Protocol of the Session on February 27, 2025

Werte Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen!

„Hessen hat mit dem Flächen-Faktor-Verfahren ein einfaches, gerechtes Modell gewählt.“

(Beifall J. Michael Müller (Lahn-Dill) (CDU))

Einfach und gerecht heißt es im Antrag der GRÜNEN. – Herr Kollege, noch nicht klatschen. Ich zitierte aus dem GRÜNEN-Antrag.

(Hans-Jürgen Müller (Witzenhausen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist doch egal! Das ist völlig unstreitig! – Glockenzeichen)

Ich weiß nicht, ob Sie schon gegessen haben. – Aber aus Sicht der Freien Demokraten ist das schon ein Punkt in diesem Antrag, der falsch ist; deshalb kann man ihm nicht zustimmen. Das ist kein einfaches und gerechtes Modell. Das hessische Modell – jetzt kommen Sie ins Spiel –, das CDU und GRÜNE gemeinsam zu verantworten haben, ist eben nicht einfach und gerecht.

(J. Michael Müller (Lahn-Dill) (CDU): Doch! Doch!)

Es ist schon spannend, dass sich die Kollegen der GRÜNEN nun über die Geister, für die sie selbst verantwortlich sind, beschweren.

(Beifall Freie Demokraten)

Sie, werte Kollegen – ich komme gleich zu dem Punkt, warum das eine dauerhafte Erblast mit Zukunftswirkungen ist –, haben das Copyright für das Flächen-Faktor-Modell.

(Miriam Dahlke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aufkommensneutralität unabhängig vom Modell!)

Werte Kollegen der CDU, Sie haben diesem Modell zum Durchbruch verholfen. Sie haben das einfache und gerechte Flächenmodell verlassen. Da könnte man auch sagen: Versprochen haben es Bouffier und Schäfer. Gebrochen haben Sie es; denn Sie haben es anders gemacht. – Bei diesem Flächenmodell sind – das hat im Übrigen Ihr werter und geschätzte Kollege Thomas Schäfer seinerzeit sehr nachvollziehbar ausgeführt; dazu gibt es „FAZ“-Artikel – reine physikalische Flächengrößen Ausgangspunkt der Betrachtung. Allen Redebeiträgen – wir hören gleich wahrscheinlich noch einen – ist immanent: Es ist kompliziert, es gibt Streit, und irgendwie ist es schwierig nachzuvollziehen.

(J. Michael Müller (Lahn-Dill) (CDU): Es gibt doch keinen Streit!)

Die Besteuerungsanlagen sind streitanfällig, werter Kollege.

(J. Michael Müller (Lahn-Dill) (CDU): Nein!)

Beim Flächenmodell hingegen können sie transparent und nachvollziehbar entwickelt werden.

Etwas anderes ist auch wahr und unstrittig – wir merken gerade den Druck, der von anderer Seite kommt –: Die Grundsteuer hat eine erhebliche Bedeutung für die Kommunen, aber auch für die Bürgerinnen und Bürger sowie für Unternehmen. Das Flächenmodell ist ein Garant für einen reibungslosen, effizienten und gleichmäßigen Vollzug; denn – es ist auch logisch –, wenn ich einen Faktor habe, ist es einfacher, als wenn ich zwei Faktoren habe.

(Hans-Jürgen Müller (Witzenhausen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das eine ist gerechter als das andere!)

GRÜN hat einen Faktor, auf den ich gleich noch eingehe, eingebracht. Damit ist die Geschichte nämlich noch nicht

zu Ende. Wir Freie Demokraten glauben im Gegensatz schon, dass man Dinge, von denen man sicher weiß, dass sie nicht gut sind, sehr wohl ändern kann. Das wirkt noch in die Zukunft. GRÜN hat den Faktor der Gerechtigkeit intern mit eingebracht: Es kann ja nicht sein, dass gewisse Menschen in gewissen Lagen Eigentum haben. Die müssen bewertet werden. – Mit dem Faktor Lage – man erinnere sich an die ganze Geschichte – wurde es kompliziert. Es war damals übrigens auch ein Punkt der Sozialdemokraten. Ich bin der Kollegin Kalveram für die differenzierte Betrachtung sehr dankbar. Durch den Faktor Lage sind nämlich Mietpreise in Frankfurt – ich verweise nur auf einige Debatten, die aktuell geführt werden – in die Höhe gegangen, weil die höhere Grundsteuer natürlich auf die Mieter umgelegt wird. Ob das gerecht ist, überlasse ich Ihrer vom moralischen Imperativ geleiteten, eigenen Definition. Das Flächen-Faktor-Modell ist kompliziert und bürokratisch.

(J. Michael Müller (Lahn-Dill) (CDU): Das wird mit dem Flächenmodell nicht gemacht, oder wie?)

Wenn Sie noch ein bisschen Redezeit haben, können Sie die gern mit dem Kollegen Reul teilen.

(J. Michael Müller (Lahn-Dill) (CDU): Ach nee, das macht der!)

Die Kompliziertheit trägt, ehrlich gesagt, mit dazu bei, wie man feststellt, wenn man sich jetzt im Februar 2025 das Lagebild – heißt es so schön – anschaut, dass Durcheinander im Hessenland herrscht, werte Kollegen. An diesem Durcheinander sind maßgeblich – da sind wir schon wieder; vielleicht sollte man sich über die Jahre überlegen, ob CDU und Finanzministerium so gut zusammenpassen – auch Sie schuld. Zunächst einmal, das darf ich auch noch einmal sagen, waren alle Eigentümer – man erinnere sich – Erfüllungsgehilfen des Finanzministers.

