Protocol of the Session on February 27, 2025

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der vorliegende Entschließungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN greift völlig zu Recht das Problem der steigenden Grundsteuer in Hessen auf.

Da die Mehrbelastung der Grundsteuer in Hessen in den letzten zwölf Jahren erheblich angestiegen ist und praktisch jeden Einwohner unseres Bundeslandes direkt betrifft, ist es unsere Pflicht, uns ausgiebig mit diesem Thema zu beschäftigen.

(Zuruf: Na dann!)

Es wäre jedoch ein Fehler, alles nur auf die Grundsteuerreform zu schieben. Tatsächlich erfolgte der überwiegende Teil der Grundsteueranhebungen bereits unter Schwarz

Grün; denn die finanzielle Belastung durch die Grundsteuer B ist in Hessen im bundesweiten Vergleich schon im Vorfeld der Reform extrem angestiegen.

Lag die Belastung durch die Grundsteuer im bundesweiten Ländervergleich zu Beginn der schwarz-grünen Regierung noch im unteren Mittelfeld, erreichte sie an deren Ende hinter Nordrhein-Westfalen sogar den zweiten Rang. Auf diese Entwicklung hätte sowohl Schwarz-Grün als auch jetzt Schwarz-Rot bei der Reform der Grundsteuer reagieren müssen. Doch trotz dieser Entwicklung weigerten sich in der letzten Legislaturperiode alle drei Fraktionen, eine nicht nur von uns vorgeschlagene und nach § 26 des Grundsteuergesetzes mögliche Höchstgrenze für die Grundsteuer festzulegen.

(J. Michael Müller (Lahn-Dill) (CDU): Ein Blick in die Verfassung erleichtert die Rechtsfindung!)

Der Grund für diese Weigerung ist doch offensichtlich. Anstatt die von oben angeordneten Mehrbelastungen für die Kommunen im Einzelfall abzufedern oder auszugleichen, ist es einfacher, die bestehenden umfangreichen Handlungsrechte der Kommunen bei der Grundsteuer, die diese teilweise auch sehr stark nutzen, nicht gesetzlich zu deckeln. Schließlich ist es einfacher, zur Vermeidung von Härten lieber auf Appelle und unverbindliche Vorgaben zu setzen.

Die Folgen? Eine über die kommenden Jahre und die Grundsteuerreform hinaus bindende Besteuerung und somit eine Kalkulation des eigenen Kostenbudgets sind für die Haushalte in diesem Bereich undurchführbar.

(Beifall AfD)

Insbesondere junge Familien, die sich durch eigenen Wohnraum an einen Wohnort binden möchten, werden bei der Grundsteuer B der Willkür ausgesetzt. Die Belastung durch die Grundsteuer wird für Eigenheimbesitzer wie für Mieter weiter unbegrenzt ansteigen.

Meine Damen und Herren, mich ärgert bei der Grundsteuer wirklich maßlos, dass die bestehenden Ungerechtigkeiten der letzten Jahre nicht einmal im Ansatz angegangen wurden.

Der negative Geschmack der Willkür schwingt in der Besteuerungsproblematik der Grundsteuer auch nach der Reform kontinuierlich mit und wird zusätzlich durch die Grundsteuer C weiterhin nicht kleiner.

(Zuruf Hildegard Förster-Heldmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Dass sich bei der Reform rund 60 % der Kommunen nicht an die Empfehlungen des Landes halten, sondern ihren Hebesatz mindestens 5 % höher ansetzen, wird zu Recht zu weiterer erheblicher Unruhe in der Bevölkerung führen.

Nicht nur der Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz, sondern auch die hessischen Finanzminister hatten immer wieder betont, dass durch die Reform das Grundsteueraufkommen insgesamt nicht steigen soll und die Kommunen die Reform nicht für versteckte Steuererhöhungen nutzen sollten.

In der Begründung des Hessischen Grundsteuergesetzes vom Dezember 2021 – ich sage Ihnen die Drucksachennummer zum Nachlesen: 20/6379 – weist die Landesregierung darauf hin, dass eine insgesamt aufkommensneutrale Grundsteuerreform bereits im Gesetzgebungsverfahren des

Bundes ein zentrales politisches Ziel war und dieses auch für Hessen gilt.

(Beifall AfD)

In der Begründung des Grundsteuerreformgesetzes – auch hierzu sage ich Ihnen die Bundestagsdrucksachennummer: 19/11085 – wird sogar aufgeführt, dass die Reform lediglich das Aufkommen der Grundsteuer aus dem Jahre 2022 sichern soll. Leider hat weder eine schwarz-grüne noch eine schwarz-rote Landesregierung je versucht, diese Vorgaben ernsthaft umzusetzen.

