Protocol of the Session on June 26, 2002

gewusst, dass er für die Einhaltung des Versprechens nicht mehr zuständig sein wird.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Ekkehard Rumpf FDP: Genau!)

Meine Damen und Herren! Es gibt eine einzige Position, bei der im Bundeshaushalt in der Tat gespart wird, und das ist bei den Investitionen. Dies ist wirklich eine mittlere Katastrophe,

(Krista Sager GAL: Tun Sie doch auch!)

da wir heute die Dinge verbrauchen, die wir eigentlich an die nächste Generation weitergeben sollten, ohne ausreichend neue Ersatzinvestitionen zu liefern.

(Uwe Grund SPD: Gucken Sie doch mal den Haus- haltsentwurf des Senats vom nächsten Jahr an! Schauen Sie die Investitionszahlen an!)

Frau Hajduk, Sie haben gesagt, die Steuerausfälle beruhten auf der Systemumstellung. Dann frage ich Sie, wieso wir dann auch in den kommenden Jahren Steuerausfälle haben, und zwar durchschnittlich 400 Millionen jährlich. Das hat ja wohl nichts mit Umstellung zu tun, das hat mit Steuermindereinnahmen und dem Thema Körperschaftsteuer zu tun; der Wirtschaftssenator hat das hier eindeutig formuliert.

Der Geburtsfehler dieser Steuerreform von Eichel ist einfach, dass die Großen entlastet wurden und durch die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage alle mit herangezogen worden sind, auch der Mittelstand und nicht nur der selbstständige Mittelstand, Herr Egloff, sondern den unselbstständigen Mittelstand trifft es genauso. Die Leistungsträger dieser Republik tragen die Lasten dieser Steuerreform und das ist der Geburtsfehler.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Es hat mich wirklich gefreut, Frau Hajduk, dass Sie gesagt haben, Sie hätten in Ihrem Wahlprogramm ein Konzept für eine vernünftige Steuerreform, die auch den Mittelstand entlasten soll. Eine bessere und kräftigere Ohrfeige für das, was Herr Eichel zurzeit in Berlin tut und was Ihre Fraktion dort in den letzten vier Jahren zu verantworten hat, kann man sich überhaupt nicht vorstellen.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Anja Hajduk GAL: Wir haben auch einen Preis gekriegt!)

Ein letztes Wort zur Gewerbesteuerreform. Wir wollen die Gewerbesteuer nicht reformieren, wir wollen sie abschaffen, und zwar nicht ersatzlos, sondern wir wollen, dass die Kommunen sich durch einen Zuschlag zu den Ertragssteuern finanzieren.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Wort bekommt Senator Uldall.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich zu dem Stellung nehmen möchte, was Frau Hajduk gesagt hat. Frau Hajduk hatte gesagt, es sei nicht richtig, dass mittelständische Unternehmen in der Steuer höher belastet würden als große Unternehmen. Nun wollen wir

die Sache einmal ohne irgendwelche Aufregung ganz ruhig betrachten. Frau Hajduk, es erfordert eine gewisse Aufmerksamkeit.

Es ist richtig, wenn Sie sagen, dass eine Kapitalgesellschaft zu einer höheren steuerlichen Belastung komme als eine Personengesellschaft, aber nur dann, wenn Sie die Ausschüttungsbelastung betrachten. Nun wissen wir und wir wünschen uns aus wirtschaftspolitischer Sicht, dass nicht alle Gewinne eines mittelständischen Personenunternehmens ausgeschüttet und verzehrt werden. Wenn Sie eine Betrachtung nur über den einbehaltenen Gewinn anstellen, den der mittelständische Einzelhandelsunternehmer oder der mittelständische Gastwirt in seinem Unternehmen belässt, dann wird er höher belastet als eine Kapitalgesellschaft. Wenn er etwas für seine Gesellschaft entnimmt, steht er sich besser als ein GmbH-Gesellschafter oder ein Aktionär. Aber angesichts der schrecklichen Eigenkapitalsituation der Unternehmen in Deutschland, die uns große Sorgen bereitet unter dem Gesichtspunkt Basel II, müssen wir darauf achten, dass auch in den Personengesellschaften Gewinne zurückbehalten werden. Und selbst wenn Sie eine Gegenrechnung bei der Gewerbesteuer vornehmen, werden diese Gewinne bei einem Betrag, der thesauriert wird, von 100 000 D-Mark mit 7000 D-Mark mehr besteuert, als wenn der gleiche Betrieb in Form einer GmbH 100 000 D-Mark in die Rücklage legen würde.

Dieses soll jetzt auch das Ende einer steuerpolitischen Vorlesung sein, aber wer es nicht glaubt, der möge bitte genau diese Vergleiche ansehen. Die Bundesregierung nimmt immer den ausgeschütteten Gewinn. Wer es etwas differenzierter betrachtet, möge das, was ich eben gesagt habe, nachvollziehen. Wenn er mir nicht glaubt, stehe ich gerne für Rückfragen zur Verfügung, aber er soll sich bitte auch die Modellbetrachtungen ansehen, die die Bundesbank in ihrem Bericht vom August 2000 vorgelegt hat. Hier sind diese Zahlen sehr deutlich aufgeführt.

