Sie sind auch derjenige gewesen, der auf dem Abschlusstreffen der Zukunftskonferenz gesagt hat, es gebe Stadtteile, die man einfach nicht mehr retten könne, denen sei nicht mehr zu helfen. Das ist eine Unverschämtheit gegenüber dem Bezirk, gegenüber den Quartieren, die Sie als Problemquartiere ansehen und sie so benennen, wie ich das niemals wiederholen möchte. Sie geben etwas auf, wo Sie noch nicht einmal versucht haben, etwas zu verändern.
Zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Zukunftskonferenz möchte ich auch noch etwas sagen. Die Teilnehmerinnenliste setzt sich so zusammen wie unsere Rednerliste. Es gab immer mal 1:3 Menschen, die aus Wil
helmsburg oder nicht aus Wilhelmsburg kamen. Hier bin ich wieder mal die Einzige, die nicht aus Wilhelmsburg kommt, alle anderen sind aus dem Quartier und so war es auch in Wilhelmsburg. Die Konferenz ist nicht von der Politik, nicht von der SPD, nicht von der rotgrünen Koalition initiiert worden, sie ist aus dem Stadtteil heraus initiiert worden – da grinsen Sie, das ist in Ordnung, vielleicht sind Sie nicht derjenige gewesen, der diese Konferenz wollte –, aber die Menschen, die in diesem Stadtteil etwas verändern wollen, wollten diese Zukunftskonferenz und dementsprechend heterogen ist auch das Weißbuch. Da gibt es keine einheitliche Linie. Da gibt es etliche Vorschläge, die uns nicht passen, und wahrscheinlich viel mehr, die Ihnen nicht passen. Aber das haben wir alles schon einmal in einer Debatte zum Weißbuch gehabt.
Der Senat jedenfalls hat sich dieses Weißbuch nicht angeguckt. Die Große Anfrage, über die wir hier eigentlich reden wollen – und das werde ich jetzt auch wieder tun –, zeigt ganz deutlich, dass es kein verstärktes Engagement des Senats in Wilhelmburg geben wird und das ist eine Schande.
Herr Stehr hat viele Veränderungen beschrieben. Er hat beschrieben, dass sich etwas bewegt. Das ist richtig. Die Wirtschaft ist in Wilhelmsburg stärker als bisher engagiert. Es gibt mehr Interesse daran, dort zu wohnen. Es gibt mehr Interesse daran, die Freizeitangebote und die kulturellen Angebote zu nutzen, der Mühlentag war noch nie so gut besucht wie in diesem Jahr, aber vom Senat kommt nichts.
Wenn man sich die Große Anfrage anguckt, dann kann man lesen, dass er sich noch eineinhalb Jahre Zeit lassen will, um einen Strukturplan zu erstellen, einen Strukturplan, der Zielkonflikte darstellen soll, nicht etwa auflösen oder miteinander in Einklang bringen oder ein Konzept bilden, sondern einen Strukturplan, der Zielkonflikte darstellen soll.
Dann sollen mögliche Konflikte mit den bestehenden Bebauungsplänen überprüft werden. Das kann man auch in der Antwort auf die Große Anfrage lesen. Das dauert ungefähr ein Jahr. Dann brauchen wir – auch das steht in der Großen Anfrage – mindestens drei Jahre, um neue BPläne zu erstellen oder zu verändern. Das ergibt mindestens einen Zeitraum bis Ende 2007, bis die erste Maßnahme, die der Senat jetzt vielleicht anfängt zu planen, umgesetzt werden kann. Das ist viel zu spät. Das sind mindestens vier Jahre zu spät.
Der Senat begrüßt die Idee des Open-Air-Kinos und sucht dafür einen Standort. Er möchte die Ökosiedlung weiterbauen. Da gibt es Investoren. Das ist ein Projekt, das läuft. Die Umgestaltung des Wilhelmsburger Einkaufszentrums ist tatsächlich etwas, was er aufgegriffen hat, ohne dass konkret gesagt wird, wie es gehen soll. Vorbereitende Untersuchungen in zwei Gebieten sind geplant.
Es gibt keine Auseinandersetzung mit den verkehrspolitischen Vorschlägen der Zukunftskonferenz, die im Übrigen oft durch Entscheidungen im Ortsausschuss unterstützt werden. Es gibt keine Auseinandersetzung mit den Vorschlägen und Konzepten, die zum Wohnen und zur Stadtentwicklung vorgelegt werden. Herr Stehr, da bin ich
nicht Ihrer Meinung, dass dort konkret wirklich etwas angegangen wird. Es geht auch nicht darum, dass wir jetzt etwas sehen sollen. Wir wollten etwas lesen. Wir wollten etwas Konkretes lesen und es findet sich nichts in der Antwort auf die Große Anfrage.
