Protocol of the Session on May 30, 2002

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Duden.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Ergebnisse der Zukunftskonferenz Wilhelmsburg verdienen die Beachtung aller Teilnehmer dieses Hauses. Wir werden nicht nur heute, sondern auch noch in den übrigen Sitzungen darüber diskutieren. Die SPD-Fraktion hat, was die Ergebnisse der Zukunftskonferenz Wilhelmsburg betrifft, noch einige Fragen, die wir im parlamentarischen Raum stellen werden. Auf dieser Seite des Hauses ist Besserung zu erkennen, deshalb ist es gut, dass wir diesen Antrag überweisen und in den Ausschüssen diskutieren.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Stehr.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben einen Antrag, die Drucksache 17/851, mit dem Titel: „Brückenschlag über die Elbe realisieren, Ergebnisse der Zukunftskonferenz Wilhelmsburg, IGA 2013 und Olympia-Bewerbung zu einem nachhaltigen Konzept entwickeln“. Gestatten Sie mir ein paar Bemerkungen zur Geschichte.

Ich bin in dieser Periode erstmalig hier in diesem Hause und war deshalb gezwungen, mir mit Hilfe der Parlamentsdokumentation die Vorgeschichte geben zu lassen. Ich habe festgestellt, dass es seinerzeit einen Antrag der damaligen rotgrünen Mehrheit gegeben hat, die Drucksache 16/5302, in der ein Zukunftskongress gefordert, dann beschlossen und gegen die Stimmen der CDU angenommen wurde. Es wurde außerdem ein Antrag von der CDU, die Drucksache 16/5339, zur Zukunftskonferenz gestellt. Dieser wurde von der Mehrheit des Hauses abgelehnt. Insofern bin ich erfreut, dass hier aufgrund des CDUAntrags Arbeitsergebnisse zur Zukunftskonferenz Wilhelmsburg vorgelegt worden sind. Das aber nur als Bonmot am Rande.

Im Rahmen der Arbeit zur Zukunftskonferenz Wilhelmsburg ist im Zeitraum von Mai 2001 bis März 2002 in einem breit getragenen Prozess von sieben Arbeitsgruppen und zum Teil bis zu sieben Untergruppen eine engagierte Arbeit geleistet worden. Das Besondere ist – Frau Möller hat es eben schon genannt –, dass sich zahlreiche Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich dieser Aufgabe gestellt und in einem durchaus anspruchsvollen Entwicklungsprozess gemeinsam mit Vertretern der Fachbehörden und sonsti

(Antje Möller GAL)

gem erschließbaren Sachverstand diese kommunalpolitische Arbeit geleistet haben.

Die Ergebnisse dieser Zukunftskonferenz liegen als Weißbuch vor. Die Arbeitsgruppen haben selbstständig gearbeitet. Insofern ist dieses Papier auch in sich nicht widerspruchsfrei und nicht ganz schlüssig.

Dennoch möchte ich allen Mitwirkenden, wie bereits am 23. März auf dem Podium bei der Abschlusskonferenz geschehen, von dieser Stelle aus meinen Dank und den Dank der CDU-Fraktion aussprechen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Gerade in Zeiten knapper Kassen ist ein solches Beratungsergebnis kaum zu überschätzen. Eine Arbeit von professionellen Fachingenieurbüros wäre vielfach teurer geworden.

Bei aller Wertschätzung der Kompetenz der Bürger – insbesondere in ihrem alltäglichen Umfeld und Erfahrungsbereich – handelt es sich aber in aller Regel um politische Entscheidungen. Solche politischen Entscheidungen gehören nach der Verfassungslage in dieses Haus und sinnvollerweise zur Vorbereitung auch in die Hände der dafür zuständigen Senatoren und Fachbehörden.

Herr Senator Mettbach, der im Moment nicht anwesend ist, hat dieses Weißbuch bereits den betroffenen Senatskollegen zugestellt und sie damit in den Prozess eingeführt. Dies ist nach meinem Verständnis der Tenor des vorliegenden Antrags. Insofern gibt es auch einen Konsens, der die Beteiligung der bezirklichen Gremien und deren Unterstützung einschließt, allerdings auch Respekt vor deren Votum.

Nun haben Sie in Ihrem Petitum bereits einen Teil der Ergebnisse, die am Ende dieses Prozesses stehen sollen, vorweggenommen und fordern, sie kurzfristig in die Wege zu leiten. Dieses ist so nicht konsensfähig.