In diesem Sinne bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit bei diesem nicht ganz leichten steuerpolitischen Exkurs.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dobritz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zwei, drei Dinge zu den Punkten sagen, die Herr Frühauf hier angesprochen hat, zum Thema rekordverdächtige Pleiten in Deutschland. Ich möchte aber zwei Vorbemerkungen zur Steuerpolitik machen.

Frau Pauly, als Helmut Kohl 1983 Bundeskanzler wurde

(Heino Vahldieck CDU: 1982!)

im Oktober 1982 –, betrug die Bundesschuld 400 Milliarden D-Mark. Als Helmut Kohl 1998 die Wahl verlor, lag die Bundesschuld bei 1,5 Billionen Deutsche Mark.

(Barbara Ahrons CDU: Was lag dazwischen? – Karen Koop CDU: Da lag die deutsche Einheit dazwischen!)

Helmut Schmidt hat einmal gesagt, die Verdoppelung der Bundesschuld unter den gegebenen Umständen der deutschen Einheit ist sachgerecht. Eine Vervierfachung ist finanzpolitisch ein Frevel gewesen und wissen Sie, warum

(Rose-Felicitas Pauly FDP)

das gemacht worden ist? Weil Helmut Kohl 1990 gesagt hat, in diesem Land soll es allen besser gehen, aber keinem schlechter. Er hat die deutsche Einheit nur auf Pump finanziert.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Zum zweiten Punkt, Frau Pauly, bei aller Berechtigung der Kritik im Detail: Sie hatten 16 Jahre lang Zeit, um zum Beispiel in zwei Steuerbereichen, nämlich der Kapitalertragund der Umsatzsteuer, die wirklich kriminelle Energie der Steuerzahler abzumildern. In diesen Bereichen, das sagen Ihnen alle Institute, gibt es in Deutschland inzwischen einen Steuerbetrug, der weit über 100 Milliarden D-Mark liegt.

(Glocke)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, danke.

Wenn Sie dort in 16 Jahren gewirkt und gearbeitet hätten, dann hätten wir heute mehr Steuererträge und Herr Peiner hätte mehr Geld in der Tasche. Herr Uldall war übrigens in der Regierungsfraktion in Bonn und hätte mit Taten – nicht nur mit Steuersätzen von 15, 25 oder 35 Prozent – darauf hinwirken können, dass diese Steuerbetrügereien in diesem großen Stil in diesem Lande endlich aufhören.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich möchte aber die zwei, drei Minuten, die ich habe, noch auf Herrn Frühauf eingehen, weil er versucht hat, die Pleitensituation, die es in Deutschland in der Tat gibt, sozusagen Rotgrün anzulasten.

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Das können Sie auch der PDS anlasten!)

Herr Frühauf, die Zuwächse der Insolvenzen gehen zu weit über 50 Prozent auf die Zunahme der Verbraucherinsolvenzen zurück; da liegt sozusagen die Dynamik. Wissen Sie, wie hoch die Verbraucherinsolvenzen im Jahre 1998 bei Kohl waren? Sie waren gleich null, weil es natürlich das System der Verbraucherinsolvenzen gar nicht gegeben hat.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD – Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Erzählen Sie doch keine Märchen!)

Heute, im Jahre 2001, nachdem die Reform gemacht worden ist, betragen die Verbraucherinsolvenzen 13 277. Ich zitiere einmal Creditreform, ein seriöses Institut, das deutlich sagt, dass der starke Anstieg der Insolvenzen in erster Linie auf die Entwicklung bei den Verbraucherinsolvenzen zurückzuführen ist, die sich gegenüber dem Vergleichszeitraum nahezu verdoppelt haben; das ist der entscheidende Punkt. Im Übrigen haben wir das ja gewollt.

(Rose-Felicitas Pauly FDP: Das stimmt überhaupt nicht, was Sie erzählen!)

Doch, ich habe den heutigen Auszug von Creditreform aus dem Internet, da steht das doch drin.

Hinzu kommt noch, dass wir das vereinfachte Verfahren, um den Leuten die Möglichkeit zu geben, aus ihrer Situation herauszukommen und einen neuen Start zu wagen, auch auf Kleinstunternehmer übertragen haben, und das ist natürlich ein weiterer Punkt des Anstiegs in diesem Bereich.

Frau Pauly, zu Ihrem Hinweis auf den Einzelhandel kann ich nur mit einem Hinweis aus der „Welt“ kontern: Der Einzelhandel hat natürlich am Anfang dieses Jahres einen Teil Schuld selbst auf sich geladen.

Und die „Welt“ schreibt in einem Kommentar von Henning Kruse im Wirtschaftsteil konkret:

„Das Signal ist klar, der Handel hat vor dem störrischen Kunden, der einfach nicht kaufen will, kapituliert. Nur über den Preis kann neue Konsumlust geweckt werden. Der Einzelhandel hat sich am Anfang des Jahres selbst ein Bein gestellt. Das ist der Grund, warum es dem Einzelhandel so schlecht geht.“

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Hinzu kommt – darauf brauche ich nicht einzugehen, Frau Pauly, Sie haben Volkswirtschaft studiert –, dass es seit 1949 bei der Bauindustrie konjunkturelle Dellen gibt.