Protocol of the Session on September 20, 2000

(Beifall bei der CDU)

Die Erstattung für Kosten der Arbeitslosenhilfeempfänger, der Zivildienstleistenden, der Wehrpflichtigen, des Rentenkorrekturgesetzes 1999, des allgemeinen Bundeszuschusses hat nichts mit Verbilligung der Arbeit zu tun, sondern nur mit der Sanierung der Bundeskasse.

Wenn jetzt nach dem Zusammenhang mit den Scheichs – der OPEC – gefragt wird: Es wird geschätzt, daß die hohen Energiepreise das Bruttosozialprodukt vielleicht um ein halbes Prozent verringern. Das entspricht ungefähr 200 000 Arbeitsplätzen.

Die OPEC-Leute sagen auf die Klagen der Westeuropäer, die hohen Spritpreise würden die Konjunktur drosseln und den sozialen Frieden gefährden, diese sollten doch da eingreifen, wo der größte Teil der Kosten entstehe – und zwar 70 Prozent, die doch der Staat erhebe – und nicht die ungefähr 20 Prozent, die die OPEC erhalte. Das ist doch die Logik. Das hat doch der Sozialdemokrat Vahrenholt schon vor einem Jahr gesagt.Wenn wir die Preise durch das Aufsatteln auf das Grundprodukt mit Steuern – Rolf Kruse hat es eben beschrieben – weiter erhöhen, dann ist das eine ideale Verlockung für die OPEC, die Kosten mit der Begründung zu erhöhen, das sei ja nur ein marginaler Teil.Die Ökosteuer ermuntert die OPEC geradezu – das können Sie in allen Erklärungen der OPEC nachlesen –, die Preise weiter zu erhöhen.

(Beifall bei der CDU – Dr. Hans-Peter de Lorent: Klären Sie die doch mal auf!)

Die gesamte Ökosteuerproblematik liegt an folgendem:Sie verbindet zwei ganz verschiedene Finanzierungskreise. Dabei geht es um die Ökosteuer, deren Erhebung nicht an das Einkommen gekoppelt ist, also nicht die soziale Klassifizierung des Zahlenden beachtet. Die Ökosteuer wird über das Benzin erhoben, egal wieviel der Mensch ver

dient. Das heißt, das ist eine „un-soziale“ Angelegenheit. Und diese wird mit dem Rentenproblem verknüpft.

Das Rentenproblem ist aber sehr wohl sozial geknüpft; darin liegt die ganze grundsätzliche Problematik. Sie verknüpfen zwei Finanzsysteme. Das eine ist an soziale Stärke und Schwäche gebunden und das andere nicht. Dieses intellektuelle Grundproblem der Ökosteuer haben Sie hier noch gar nicht diskutiert. Aber die Folgen dieses Problems sehen Sie jetzt schon. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Zuckerer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe mich zum Schluß noch einmal gemeldet, weil einiges, was Sie eben gesagt haben, Herr Salchow, doch ausgesprochen zum Widerspruch reizt.

(Bernd Reinert CDU: Obwohl es richtig ist!)

Wenn wir so sachlich diskutieren wollen, wie Herr Kruse es versucht hat, dann kommen wir doch noch einmal auf den sachlichen Kern. Der sachliche Kern gestiegener Mineralöl-, Benzin- und sonstiger Preise in diesem Bereich ist erstens die Preispolitik der OPEC und zweitens das EURODollar-Verhältnis.

Dabei ist die interessante Frage, wie ein Staat mit seiner Steuerpolitik auf die auf dem Weltmarkt gestiegenen Preise reagieren soll. Jetzt muß ich Sie mit einem leisen Hauch von Polemik fragen, Herr Kruse und auch die CDU: Ist die Antwort des Staates auf die Globalisierung im 21. Jahrhundert, daß er seine Steuerpolitik jeweils von der Preispolitik der internationalen Rohstoffkartelle und den Zuständen auf den Devisenmärkten abhängig macht,

(Glocke)

oder muß es den Versuch geben, seine eigene Politik durchsetzen zu wollen?

Lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Nein, wir haben nur noch wenige Minuten, aber wir können das gern hinterher privat diskutieren, Herr Kruse.

Das ist die eigentliche Frage, die wir zu beantworten haben.

Damals, bei der ersten Ölkrise, wurde Helmut Schmidt angetragen, daß er die Steuern senkt. Er hat es nicht getan. Es ist eine Einladung an die Kartelle, Herr Salchow, die Steuern zu senken, wenn dort die Preise heraufgesetzt werden. Ich kann Ihnen auch schöne Zitate aus dem OPEC-Bereich nennen. Da heißt es: „Jeder Preis, der die Menschen veranlaßt, verstärkt nach alternativen Energiequellen zu suchen, ist aus unserer Sicht zu hoch.“ Der Generalsekretär der OPEC sagte: „Wir haben den Preis über Steuern mit administriert.“ Dabei waren alle Parteien in der Bundesrepublik bis vor wenigen Jahren immer der Meinung, daß der Preis für Öl eigentlich zu gering ist, um vernünftige Energiepolitik zu machen.

Damit komme ich zu meiner zweiten Frage.

(Rolf Kruse CDU: Sie lassen ja nicht zurückfragen!)

Sie haben – ganz sachlich gesehen, Herr Salchow – kritisch angemerkt, daß die Ökosteuer, wie die rotgrüne Re

(Senator Alexander Porschke)

gierung sie gemacht hat, aus Ihrer Sicht keine richtige Ökosteuer ist.

(Rolf Kruse CDU: So ist es!)

Die interessante Frage dabei ist, welche ökologische Besteuerung die CDU eigentlich vorschlägt. Sie rennen jetzt Sturm gegen eine Ökosteuer, das können Sie tun, das ist Ihr gutes Recht.

(Rolf Kruse CDU: Das machen wir auch!)

Aber wo ist denn Ihre ökologische Besteuerung? Ich frage Sie das aus einem einfachen Grund. Schäuble hat diese Steuer eigentlich mit gefordert. Angela Merkel hat diese Steuer ins Gespräch gebracht und noch vor zwei Jahren 5 Pfennige pro Jahr für sinnvoll gehalten. Heute sagen Sie, Herr Salchow:Der Zorn des Volkes wird noch über euch zusammenschlagen.

(Dr. Roland Salchow CDU: Es ist ja jetzt auch eine andere Lage als vor zwei Jahren!)

Ja, das ist eine andere Lage, was schert mich mein Geschwätz von gestern. Ökosteuer dann, wenn das Volk sich über den hohen Preis nicht aufregt.

(Dr. Roland Salchow CDU: Wir haben heute den doppelten Benzinpreis!)

Das ist wirklich blanker Populismus, ein populistisches Argument.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich frage mich – offen gestanden –, ob Ihnen Ihre ganze Argumentation eingefallen ist, als Sie bemerkten, daß die Leute anfingen, wütend zu werden.Dann haben Sie schnell vergessen, was Sie früher gesagt haben. Oder hatten Sie die Argumente vorher auch schon? Wo waren denn die Vorschläge der CDU für eine ökologische Besteuerung während der ganzen Debatten? Heute machen Sie nichts anderes, als den erstbesten öffentlich geäußerten Unmut des Volkes zu nehmen und sich an die Spitze der Bewegung zu stellen. Das hat mich angekotzt – ich bitte um Entschuldigung! Ich fand es billig, hier zu sagen: Wenn Minister mit ihren Dienstwagen fahren, sollen sie den Leuten nichts von der Ökosteuer erzählen. Deswegen erzähle ich Ihnen jetzt etwas. Als Angela Merkel mit dem Dienstwagen gefahren ist und ihrerseits über Energiebesteuerung im Ausgleich für Rentenversicherungsbeiträge nachgedacht hat, war sie nicht unglaubwürdig.Aber vielleicht haben Sie ja das ganze Konzept aufgegeben, um die Glaubwürdigkeitslücke zwischen dem Dienstwagen von Angela Merkel und Ihren eigenen Aussagen irgendwie zu schließen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Meine Damen und Herren, wir haben in der Aktuellen Stunde noch vier Minuten. Herr Kruse, Sie haben das Wort.