Natürlich sahen sich zahlreiche Kommunen aus wirtschaftlichen Gründen und aus der Not heraus gezwungen, den vorgegebenen Spielraum zu nutzen, womit die aufkommensneutrale Steuerreform zu einer Farce wurde. „Versprochen – gebrochen“ gilt hier sowohl für die Fraktionen von CDU und SPD als auch für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Uns ist allen bekannt, dass hier gegengesteuert werden muss. Daher ist die Landesregierung aufgefordert, erstens den Kommunen endlich weniger neue Aufgaben aufzubürden, erst recht, wenn sie ohne ausreichende Gegenfinanzierung den Kommunen aufgebürdet werden, zweitens die verwaltungsaufwendigen Förderprogramme zu reduzieren, drittens für eine bessere allgemeine Finanzausstattung der Kommunen, insbesondere durch eine Reform des KFA, zu sorgen, viertens eine konsequentere Digitalisierung im kommunalen Bereich umzusetzen und fünftens mehr Anreize für eine verstärkte interkommunale Zusammenarbeit zu schaffen.

(Beifall AfD)

Aber diese unbedingt notwendigen Korrekturen können über eine grundlegende Tatsache nicht hinwegtäuschen. Das Grundsteuermodell ist von Grund auf Murks. Es ist an der Zeit, eines klar zu sagen: Die Grundsteuer gehört endlich abgeschafft.

(Beifall AfD – Zurufe CDU)

Bessere, unbürokratische Alternativen für die Finanzierung unserer Städte müssen her.

(J. Michael Müller (Lahn-Dill) (CDU): Armut für Deutschland! – Weitere Zurufe – Glockenzeichen)

Meine Damen und Herren, hören Sie bitte ordentlich zu.

(Esther Kalveram (SPD): Nein, lieber nicht!)

Die aktuelle Reform der Grundsteuer hat eines deutlich gezeigt: Fällt die Grundsteuer weg, entfällt automatisch ein Berg an bürokratischem Aufwand, der durch die Erhebung entsteht. Diese Kapazitäten würden für andere Aufgaben frei und bieten somit schon ein gewaltiges Einsparpotenzial.

(J. Michael Müller (Lahn-Dill) (CDU): Das ist wirklich klasse! – Lachen CDU)

Unter dem Gesichtspunkt „weniger Bürokratie“ möchte ich noch ein paar Worte zum Antrag der FDP sagen. Objektiv muss man feststellen, dass das hessische Flächen-FaktorVerfahren deutliche Vorteile gegenüber dem Bundesmodell aufweist. Dass es noch einfacher und unbürokratischer gegangen wäre, zeigt das Flächenmodell aus Bayern, dem wir gerne den Vorzug gegeben hätten; aber diese Diskussion haben wir schon vor Jahren geführt.

(J. Michael Müller (Lahn-Dill) (CDU): Das ist ja noch komplizierter!)

Meine Damen und Herren, die Grundsteuer soll im laufenden Jahr bundesweit rund 16 Milliarden Euro einbringen, bei fast einer 1 Billion Euro Steuereinnahmen insgesamt. Das ist also nur ein kleines Stück der Torte. Aus Sicht der Kommunen ist die Grundsteuer allerdings eine sehr wichtige Einnahmenquelle,

(J. Michael Müller (Lahn-Dill) (CDU): Ach?)

um die Daseinsvorsorge zu gewährleisten.

(Stefanie Klee (CDU): Also abschaffen?)

Nein, Moment, hören Sie doch nur einmal zu.

(Beifall AfD – J. Michael Müller (Lahn-Dill) (CDU): Das haben Sie doch gerade gesagt! – Weitere Zurufe)

Die Kommunen benötigen folglich nach Abschaffung der Grundsteuer einen Ausgleich.

(J. Michael Müller (Lahn-Dill) (CDU): Jetzt aber!)

Es gibt durchaus unbürokratische Grundsteueralternativen. Meine Damen und Herren, ein zeitgemäßes Steuersystem sollte nicht die dargelegten Mängel haben sowie fair, einfach und so maßvoll wie möglich ausgestaltet sein. Es sollte sich auf wenige ertragreiche Steuerarten beschränken. Zur Kompensation der Einnahmenausfälle der Kommunen gibt es bereits verschiedene Ansätze. So könnten die Kommunen beispielsweise ein Hebesatzrecht auf die Einkommensteuer sowie einen größeren Anteil an der Umsatzsteuer erhalten.

(Beifall AfD – J. Michael Müller (Lahn-Dill) (CDU): Sie wollen doch die Steuern senken!)

Damit entfällt die Grundsteuer.

(Beifall AfD – J. Michael Müller (Lahn-Dill) (CDU): Aber Sie wollen doch die Steuern senken! – Weitere Zurufe)

Die AfD ist überzeugt, dass eine bessere Lösung für die Kommunen gefunden werden kann und gefunden werden sollte.

(Beifall AfD – Stephan Grüger (SPD): Die AfD fordert Steuererhöhungen! Sehr gut!)

Wenn die neue Bundesregierung sich für mehr Effizienz und weniger Bürokratie einsetzen will, hätte sie hier ein lohnenswertes Betätigungsfeld. Dazu bedürfte es wohl einer anderen Koalition – das auch in Hessen, meine Damen und Herren. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD – Stephan Grüger (SPD): Die AfD fordert Steuererhöhungen!)

Als nächster Rednerin erteile ich das Wort an Frau Abgeordnete Schardt-Sauer, Fraktion der Freien Demokraten.

Werte Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen!