Rechtstreue ausländische Mitbürger, die sich integrieren und in Deutschland keine Fremden bleiben wollen, die die Werte des Grundgesetzes nicht notgedrungen als Lippenbekenntnisse, sondern auch innerlich akzeptieren,
die einen nützlichen Beitrag zur Kultur, Wirtschaft und Wissenschaft in dieser Stadt, in diesem Lande leisten, sind uns herzlich willkommen. Das hat meine Fraktion mehr als einmal deutlich bekräftigt.
Wenn man den Bevölkerungswissenschaftlern glauben darf, werden wir auch künftig nicht ohne Zuwanderung auskommen. Ohne Zuwanderung würde die deutsche Bevölkerung im Jahre 2050 auf 60 Millionen Personen absinken, das Durchschnittsalter würde von 40 auf 48 Jahre steigen. Auch die Arbeitsmarktexperten gehen von der Notwendigkeit der Zuwanderung aus. Dazu möchte ich allerdings sagen, ein Mehr an Zuwanderung bedeutet nicht automatisch auch ein größeres Arbeitskräftepotenzial. Wir haben trotz einer Zunahme der ausländischen Bevölkerung von 1973 auf 1998 von 3,6 Millionen auf 7,3 Millionen ein Erwerbspotenzial ausländischer Arbeitnehmer, das 1973 bei 2,3 Millionen lag und auf heute zwei Millionen abgesunken ist. Ich darf auch darauf hinweisen, dass 22 Prozent aller Sozialhilfeempfänger ausländische Mitbürger sind, dass es 1992 760 000 ausländische Sozialhilfeempfänger gegeben hat und dass in Hamburg die Arbeits
losigkeit unter Ausländern bei 22,3 Prozent liegt. Die Frage ist also: Wo ist hier im Augenblick noch Raum für eine Zuwanderung?
Wenn man langfristige Zeiträume berücksichtigt, müssen wir davon ausgehen, dass das Erwerbspersonenpotenzial von heute 41 Millionen bis 2040 auf 25 Millionen sinken wird. Das bedeutet also, wenn wir unseren Wohlstand sichern und unsere Sozialsysteme stabilisieren wollen, werden wir um ein bestimmtes Maß an Zuwanderung nicht umhinkommen.
In dieser Hinsicht kann es nur darum gehen, wie groß die Zuwanderung sein darf und wie wir sie sozialverträglich gestalten wollen, ohne die Aufnahmebereitschaft der hier lebenden deutschen Bevölkerung zu überfordern. Nur wenn die einheimische Bevölkerung tatsächlich hinter diesem Zuwanderungskonzept steht, kann Zuwanderung auch sozialverträglich vonstatten gehen. Wer von der deutschen Bevölkerung ohne weiteres Offenheit für hunderttausende von Zuwanderern einfordert, ohne auch für Zuwanderer einen Integrationsdruck einzufordern, wer darüber hinaus wie selbstverständlich von Deutschland als einem Einwanderungsland spricht und wer dann noch bei diesem Gesetz nicht für die überzeugenden Mehrheiten sorgt, der überfordert die Bevölkerung. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe die Rede von Herrn Nockemann jetzt noch nicht so ganz verstanden. Ich weiß nicht, was er eigentlich wollte.
(Beifall bei der SPD und der GAL – Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Es gibt noch einen zweiten Durchgang!)
Das Thema lautet: Das Zuwanderungsgesetz und seine Auswirkungen auf Hamburg. Ich habe herausgehört, dass es in Hamburg einen zu großen Ausländeranteil gebe, und ich habe gleichzeitig herausgehört, dass die Ziele des Senats „Wachsende Stadt“ ohne Zuwanderung nicht möglich sind. Was gilt jetzt? – Das Zweite gilt. Der Ausländeranteil, wie er in Hamburg ist, stört hier niemanden, außer vielleicht Sie. Er ist nicht schlimm und es gibt hier nichts, was in irgendeiner Weise zu ändern wäre, außer dass das Strafrecht selbstverständlich für alle – Deutsche und Ausländer – gleichermaßen gilt.
Richtig ist, dass wir ein Gesetz brauchen, das Zuwanderung regelt, steuert und im Zweifel sogar begrenzt und Integration gesetzlich endlich festschreibt, sodass jedes Bundesland weiß, was zu tun ist. Diese beiden Dinge beinhaltet das Zuwanderungsgesetz. Ich verstehe nicht, wo Ihr Problem liegt.
(Beifall bei der SPD und der GAL – Hartmut Engels CDU: Tun Sie doch nicht so, als sei das kein Pro- blem!)
Sie sprachen davon, dass die hiesige Bevölkerung es bewältigen muss, mit den Ausländern zurechtzukommen. Was ist da zu bewältigen? Das habe ich auch nicht verstanden.
Das nächste Argument: Ausländer und Arbeitslosigkeit. Die Folge der Green-Card-Initiative bestand darin, dass circa 30 000 neue Stellen für deutsche Arbeitssuchende geschaffen worden sind. Wo ist da das Problem? Wo ist dieser Zusammenhang, der ständig hergestellt wird? Hier wird kein Wohlstand „verfrühstückt“, hier wird Wohlstand geschaffen.
Welches sind die Änderungen des Zuwanderungsgesetzes, wie es jetzt vom Bundestag beschlossen worden ist, gegenüber dem geltenden Recht? Es wird eine arbeitsmarktorientierte Zuwanderung geben, also das, was Sie eben selbst für richtig befunden haben.
