Protocol of the Session on December 9, 2020

Schauen wir uns einmal an, was im vergangenen Jahr im Bereich der Gewalt gegen die Polizei passiert ist. Opernplatz, Dietzenbach und Dannenröder Forst – überall kommt es zunehmend zu Ausschreitungen. Kürzlich kam es in Frankfurt zu Ausschreitungen bei einer Demonstration der Querdenker. Da gab es wieder Auseinandersetzungen, und Wasserwerfer mussten eingesetzt werden.

Meine Damen und Herren, hier müssen wir doch etwas tun. Es reicht nicht aus, wenn wir immer nur eine Strafverschärfung fordern. Das ist nicht genug. Wir Freie Demokraten haben ein Konzept vorgelegt, wie wir diese Aktionen schnell und konsequent ahnden können. Das ist gar nicht so teuer. Wir wollen an einem Standort eines Polizeipräsidiums – wir schlagen Frankfurt vor – vier zusätzliche Stellen schaffen, damit man sich genau um diese Fragestellung kümmern kann.

(Beifall Freie Demokraten)

Es geht um einen zusätzlichen Staatsanwalt, der sich genau um diese Verfahren in Frankfurt kümmert, damit wir endlich einmal dazu kommen, dass, wenn auf dem Opernplatz Ausschreitungen stattfinden, es nicht monatelang dauert, bis die Konsequenz folgt. Vielmehr sollen sich Leute bei

der Polizei und der Staatsanwaltschaft unmittelbar damit beschäftigen können, sodass die Konsequenz auf dem Fuße folgt. Ich glaube, das ist wichtiger als eine Strafverschärfung; denn wir kommen meistens erst gar nicht dorthin, dass eine Strafe ausgesprochen wird.

(Beifall Freie Demokraten)

Führen wir uns einmal die Gefahren angesichts Corona vor Augen. Die häusliche Gewalt nimmt zu. Wer wird denn da gerufen? Auch die Polizei. Die Polizei muss dann auch in die Wohnungen rein und hat direkten, unmittelbaren Kontakt. Diese Belastungen sind erheblich. Hinzu kommt die Sorge, sich anzustecken.

Die Frage der Schutzausrüstung ist die eine Frage. Eine andere Frage ist die Würdigung dieser Arbeit. Da fehlt mir die Rückendeckung. Frau Goldbach, ich habe Ihnen vorhin zugehört. In Ihrer Rede stand aber das Thema Rechtsextremismus im Fokus. Machen Sie sich keine Sorgen. Das ist bei mir auch ein wesentlicher Punkt, den wir im Haushalt berücksichtigt wissen wollen.

(Beifall Freie Demokraten)

Aber gar nichts zu den anderen polizeirelevanten Gebieten zu sagen, nichts zu den Vereinen zu sagen, nichts zum Katastrophenschutz zu sagen, ist in Zeiten von Corona nicht akzeptabel. Jetzt können Sie sagen, dass Sie das alles ausgegliedert haben in den Schuldenfonds bzw. in das Sondervermögen, wie Sie das nennen. Das zeigt übrigens genau das Dilemma dieses Schuldenfonds. Große Teile dessen, was im Innenbereich von Relevanz ist, sind gar nicht mehr im Haushalt wiederzufinden. Das haben Sie ausgegliedert. Die spannende Frage ist, ob wir das diskutieren. Ich glaube, wir sollten das hier ansprechen und auch hier diskutieren. Das geht auch in den Bereich der Kommunen. Dort brechen Gewerbesteuereinnahmen und anderes weg. Das alles spielt in unserem Haushalt leider aber keine Rolle mehr.

(Beifall Freie Demokraten)

Wir werden morgen noch über die Frage diskutieren, ob das haushaltsrelevant ist oder ob man das aus dem Sondervermögen bzw. Schuldenfonds bezahlt. Ich glaube, dass die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten mit ihrem Einsatz in diesem Jahr, mit den vielen zusätzlichen Überstunden, die sie gemacht haben, große Dienste erbracht haben. Sollten diese Überstunden jemals ausbezahlt werden, werden diese kräftig steuerlich abgegolten.

Deswegen ist es meiner Meinung nach angebracht, eine Corona-Sonderprämie an die Polizeibeamtinnen und -beamten auszuzahlen. Wir haben hierzu einen konkreten Vorschlag gemacht. Ich will das jetzt nicht weiter vertiefen, weil wir dazu morgen im Rahmen unseres Setzpunktes noch einmal Stellung beziehen werden. Aber auch das ist haushaltsrelevant. Ich glaube, dafür sollten wir auch entsprechende Mittel bereitstellen. Das sollte uns die Arbeit wert sein.

(Beifall Freie Demokraten)

Ich will zum Thema Verfassungsschutz kommen. Ich glaube, dass das eine wichtige Aufgabe ist. Wir müssen die Einrichtungen, die sich damit beschäftigen, gut ausstatten. Bei aller Schwerpunktsetzung auf den Rechtsextremismus dürfen wir aber nicht den Fehler begehen, uns allein darauf zu konzentrieren. Ich bin guter Dinge, dass der Verfassungsschutz das im Blick hat. Wir dürfen den Linksextre

mismus und den Islamismus auch nicht aus dem Blickfeld verlieren. Insbesondere in Zeiten von Corona ist das Thema Cyberabwehr – Angriffe von anderen Staaten auf Unternehmen, aber auch auf öffentliche Einrichtungen – nicht zu vernachlässigen. Wir müssen all diese Punkte des Extremismus und all diese Bereiche intensiv im Fokus haben. Deswegen ist die Personalausstattung beim Landesamt für Verfassungsschutz auch gut. Leider sind immer noch nicht alle Stellen besetzt, obwohl wir diese schon vor über einem Jahr bereitgestellt haben.