Sicherlich wird es etliche Vorschläge geben, die schnell und möglicherweise auch einvernehmlich angeschoben werden können. Bei anderen wird die Prüfung möglicherweise etwas länger dauern. Ein großer Teil, den ich mir sogar als wünschbare Maßnahmen vorstellen kann – beispielsweise die genannte Rad- und Fußwegverbindung über die Norderelbe – wird an knappen Finanzen scheitern. Das müssen wir noch einmal prüfen. Ich bin dazu im Moment nicht auskunftsfähig.

Für eine Fährverbindung, wenn sie sich realisieren lässt, sollte man einen Investor suchen und dann die Anträge beraten.

Die öffentliche Diskussion um die Hafenquerspange findet bereits statt. Sie wird unzweifelhaft fortgesetzt und wir alle wissen, dass das gar nichts Neues ist. Was soll es also, den Senat dazu noch gesondert aufzufordern.

Die Verlagerung der Wilhelmsburger Reichsstraße ist zwar ein in dem Weißbuch ausgeführter Vorschlag, der aber schon auf bezirklicher und örtlicher Ebene nicht mehrheitsfähig ist.

Insofern scheint mir dieser Vorschlag eher die Funktion einer gezielten Provokation zu haben, damit man in den Medien mit den Arbeitsergebnissen überhaupt Resonanz findet. Den Punkt in den Antrag aufzunehmen, kann ich nur in die gleiche Kategorie einordnen, hier ein bisschen zu provozieren, damit man den Diskussionsprozess anstößt. Ernst nehmen kann ich diesen Vorschlag nicht.

„Masterplan“ ist offenbar ein Modewort, aber er ist ein genauso aberwitziges Unterfangen. Dann hätten wir uns die Zukunftskonferenz sparen können.

Ich komme zum Schluss und fasse zusammen: Im Ergebnis können wir diesem Antrag so nicht zustimmen. Da aber durchaus konsensfähige Teile darin enthalten sind, schlagen wir vor, ihn im Ausschuss zu beraten, und ich bitte um Ihre Unterstützung. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort hat der Abgeordnete Silberbach.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie können sich vorstellen, dass mir dieses Thema als langjähriger Abgeordneter aus Wilhelmsburg immer am Herzen gelegen hat. Das gilt aber generell für alle sozial benachteiligten Stadtteile. Ich habe die Entwicklung in Wilhelmsburg gesehen und weiß, wohin es führen kann, wenn nicht rechtzeitig eingegriffen wird. Es geht ja nicht nur Wilhelmsburg so, sondern ungefähr 25 Prozent der Hamburger Stadtteile haben ähnliche Probleme. Aber in Wilhelmsburg war der Senat durch die besonderen Vorkommnisse aufgerufen, etwas mehr zu tun.

Die Zukunftskonferenz Wilhelmsburg wurde ein Jahr vor der letzten Bürgerschaftswahl ins Leben gerufen mit dem Ziel, die Wilhelmsburger Bürger dazu zu bewegen, die SPD beziehungsweise die GAL zu wählen. Die CDU hatte natürlich das Spiel durchschaut, aber das Vorhaben mit Bedenken unterstützt.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Wilhelmsburger haben das Spiel durchschaut. Sie wussten seit Jahren, wo die Probleme in Wilhelmsburg liegen. Ihnen war auch klar, dass dieses dem Senat bekannt war, ohne dass er gehandelt hat, um die Bevölkerungsstruktur zu verbessern, sodass immer mehr Deutsche und integrationswillige ausländische Familien weggezogen sind und dadurch der Anteil von Sozialhilfeempfängern, Arbeitslosen und ausländischen Mitbürgern ständig gewachsen ist. Die Folge ist, dass in einigen Schulklassen kaum noch deutsche Schülerinnen und Schüler sind. Da ist die Frage angebracht, wer wen integrieren soll.

Die Wilhelmsburger haben die Strategie des alten Senats durchschaut und bei der Wahl die SPD zur zweitstärksten Partei in Wilhelmsburg gemacht. Verglichen mit ihren besten Wahlergebnissen nach dem Krieg hat sie jetzt nur noch die Hälfte der Stimmen bekommen.

