Das Wort hat Herr Dr. Schäfer. Vorsorglich darf ich Ihnen mitteilen, dass der SPD-Fraktion noch fünf Minuten Redezeit zur Verfügung stehen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In aller Kürze. Gegen den vorliegenden Antrag der CDU gibt es der Richtung nach nichts einzuwenden. Von der Lyrik vorweg abgesehen, aber die muss sein, die brauchen Sie offenkundig. Der eigentliche Antrag, für eine bessere Koordinierung der Drogenpolitik zu sorgen, ist in Ordnung. Das insbesondere im Hinblick darauf, dass der Innensenator einiges an Nachhilfeunterricht braucht.
Am vergangenen Donnerstag hat er im Innenausschuss verkündet, es sei nicht notwendig, eine solche Koordinierung herbeizuführen, sondern es genüge, die repressiven Maßnahmen, so wie begonnen, weiter fortzuführen. Dann würden die Abhängigen schon vermehrt in die Drogenhilfeeinrichtungen gedrängt werden und könnten von dort aus dem Entzug und dem Ausstieg aus der Droge zugeführt werden.
Wenn Sie das allen Ernstes so sehen, dann finde ich auch, dass es notwendig ist, eine behördliche Koordinierungsrunde einzuführen, bei der dem Innensenator insbesondere etwas auf die Beine geholfen wird, was Sach- und Fachwissen darüber anbelangt.
Wenn Sie eine solche behördliche Koordinierungsrunde einführen, können Sie – in Behördenhängematten liegend, im eigenen Saft schmorend – versuchen, etwas zu erreichen, aber Sie werden nicht weiterkommen, wenn Sie nicht auch das Sach- und Fachwissen derer zu Rate ziehen, die vor Ort arbeiten. Das heißt, es nützt nichts, wenn Sie nicht die Träger und deren Arbeit mit einbeziehen. Sie sprachen eben selber vom Subsidiaritätsprinzip. Wenn Sie das hochhalten wollen, müssen Sie auch die Träger mit hineinnehmen. Deswegen der erste Punkt unseres Zusatzantrags.
Der zweite Punkt bezieht sich darauf, dass es mit der Basisdatendokumentation, die seit 1997 aufgebaut wird, mittlerweile eine Datenlage gibt, die es zulässt, auf dieser Basis Informationen zu sammeln und Entwicklungen abzusehen. Es ist notwendig, dass diese Basisdatendokumentation weitergeführt, dass sie weitergepflegt, dass sie weiter ausgebaut und an die Erfordernisse angepasst wird. Es ist weiterhin notwendig, dass die Träger dafür die Mittel erhalten und nicht über eine weitere externe Begutachtung Mittel ausgegeben werden, die beim operativen Geschäft fehlen. Wenn Sie dafür Mittel ausgeben, müssen Sie uns auch sagen, woher Sie die nehmen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Koalition geht neue Wege in der Drogenpolitik. Inzwischen ist jedem klar, dass wir ernst machen mit „aller Härte den Dealern“ und „alle Hilfe den Süchtigen“. In der Suchtbekämpfung sind verschiedene Behörden involviert. Deren Koordination in Planung und in der Wechselwirkung der Maßnahmen werden wir verbessern. Auch in diesem Bereich verbessern wir binnen Monaten das, was Sie seinerzeit versäumt haben.
Sie brauchen an dieser Stelle nicht zu meckern, denn das ist richtig, das wissen Sie selber. Wäre es nicht so, dann hätten Sie von der Opposition keine Zusatzanträge gestellt.
Lassen Sie mich zunächst noch einmal die Ziele unserer Politik und unseres Antrags verdeutlichen. Wir wollen den Sachverstand der Behörden nutzen, um unsere neue politische Leitlinie zu untermauern. Wir wollen eine externe Begutachtung der Qualität und der Wirksamkeit der Maßnahmen vor allem unter dem Kriterium der Ausstiegsorientierungen. Wir wollen den Trägern klare Fristen setzen, in denen Erfolge im Therapie- und Betreuungsbereich vorzuweisen sind. Hierzu sollte allerdings auch jede Drogenbeauftragte oder jeder Drogenbeauftragte die Institution kennen, über die Sie hier entscheiden sollen.
Ziel für uns ist nicht, die Abhängigen aus der Sucht oder neben der Sucht in eine soziale Betreuungshängematte zu legen. Wir wollen die Süchtigen von der Straße in ein eigenverantwortliches Leben in der Gesellschaft und für die Gesellschaft zurückführen. All diese Ziele hat die Drogenpolitik des alten Senats unzureichend verfolgt.
Unserer Meinung nach haben Sie in diesem Feld schlichtweg versagt und unsere Stadt zu einer Drogenhochburg werden lassen. Insgesamt war Ihre gesamte Politik in diesem Feld von einer Schwäche des Staates und der Gesellschaft gekennzeichnet.