Man könnte ja sagen, gönnen wir es Ihnen doch. Die 34 Prozent, die Sie im letzten Jahr dort geholt haben, Sie als Schill-Partei vor allem, gönnen wir es Ihnen doch, dass sie Ihnen wieder verloren gehen werden, aber ich gönne es den Wilhelmsburgerinnen und Wilhelmsburgern einfach nicht, dass ihr ganzes Engagement
einfach versackt, dass es nicht ernst genommen wird, dass Sie das hier auf eine unerträgliche Art und Weise abwerten.
(Manfred Silberbach Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Wer ist denn für die Situation verant- wortlich, so wie sie jetzt ist!)
Ja, die alte Geschichte. Wir können gerne noch einmal anfangen, wann sich die Christen und der Islam zum ersten Mal getroffen haben und was dann passiert ist. Das können wir machen.
So wie Sie sich die Geschichte zurechtrücken und das Zusammenleben von Kulturen gestalten wollen, kommen wir nie zu einem Miteinander, sondern es wird immer ein Schwarz und Weiß, ein Gegeneinander von Menschen geben und das ist etwas, was wir in dieser Stadt nicht brauchen können.
Ganz konkrete Vorschläge, Herr Frühauf, Sie können den alten Antrag von vor einem Vierteljahr noch einmal angucken, ich schicke ihn Ihnen auch gerne zu, wenn Sie ihn nicht hier haben. Es geht um konkretes Auseinandersetzen mit den Vorschlägen der Zukunftskonferenz, unterstützt durch den Ortsausschuss, unterstützt durch alle Initiativen und Bürgerengagements in Wilhelmsburg. Es ist ein Modell für Europa, was dort praktiziert wird. Ein Stadtteil engagiert und kümmert sich um sich selber. Der Senat in Form des zuständigen Senators, aber auch als Gesamtsenat, kümmert sich eben nicht und das wird deutlich in der Antwort zu dieser Großen Anfrage.
Vielleicht sollten wir noch einmal ins Detail gehen. Sie sagen zum Beispiel – Herr Stehr hat das vorgetragen –, dass die Achse Nord-Süd schwerpunktmäßig betrachtet wird. Auch das wird Bestandteil dieses Strukturplans sein, habe ich gelernt. Wir haben da eine Bezirksgrenze zu überspringen. Wir haben über lange Jahre ein gutes Vorbild im Schanzenviertel zur Lösung der Probleme, zur Koordinierung der Maßnahmen und Aktionen im Schanzenviertel, wo drei Bezirke miteinander arbeiten. Hier wird es nicht einmal eine Kooperation zwischen Hamburg-Mitte und Harburg geben. Das will man nicht. Der Senat will nicht über die Grenzen hinausgehen.
Zweites Beispiel: Wohnboothafen am Spreehafen. Da wird gesagt, das geht nicht. Das Gesetz sagt, geht nicht. Es ist aber etwas, was ein Signal wäre, genauso wie die ange
sprochene Fuß- beziehungsweise Radwegverbindung. Das kann man mit Leichtigkeit tun. Das kann man einfach mal machen. Das kostet überhaupt nicht viel. Da könnte der Senat zeigen, hier geht etwas los. Es passiert nichts. Es wird einfach abgelehnt.
In der letzten Sitzung des Bau- und Verkehrsausschusses ging es um Olympia und Olympia hat nach der Erkenntnis des Senats auch etwas mit Wilhelmsburg zu tun. Unsere große Sorge ist, dass Wilhelmsburg durch die Pläne für die Olympiade ein weiteres Mal zu einem Hinterhof werden wird, indem die Erschließung der vorzeigbaren olympischen Stätten und nicht eine Anbindung an die Innenstadt erfolgen wird. Hier ist die einmalige Chance. Der Senator hat im Ausschuss gesagt, dass selbstverständlich die Entwicklung Wilhelmsburgs Schwerpunkt bei der olympischen Planung sein wird. Dann wollen wir auch etwas darüber hören und in der Antwort auf die Große Anfrage etwas dazu lesen und dann möchte ich konkrete Projekte wissen, die jetzt beginnen und nicht frühestens in 2007. – Vielen Dank.