Bei den Ergebnissen bezüglich der Zielvorgaben ist festzustellen, dass die Mitarbeiter von Behörden und Bürger aus anderen Stadtteilen den Ton in vielen Arbeitskreisen der Zukunftskonferenz wesentlich geprägt haben. So sind bei dem Verkehrskonzept Thesen der GAL beziehungsweise vom Bündnis 90/Die Grünen wiederzufinden. Darüber hinaus sind viele Vorschläge – wenn überhaupt – erst in zehn oder 15 Jahren zu verwirklichen.

Wilhelmsburg braucht aber dringend Strukturmaßnahmen, die in den nächsten vier bis fünf Jahren greifen müssen, damit Wilhelmsburg überhaupt eine Zukunft hat. Dazu gehört ein sozialverträglicher Zuzug, für den im hochwertigen Wohnungsbau circa 10 000 Wohneinheiten in KirchdorfMitte-Nord einschließlich des Bullert-Gebiets – beispielsweise mit Reihenhäusern, Einzelhäusern und Wohnungs

(Dr. Diethelm Stehr CDU)

A C

B D

bau im dritten Förderungsweg – geschaffen werden. Dazu gehören eine mindestens dreizügige Haupt- und Realschule sowie Kindertageseinrichtungen für das gesamte Einzugsgebiet.

Ohne vernünftige Wohnvoraussetzungseinrichtungen kann man weder junge Familien nach Wilhelmsburg holen noch dort halten. Darüber hinaus sind Fördermöglichkeiten – besonders im sprachlichen Bereich in den Kindergärten und Vorschulen – dringend zu forcieren, damit nicht noch mehr junge Familien den Stadtteil verlassen. Am wenigsten werden eingesetzte Institutionen und Senatsbeauftragte gebraucht. Die Probleme sind bekannt, jetzt muss gehandelt werden.

Die Bezirksversammlung Harburg und der Ortsausschuss Wilhelmsburg sind bereits mit den mittel- und langfristigen Ergebnissen der Zukunftskonferenz befasst. Der Senat, aber auch die Bürgerschaft wären gut beraten, wenn sie erst die Stellungnahme der örtlich gewählten Gremien über die Ergebnisse der Zukunftskonferenz abwarten, bevor sie eine endgültige Entscheidung treffen. In diesem Zusammenhang möchte ich allen ehrenamtlichen Kräften, die mitgearbeitet haben – insbesondere aus dem Wilhelmsburger Gebiet –, sagen, dass diesem Rechnung getragen wird und der Senat alle zukünftigen Entscheidungen, die Wilhelmsburg betreffen, in seine Beratung mit einbezieht. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Das Wort hat der Abgeordnete Rumpf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! I’m running out of time, deswegen werde ich mich jetzt etwas kürzer fassen.

Zuerst meine Frage an den Antragsteller: Kennen Sie das Brettspiel „Siedler“?

(Antje Möller GAL: Na klar!)

Das Schöne an diesem Spiel ist, dass man Siedlungspunkte bekommt, und zwar je mehr Siedlungen man hat oder auch wenn man die längste Handelsstraße besitzt.

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Kleiner Spieler, was?)

Wichtig an den Spielregeln ist, dass man eine Siedlung immer erst dann bauen darf, wenn man vorher – je nach Version – eine oder zwei Straßen gebaut hat.

Ich komme jetzt auf das Thema. Das ist hier nämlich das Problem.

Ich möchte aber vorab der Zukunftskonferenz für ihre sehr engagierte und vor allem sehr fundierte Arbeit danken und bin deswegen schon im Vorwege – wie auch die CDU – damit einverstanden, den GAL-Antrag zu überweisen und weiterhin zu beraten, damit sich die Bürgerschaft auch mit diesem Ergebnis auseinander setzt.

Die Ansätze, die die Zukunftskonferenz geliefert hat, sind aber sehr konzentrisch. Das wurde in Teilen schon von meinen beiden Vorrednern angedeutet. Eine kleine Bemerkung am Rande: Ist Ihnen aufgefallen, dass alle drei Redner der Koalitionsfraktionen südlich der Elbe ihren Wohnsitz haben, während keiner der Oppositionsfraktionen, der hier zu diesem Thema geredet hat?

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Anja Hajduk GAL: Trotzdem schreiben wir so gute Anträge! – Zuruf von Antje Möller GAL)