Protocol of the Session on February 21, 2002

Meine Damen und Herren! Es mag für Sie wirklich unbequem sein, aber unsere Verfassung sieht vor, dass auch für Straftäter die Menschenrechte gelten.

(Elke Thomas CDU: Das brauchen Sie uns nicht zu sagen! Das wissen wir selber!)

Frau Thomas, das muss ich Ihnen doch erzählen, weil Sie es nicht begriffen haben. Eine Abschiebung, die die Gefährdung von Leib und Leben betroffener Menschen in Kauf nimmt, wäre dann auch nichts anderes als ein Verfassungsbruch. Wenn Sie sich auch deshalb mit dieser Forderung nicht durchsetzen werden, ist Ihr Vorgehen doch gleichwohl kalkuliert. Sie spielen in unverantwortlicher Weise mit Ressentiments und erhoffen sich so mehr Zustimmung in Ihrer Wählerschaft und das ist nicht in Ordnung, meine Damen und Herren.

Meine Damen und Herren! Um zum Ausgangspunkt zurückzukommen, ein Konzept zur Inneren Sicherheit muss nach Auffassung der GAL-Fraktion mehr leisten als eine bloße Fokussierung auf die offene Drogenszene und die Jugenddelinquenz. Die Öffentlichkeit hat auch ein Recht, zu erfahren, wie der neue Senat künftig mit der höchst sozialschädlichen Wirtschaftskriminalität, der organisierten Kriminalität und dem sich ausbreitenden Rechtsextremismus umgehen will. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Schrader.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPD versucht hier, den Eindruck zu erwecken, dass ein nach Projekten aufgelisteter Haushaltstitel in Wahrheit lediglich die Verdeckung sei, die Regierungsfraktionen oder die Regierung selbst hätte kein Konzept. Dem werden wir nicht auf den Leim gehen.

(Anja Hajduk GAL: Wir fragen doch nur!)

Selbst Herr Mahr war in seinem Beitrag so ehrlich, das Konzept, das der Senat vorgelegt hat, sehr wohl zu erkennen, ein differenziertes Konzept zu verlangen und dann von seinen Differenzen zu diesem Konzept zu sprechen. Das halten wir aus, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Es ist in den Debattenbeiträgen schon deutlich gesagt worden, wofür dieser Haushaltstitel in erster Linie vorgesehen ist, für Personal und Sachmittel. Dieses Personal und diese Sachmittel sind der erste und notwendigste Bestandteil des Konzeptes der Inneren Sicherheit, das Sie ansonsten, wenn Sie aus unserem Koalitionsvertrag zitieren, offensichtlich schon auswendig gelernt haben, meine Damen und Herren von der Opposition.

(Rolf Kruse CDU: Das ist gut! – Barbara Duden SPD: Das ist so übersichtlich, das fällt uns nicht schwer! – Ingo Egloff SPD: Da steht ja nicht viel drin!)

Wenn hier gesagt worden ist, die Finanzierung von Polizeieinsätzen anlässlich öffentlicher Veranstaltungen verstoße gegen das Gewaltmonopol und man müsse hier sehr sorgfältig schauen, ob man zu diesen Mitteln überhaupt greifen könne, dann verstehe ich wirklich nicht, wie man im selben Atemzug beklagen kann, dass wir Finanzmittel zu bedenkenlos einsetzen, um Polizeistellen zu schaffen.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Dass die Drogenszene nicht allein mit repressiven Mitteln bekämpft werden kann, hat niemand bestritten. Wenn Sie die Äußerung des Polizeipräsidenten im „Hamburger Abendblatt“ zitieren, zitieren Sie ihn bitte im Zusammenhang vollständig. Das hat er nämlich auch gesagt. Niemand aus den Regierungsfraktionen wird dies bestreiten oder anders sehen.

(Manfred Mahr GAL: Das habe ich doch gesagt! Die Frage ist, ob es durchsetzbar ist mit diesen Schwerpunkten!)

Herr Mahr, es ist selbstverständlich, mit den Schwerpunkten zunächst einmal repressiv vorzugehen,

(Manfred Mahr GAL: Wie lange soll das denn dau- ern?)

denn als ersten Schritt muss man die Kriminalität, die man bekämpfen will, im Zusammenhang angehen. Dann kann man überlegen, wie man sich mit ihren Ursachen fundiert auseinandersetzt. Beides auf einmal ist nicht leistbar.

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Neumann?

Selbstverständlich.

Herr Abgeordneter, sind Sie nicht auch der Auffassung, dass, wenn der Senat erhebliche Finanzmittel, Steuermittel, ausgeben möchte, er seine Pflicht erfüllen muss und der Bürgerschaft darüber Rechenschaft abgeben sollte, wofür er das Geld ausgeben will, und nicht die Abgeordneten darauf verweisen soll, sie sollten Zeitung lesen?

(Manfred Mahr GAL)

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Waren Sie nicht im Haushaltsausschuss?)

Selbstverständlich teile ich diese Auffassung und nichts anderes hat der Senat im Haushaltsausschuss und in sämtlichen Erklärungen, die der Innensenator und auch der Erste Bürgermeister in seiner Regierungserklärung abgegeben hat, gemacht. Waren Sie da nicht im Raum?

