Protocol of the Session on February 28, 2019

Islamverbände wie DITIB zeigen sich in dieser Frage starrsinnig, was mindestens die Folge haben müsste, dass die Besetzung der Beiräte verändert werden müsste. Doch DITIBs Landesvorsitzender droht bereits, die Arbeit DITIBs in Niedersachsen würde so oder so fortgesetzt, ob mit Regierung oder ohne. Man reibt sich die Augen. Kooperation kann man das wirklich nicht nennen.

(Beifall AfD)

Auch in Baden-Württemberg gibt es Probleme mit DITIB. Dort will sich DITIB nicht an dem künftig über eine Stiftung organisierten islamischen Religionsunterricht beteiligen. Weil das Modellprojekt nicht fortgeführt werden konnte, gründet das Land nun eine Stiftung. Eigentlich wollte Ministerpräsident Kretschmann die vier großen Islamverbände für das Stiftungsmodell gewinnen. DITIB hat sich dem jedoch verschlossen.

In Hessen stößt ein Stiftungsmodell gleichfalls auf Ablehnung durch DITIB. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, eine seriöse Kooperation sieht in der Tat anders aus.

Auch in Rheinland-Pfalz tut man sich schwer, eine dauerhaft tragfähige Lösung mit DITIB zu finden. DITIB gilt wegen seiner Abhängigkeit von Ankara als kaum noch akzeptabel.

Herr Kahnt, ich muss Sie auf Ihre Redezeit hinweisen.

(Rolf Kahnt (AfD): Ja, ist sie schon vorbei? So schnell?)

Ja, Sie sind schon ein bisschen in der Karenzzeit.

Gut, ich komme zum Schluss. – Als Fazit ist festzuhalten: Keine Partei, kein demokratischer Politiker, kein Ministerium und keine Schule sollte sich dafür hergeben, die Ideologie DITIBs zu unterstützen, gar mit öffentlichen Geldern zu fördern, und als Kooperationspartner scheidet sie für uns in Hessen aus. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Herzlichen Dank, Herr Abg. Kahnt. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Kula für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ganz ehrlich: Der Antrag der AfD und auch hier die Vorstellung sind an Dreistigkeit und Heuchelei kaum zu überbieten und wirklich sehr schwer erträglich.

(Beifall DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN – Zurufe AfD: Oh! – Zuruf AfD: Die Wahrheit ist für die LINKEN schwer erträglich!)

Ja, ja, ja. Hören Sie einmal zu.

Mit Formulierungen wie „Die vielfachen weiteren Strömungen im Islam bleiben im Unterricht in Kooperation mit DITIB unbeachtet“ erweckt dieser Antrag doch den Eindruck, dass sich die AfD tatsächlich Sorgen darum mache, dass muslimische Schülerinnen und Schüler, die nicht DITIB angehören, keinen passenden bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht bekämen.

(Zuruf Hermann Schaus (DIE LINKE))

Dass dies ein heuchlerisches Manöver ist, wird sofort bewusst, wirft man nur einen einzigen Blick in ihr Landtagswahlprogramm. Dort schreibt die AfD, dass sie den bekenntnisorientierten Islamunterricht ablehnt, und fordert stattdessen einen verpflichtenden christlichen Religionsunterricht.

(Robert Lambrou (AfD): Was ist denn daran falsch?)

Das steht in diametralem Gegensatz zu Ihrem Antrag, den Sie hier vorlegen. Das widerspricht sich.

(Beifall DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN – Zuruf AfD)

In der angeblichen Ausbreitung des Islams sieht die AfD eine Gefahr für die hiesige Werteordnung. Auch unter den Abgeordneten der neuen AfD-Fraktion im Hessischen Landtag ist keiner, der sich je für die Interessen von Musliminnen und Muslimen eingesetzt hat – natürlich nicht, im Gegenteil. Mit Behauptungen wie, das größte Problem im 21. Jahrhundert sei der Islam, oder der Islam sei keine Religion, sondern eine politische Bewegung, die unsere Werte zerstören wolle, machen Sie ganz klar, was Geistes Kind

Sie sind. Es ist total wohlfeil, sich mit einem solchen Antrag hierhin zu stellen.

(Beifall DIE LINKE)

Auch Ihre Bemerkung gerade, Herr Kahnt, bezüglich sexueller Vielfalt und Freiheit ist so etwas von hanebüchen.

(Heiterkeit Janine Wissler (DIE LINKE))

Wer unterstützt denn die christlichen Fundamentalistinnen und Fundamentalisten gegen die Homosexuellen wie bei der Demo für alle? – Das ist die AfD. Das ist also wirklich totale Heuchelei.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD – Zuruf AfD: Was?)

Ja, ja, Beatrix von Storch. – Sie können uns nichts vormachen.

Dass die AfD-Fraktion nun einen solchen Antrag vorlegt, der im Grunde das ist, was jetzt auch schon überall diskutiert wird, zeigt: Entweder haben Sie jetzt Ihre Wählerinnen und Wähler an der Nase herumgeführt, oder Sie wollen hier einfach nur Chaos stiften und das politische Geschäft behindern. Das kennt man ja auch von der AfD.

Man fragt sich auch, welche Werteordnung eigentlich durch den Islam gefährdet sein soll. Wenn es irgendwelche gemeinsamen Werte gibt, dann doch die, die in der Verfassung niedergelegt sind. Zuallererst sind das die Grundrechte und damit auch die Religionsfreiheit. Das bedeutet, dass alle Religionen verfassungsrechtlich geschützt sind. Die Privilegierung bestimmter Bekenntnisse ist ebenso wie die Ausgrenzung Andersdenkender durch den Staat grundsätzlich untersagt. Auch die Freiheit, keiner Religionsgemeinschaft anzugehören oder dem fliegenden Spaghettimonster zu huldigen, ist geschützt.

