Protocol of the Session on January 24, 2001

Der heutige Antrag der GAL-Fraktion behandelt einen weiteren, sehr wichtigen Aspekt, der im Rahmen eines Gesamtkonzepts integriert werden muß. Die Stadt Hamburg kann eine Vorreiterrolle im Business-to-Government-Sektor einnehmen; hierzu wird durch die Digitalisierung der Prozeßabläufe ein wichtiges Signal gegeben.

Meine Damen und Herren! Hamburg muß auf dem Datenhighway weiterhin Gas geben, um nicht Gefahr zu laufen – das ist vorhin deutlich geworden –, von München, Berlin und Köln überholt zu werden. Die Unternehmensgründungen im Internet, über die wir uns heute unterhalten, sind hierzu ein wichtiger Beitrag, aber es reicht nicht, sich darauf zu beschränken.

Die CDU-Fraktion wird heute selbstverständlich dem GALAntrag zustimmen und wartet auf einen hoffentlich pünktlich erscheinenden Bericht des Senats.

(Beifall bei der CDU)

Herr Hackbusch, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir werden heute auch interfraktionell nett zueinander sein und diesem Antrag zustimmen. Es ist durchaus ein erstaunlicher Antrag, weil er nicht allzuviel wichtiges politisches Handeln erfordert. Dementsprechend stellt sich die Frage, inwieweit ein solches Thema ins Parlament gehört, da hier eigentlich normales Verwaltungshandeln durchgesetzt werden soll. Es wäre gut, wenn uns die Verwaltung diesbezüglich Informationen gibt.

(Anja Hajduk GAL: Das ist nicht schädlich!)

Wir sollten aber nicht sagen, daß das der große Durchbruch ist.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Herr Müller, es ist natürlich Unsinn, wenn Sie sagen, das große Problem sei der Rückgang von Unternehmensgründungen um ein Drittel. Das Wort Unsinn paßt heute nicht mehr so recht zur Debatte. Ich werde es lieber bei den gemütlichen „internetten“ Sachen lassen. – Tschüß.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Meine Damen und Herren! Es gibt keine weiteren Wortmeldungen zu dieser Debatte. Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse über den GAL-Antrag, die Drucksache 16/5436, abstimmen. Wer möchte ihn annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist dieser Antrag von der Bürgerschaft einstimmig beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 44 auf: Drucksache 16/5421, Antrag der CDU-Fraktion zum Thema „Der Europa-Korridor als Chance für Hamburg“ – Eine schnelle Schienenverbindung nach Skandinavien schaffen.

[Antrag der Fraktion der CDU: „Der Europa-Korridor als Chance für Hamburg“ Eine schnelle Schienenverbindung nach Skandinavien schaffen – Drucksache 16/5421 –]

Diesen Antrag möchte die GAL-Fraktion zur federführenden Beratung an den Europaausschuß und zur Mitberatung an den Bau- und Verkehrsausschuß überweisen. Wer möchte das Wort? – Frau Machaczek, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die schnelle Bahnverbindung durch den sogenannten Euro-Korridor könnte in zehn bis 15 Jahren Kopenhagen in zwei Stunden mit Hamburg verbinden, Hamburg und Stockholm in fünf Stunden. Das wäre doppelt so schnell wie jetzt. Zur Zeit benötigen wir zehn Stunden, um nach Stockholm zu kommen.

Dabei geht es nicht darum, die Flugstrecke Hamburg– Stockholm einzusparen, sondern vielmehr, regionale Knotenpunkte auf dieser Linie zwischen beiden Städten miteinander zu verbinden. 15 Millionen Menschen, eine Million Wirtschaftsunternehmen, Verbände, Behörden, wissenschaftliche Einrichtungen wollen aus der Öresundregion eine florierende Euroregion machen. Schon heute sind die Regionen um Kopenhagen, Malmö, Helsingborg, Helsingör pulsierend und innovativ, an die es gilt, Anschluß zu halten.

