Protocol of the Session on July 11, 2001

Dr. Schäfer, ist es richtig, daß von den Crackkonsumenten, die in die Heroinmodelle gegangen sind, bis zu 80 Prozent diese Behandlung abgebrochen haben, weil sie aufgrund ihres Crackkonsums gar nicht in der Lage sind, an dem Heroinmodell teilzunehmen?

(Erhard Pumm SPD: Sie haben schon die Frage beantwortet!)

Ich weiß nicht, Herr Wersich, wie Sie den Crackkonsumenten definieren. Das ist das erste. Das zweite ist, die Erfahrungen, die wir von der Schweiz wissen, sind, daß Heroinkonsumenten, die auch Crack konsumieren, sich auch in ihrem Crackkonsum verändern.

(Dietrich Wersich CDU: 85 Prozent brechen ab!)

Der Vorwurf von Herr Vahldieck, es würde hier das Ruder herumgerissen, stimmt so nicht.

(Heino Vahldieck CDU: Sie meinen, es ist Konti- nuität!)

Alle diese Maßnahmen, die hier ergriffen werden, beruhen auf dem Ansatz, daß Drogenpolitik bei uns auf vier Beinen steht – das habe ich von dieser Stelle aus schon sehr oft gesagt –, nämlich Prävention, Überlebenshilfe, Ausstiegshilfe und Repression. Zwei von diesen vier Beinen werden hier ausgebaut. Das ist keine große Neuerung. Das ist lediglich die Anpassung der Politik an die Probleme, die es in diesem Bereich gibt und die sich in diesem Bereich bekanntlich auch immer wieder verändern. Und veränderte Verhältnisse erfordern veränderte angepaßte Maßnahmen. Nichts anderes geschieht hier. Dadurch, daß wir eine Paketlösung gefunden haben, die die Hilfemaßnahmen mitberücksichtigt, wird das Ganze auch zu einem Erfolg geführt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Wersich.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Scholz, es tut mir leid, aber Sie sind nur sehr oberflächlich über die politische Vorgeschichte der letzten Jahre hier in Hamburg informiert worden.

(Zurufe von der SPD)

Herr Mahr und Herr Schäfer, Ihr Vorwurf an die CDU, wir hätten zu St. Georg und zur Drogenhilfe keine Anträge vorgelegt, ist nicht nur falsch, er ist schlichtweg scheinheilig. Denn richtig ist, daß Rotgrün alle CDU-Anträge zur Verbesserung der Drogenhilfe, die von uns kamen, abgelehnt hat.

(Beifall bei der CDU)

(Senator Olaf Scholz)

Im Oktober 1997 haben wir beantragt, die von der SPD vorgenommenen Stellenstreichungen in den sozialen Einrichtungen, unter anderem im Haus der Jugend St. Georg, in der Heinrich-Wolgast-Schule und im Kindertagesheim an der Greifswalder Straße, rückgängig zu machen, weil man in sozialen Brennpunkten nicht Stellen in sozialen Einrichtungen abbauen darf. Rotgrün hat abgelehnt.

Zum Haushalt 1998 hatte der Senat bereits in seinem Drogenhilfeetat einen Rest von 3 Millionen DM, die er nicht ausgegeben hat. Die CDU hat Anträge gestellt – bitte, hören Sie zu –, am 21. April 1998:

„... das Angebot an Gesundheitsräumen mit qualifizierter medizinischer und psychosozialer Begleitung in den Schwerpunkten der offenen Drogenszene, in Absprache mit der dortigen Bevölkerung und den Geschäftsleuten, auszuweiten.“

Meine Damen und Herren! Rotgrün hat abgelehnt.

(Dr. Mathias Petersen SPD: Im Bezirk Mitte!)

Hier im Parlament zum Haushalt von uns beantragt, diesen weiteren Gesundheitsraum in St. Georg zu schaffen. Sie haben abgelehnt.

Ich darf weiter zitieren. Wenn Sie die Wahrheit nicht ertragen können, es ist alles festgehalten.

