Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Senatorin, Sie haben eben schon signalisiert, dass Sie jetzt auch etwas dazu sagen werden, vor allem zu der Frage, die uns besonders interessiert: Wird die Finanzierung der Insolvenz- und Schuldnerberatung in Hamburg nach dem 30. Juni weiterhin gewährleistet sein?
Das war die Hauptfrage in der Großen Anfrage der SPD. Wir waren enttäuscht, dass diese Kernfrage nicht beantwortet werden konnte.
Es macht Sinn, dass wir uns im Ausschuss noch ausführlich mit diesen Fragen beschäftigen und dann unterscheiden, was Herr Müller durcheinandergebracht hat: die Aufgaben von Schuldnerberatung und von Insolvenzberatung. So kann man mit der Aufgabenkritik nicht umgehen. Man muss erst einmal sehen, welche Aufgaben eigentlich gelöst werden. Wir wissen, dass uns die Insolvenzberatung noch lange Zeit beschäftigen wird. Die wirtschaftliche Situation ist augenblicklich so, dass immer mehr Menschen in die Verschuldung kommen, weil ihre Biographien nicht stetig sind. Gleichzeitig ist es außerordentlich leicht, Kredite aufzunehmen. An diesen Kern des Problems müssen wir auch heran, aber das schaffen wir heute Abend nicht. – Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Brinkmann, die Erhaltung der Förderung der Schuldnerberatung macht für uns absolut Sinn. Hierdurch werden die Gerichte enorm entlastet und vor allen Dingen – das ist für uns Liberale besonders wichtig – steht der Mensch im Mittelpunkt. Einem Menschen, der in eine Verschuldung geraten ist, muss dringend geholfen werden.
Wir teilen die Einschätzung, dass die Änderung des Verbraucherinsolvenzverfahrens zum 1. Dezember 2001 den Druck auf die Beratungsstellen ansteigen lassen wird. Aus diesem Grunde wird sich auch die FDP für eine Verlängerung der Förderung stark machen.
Was wir aber in Ihrer Großen Anfrage vermisst haben, ist die nochmalige Bekräftigung eines SPD-Antrags von 1999, und zwar handelt es sich um die Drucksache 16/2542. Darin wird der Senat aufgefordert, die Banken, Sparkassen und Versandhandelsunternehmen an der Schuldnerberatung finanziell zu beteiligen. Meines Wissens ist danach nichts geschehen,
aber vielleicht verstehen Sie, liebe Frau Brinkmann, dies wieder besser als ich. Sie sehen, Frau Brinkmann, dass wir uns auch mit Ihren guten Vorschlägen beschäftigen, wobei ich allerdings nicht auf die Idee käme, Ihnen zu unterstellen, dass Sie etwas nicht verstehen würden, höchstens dass Sie etwas nicht verstehen wollen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Sie, sehr geehrte Abgeordnete der SPD-Fraktion, haben mit der Anmeldung Ihrer Großen Anfrage heute zu später Stunde ein sehr wichtiges Thema auf die Tagesordnung gebracht.
Es handelt sich um ein Thema, das viel zu wichtig ist, um Sorgfalt und Gründlichkeit auf der Strecke zu lassen.
Am 1. Dezember vergangenen Jahres ist das Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung in Kraft getreten. Mittellosen Menschen soll damit der Zugang zum Verbraucherinsolvenzverfahren erleichtert werden und das gesamte Verfahren soll auch effizienter werden. Die Weiterentwicklung und die Umsetzung ist mein Ziel. Damit gilt für mich unverändert der Grundsatz, dass denjenigen, die sich selbst nicht helfen können, unsere Unterstützung sicher sein muss. Aber es gilt genauso, dass die Menschen zur Selbsthilfe ermuntert werden sollen. Das heißt konkret, Insolvenzberatung muss zügig und effektiv zu einer vollständigen Bestandsaufnahme der Verbindlichkeiten, zu einer tragfähigen Einigung des Schuldners mit den Gläubigern oder zu einem gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan führen. Eine intensive Betreuung des Schuldners in seiner schwierigen persönlichen Situation oder auch langwierige aussichtslose Verhandlungen mit einzelnen Gläubigern sind hier nicht gefragt.
Unsere Vorgängerregierung – das wissen Sie, Frau Brinkmann – hat sich redlich bemüht, eine wirkungsvolle Insolvenz- und Schuldnerberatung sicherzustellen. Aber, so ist es, meine Damen und Herren, Bemühen alleine reicht auch hier nicht. Die Ergebnisse sehen Sie, wenn Sie die Antworten auf die vorliegende Große Anfrage betrachten. Es gibt unzumutbar steigende Wartezeiten. Sie haben es schon an anderer Stelle gesagt, Frau Brinkmann eben auch. Im Jahre 2000 waren es im Schnitt 109 Tage, was viel zu lange ist, und im Jahre 2001 sind es 214 Tage. Interessant ist, dass es von Bezirk zu Bezirk unglaublich unterschiedliche Erledigungsquoten gibt, dazu noch unpräzise Daten, die weder eine Differenzierung nach Schuldner- und Insolvenzberatung zulassen noch offen legen, inwieweit die erfasste Wartezeitentwicklung durch Schuldner, die sich zwar zunächst melden, dann aber die notwendigen Unterlagen nicht einreichen, verfälscht werden.