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Zurück zur Prävention. Das Heroinabgabeprojekt wird ebenso sichergestellt, wie jetzt auch ein Standort geschaffen wird, wo die kontrollierte Abgabe erfolgen kann. Doch auch hier muss wieder beachtet werden, dass es nicht möglich ist, auf der einen Seite Heroin an eine letzte Gruppe nicht therapierbarer Abhängiger kontrolliert abzugeben, auf der anderen Seite aber weiterhin zuzulassen, dass eine illegale Abgabe erfolgt. Das Konzept der Therapie mit kontrollierter Abgabe kann nur dann erfolgreich sein, wenn der illegale Handel mit allen rechtsstaatlich zur Verfügung stehenden Mitteln unterbunden wird und genau das gehen wir an.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Krista Sager GAL: Das tun Sie doch gar nicht!)

In diesem Sinne wird auch die FDP-Fraktion Ihren Antrag gern an den Innenausschuss überweisen. Dort kann man dann über alle Details mit den zuständigen Senatsvertretern sprechen. Sie werden dort sicherlich umfassend alle Ihre Fragen stellen können, die Sie en détail haben und die in der projektgesteuerten Haushaltsübersicht möglicherweise noch nicht vorkommen. – Danke schön.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Krista Sager GAL: Sie drücken sich um die Abstimmung!)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 17/316 in der Neufassung an den Innenausschuss zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist dieses bei einigen Enthaltungen mehrheitlich beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf, Drucksache 17/310: Antrag der Fraktionen der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP zu Öffnungszeiten für den Handel in Hamburg.

[Antrag der Fraktionen der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP: Öffnungszeiten für den Handel in Hamburg – Drucksache 17/310 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 17/380 ein Zusatzantrag der GAL-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktion der GAL: Samstags länger shoppen, aber in ganz Hamburg und sonntags frei – Drucksache 17/380 –]

Die SPD-Fraktion möchte beide Drucksachen an den Wirtschaftsausschuss überweisen.

Wird das Wort gewünscht? – Das ist der Fall. Der Abgeordnete Dr. Mattner hat es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Hamburgs Handel soll wieder auf der Siegerseite stehen und mit dem Berliner Metropolenmodell wollen wir den Ladenschluss in Hamburg nicht revolutionieren, aber ein wenig flexibler gestalten. Jetzt ein Zitat:

„Wenn Hamburg als Shopping-Metropole gegen Berlin bestehen will, muss sich bei den Ladenschlusszeiten etwas bewegen.“

So wird Ulf Kalkmann, Sprecher des Hamburger Einzelhandelsverbandes, in der „WamS“ im Januar zitiert. Berlin sei liberal

„und gestatte allein in diesem Jahr das verlängerte Shopping an zehn zusätzlichen Sonnabenden und Sonntagen“.

So der Verbandschef von 3000 Mitgliedern.

Meine Damen und Herren! Dem Mann kann geholfen werden. Hamburg ist eine attraktive Stadt, auch für den Einkäufer aus dem Umland, aber seit einigen Jahren gibt es Entwicklungen, die gegen die Interessen unserer Stadt laufen. Nicht weniger als 22 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten im Handel. Seit 1995 hat sich jedoch die Zahl der Beschäftigten von 82300 auf 76400 im Jahr 2000 verringert. Bedrohlich ist auch die seit 1994 ständig sinkende Zentralitätskennziffer, also der Wert, der Auskunft darüber gibt, wie die Kaufkraftbindung in Hamburg ist. 1994 waren das 132,3, 1997 126,8, 1999 nur noch 122,8 und im Jahr 2001 nur noch 113,4. Im Vergleich dazu besser gestellt sind München 130,6, Stuttgart 125,6, Düsseldorf 123,4, Köln 121,6, Frankfurt 118 und so weiter.

Meine Damen und Herren! Auch Hoyerswerda hat auf dem Sektor bessere Werte als Hamburg. Dies bedeutet mehr Abflüsse in das Umland, obwohl wir die Metropolenrolle haben. Steuerungsmechanismus ist dabei unter anderem der Ladenschluss. Auf meine Kleine Anfrage teilte mir der Senat im November mit, dass die zuständige Fachbehörde aus Presseinformationen die Erkenntnis erlangt hat, dass es in den letzten Jahren im Hamburger Umland im Gegensatz zu Hamburg an Sonntagen zusätzliche Öffnungszeiten gegeben habe. Meine Damen und Herren! Mein Plädoyer: Schluss mit der Ungleichbehandlung.

Zunächst müssen wir die Genehmigungspraxis auf sichere Beine stellen. Bislang haben die Bezirke völlig unterschiedlich, und zwar im Jahr 2001 achtundsechzigmal Genehmigungen für Sonn- und Feiertage nach Paragraph 23 Ladenschlussgesetz erteilt. Dazu ist ein öffentliches Interesse erforderlich, das zum Beispiel im Katastrophenfall angenommen wird. Katastrophen waren jedoch die Ruderregatten oder die Veranstaltungen sicher nicht. Nach Paragraph 14 Ladenschlussgesetz könnte man dagegen eindeutig Märkte, Messen oder ähnliche Veranstaltungen durch Ermächtigungen an die Bezirke bis zu vier Sonntage und nach Paragraph 16 Ladenschlussgesetz sechs Samstage bis 21 Uhr genehmigen, nur diese Ermächtigung fehlt. Genau das ist das Berliner Modell, eingeführt vom Diepgen-Senat und – klar – fortgesetzt von Herrn Wowereit. Natürlich wird das Umland auf uns schauen, denn was man selber tut, würde man uns ganz sicher gerne verbieten. Weshalb? – Weil Berlin nach Angaben des Einzelhandelsverbandes dort mit diesem Modell 20 Prozent mehr Umsatz gemacht hat, meine Damen und Herren, und Herr Kalkmann für uns gar 30 Prozent

(Leif Schrader FDP)

Umsatzsteigerung prognostiziert. Das sind Arbeitsplätze pur, die uns dort verloren gehen.