(Walter Zuckerer SPD: Das ist doch keine Wahrheit! – Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Zamory?

Nein, im Moment nicht; hinterher gerne.

„... die Zahl der Entgiftungs- und Entzugsbetten durch Umwandlung vorhandener Betten in den nächsten vier Jahren jeweils um 10 Prozent zu erhöhen.“

Rotgrün abgelehnt.

„... den akupunkturgestützten Entzug illegaler Drogen zu fördern.“

Rotgrün abgelehnt.

„... das Engagement im Bereich legaler Drogen, insbesondere der aufsuchenden Arbeit im Bereich Alkohol, zu verstärken und die Studie zum akupunkturunterstützten Alkoholentzug auszuweiten.“

Rotgrün abgelehnt.

Im Dezember 1998, Antrag der CDU:

„keine Stellen im Bereich der Drogen- und Suchtprävention der Hamburger Polizei zu streichen.“

Rotgrün abgelehnt.

Im Dezember 1998 war bereits im Drogenhilfeetat des Senats ein Rest von 5 Millionen DM entstanden, Gelder, die die Bürgerschaft für die Drogenhilfe bewilligt hatte, die nicht ausgegeben und die Maßnahmen nicht ergriffen worden sind. Die CDU hat beantragt, im Bereich der Alkoholsucht das niedrigschwellige Angebot mit dem Schwerpunkt „Aufsuchen der Straßensozialarbeit“ auszubauen und die Anzahl der Krisenbetten und Vorsorgeeinrichtungen für verelendete Alkoholkranke zu erhöhen. – Rotgrün abgelehnt.

„Den bisher mit Bundesmitteln finanzierten Modellversuch zum Drogennotfallprojekt in Krankenhäusern weiter zu fördern.“

Rotgrün abgelehnt.

Im April 1999 haben wir ein Umsteuern in der MethadonSubstitution gefordert. Wir haben gesagt, die MethadonSubstitution in Hamburg muß ausgebaut werden, und wir haben gesagt, die verhängnisvolle Einschränkung der psychosozialen Betreuung, also nur das Medikament, ohne daß man sich weiter um die kümmert, darf nicht passieren. – Rotgrün abgelehnt.

Schließlich zum Haushalt 2001. Wir haben in der Drogenhilfe mittlerweile einen Restüberschuß von 9 Millionen DM. Da kommen die Anträge von uns, die Angebote im Bereich Alkohol erneut, insbesondere für Jugendliche, junge Erwachsene und Personen im Strafvollzug, auszubauen. – Rotgrün abgelehnt.

Der Antrag, die konkreten Angebote Entgiftung, Therapie und Perspektive der Drogensüchtigen insbesondere im Bereich Arbeit und Wohnen auszubauen, wurde abgelehnt.

Und erneut:

„... der zusätzliche szenenahe Gesundheitsraum ist aus den vorhandenen Resten zu finanzieren.“

Auch das – Rotgrün abgelehnt.

Meine Damen und Herren! Unsere Anträge haben die Probleme in der Stadt aufgegriffen. Sie waren konkret, sie waren finanziert, sie waren notwendig.

(Barbara Duden SPD: Ne, ne!)

Sie haben sich nicht nur gegen eine wirksame Verfolgung der Dealer gewehrt, sondern Sie haben sich auch vier Jahre gegen die notwendigen Maßnahmen in der Drogenhilfe gewehrt. Deshalb tragen Sie die Verantwortung für die gescheiterte Politik in St.Georg.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Möller.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Wersich, Sie haben jetzt tatsächlich inhaltlich argumentiert, und das ist das Erfreuliche an Ihrer Rede.

(Ulf Lafferenz CDU: Das ist ja rührend!)

Sie haben zumindest im Gegensatz zu Ihren Kollegen nicht nur versucht, die 29 Prozent von heute zu überspielen, sondern haben sich auf eine Diskussion um die Drogenpolitik in Hamburg eingelassen.