Besonders dreist ist, daß die CDU uns heute hier in Hamburg die Technologiefeindlichkeit der damaligen CDU-Bundesregierung als Verschulden von Kanzler Schröder verkaufen will. Bis 1998 war doch der Forschungshaushalt in Bonn die Sparkasse der CDU-Bundesregierungen.
Nur Herr Möllemann hatte mit dem Forschungshaushalt ein bißchen mehr Glück, bevor er Opfer einer sehr einfachen Technologie wurde.
Die Absolventen der Hochschulen, die heute ihre Abschlüsse machen – und da beklagt Herr Salchow die zu geringe Zahl –, haben vor vier bis sieben Jahren begonnen zu studieren. Das ist also noch die Hochzeit der Kohlschen Kanzlerschaft gewesen. Das war die Zeit der Dolores-Programme.
Diese schmerzvollen Programme der Arbeitsplatzvernichtung im technischen Bereich haben doch allen interessierten jungen Menschen klargemacht, wer Ingenieur wird, der hat es „schwör“ auf dem Arbeitsmarkt. Insbesondere die Industrie hat es versäumt, antizyklisch einzustellen, und beklagt sich jetzt beim Staat über die eigenen Versäumnisse. Die CDU macht da natürlich mit, denn so läßt sich besonders bequem von eigenen Fehlern ablenken.
Ich will ein wenig zu den Hamburger Zahlen sagen. Der Fachbereich Informatik 1998 hatte 242 Studienplätze laut Kapazitätsverordnung. Davon konnten nur 230 vergeben werden. Das heißt, das Problem ist nicht, daß dort Studienplätze gestrichen worden sind, sondern daß die Nachfrage nicht so hoch war, wie man sie sich vielleicht hätte wünschen können.
An der Fachhochschule ist die Situation ähnlich. Im Studiengang Software-Technik 1999 48 Studienplätze vorhanden, 96 Bewerbungen. Vergebene Studienplätze nachher letztendlich 40. Bei der Technischen Informatik an der Fachhochschule ist die Situation wie folgt: 48 Studienplätze vorhanden, 82 Bewerbungen und nachher vergeben tatsächlich 48.
Auch wenn es manchen CDU-Abgeordneten nicht in das ideologische Konzept paßt, diese Studiengänge sind unterausgelastet und nicht das Opfer von falschen Strukturentscheidungen in Hamburg geworden. Die Wahrheit ist, daß die Kapazität entsprechend den Stellenstreichungen in diesen Bereichen nicht besonders abgesenkt wurde, sondern daß entgegen dem Schweinezyklus sozusagen dort Kapazität vorgehalten wurde. Aber dazu können wir die nächste Aktuelle Stunde machen. Aber vorsichtig. Auch um dieses Thema hat sich die SPD-Fraktion schon gekümmert. Sie können das in unserer Großen Anfrage Drucksache 16/1204, der Kleinen Anfrage Drucksache 16/1529 und dem Antrag Drucksache 16/1639 nachlesen. Zumindest die Kollegin Koop scheint diese Drucksachen gelesen zu haben und sagt dazu etwas in der Presse. Insofern meinen herzlichen Glückwunsch zum erfolgreichen Ideenklau.
Der rotgrüne Senat wird das Berichtsersuchen Drucksache 16/1639 bestimmt bald beantworten. Dann können wir das alles weiter debattieren.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Professor Salchow, es war eigentlich nichts Neues dabei. Wenn ich mir anschaue, wie wichtig und wie ernsthaft diese Frage zu beantworten ist und welche Lösungen gefunden werden müssen, dann kann man mit solch einer Kritik eigentlich nicht weiterkommen. Wir, die Grünen, haben in dem letzten Jahr ganz deutlich unter dem Motto „Lernen mit Kopf, Herz und Bildschirm“ bundesweit in den verschiedensten Veranstaltungen gemeinsam mit IBM, Siemens und Bertelsmann genau dieses Thema mit
vorangebracht. Es ist völlig klar, daß wir nachhaltig eine ganz andere Bildungspolitik in diesem Informations- und Kommunikationszeitalter brauchen.
Wenn ich mir den Forderungskatalog bundesweit der Grünen anschaue, dann sind wir hier in Hamburg Spitze. Der freie Zugang für alle Schülerinnen und Schüler zu den neuen Informations- und Kommunikationsmedien auch nach dem Unterricht muß gewährleistet sein. In der Schule wird er in Kürze gewährleistet, wie er demnächst auch für alle Hamburger gewährleistet wird.
Die Ausstattung – immer wieder angesprochen – ist inzwischen – wie auch letzthin das „Hamburger Abendblatt“ berichtete – auch in den allgemeinbildenden Schulen vorhanden. Was sicherlich noch fehlt, ist, daß natürlich die Schulen auch zu offenen Häusern und zu Selbstlernzentren werden müssen. Die Schulverwaltungen und Klassenzimmer werden zur Zeit mit Netzwerken ausgerüstet. Wir haben sicherlich noch zu tun in der Digitalisierung von Unterrichtseinheiten, in der Modularisierung von Curricula und so weiter.