Gerade Hamburg, dessen Hafen von einigen Schweden als ihr südlichster bezeichnet wird, hat eine wichtige Funktion im Austausch mit den Ostseeanrainerstaaten. Eine gut ausgebaute Eisenbahnlinie würde dem steigenden Güteraustausch die alten Bahnlinien überlassen. Sie würde es kleinen Unternehmen erlauben, auf dem Lande zu bleiben, und den Druck, in eine verkehrlich gut angebundene Stadt umzuziehen, wegnehmen. Das wäre ein aktiver Beitrag zu nachhaltiger Raumentwicklungspolitik. Dieses hätte ich gern dem Senator für Europa zugerufen, aber das kann man auch dem Bau- und Verkehrssenator zurufen.

In vielen Konferenzen rund um die Ostsee wird von der vielfältigsten Art von „Brückenschlägen“ gesprochen: kulturelle Brücken, wissenschaftliche, wirtschaftliche und – neuerdings – virtuelle.

(Klaus-Peter Hesse CDU)

Doch, meine Damen und Herren, das ist alles nichts, wenn wir nicht tatsächliche – nicht nur virtuelle, computergesteuerte – Begegnungen erleichtern. Diese Erkenntnis ist im nördlichen Bundesland von Hamburg eine Binsenweisheit.

Es handelt sich um eine klassische, staatliche Infrastrukturentscheidung, die die Osterweiterung der Europäischen Union in den Norden berücksichtigt. Bedenken wir, daß nicht nur Skandinavien gut an Hamburg angebunden wäre, sondern auch das Baltikum und St. Petersburg.

Hier haben die Grünen – wir werden es ja sehen – bisher große Probleme, sich zu dieser Brücke oder einem Tunnel zu bekennen. Wenn sich das weiter durchsetzt, erreichen sie allerdings nur, daß eine wichtige Stimme – nämlich Hamburgs – weiterhin stumm bleibt und Hamburgs Zukunft in dieser Region verspielt werden kann.

Die SPD hat sich in ihrem vorläufigen Wahlprogramm – wie im übrigen auch die letzte STRING-Konferenz der Öresundanrainer in Hamburg vor zwei Wochen – für die Querung des Fehmarnbelt ausgesprochen. Allerdings hat Hamburg – wieder in sehr verklausulierter Form – ein öffentliches Bekenntnis vermieden. Vielleicht erfahren wir, warum das so war.

Im übrigen hat sich auch das Regionale Entwicklungskonzept für die Metropolregion in Hamburg für die Querung ausgesprochen. Der Verein Europa-Korridor, der seit Jahren die Lobbyarbeit für die schnelle Zugverbindung von Hamburg nach Stockholm macht, hat inzwischen mehr als 30 Partnergemeinden, eine davon auch in Deutschland, und zwar in Lübeck; nur Hamburg fehlt. Mich erinnert das ein wenig an die Diskussion, die wir um den Beitritt Hamburgs zu EUROCITIES hatten. Man hat den Eindruck, daß sich Hamburg lange ziert, mit kleineren Partnern zusammenzuarbeiten.

Wir wissen, daß dieses Projekt schon an den Bürgermeister herangetragen wurde und es sich nicht um ein unspezifisches Anliegen handelt. Aber offensichtlich hat der Senat nichts damit im Sinn, auch konkrete Umsetzung einer Politik der Ostsee vorzunehmen. Papier ist geduldig, was zählt, ist aktive Politik.

Deshalb fordern wir konkret:

Erstens: Wir wollen, daß der Senat sich endlich öffentlich zum Bau der Fehmarnbelt-Querung bekennt und als große Metropole des Nordens seine Stimme gegenüber der Bundesregierung erhebt, damit endlich zügig eine gemeinsame und positive Grundsatzentscheidung mit Dänemark getroffen werden kann.

(Barbara Duden SPD: Die Dänen haben doch gar kein Geld, um die Autobahn zu bauen!)

Zweitens: Hamburg muß sich aktiv dafür einsetzen, daß die Bahnführung der Europalinie in die europäische Eisenbahnplanung aufgenommen wird.

Drittens: Hamburg muß endlich dem Verein Europa-Korridor beitreten, um sich öffentlich und tatkräftig für die Realisierung dieser Eisenbahnlinie zu bekennen.

