichtig.

(Beifall bei der SPD)

Fünftens: Genau so sollte es die Möglichkeit geben, auch später noch einen höheren Bildungsabschluss zu erwerben als ursprünglich angestrebt. Das heißt, eine gute Berufsausbildung darf mit nur einmal getroffenen Entscheidungen nicht zu Ende sein, sondern es muss jederzeit möglich sein, sich weiterzuqualifizieren. Das ist wichtig.

(Beifall bei der SPD)

Sechstens: Die Möglichkeiten der beruflichen Weiterbildung sollen ausgebaut werden. Damit die Ausbildungsqualität auch bei Berufserfahrenen ständig angepasst werden kann.

Siebtens: Die Qualität der Lehre und die Sicherung von Ausbildungsstandards müssen ständig kontrolliert und verbessert werden. Die Fortbildung der Berufsschullehrer ist eine Voraussetzung für qualitativ hochwertigen Unterricht.

Meine Damen und Herren, das sind alles Gründe, warum wir die staatlichen Schulen auch weiter in staatlicher Hand wissen wollen, denn das bedeutet eine Einflussnahme, die nur wir bringen können. Die wollen wir uns als Parlamentarier doch nicht aus der Hand nehmen lassen.

(Beifall bei der SPD)

Berufliche Schule darf nicht zum Spielball von Interessen von Kammern und Verbänden werden. Das ist wichtig.