Ich glaube, das Hauptproblem ist die Qualifizierung und Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer und auch der Hochschullehrer und -lehrerinnen. Da sind sicherlich noch eine Menge Maschinenstürmer dabei. Wenn man dann so alt ist wie Sie, Herr Salchow, und ich, dann muß man sich noch einmal ganz anders daransetzen. Ich muß mir oft noch Nachhilfe bei den jungen Kollegen meiner Fraktion, besonders bei Axel Bühler holen, wenn dann wieder einmal die E-Mail nicht funktioniert. Das heißt, auch wir haben schon ein großes Maß an Fortbildung nötig.
Noch ein Punkt, Herr Salchow, so schlecht kann es gar nicht sein, wenn Sie daran denken, wie viele Hamburger Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen auch mit der Green Card in den USA sind.
Aber Sie haben noch ein zweites Thema angemeldet, nicht nur: Wie effizient ist unser Bildungssystem, sondern: Green Cards und Schulanmeldezahlen. Wir müssen, damit wir heute das Thema nicht ganz verfehlen, dann doch zu diesem Punkt kommen, bei dem alle mitreden wollen, die einen mediengerecht, die anderen fachkundig oder elterngerecht. Die Ideenmottenkiste von der CDU hat wieder ein Rollback in die sechziger Jahre gefunden: Probewochen oder die wunderbare Aufnahmeprüfung, die sicher viele von uns noch genossen haben.
Dann wird Schulpolitik angeblich auch im „Hamburger Abendblatt“ gemacht, ich aber finde, wir sollen Schulpolitik hier in der Bürgerschaft machen und uns ernsthaft fragen, wohin die Reise gehen soll.
Es ist klar, daß die gesellschaftlichen Verhältnisse – das ist von allen angeführt – härter geworden sind. Der Arbeitsmarkt hat sich verschärft. Es werden hochqualifizierte Fachleute gesucht, und das ist natürlich Grundvoraussetzung für die Chancen im späteren Arbeitsleben.
Das Anmeldeverhalten der Eltern in Hamburg ist mir ein deutliches Signal. Die Eltern wollen ihren Kindern selbstverständlich die bestmögliche Schullaufbahn und natürlich den höchstmöglichen Abschluß ermöglichen. Das ist ihr gutes Recht, und das will keiner ihnen strittig machen. Das passiert natürlich auch bei den hohen Anmeldezahlen,
auch in vielen Gesamtschulen und unter anderem auch in der kooperativen Gesamtschule. Auch das ist Wille der Eltern, die ein deutliches Signal geben. Wir müssen uns fragen: Welche Konsequenzen ziehen wir daraus? Sind die Schulen auf diesen Andrang vorbereitet? Was passiert mit den bitteren Rückläuferkarrieren, die dann doch häufig vorprogrammiert sind? Kann das durch eine Beratung verändert werden?
Wir müssen natürlich auch die Tatsache sehen, daß 30 Prozent der Nichtempfohlenen dann doch zum Abitur kommen. Es sind also viele Fragen zu lösen. Die hohe Anmeldezahl an der kooperativen Gesamtschule gibt uns Grünen vielleicht doch wieder recht, daß man sechs Jahre warten muß, um zu Entscheidungen zu kommen, denn die Eltern wählen bewußt den getrennten Weg erst nach der sechsten Klasse.
Zu den Gymnasien selber. 45 Prozent Anmeldezahlen in den Gymnasien, das heißt, es handelt sich hier um Gesamtgymnasien. Entsprechend müssen sie sich auf die Schülerschaft einstellen, auf die Heterogenität, und das ist die Frage, ob sie das wollen oder nicht.
Ich komme zum Schluß. Ich persönlich fordere dringend eine Schulentwicklungsplanung, Einbeziehung des Elternwahlverhaltens, und zwar wirklich eine Standortplanung mit der Karte in der Hand, Stadtteil für Stadtteil, um zu schauen, wie die Versorgung aussieht, um wirklich Qualitätsentwicklung von Schule zu garantieren. Ihre Morgenluftwitterei, meine Damen und Herren von der CDU, wieder gegen die Gesamtschulen zu schießen, ist alles andere als hilfreich. Ich denke, wir müssen wieder in diesem Sinne von Schulentwicklung Schulpolitik in dieser Stadt machen. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Man sollte sich bei dieser Debatte zunächst einmal vor Augen führen, was Herr Mirow am Anfang gesagt hat, nämlich daß diese beiden von der CDU zum Bildungsthema eingebrachten Stichworte Green Cards und Schulanmeldezahlen tatsächlich hausgemachte Probleme einer jahrelang verfehlten Bildungspolitik sind. Sie sind hausgemacht, weil es tatsächlich alle Parteien waren – CDU, SPD und GAL –, die in allen bildungsrelevanten Haushalten eine unverantwortliche Kürzungspolitik betrieben haben, betreiben, Entwicklungen verschlafen, und die Kompensation, die sie dafür gemacht haben, war: Wettbewerb, Konkurrenz, Elite, Leistung und so weiter zu brüllen. Jetzt wundern wir uns oder Sie sind empört oder ratlos, daß Eltern ihre Kinder verstärkt auf Gymnasien anmelden. Da muß ich Frau Goetsch tatsächlich recht geben. Diese Eltern springen natürlich nur auf diesen von Ihnen politisch forcierten Zug auf, weil sie denken, an den Gymnasien werden ihren Kindern die besten Chancen für weiteres Leben geboten.