Dieser Tage kam eine Pressemeldung aus dem Finanzministerium, dass alles zu 100 % abgearbeitet sei. Es ist nichts zu 100 % abgearbeitet. Wenn man mit den Kämmerern spricht – Sie sagen doch immer, dass Sie kommunal so verbunden sind; dann reden Sie mit den Kämmerern –, dann hört man: Vieles ist im Datenbestand nach wie vor fehlerhaft. Deswegen kann teilweise nicht richtig gerechnet werden. – Das gehört auch zur Betrachtung der Kommunen. Die Datensätze sind noch nicht final bearbeitet. Ich erinnere: Kompliziertheitsfaktor.

Dann kommt der weise Ratschlag aus dem Finanzministerium am 6. Juni 2024. Finanzminister Prof. Dr. Alexander Lorz

(J. Michael Müller (Lahn-Dill) (CDU): Guter Mann!)

hält eine Pressekonferenz zur Hebesatzempfehlung ab – eine Pressekonferenz, die man sich besser hätte sparen können – und sagt:

„Kommunen sollen nach dem neuen Recht der Grundsteuer in etwa“

in etwa –

„so viel Grundsteuer einnehmen wie nach dem alten Recht.“

Das hat im Übrigen nicht das Hessenland, sondern der Bundesgesetzgeber entschieden. Ich erinnere daran, da war Herr Scholz – man hat ihn schon fast wieder vergessen; das ist der, der Kanzler war – Bundesfinanzminister.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Er ist immer noch Kanzler!)

Aus dem Rahmen der Einigung kommt das Wort der Aufkommensneutralität. Die Kommunen sind nicht an die Hebesatzempfehlungen gebunden. Sie können davon abweichen. Wenn dieses Können aber so weit reduziert ist, dass sie gar nicht anders können, als davon abzuweichen, dann kann man nicht sagen: Ihr habt die Wahl.

Werte Kollegen vor allem der CDU, die Vorstellung der Hebesatzempfehlung, diese Show am 6. Juni, die in vielen Rathäusern nur ratlose Gesichter hinterlassen hat, diese Vorstellung durch die Landesregierung war am Ende nichts anderes als eine PR-Aktion nach dem Motto: Das Land hat seine Aufgaben erledigt. Jetzt liegt es an den Kommunen. Schaut, wie ihr damit klarkommt. – Ehrlich gesagt, das ist eine sehr verantwortungslose Nummer gewesen, werte Kollegen der Union.

(Beifall Freie Demokraten und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Kalveram, Sie haben gesagt, es sei doch eigentlich gar nicht weniger geworden. Von dem aber, was zugesagt war, kamen 400 Millionen Euro weniger. Das ist weniger. Das fehlt den Kommunen. Dafür muss man jetzt nicht Mathematik studiert haben.

(Beifall Freie Demokraten und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist schon sehr kompliziert gewesen. Das Land hat schlechtere haushaltsrechtliche Rahmenbedingungen gesetzt, hat aber immer gesagt: Ihr könnt sie erhöhen. Ihr müsst sie aber nicht erhöhen. – Wenn man kein Geld mehr in der Hosentasche hat, dann sucht man nach anderen Geldquellen. Was machen also die meisten Kommunen? Der hessenweite Durchschnitt der zum 1. Januar 2025 gültigen Hebesätze liegt rund 40 Prozentpunkte über der Empfehlung des Landes.

70 Kommunen – bevor nachher der Einwand kommt, es seien nur einige wenige – leiden unter dem fehlerhaften Datenbestand. Bei dem Flächenmodell – um da einmal die Fantasie anzuregen – hätte man viel früher mit KI und derartigen Dingen arbeiten können, als dass man Bürger zu Erfüllungsgehilfen des Landes macht.

(Beifall Freie Demokraten)

Diesen Weg wollte man aber nicht gehen. Das war das Zugeständnis an die GRÜNEN.

Werte Kollegen der Hessen-Koalition, das war gestern teilweise auch noch einmal Thema. Wie dramatisch die Lage vor Ort ist, zeigt das aktuelle Faktenpapier zur Wiesbadener Erklärung des Hessischen Landkreistags:

„Glaubwürdigkeit bei Grundsteuerreform in Gefahr

Die vom Land publizierte Aufkommensneutralität …“

Das ist doch das, was die Menschen draußen hören. Nehmen wir einmal unsere ganzen Diskussionen weg. Die hören: Das wird genauso wie vorher. – Das ist das Versprechen.

Leider müssen sie feststellen, dass das Versprechen nicht gehalten wird, sondern dass es gebrochen wird, dass es teurer wird. Wo verschwindet das Vertrauen? Natürlich bei den Kommunen, weil der Bescheid aus dem Rathaus

kommt. Es wird den Kommunen schwerfallen, den Bürgerinnen und Bürgern diese Komplexität einer ursachentransparenten Begründung zur Entwicklung der Hebesätze darzulegen. Die Bürger werden fragen: Was sind denn Hebesätze?

So können wir das Vertrauen vor Ort nicht wiedergewinnen. Für viele ist es, gelinde gesagt, schon ein Schock, gerade in den Ortslagen, was da momentan kommt.

In das Bild, dass die Landesregierung am liebsten eine weiße Weste – 6. Juni – behalten möchte, passt: Herr Kollege Al-Wazir hat den Finanzplanungserlass zitiert. Der 11.11. ist wirklich sehr bezeichnend. Jahrelang werden Steuergelder investiert: Hessenkasse, Entschuldung von Kommunen, Solidität usw. Da machen wir einen Finanzplanungserlass, in dem steht: Verschulde dich ruhig. Wir werden bei defizitären Haushalten nicht so genau hinschauen. – Leute, das ist doch die Rolle rückwärts in Fragen einer soliden Haushaltspolitik.

(Beifall Freie Demokraten und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)