Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nach der sehr inhaltsschweren Rede vom Abgeordneten Wehnert könnte man die SPD in dieser Berufsbildungsdebatte auch erneut anders definieren:
Ich hätte mir gewünscht, dass sich Herr Wehnert etwas sachkundiger gemacht hätte, was es mit der Schulform der Fachoberschulen auf sich hat. Wenn Sie denn schon erst seit einem halben Jahr Mitglied der Bürgerschaft sind, hätten Sie es zumindest recherchieren können.
(Oh-Rufe bei der SPD und der GAL – Anja Hajduk GAL: Die Regierung sitzt im Glashaus, wenn sie so etwas sagt!)
Diese Fachoberschulen sind durch Sie selber, den rotgrünen Senat, beziehungsweise von der SPD eingerichtet worden. Wir haben nicht ohne Grund zwei Arten von Fachoberschulen. Betrachten wir deshalb die Fakten einmal nüchtern und sachlich.
Nach der mittleren Reife gibt es zwei Möglichkeiten, an Fachoberschulen die Fachhochschulreife zu erlangen: Erstens im Anschluss an eine erfolgreich abgeschlossene duale Berufsausbildung durch den Besuch der einjährigen Fachoberschule und zweitens nach einer einjährigen Praktikumsphase durch den Besuch der zweijährigen Fachoberschule.
Worum geht es jetzt bei der von der SPD mit großem Theaterdonner angekündigten Debatte nach dem Motto: Der Berg kreißt und es wird noch nicht einmal eine Maus geboren?
Es passiert Folgendes: Die zweijährige Fachoberschule wird eingerichtet, um in Zeiten knapper dualer Ausbildungsplätze die vorgeschriebene erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung mangels anderer Ausbildungsplätze durch ein Praktikum zu ersetzen.
Meine Damen und Herren! Die Situation auf dem Hamburger Ausbildungsmarkt hat sich aber in den letzten Jahren grundlegend geändert. Seit Jahren ist insbesondere im Bereich der Handelskammer Hamburg durch das Verdienst der Betriebe in unserer Stadt ein erheblicher Anstieg neu abgeschlossener Ausbildungsverträge zu verzeichnen. Innerhalb der letzten fünf Jahre hat sich die Anzahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge um gut 20 Prozent erhöht. Aber, meine Damen und Herren, Sie können nicht an der Tatsache vorbei, dass eine große Anzahl dieser Ausbildungsplätze sowohl im Bereich der Handelskammer als auch im Bereich der Handwerkskammer unbesetzt bleibt. Allein die Handelskammer gibt aktuell den Bestand an unbesetzten Plätzen mit 1500 an, Angeboten also, denen keine Nachfrage gegenübersteht.
Jetzt erinnern wir uns noch einmal an das, was ich eingangs gesagt hatte. Die zweijährige Fachoberschule ist unter sozialdemokratischer Bildungspolitik als Hilfsvehikel eingerichtet worden, als Ersatz und Ergänzung für die einjährige Fachoberschule. Insofern ist das, was Sie, Herr Wehnert, sagten, absolut einseitig und nicht korrekt.
Im Unterschied zu Ihnen betrachtet diese Bürgerkoalition die staatlichen Schulen und den Ersatz für einen ordentlichen Ausbildungsplatz im dualen System nicht als Wahlalternative per se. Es muss das Ziel sein – das hat Wirtschafts- und Arbeitssenator Gunnar Uldall auch mehrfach betont –, im Bereich der Ausbildungsplätze, im Bereich der Wirtschaft, im Bereich Arbeit mit vereinten Kräften die Jugendlichen stärker im dualen System in Ausbildung zu bringen. Wir wollen das. Es ist also ein inhaltlicher Unterschied.
Ich hatte Ihnen vorgeworfen, Sie hätten nicht gründlich recherchiert. Ich will Ihnen das belegen, Herr Wehnert. Bereits seit 1997 wurde die zweijährige Fachoberschule von Ihnen im gewerblichen Bereich geschlossen. Da gab es keine Proteste. Damals war es recht und heute soll Ihre Kritik billig sein? Das ist unsauber recherchiert. Ihre Kritik verpufft.
Sie haben erwähnt, Herr Wehnert, es gebe keine Alternative. Das klingt natürlich wunderbar. Gleichwohl erinnern wir uns an das, was in der letzten Woche in der „Zeit“ stand: Die SPD leiste bisher inhaltlich eine schwache Oppositionsarbeit.
(Michael Neumann SPD: Sie wissen, wovon Sie reden! – Anja Hajduk GAL: Nicht so schwach wie Ihre Regierung!)
Auch das will ich belegen, Herr Neumann. Sie haben platt gesagt, es gebe für diese Jugendlichen keine Alternativen in der Stadt. Auch das ist falsch. Es gibt zwei Alternativen im rein schulischen Bereich: erstens den Besuch der Höheren Handelsschule und zweitens mit dem Aufbaugymnasium eine zweite Form zur zweijährigen Fachoberschule.
Wir haben in Hamburg ein umfangreiches System von staatlichen berufsbildenden Schulen, mit denen die Effekte des gespaltenen Ausbildungsmarkts, womit wir es in Hamburg zu tun haben, verringert werden können. Aber ich betone noch einmal: Für diesen Bürgerblock sind die staatlichen Schulen kein Selbstzweck. Es geht uns darum, möglichst viele der Jugendlichen direkt in eine Ausbildung des dualen Systems zu bringen. – Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – In diesem Zusammenhang ist auch die von Ihnen vorgebrachte Schließung der Berufsfachschule für Handel und Industrie kein einschneidender Vorgang.
Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren! Die heutige Debatte ist ein Beleg für die These, dass eine Opposition immer glaubt, sie müsse laut statt seriös sein.
Sie schüren Ängste bei Eltern und Schülern in einer unverantwortlichen Weise und benutzen Kampfbegriffe wie „Schließung“ oder „Abschieben in die Arbeitslosigkeit“, um einen Skandal hervorzuheben.
Was sind die Fakten? Die Fakten sind, Sie haben sie eben schon von Herrn Drews vernommen, dass wir genug Ausbildungsplätze in Hamburg haben, mehr als Auszubildende.
Das ist der Grund, warum wir bestimmte Klassen, die völlig überflüssig geworden sind, nicht mehr einrichten wollen. Deren Ziel war es, Bewerber ohne Ausbildungsplatz zu qualifizieren, damit sie nicht arbeitslos würden. Aber jetzt können diese Schüler direkt in den Arbeitsmarkt gehen. Das möchten wir fördern. Diese Maßnahme ist also absolut überflüssig geworden. Sie wurde auch nicht in einem solchen Ausmaß nachgefragt,
dass SPD und GAL jetzt das Ende des abendländischen Arbeitsmarkts hervorrufen müssen. 1500 Ausbildungsplätze stehen noch zur Verfügung. Das sind 500 mehr als erforderlich.
Schlimm finde ich auch den Versuch, in die Medien zu lancieren, die Koalition würde Schüler um ein Recht betrügen, denn mit der Anmeldung bei einer zweijährigen Fachoberschule ist noch lange kein Rechtsanspruch entstanden. Sie haben, meine Damen und Herren von der Opposition, ebenfalls die ganze Zeit gewusst, dass das nicht der Fall ist, und haben es hervorgebracht. Wenn es Ihnen nicht bekannt gewesen sein sollte, dann sollten Sie sich wirklich besser informieren.
Das Gleiche gilt für die Feststellung der Überraschung der Betroffenen. Die Schulen waren rechtzeitig informiert.