(Dr. Roland Salchow CDU: Aber geh nicht auf den Dienstwagen von Angela Merkel ein!)

Frau Präsidentin! Ich habe keinen Dienstwagen, deswegen muß ich darauf auch nicht eingehen.

(Peter Zamory GAL: Aber Herr von Beust hat ei- nen!)

Herr Zuckerer, wenn Sie meine Zwischenfrage angehört hätten, würde ich hier jetzt nicht stehen. Ist es Ihnen entgangen, Herr Zuckerer, daß die rotgrüne Regierung bei der

Begründung der sogenannten Ökosteuer, also der Mineralölsteuererhöhungen, gesagt hat, sie wollte die fortschreitenden jährlichen Erhöhungen jeweils im Lichte der konjunkturellen Situation und der Beschäftigungslage ansehen? Dazu sage ich:

(Bernd Reinert CDU und Dr. Martin Schmidt GAL: Hört, hört!)

Die Lage ist da, wenn renommierte Ökonomen sagen – das können Sie heute vom Weltwährungsfonds aus Prag bis zur Deutschen Bank hören –, es bestehe eine Wachstumsgefahr von minus 0,5 Prozent, was etwa 200 000 Beschäftigungsplätzen entspricht und das etwa 1 Prozent Entlastung der sozialen Systeme entspricht. Da komme ich ins Nachdenken, ob man sich diese Anpassung nicht im Lichte der beschäftigungs- und konjunkturellen Lage und der Wachstumsentwicklung anschauen sollte. Mehr verlangt nicht einmal meine Fraktion im Deutschen Bundestag.

Wir bekennen uns sogar zu den 42 Pfennigen Mineralölsteuererhöhungen, die in 16 Jahren der Regierung unter Helmut Kohl bei der Mineralölsteuer angehäuft sind.Ob das aus heutiger Sicht immer klug war, ist eine andere Frage.

Vergessen wir aber eines nicht – da mögen auch ökologische Argumente eine große Rolle gespielt haben –: Wenn ein Liter Heizöl um die 23/24 Pfennige kostet und 4 Pfennige aufgesattelt werden, ist das eine andere Lage, als wenn er – keine Verantwortung bei der Bundesregierung, ich beschuldige sie nicht – plötzlich 90 Pfennig kostet. Damit wird dem deutschen Markt beachtliche heimische Kaufkraft entzogen. Sie können dem Heizen in Nordeuropa, und dazu gehört Deutschland, im wesentlichen, nicht ausweichen; Sie müssen es überwiegend mit Gas und Öl tun. Das mögen wir alle unter ökologischen Gesichtspunkten beklagen. Nur, wo wir den Strom zum Heizen herkriegen, sehe ich aufgrund Ihrer Beschlüsse, auf eine Form der Stromerzeugung, die tragende für Heizungen, zu verzichten, auch nicht.Zur Sachlichkeit gehört Nachdenken auf allen Seiten und das Richtige für die Bürger zu tun.

(Beifall bei der CDU)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen zu diesem ersten Thema der Aktuellen Stunde vor. Das zweite Thema werden wir in den letzten Sekunden nicht mehr aufrufen können. Damit schließe ich die Aktuelle Stunde.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 3 und 57 auf.Es geht um die Drucksachen 16/4295 und 16/4567, die Große Anfrage der CDU zur Stellplatzablösegebühr und den Antrag der CDU-Fraktion zur Stellplatzabgabe in der Innenstadt.

[Große Anfrage der Fraktion der CDU: Stellplatzablösegebühr – Drucksache 16/4295 –]

[Antrag der Fraktion der CDU: Stellplatzabgabe in der Innenstadt – Drucksache 16/4567 –]