Es wird die Zahl der Aufenthaltstitel auf zwei reduziert. Es wird nicht mehr dieses Chaos zwischen einer Vielzahl Aufenthaltstatusarten herrschen: Aufenthaltsbefugnis, Aufenthaltsbewilligung, befristete und unbefristete Aufenthaltserlaubnis, Aufenthaltsberechtigung und Duldung. Wir werden ab jetzt eine befristete Aufenthaltserlaubnis und eine unbefristete Niederlassungserlaubnis haben. Das sind die beiden Dinge, die unterschieden werden müssen. Es wird vereinfacht werden, es wird besser gehandhabt werden können, es wird praktikabel sein. Wo ist Ihr Problem? – Ich verstehe es immer noch nicht.
Sie haben die Demographie angesprochen. Wenn die Entwicklung so weitergeht, werden wir in der Bundesrepublik bis 2050 etwa 60 Millionen Einwohner haben. Die Gegensteuerung kann nur darin bestehen, dass der Zuzug junger Migranten erwünscht ist und ermöglicht und so gesteuert wird, dass sich die Implikation des Renten- und Sozialversicherungssystems, die sonst sehr kritisch zu bewerten wäre, entsprechend aufhebt.
Wanderungen sind insgesamt ein kennzeichnendes und unvermeidbares Merkmal der modernen Gesellschaften. Die damit verbundenen Folgen sind nicht zu verhindern. Man kann nur versuchen, sie zu steuern, abzumildern und allmählich auszugleichen. Dieses geschieht durch das Einwanderungsgesetz.
Zum Schluss möchte ich lediglich noch den Ersten Bürgermeister zitieren. Vor etwa einer Stunde sagte er:
„Die erfolgreiche Integration jugendlicher Migranten ins Arbeitsleben ist für die gesellschaftliche und ökonomische Zukunft der Großstädte wichtiger als je zuvor.“
(Beifall bei der SPD und der GAL sowie vereinzelt bei der CDU und bei Rolf Gerhard Rutter Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Heino Vahldieck CDU: Goldene Worte!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Schäfer hat ausgeführt, es sei Konsens, dass das Zuwanderungsgesetz Steuerung im Sinne von Begrenzung beinhalten müsse und dass es die Integration der legal hier Lebenden leisten müsse.
Vordergründig ist das richtig. Das Gesetz, das im Bundestag verabschiedet wurde und das im Bundesrat unter dubiosen Umständen ebenfalls eine Mehrheit fand, leistet genau das nicht und das ist das Problem. Deshalb ist das hier auch eine wichtige Debatte.
Es gibt die Legende, der Bundesinnenminister Schily sei der Union bei der Abfassung des Gesetzestextes entgegengekommen.
Das Gegenteil ist richtig, er ist den Grünen entgegengekommen. Und so ist auch das Gesetz, meine Damen und Herren! Die Union hat im Deutschen Bundestag 91 Änderungsanträge eingebracht.
Und diese 91 Änderungseinträge sind en bloc in einer einzigen Abstimmung abgelehnt worden. Das ist der Umgang mit uns gewesen.
Insofern war es nur konsequent, dass die Union dieses Gesetz sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat abgelehnt hat. Sie musste es ablehnen, meine Damen und Herren.
Es wird behauptet, das Gesetz würde Zuwanderungsbegrenzung beinhalten. Dieses ist im Gesetz auch als Ziel benannt. Das Problem ist, dass es eine reine Floskel ist. Die einzelnen Paragraphen bewirken exakt das Gegenteil dessen, was mit Begrenzung gemeint ist. Dieses Gesetz wird eine Ausweitung der Zuwanderung bewirken. Insofern handelt es sich um nichts anderes als um Etikettenschwindel.
Der Anwerbestopp soll aufgehoben werden. Ich darf an 1973 erinnern; wir Älteren erinnern uns vielleicht noch, Willy Brandt war Bundeskanzler. Wir hatten 1,2 Prozent Arbeitslosigkeit. Das sind Zahlen, von denen wir träumen können. Bei der ausländischen Bevölkerung betrug der Arbeitslosenanteil 0,8 Prozent. Das waren die Rahmenbedingungen, als der Anwerbestopp eingeführt wurde. Jetzt leben in Deutschland 7,3 Millionen Ausländer. Wir haben eine Arbeitslosenquote von ungefähr 10 Prozent und die Zahl der arbeitslosen Ausländer ist ungefähr doppelt so hoch. Das sind die Bedingungen, unter denen der Anwerbestopp faktisch aufgehoben werden soll. Ich glaube nicht, dass das etwas nützt und etwas mit Zuwanderungsbegrenzung zu tun hat. Es sollen neue Fluchtgründe eingeführt werden: Nicht staatliche Verfolgung sowie so genannte geschlechtsspezifische Verfolgung sollen zukünftig als Fluchtgründe anerkannt werden. Dieses hat eindeutig eine Anreizwirkung, eine Fluchtbewegung nach Deutschland vorzunehmen. Flüchtlingsanerkennung, das ist zumindest unsere Auffassung, darf nur bei staatlicher oder staatlich zurechenbarer Verfolgung zulässig sein.
(Krista Sager GAL: Das sehen die Kirchen aber an- ders! – Dr. Andreas Hilgers SPD: Sehen Sie sich einmal die Kriege dieser Welt an!)
Das Kindernachzugsalter, das derzeit 16 Jahre beträgt, soll nach dem Paragraphen des Gesetzes auf 12 reduziert werden. So weit, so gut. Das Problem ist, es werden so viele Ausnahmeregelungen vorgenommen, dass faktisch eine Regel von 18 Jahren der Fall sein wird. Insofern hat das alles mit Integration nichts zu tun. Deshalb ist dieses Gesetz schlecht und deshalb ist dieses Gesetz schädlich.
Deshalb hat die Union es abgelehnt und nicht etwa, um sich künstlich ein weiteres Wahlkampfthema zu schaffen. Das war überhaupt nicht der Punkt.