Die CDU zaubert dann ihre alten Hüte hervor und fordert mal wieder stärkere Barrieren für den Zugang zum Gymnasium, und in einem Abwasch sollen dann die Gesamtschulen natürlich auch allesamt abgeschafft oder im Höchstfall in kooperative Gesamtschulen umgeformt werden.
Das Interessante – und ich habe mich eben bei dem Redebeitrag der GAL wirklich gefragt, was hier eigentlich gespielt wird – war eigentlich, daß die GAL in der Presse auf den gleichen Zug aufgesprungen war, den die CDU hier einmal wieder gefahren ist, denn die GAL hat auch die Einschränkung des Elternwahlrechts für weiterführende Schulen gefordert und die Einführung einer Notenschwelle für Gymnasien.
Die Einführung eines NC für Gymnasien ist natürlich überhaupt keine Lösung, sondern verlagert diesen Auslesedruck lediglich in das frühe Grundschulalter. Ich wundere mich, daß die GAL diese Position auf einmal vertritt, denn gerade die GAL war es ja, die einst die sechsjährige Grundschule mit dem Argument vorwärts brachte, daß Schülerinnen nicht so früh in Schubladen gesteckt werden dürfen, und jetzt fordern Sie die verschärfte Auslese für das Gymnasium ab Klasse 4. Entweder ist die GAL jetzt schulpolitisch völlig verwirrt, vielleicht ist sie aber auch einfach nur rückgratlos.
Außerdem habe ich mich bei dieser Debatte gefragt, was Sie eigentlich dagegen haben, daß möglichst viele Menschen das Bestreben haben, eine bestmögliche Bildung und Ausbildung zu bekommen, denn eigentlich sollte das doch unser politisches Ziel sein und auch als Notwendigkeit für die Gesellschaft überhaupt anerkannt werden. Der Fehler liegt meiner Meinung nach dann dabei, daß hier eine Debatte über Schulformen geführt wird. Statt sich aber ständig konkurrierend über Schulformen zu unterhalten, sollte es doch darum gehen, was in den Schulen gelehrt wird. Es geht also darum, wie Schulen inhaltlich gestaltet werden, und nicht, was draußen dransteht. Deswegen sind wir auch nach wie vor der Auffassung, daß integrative Systeme die sinnvollsten Systeme darstellen. Das sind zum einen natürlich integrative Systeme in Form von Gesamtschulen bis zur Klasse 10, andererseits sollten sich Schulen aber auch viel mehr in den Stadtteilen als integrative Systeme verstehen, sich in Stadtteilkonferenzen zusammensetzen und gemeinsam für die verschiedenen Ansprüche und Belange der Kinder vor Ort verantwortlich fühlen, statt das „Konkurrenzgehubere“ weiter zu betreiben und sich die Schulformen gegeneinander ausstechen zu lassen.
Zum Schluß noch ein Wort zu den Green Cards. Diese Green Cards sind tatsächlich ein Zeichen dafür, daß insbesondere eine falsche Hochschulpolitik betrieben wurde. Ich weiß auch nicht, woher Herr Marx seine Zahlen hat. Das würde mich doch noch einmal interessieren. Meine Kenntnis ist, daß es genügend Studierwillige gibt, daß es aber schlicht an den Kapazitäten fehlt. Insofern wäre mein Fazit zu diesem Thema Green Cards, als es natürlich deutlich macht, daß es einer stärkeren staatlichen Finanzierung und Offensive im Bildungsbereich bedarf, und zwar nicht nur auf der akademischen Ebene, genauso wie dieses Thema deutlich macht, Computerfachkräfte im Bereich der Berufsschulbildung und nicht zuletzt auch im Bereich der Unternehmen selbst auszubilden, die nämlich auch dafür verantwortlich sind, daß genügend Computerfachkräfte ausgebildet werden. Vielleicht sollte sich dann doch noch einmal über eine Umlagefinanzierung der Kopf zerbrochen werden.
Wolfgang BeußCDU: Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Marx, Sie haben versucht, die alte Bundesregierung für diesen Trend der Technologiefeindlichkeit verantwortlich zu machen.
Hochschul- und Bildungspolitik ist Ländersache, und in Hamburg ist der SPD-geführte Senat seit Jahrzehnten für diese Politik zuständig. Deswegen können Sie die Verantwortung nicht wegschieben, sondern Sie müssen vor Ihrer eigenen Tür kehren und versuchen, die Probleme, die sie ausmachen, auch zu lösen.