Es ist weiter festzustellen, dass Wartezeiten beim Diakonischen Werk und bei der Verbraucher-Zentrale offensichtlich deutlich niedriger und Erledigungszahlen viel höher sind als bei den bezirklichen Stellen. Auch das macht nachdenklich gerade dann, wenn man sich überlegt, dass diese beiden Einrichtungen häufig eine viel schwierigere Klientel beraten müssen.
Jetzt nähern wir uns dem Grundsatz der Effektivität. Effektiv, effizient und klientenfreundlich muss diese angebotene Beratung sein. Wir brauchen gesicherte Daten, um hierfür die geeigneten Maßnahmen zu treffen. Die Datenerhebung geschieht zurzeit auf der Basis eines neuen EDVVerfahrens, von dem wir transparente Steuerungsdaten erwarten. Meine Behörde wird das erste Quartal dieses Jahres nach dessen Abschluss evaluieren. Die Ergebnisse bleiben abzuwarten, bevor wir konkrete Entscheidungen treffen.
Dabei darf es bei unseren Überlegungen kein Denktabu geben. Wir werden auch darüber nachdenken, inwieweit man Freie Träger in diese Beratungstätigkeit einbeziehen kann. Die Insolvenzberatung beim Diakonischen Werk und bei der Verbraucher-Zentrale ist auf jeden Fall bis einschließlich 30. Juni gesichert. Nach meinen bisherigen Ausführungen werden Sie ahnen, dass ich auch danach bei der Frage der weiteren Unterstützung dieser beiden Einrichtungen überhaupt nicht mit der Brechstange vorgehen will, sondern es gilt vielmehr, es darf keine Ver
schlechterung in der Effizienz und Ergebnisqualität der Hamburger Insolvenzberatung geben. Wir können uns einen Verzicht auf die Arbeit des Diakonischen Werkes und der Verbraucher-Zentrale nicht leisten. Wie das Angebot im notwendigen Umfang effektiv aufrechterhalten beziehungsweise auch verbessert und wie bis zum Erreichen dieser Klarheit die Fortsetzung der Arbeit dieser beiden Einrichtungen gewährleistet werden kann, lasse ich zurzeit in meinem Hause prüfen. Um allen Missverständnissen vorzubeugen, eine Entscheidung über eine unbefristete Fortsetzung über den notwendigen Evaluationszeitraum und gegebenenfalls anschließende fachliche Umsteuerung ist damit nicht intendiert. Effektivität und Effizienz müssen sein. Wir haben eine Verpflichtung, denjenigen zu helfen, die sich selbst absolut nicht helfen können. Die gegenwärtig vorliegenden Zahlen machen deutlich, dass beides zurzeit nur eingeschränkt möglich erscheint. Eine weitere Verschlechterung darf es nicht geben. Wir müssen ohne Tabu und unter Ausnutzung aller gebotenen Möglichkeiten zu entsprechenden Änderungen kommen. Die vorhandenen Angebote der Bezirke und der beteiligten Träger werden vor diesem Hintergrund sorgfältig und gründlich geprüft. In diesem Prüfungsprozess befinden wir uns. Wenn Ergebnisse vorliegen, werden Maßnahmen folgen. Darüber werden alle Abgeordneten dieses Hauses von uns natürlich so zeitnah wie möglich unterrichtet. Es heißt in einem Sprichwort:
Lassen Sie uns gemeinsam klug sein, damit wir bei diesem wichtigen Thema nicht die Sorgfalt außer Acht lassen. Ich freue mich auf die Beratungen im zuständigen Ausschuss und danke Ihnen fürs Zuhören zu dieser späten Stunde.
Gibt es weitere Wortmeldungen? – Die sehe ich nicht, meine Damen und Herren. Dann stelle ich fest, dass die Große Anfrage besprochen wurde.
Wer einer Überweisung der Drucksache 17/258 an den Sozialausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Die Überweisung ist einstimmig erfolgt.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 37 auf: Drucksache 17/420, Antrag der Fraktionen der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP.
