Protocol of the Session on May 30, 2002

Das Wort bekommt die Abgeordnete Ernst.

An die Abgeordneten der Regierungsfraktionen: Das ist ja eine rührende Vorstellung, die Sie hier abgeliefert haben. Sie wissen seit Wochen doch selber, dass Senator Lange der größte Schwachpunkt in diesem Senat ist.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Michael Neu- mann SPD: Schill auch!)

Sie sind nach Jesteburg nervös zusammengekommen, um die Beschlüsse zu korrigieren und diesem Senator zur Seite zu stehen, weil er mit dem Rücken an der Wand stand.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Insofern ist das eine erbärmliche Pflichtübung, die Sie hier absolvieren wider besseres Wissen.

(Katrin Freund Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Wir haben Ihr Erbe übernommen!)

Ansonsten, Herr Müller-Sönksen, Sie verheddern sich doch im Gestrüpp von irgendwelchen Behördenzahlen, die wir gar nicht kennen. Wir reden über Zahlen und Angaben, die der Senat der Öffentlichkeit offiziell bekannt gegeben hat. Wir reden über Jesteburg, wir reden über die Pressemeldung und über die Daten, die Staatsrat Behrens der Presse mitgeteilt hat. Diese Zahlen stimmen nicht überein und damit müssen Sie sich auseinandersetzen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Natürlich verstehen wir Ihre Aufgabe als Fraktionsvorsitzende der Regierungsfraktionen so, diesem angeschlagenen Senator zur Seite zu stehen. Aber Sie sind auch Abgeordnete und haben als Parlament das Recht, diesen Senat zu kontrollieren, und davon haben Sie sich hier verabschiedet.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Eben nicht! Im Gegenteil!)

Das ist erbärmlich für die politische Kultur in dieser Stadt.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Drews.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Ernst, wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Wir haben Ihnen bei der letzten Regierungsbildung des Kabinetts Runde bereits gesagt, dass das Modell Raab ein Auslaufmodell einer lustlosen Senatorin ist, die in dieser Stadt nichts mehr bewegt. Dass sie nichts bewegt, hat Frau Pape bewiesen,

(Petra Brinkmann SPD: Darum ging es doch über- haupt nicht!)

indem sie am 12. Dezember 2000 bei den Haushaltsberatungen hier am Pult Herrn Beuß gesagt hat – lesen Sie es im Protokoll nach –, dass die CDU mehr Lehrerstellen fordere mit einer „unsauberen Finanzierungsdeckung“. Sie hat von unsauberer Finanzierung gesprochen, obwohl sie die politische Verantwortung dafür getragen hat, dass

mehr als 500 Lehrerstellen für das Jahr 2001 und die Folgejahre nicht sauber durch den Einzelplan 3.1 und durch das Gesetz und Beschluss der Hamburgischen Bürgerschaft beschlossen worden sind. Und Sie reden hier von erbärmlichen Dingen? Die haben Sie selber verzapft.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Es wäre schön, wenn wir uns an die Spielregeln halten würden, dass das Parlament den Haushalt aufstellt und beschließt. Es ist ein einmaliger Akt in der Bundesrepublik Deutschland, dass eine Regierungspartei einen Teil eines Haushalts mit einem bestimmten Lehrerstellenvolumen aufstellt und damit nach außen geht. Finanzsenatorin Nümann-Seidewinkel brüstet sich vor der Öffentlichkeit, Frau Hajduk spricht mit stolzgeschwellter Brust von Konsolidierung und Gestaltungswillen für die Zukunft und 500 Lehrerstellen werden an Schulhaushalt und Parlament vorbeifinanziert. So etwas hat es in Deutschland noch nicht gegeben.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Sie hätten sich die Aufzeichnung von „Schalthoff live“ in der letzten Woche anhören sollen, als Frau Hajduk vor laufender Kamera gesagt hat:

„Herr Drews, wenn sich bewahrheiten sollte, dass mehr als 500 Lehrerstellen am Haushaltsplan 3.1 vorbeifinanziert worden sein sollten, das heißt, nicht im Haushaltsplan stehen, dann müssen wir in der Tat darüber reden.“

Recht hat sie, reden müssen wir darüber. Das ist der große Unterschied. Wir betreiben eine Politik der Wahrheit, der Klarheit und der Transparenz

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Oh-Rufe von der SPD und der GAL)

und müssen jetzt das, was Sie geschaffen haben, in Recht und Gesetz kleiden. Im Wirtschaftsleben würde man sagen, was Sie begangen haben, ist mindestens Bilanzmanipulation und Bilanzfälschung. Und was darauf im Wirtschaftsleben steht, das wissen Sie.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Silberbach.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß, dass Sie sich freuen, wenn ich ans Rednerpult gehe.

(Michael Neumann SPD: Wir freuen uns erst, wenn Sie aufhören!)

Hamburg hat bisher das meiste Geld pro Schüler ausgegeben und steht damit an der Spitze aller Bundesländer. Nur, leider muss man feststellen, Hamburg hat das schlechteste Ergebnis, denn rund 11 Prozent aller Schüler bekommen keinen Abschluss. Auch das ist immerhin eine Spitzenleistung, wenn auch leider eine negative. Sie wollen das in diesem Hause doch nicht allen Ernstes als eine erfolgreiche Schulpolitik verkaufen. Das nimmt Ihnen wirklich keiner mehr ab.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Wenn Sie bedenken, was in der Schulbehörde geschehen ist, dass man am Haushaltsrecht vorbei und ohne Absegnung durch das Parlament 350 Lehrer eingestellt hat, würde ich sagen, dass etwas Derartiges in der Bundesrepublik einmalig ist. Es ist ein glatter Verstoß gegen das Haushaltsrecht und dafür sollten Sie sich schämen.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Glocke)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Der Redner gibt seine Ablehnung zu erkennen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe vermutet, dass es für den neuen Senat sehr, sehr schwer werden wird, wenn man weiß, wer in den leitenden Beamtenfunktionen sitzt. Interessant war es während der Haushaltsberatungen, als man auf der Senatsbank den Senat mit den leitenden Beamten gesehen hat. Man hatte den Eindruck, es handele sich um eine SPD-Mitgliederversammlung von leitenden Beamten und die Regierung sei sozusagen als Gast vertreten.

Damit zurechtzukommen, ist natürlich für jeden Senator sehr schwer. Ich habe erwartet, dass in zwei Bereichen enorme Schwierigkeiten auftreten würden: Erstens in der Sozialbehörde, weil es da eine Selbstverständlichkeit war, dass es dort nur SPD-Mitglieder gab – sie mussten auch noch aus dem linken Bereich von Hamburg-Nord kommen –, und zweitens in der Schulbehörde. Dass es da aber so schlimm ist, Herr Senator, habe selbst ich nicht erwartet. Haben Sie weiter Mut und Tatkraft und versuchen Sie, aus diesem Laden wieder eine funktionsfähige Behörde zu machen.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Ich gebe das Wort der Abgeordneten Hajduk.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich interpretiere das langsam so, als wenn bei den Regierungsfraktionen und dem Senat ein kleiner Strategiewechsel stattgefunden hat.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Ja, wir greifen an!)

Nachdem die Monate der Dauer Ihrer Regierungszeit jetzt so lang sind, ist es langsam ein bisschen lächerlich, wenn Sie immer davon sprechen, „das hat uns alles Rotgrün hinterlassen“,

(Dr. Michael Freytag CDU: Das haben Sie uns doch wirklich eingebrockt!)

weil das auf Dauer nicht geht. So kann auch ein Fraktionsvorsitzender, Herr Dr. Freytag, nicht vier Jahre reden. Das wissen Sie auch schon.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Jetzt kommt der Strategiewechsel: Wenn das nicht mehr die alte politische Führung von Rotgrün gewesen ist, warum Sie nichts zustande bringen können, dann sind es jetzt die Beamten, die Sie davon abhalten.

(Hartmut Engels CDU: Ihre Beamten sind das!)