Wenn Sie jetzt in Ihren Zusatzanträgen fordern, dass wir bei der fälligen Neuausrichtung die zentralen Akteure Ihrer
Fehler einbeziehen, liegen Sie falsch. Eine Kontrolle der Effektivität und Effizienz in diesem Bereich wird selbstverständlich zunächst ohne die Träger vorgenommen. Wir benötigen keine Erfahrungen von denen, die dieses Elend verursacht haben. Wir übernehmen für das, was jetzt kommt, die politische Verantwortung und bestimmen selbst, wer unsere Konzepte hierfür umsetzt. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gut, dass wir drei Anträge haben, und gut, dass Sie schon gesagt haben, sie kommen in den Ausschuss.
Herr Barth-Völkel, wenn Sie sagen, dass Sie die Träger nicht beteiligen, wenn Sie überlegen, wie das Drogenhilfesystem in Hamburg verbessert werden kann, weil diese Träger nach Ihrer Meinung die Verursacher des Elends seien, dann ist das bodenlos. Wie können Sie nur.
Die Träger sind die Spezialisten. Die Leute machen dort die Arbeit nicht in der Weise, dass sie die Süchtigen in die Hängematte legen und schaukeln, wie Sie sich das vorstellen, sondern sie arbeiten mit diesen Menschen. Das ist Kärrnerarbeit. Erstens ist das Leben eines Süchtigen auf der Straße nicht mit der Hängematte zu vergleichen. Es gibt kaum etwas Elenderes und Anstrengenderes. Zweitens ist die Arbeit der Träger, beispielsweise der Therapeuten, alles andere als leicht. Es wird Zeit, dass wir uns alle viel intensiver damit auseinandersetzen, was wirklich passiert, wie die Realität aussieht, damit wir es endlich schaffen, dass alle zusammenarbeiten. Darum ist es richtig, dass die beteiligten Behörden zusammenarbeiten, und zwar nicht wie früher immer nur in erster Linie die ehemalige BAGS, jetzt die Behörde für Umwelt und Gesundheit. Es ist weiterhin wichtig, dass alle Träger beteiligt, von ihnen Vertreter gewählt werden, und nicht nur die, die von der früheren BAGS Zuwendungen bekommen haben. Wir schlagen deshalb eine Neuorientierung dieser Trägervertretung und eine bessere Kooperation vor.
Die Grundsatzdebatte werden wir noch sehr oft führen, aber über das, was Sie eben als gesundheitspolitischer Sprecher und Vorsitzender des Gesundheitsausschusses gesagt haben, denken Sie bitte noch einmal nach.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eine der wichtigsten Aufgaben der Politik ist es, Menschen in Not Hilfe zu gewähren. Die Drogensucht gehört zu den schlimmsten Nöten, in die ein
Mensch geraten kann. Dies gilt übrigens auch für die Angehörigen. Heute wird nicht mehr ernsthaft bezweifelt, dass die Drogensucht eine Krankheit ist. Deshalb muss sie auch wie eine Krankheit behandelt werden. Es liegt auf der Hand, dass man Krankheiten nicht mit Gefängnisaufenthalten heilen kann.
Ebenso scheint sich langsam die Erkenntnis durchzusetzen, dass eine bloße Betreuung ohne einen ernsthaften Versuch, von der Droge loszukommen, wenig hilft. Schließlich hat sich gerade in Hamburg gezeigt, dass das Zulassen offener Drogenszenen ein schwerer Fehler war. Es hat den Abhängigen nicht geholfen und dazu in der Bevölkerung zu Vorbehalten gegenüber Drogenabhängigen geführt.
Nach diesen Irrwegen gilt es, die Drogenhilfe in Hamburg neu zu strukturieren. Für die FDP gelten dabei folgende Leitlinien:
Bei der Behandlung von Krankheiten geht es um Heilung und Prävention. So sollte es auch bei der Behandlung der Drogensucht sein. Aus der Sicht der FDP sollten deshalb vor allem diejenigen Einrichtungen gefördert werden, die nachweislich ausstiegsorientiert arbeiten, sowie diejenigen, die ein überzeugendes Konzept zur Prävention vorlegen.
Wenn man bedenkt, dass moderne Medizin immer mehr die aktive Mitarbeit des Patienten fordert, sind niedrigschwellige Angebote grundsätzlich kritisch zu betrachten. Indessen gibt es – auch hier ist ein Vergleich mit anderen Krankheiten angebracht – eine Reihe von Patienten, die offenbar therapieresistent sind, das heißt also, von ihrer Drogensucht nicht loskommen. Wenngleich eine solche Bewertung nur nach intensiven Therapieversuchen vorgenommen werden sollte, ist sie doch in manchen Fällen angebracht. Auch solche Patienten bedürfen der staatlichen Hilfe.
Hamburg braucht also ein differenziertes Drogensystem. Allerdings gilt auch bei den Drogenhilfeeinrichtungen der Grundsatz: Ein guter Zweck heiligt nicht die Verschwendung öffentlicher Mittel. Deshalb ist die FDP für eine Evaluierung des Drogenhilfesystems. Wir wollen den Drogensüchtigen dieser Stadt effizienter als bisher helfen. – Vielen Dank.