Wir brauchen diese politische Entscheidung, die den Weg – wie immer man ihn auch ausgestaltet – vorgibt. Es wäre ein kleiner Schritt für den Senat, aber ein großer Schritt für Hamburg. Deswegen können Sie von der SPD und von der GAL diesem Antrag im Grunde nur zustimmen. – Danke.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Baar.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eine kleine europäische Ouvertüre: Bevor ich auf die Einzelheiten dieses Antrags eingehe, gestatten Sie mir ein paar Zahlen, die Hamburg betreffen.

30 Prozent der Wirtschaftskraft Europas werden im boomenden Ostseeraum erwirtschaftet. 50 Millionen Menschen gehören zum Einzugsgebiet rund um die Ostsee.

Zehn Jahre nach dem Fall der Mauer ist Hamburg wieder zentrale Schnittstelle und Port of Empty für die Märkte des Ostseeraums. Hamburg wird zum Hafen an zwei Meeren. Frau Kollegin, Sie sagten es, Hamburg sei inzwischen der südlichste Hafen Skandinaviens.

22 Prozent des Containerumschlags im Hamburger Hafen kommen aus den Ostseeregionen. Finnland, Schweden, Norwegen gehören zu den wichtigsten Handelspartnern unseres Hafens. Die wichtigsten Transitkunden sind Dänemark, Finnland, Schweden, Polen und Norwegen. Hamburg baut daher seine Kooperation mit den Ostsee-Anrainerstaaten aus. Die EU-Erweiterung ist dafür ein sehr wichtiger Schritt.

Unser Erster Bürgermeister hat diese Bedeutung während seiner Reisen nach Finnland, ins Baltikum, nach St. Petersburg, nach Polen unterstrichen, neue Kontakte geknüpft und bestehende Verbindungen intensiviert. Hamburg sieht in der Kooperation mit dem Ostseeraum eines seiner wichtigsten Zukunftsvorhaben dieser Stadt. Der Senat hat Leitlinien für die Hamburger Politik im Ostseeraum beschlossen. Hamburg nimmt aktiv an der EU-Gemeinschaftsinitiative INTERREG IC II teil.

Im Zusammenschluß mit den Anrainern des südwestlichen Ostseeraums – Hamburg-Kopenhagen-Malmö und Schleswig-Holstein, die sogenannte STRING-Region – arbeitet Hamburg gemeinsam mit den Partnern an der gezielten Entwicklung der Potentiale dieser Region.

Ich bin ausführlich auf dieses Thema eingegangen, meine Damen und Herren, um Ihnen zu zeigen, was in den letzten Jahren vom Hamburger Senat im baltischen Raum für die Europapolitik gemacht worden ist. Da kann man nicht immer sagen, Hamburg müsse mehr machen. Hamburg hat sehr viel getan.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Man kann immer mehr machen!)

Ihre Schriftliche Kleine Anfrage, Drucksache 16/3726, Frau Machaczek, hat Anfang letzten Jahren sehr deutlich das Projekt „Europa-Korridor“ aufgezeigt, und der Senat hat geantwortet. Für diejenigen, denen dieses Projekt nicht bekannt ist, folgende Erklärung:

Der Verein Europa-Korridor ist von Interessierten eingerichtet worden, die eine alternative Streckenlösung suchen, die von den 1996 verabschiedeten Leitlinien für den Ausbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes abweichen. Hier ist nichts Neues entstanden, zu dem man den Senat auffordern müßte beizutreten, hier gibt es Ideen zu einem Verkehrswegenetz, die 1996 entwickelt worden sind, und einen Verein, der sagt, daß er mit der bisherigen Situation nicht einverstanden ist.

Die Diskussion über die alternative Linienführung läuft seit Mitte vorigen Jahres. Es finden Untersuchungen statt. Nun sagen wir in Hamburg, wir werden Mitglied?

(Bettina Machaczek CDU)

Wenn man Mitglied in diesem Verein wird, muß man wissen, daß man ihre Initiativen gänzlich unterstützt. Alle Änderungen dieses Linienweges, die dieser Verein will, liegen in Dänemark oder Schweden. Soll unser hochlöblicher Senat sich in die inneren Angelegenheiten von Dänemark und Schweden einmischen, wenn es dort um die Streckenführung geht?

(Barbara Duden SPD: Wir haben ja keinen Außen- minister. Das geht doch nicht!)