[Antrag der Fraktionen der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP: Koordinierte Drogenpolitik und Weiterentwicklung der Drogenhilfe in Hamburg – Drucksache 17/420 –]
[Antrag der Fraktion der SPD: Koordinierte Drogenpolitik und Weiterentwicklung der Drogenhilfe in Hamburg – Drucksache 17/515 –]
[Antrag der Fraktion der GAL: Bessere Koordination der Drogenpolitik und der Drogenhilfe in Hamburg – Drucksache 17/516 –]
Die CDU-Fraktion möchte alle drei Drucksachen an den Gesundheitsausschuss überweisen. Wer begehrt das Wort? – Herr Wersich, Sie haben es.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der abgewählte rotgrüne Senat hat in der Drogenpolitik gravierende Fehler gemacht. Dies war einer der Gründe, warum er abgewählt worden ist. In einem ersten Schritt hat der neue Senat endlich begonnen, konsequent gegen Drogendealer und offene Szene vorzugehen. Aber, darüber sind wir uns alle einig, das waren nicht die einzigen Defizite des rotgrünen Senats. Wenn das Ergebnis der Drogenpolitik nicht stimmt, ist an einem solchen vernetzten System auch die Drogenhilfe selber beteiligt.
Dazu eine Zahl. Wir haben von 1997 bis 2001 – also in Ihrer Amtszeit – insgesamt 264 Millionen DM im Titel Drogen und Sucht veranschlagt und ausgegeben und davon 140 Millionen DM für Zuwendungen. Die Bürgerkoalition will auch die Überarbeitung des Drogenhilfesystems. Wir wollen und werden zukünftig die Drogenprobleme und die Drogenpolitik als Gesamtheit in der Stadt begreifen, als Gesamtheit aus Gesundheit, Polizei, Justiz, Soziales, Kinder, Jugend und Schule. Wir werden nicht, wie in der Vergangenheit von Ihnen vorgelebt, an den Grenzen der Zuständigkeiten der einzelnen Behörden jeweils stehen bleiben.
Deshalb wollen wir die an sich nicht neue Montagsrunde, in der zusammengearbeitet wird. Aber diese Runde braucht nicht nur abstrakte Ziele, sondern wir wollen klare Ziele. Wir wollen weniger Drogen, wir wollen weniger Dealer, wir wollen weniger Süchtige und wir wollen weniger Neueinsteiger in den Drogenkonsum. Dazu muss diese Runde Maßnahmen beschließen und sie muss auch nachprüfen, ob diese Maßnahmen diesen gewünschten Erfolg – die Verringerung der Drogenprobleme – gehabt haben. Wenn das nicht der Fall ist, müssen Konsequenzen gezogen und Dinge verändert werden.
Dazu wollen wir Aufgabenkritik und Umsteuern. Wir wollen weg von der reinen Aufbewahrung von Drogensüchtigen und hin zum Ausstieg. Wir wollen bei Kindern und Jugendlichen weg von unverbindlichen Angeboten und hin zu verbindlichen Maßnahmen, die verhindern, dass gefährdete Kinder und Jugendliche überhaupt in den Drogensumpf hineinkommen. Wir wollen Kinder aus dem Drogensumpf am Hauptbahnhof herausholen und ihnen eine neue Chance zum Leben geben.
Um diese Ziele zu erreichen, müssen alle Behörden zusammenarbeiten, aber wir müssen auch Erfahrungen anderer Städte und Länder, wie Frankfurt, Skandinavien und die USA, ernsthaft dabei einbeziehen. Wir dürfen nicht stehen bleiben in der Politik, die bisher in Hamburg betrieben wurde. Wir wollen die Segmente Entzug, Therapie, Wohnen, Arbeiten, alles Ausstiegsorientierte deutlich verstärken.
Zum Schluss möchte ich noch ein Wort zur Zuwendungsförderung in der Drogenhilfe sagen. Es ist ein wichtiges Instrument in der Drogenhilfe, mit Zuwendungen Einrichtungen zu fördern, weil wir davon ausgehen, dass damit das Engagement von Bürgern, kirchlichen und freien Wohlfahrtsverbänden gefördert wird. Es werden Aufgaben wahrgenommen, die der Staat selber nicht besser oder
auch nur sehr viel teurer machen könnte. Aber, das sagen wir auch ganz klar, es gibt keinen Anspruch darauf, dass Zuwendungsempfänger jährlich steigende Zuwendungen bekommen, beispielsweise zur Finanzierung von Gehaltssteigerungen und zum Inflationsausgleich. Gehen die öffentlichen Einnahmen zurück, reicht das Steueraufkommen nicht aus, um die öffentlichen Angelegenheiten zu finanzieren, dann müssen auch die Zuwendungsempfänger an der Reduzierung der Ausgaben mitwirken. Das heißt für uns, dass wir aufgrund der Steuersituation vor einem Schrumpfungsprozess stehen und dass dieser Schrumpfungsprozess auch im Bereich der Drogenhilfe anhand von Effizienz- und Zielkriterien zusammen mit den Einrichtungen partnerschaftlich zu gestalten ist.
Meine Damen und Herren! Dieser Antrag soll die Leitlinien formulieren, an denen der Senat in Zukunft auch im Bereich der Drogenpolitik und Drogenhilfe arbeiten wird. Sie haben recht kurzfristig noch Ergänzungsanträge beigefügt. Wir werden diese gemeinsam zur Beratung an den Ausschuss überweisen.