(Beifall DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN – Zuruf Klaus Herrmann (AfD))

Daher kommt auch ein für alle verpflichtender christlicher Religionsunterricht überhaupt nicht infrage.

(Zuruf DIE LINKE: Genau!)

Allerdings sehen sowohl das Grundgesetz als auch die Hessische Verfassung einen bekenntnisorientierten Religionsunterricht vor, dessen Ausgestaltung gemeinsame Aufgabe von Staat und Religionsgemeinschaften ist. Dass sich Kinder und Jugendliche in der Schule mit ethischen, moralischen, religiösen und philosophischen Fragen beschäftigen, ist auch gerade in Zeiten wie diesen dringend geboten.

In Zeiten, in denen öffentlich darüber diskutiert wird, ob es in Ordnung ist, Menschen ertrinken zu lassen, ist es wichtig, den Kindern einen der obersten Werte unserer Gesellschaft zu vermitteln, nämlich dass die Würde des Menschen unantastbar ist.

(Beifall DIE LINKE, SPD und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diesen Wert teilen im Übrigen sowohl Christen als auch Muslime sowie viele andere religiöse Gruppen und Weltanschauungen. Dies bildet sich auch im Kerncurriculum des Hessischen Kultusministeriums zur Ausgestaltung des islamischen Religionsunterrichts ab. Dort sind folgende Lernziele angegeben:

Erwerb von Grundkenntnissen über die eigene Religion und Entwicklung einer persönlichen religiösen Sprache Förderung der Kritikfähigkeit, sodass die Lernenden Religionsmündigkeit erlangen Förderung der Akzeptanz und Toleranz in der Begegnung mit Menschen anderer Religionen, Kulturen, Auffassungen oder Lebensweisen Vermittlung ethischer Handlungsmaßstäbe anhand von Koran und den Überlieferungen vom Propheten Mohammed wie Bewahrung der Schöpfung, Barmherzigkeit, Gerechtigkeit, Achtung und Toleranz

Meine Damen und Herren, da wünscht man sich doch, dass manche Abgeordnete in dem Hause muslimischen Religionsunterricht gehabt hätten.

(Beifall DIE LINKE, SPD und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Klaus Herrmann (AfD): Fasching!)

Allerdings gibt es auch Probleme beim bekenntnisorientierten Religionsunterricht, die wir als LINKE sehen und die gelöst werden müssen.

Erstens sind Glaube und personelle Überzeugungen sehr individuelle Angelegenheiten. Jede und jeder Einzelne hat wohl seine eigene Überzeugung, die Richtschnur für sein bzw. ihr Handeln ist. Dementsprechend gibt es auch viele verschiedene Religionen und Religionsgemeinschaften, so auch im Islam. Es gibt nicht den einen Islam.

Vielmehr ist der Islam eine Geschichte der Interpretation aus den vielen verschiedenen Auslegungen der islamischen Schriften. Es sind mehr als 70 verschiedene islamische Glaubensrichtungen entstanden. Doch leider sind bisher nur zwei Moscheeverbände, nämlich die DITIB und die Ahmadiyya-Gemeinde, Kooperationspartner für den islamischen Religionsunterricht in Hessen. Was ist mit anderen muslimischen Gruppierungen?

(Zuruf AfD: Sie wollen noch mehr?)

Was ist mit den Schiiten, den Aleviten, den Jesiden und all den anderen? – Solange bekenntnisorientierter Religionsunterricht an hessischen Schulen angeboten wird, muss der islamische Religionsunterricht in Hessen deutlich breiter aufgestellt werden. Doch zusätzlich zu der praktischen Frage der Umsetzbarkeit stellt sich eine inhaltliche Problematik: Wie umgehen mit Religionen, die ihre Macht in politischen Konflikten missbrauchen? In Hessen stellt sich diese Frage ganz konkret im Umgang mit der DITIB.

DITIB ist eine der größten Migrantenorganisationen in Deutschland und vertritt eine große Anzahl der hier lebenden Muslime. Allerdings, und das ist ein Problem, agiert der DITIB-Bundesverband in Deutschland nicht unabhängig, sondern untersteht dem Präsidium für Religionsangelegenheiten Diyanet.

Auch das vom Kultusministerium in Auftrag gegebene Gutachten des Staatsrechtlers Josef Isensee stellt fest, dass der Moscheeverband organisatorisch, personell und finanziell von der Türkei abhängig ist. Nun hat die DITIB Hessen reagiert und erklärt, man habe den Einfluss des Bundesverbands auf den Landesverband eingeschränkt. Trotzdem gilt, dass insbesondere seit der Verschärfung der Menschenrechtssituation in der Türkei und dem völkerrechtswidrigen Angriff auf Afrin die Rolle von DITIB in Deutschland kritisch betrachtet werden muss. Faschisti

schen Tendenzen muss Einhalt geboten werden – in Deutschland, in der Türkei und überall.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Daher sind auch wir dafür: Eine Kooperation mit dem Moscheeverband DITIB muss auf den Prüfstand. Bei dem Antrag der AfD handelt es sich aber eindeutig um ein trojanisches Pferd, um den Islamunterricht in Hessen anzugreifen und die Religionsfreiheit auszuhöhlen.

(Lachen AfD)