und es ist schon spannend. In der Tat ist es so, dass wir auf Antrag der GAL bereits vor drei Monaten über dieses Thema und dieses Weißbuch geredet haben. Allein das ist spannend, dass es drei Monate braucht, bis die größere Oppositionspartei nun auch dieses Thema für sich zu entdecken glaubt und feststellt, dass sie einen Wilhelmsburger in ihren Reihen hat – ich grüße Herrn Wehnert von hier –, denn damals war es noch Frau Duden, die alleine dazu gesprochen hatte. Was da allerdings von den Sozialdemokraten gekommen ist, das war schon eher schwach. Herr Wehnert, Stadtentwicklung funktioniert nicht durch Wanderwege oder dergleichen. Und wie man auf Bürgerbeteiligung reagiert, da müssen Sie uns bestimmt keine Vorschläge machen. Es hat in Hamburg ungeheuer viele Bürgerinitiativen gegeben, die von Ihnen in den letzten Jahren schlicht ignoriert worden sind.
Ich nenne nur das Beispiel Bahrenfelder Deckel oder mehr Demokratie oder dergleichen, die Sie im Grunde genommen völlig ignoriert haben.
Kommen wir mal zu diesem Weißbuch. Was ist denn das Weißbuch letztendlich? Es ist doch schlussendlich eine Aufzählung der roten Versäumnisse der letzten 39 Jahre.
Natürlich werden wir das tun, dafür sind wir schließlich gewählt worden, nicht nur im Bereich Wilhelmsburg, sondern auch in anderen Bereichen.
Dieses Weißbuch kann dabei noch nicht einmal Anspruch auf Vollständigkeit erheben, denn die Weggezogenen haben gar nicht daran teilgenommen. Ich denke da nur an die Handwerksbetriebe und Kleingewerbetreibenden am Vogelhüttendeich, die im Laufe der Jahrzehnte dort vertrieben worden sind durch Ihre Politik.
Herr Silberbach hat einige Gründe für die Veränderungen der Sozialstruktur aufgezählt. Ich will jetzt nicht näher darauf eingehen. Vieles ist genannt worden und vieles von dem war auch richtig. Das sage ich Ihnen auch, ob da nun geklatscht wurde oder nicht.
Zur Perspektive. Stadtentwicklung hat immer sehr viel mit der Historie zu tun, mit der geschichtlichen Entwicklung einer Stadt. Eine Flussinsel, um die herum sich eine Stadt entwickelt, ist in der Regel Ausgangspunkt der Stadtentwicklung. Ein schönes Beispiel ist Paris. Das ist in Hamburg durch die Geschichte anders gewesen. Wilhelmsburg hat sich eigenständig entwickelt bis 1937, wie auch der Süden sonst. Diese Eigenständigkeit merkt man manchmal auch noch, was vielleicht dazu führt, dass es zwischen Harburg und Hamburg-Mitte nicht so gut klappt wie zwischen Altona und Eimsbüttel. Aber die IGA und die Olympischen Spiele beziehungsweise die Bewerbungen dazu bieten in der Tat eine gewaltige Chance zur Attraktivitätssteigerung, die wir – da gebe ich Frau Möller Recht – unter gar keinen Umständen ungenutzt verstreichen lassen können. Aber all diese Projekte bewirken lediglich eine Beschleunigung von Dingen, die eigentlich sowieso vorgesehen waren. Das haben Sie jetzt unterschlagen. Das ist am Dienstag bei der Sitzung des Bauausschusses auch sehr deutlich geworden. Das war, gerade was die Entwicklung von Wilhelmsburg angeht, ein sehr interessanter Aspekt. Auf dieser Entwicklungsachse, die sich unter anderem durch die IGA, aber auch durch neue ÖPNV-Systeme von Hamburg nach Harburg entwickelt, sowie die weiteren Entwicklungen, die davon ausgehend in den Wilhelmsburger Osten und den Wilhelmsburger Westen zeigen, besteht in der Tat ein gewaltiges Entwicklungspotenzial für vermehrt hochwertigen Wohnbau. Auch wenn wir den Fehler nicht machen, der so oft gemacht worden ist, dass wir gleichzeitig den Wohnbau und die Infrastruktur schaffen und nicht irgendein Wohnsilo aufziehen und die Menschen dort alleine lassen, wie das in den letzten Jahrzehnten oft passiert ist, ergibt sich da eine ganz gewaltige Chance.
Einige Dinge springen aber auch zu kurz, sowohl in Ihrer Anfrage als auch im Weißbuch. Der Erhalt der Kulturlandschaft, zum Beispiel in Moorwerder und im Wilhelmsburger Osten, findet in der Großen Anfrage aus Sicht des Fragestellers anscheinend nicht statt. Dabei ist es ganz wesentlich und wird vom Senat auch so gesehen.