(Günter Rudolph (SPD): Und neue gibt es nicht!)

Und neue gibt es nicht. Deswegen ist es gut, dass wir uns weiter intensiv damit beschäftigen.

(Beifall Freie Demokraten und Günter Rudolph (SPD))

Auch das ist wichtig, um zu zeigen, dass der Rechtsstaat wehrhaft sein muss.

Ich will noch zu den Vereinen kommen. Das hat mich vorhin schon ein bisschen geärgert. Sie haben gesagt, alles sei gut, und diese hätten so viel Geld wie nie zuvor. Die Vereine stehen vielmehr zurzeit vor Problemen wie nie zuvor, Herr Bauer.

(Beifall Freie Demokraten und vereinzelt SPD)

Ich weiß nicht, ob Sie das nicht mitbekommen haben. Vielleicht ist Ihnen das nicht aus der Diskussion mit dem Landessportbund berichtet worden. Die Vereine machen sich gerade immense Sorgen, weil der komplette Trainingsbetrieb stillsteht. Die Fußballvereine, die gerade so gelobt worden sind, dürfen draußen keinen Sport betreiben, und zwar seit Wochen. Sie loben die Arbeit derer, die ihre Arbeit gar nicht machen dürfen, weil Sie das verboten haben, ohne dass wir das hier wirklich diskutiert haben. Das ärgert mich schon. Die Vereine haben zurzeit mit Mitgliederverlusten zu kämpfen.

(Zuruf Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Wir haben flexible Lösungen vorgeschlagen. Es ist nicht erklärbar, warum jemand im Freien in einer kleinen Gruppe keinen Sport treiben darf. Das ist für uns nicht erklärbar. Deshalb unser Vorschlag.

(Beifall Freie Demokraten und vereinzelt SPD)

Kollege Müller, bitte denke an die Zeit.

Ich habe die Redezeit im Blick. Ich habe aber zuvor mit meiner Fraktion darüber gesprochen, dass ich zur Not auch überziehen darf. – Das ist unser konkreter Vorschlag. Was sagen Sie dazu? Machen Sie das mit, Herr Frömmrich?

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Haben Sie das hier als Vorschlag eingebracht?)

Ja, natürlich.

(Zurufe – Glockenzeichen)

Wir dürfen leider keine Verordnungen machen. Sie blockieren es jedoch, dass Verordnungen nach vier Wochen

aufgehoben werden können, weil Sie einen anderslautenden Gesetzentwurf vorgelegt haben.

(Beifall Freie Demokraten – Zurufe)

Sie haben noch nicht einmal Lust und Laune und den Mut gehabt, Ihren Gesetzentwurf in eine Anhörung zu begleiten. Deswegen sollten Sie jetzt lieber ruhig sein und zuhören.

(Zurufe)

Luft anhalten ist auch gut, aber nicht zu lange.

(Zurufe)

Ich möchte noch gern auf den öffentlichen Dienst zu sprechen kommen. Ich glaube, im öffentlichen Dienst ist eines noch nicht angesprochen worden.

Ich erinnere an die beim Verwaltungsgerichtshof in Kassel anhängige Klage zum Thema Verfassungskonformität der Besoldung. Wenn wir über den Haushaltsentwurf reden, dann sollten wir auch dieses Thema kurz ansprechen; denn das Urteil wird in Kürze kommen. Es ist zu erwarten, dass erhebliche zusätzliche Belastungen auf das Land Hessen zukommen, weil die Beamtenbesoldung durch die Nullrunde und die Erhöhung um 1 % sowie die Beihilferegelung, die getroffen wurde, derart nach unten gedrückt wurde, dass erhebliche Risiken bestehen, dass das Land Hessen hier deutlich nachbessern muss. Sie müssen sich einmal vorstellen, was das für Auswirkungen auf die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Land Hessen hat, wenn das Gericht feststellen sollte, dass das Land Hessen sie an der untersten Grenze der Besoldung, möglicherweise sogar darunter gehalten hat.

(Beifall Freie Demokraten)

Das ist eine Auswirkung Ihrer Politik. Das haben Sie zu verantworten. Ich glaube, es war nicht sehr geschickt, wie Sie das in den vergangenen Jahren, seit 2015, angegangen sind. Ich glaube, dass wir im kommenden Jahr an vielen Stellen ein blaues Wunder erleben werden. Ich weiß, dass der Deutsche Beamtenbund intensiv an dem Thema dran ist.

Ich will es dabei belassen. Das nächste Haushaltsjahr wird ein spannendes. Es wird nicht alles so rosig, wie Sie es dargestellt haben. Im Gegenteil, wir haben wahrscheinlich auch im nächsten Jahr spannende innenpolitische Debatten vor uns.

(Beifall Freie Demokraten und vereinzelt SPD)

Vielen Dank, Kollege Müller. – Es kommt der Kollege Hermann Schaus, Fraktion DIE LINKE. Redezeit: fünf Minuten.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben hier im Landtag schon sehr viele innenpolitische Debatten geführt, und wir werden auch weiterhin innenpolitische Debatten führen. Deshalb will ich mich heute schwerpunktmäßig mit dem Haushaltsplanentwurf auseinandersetzen.

In den zurückliegenden Jahren haben wir erlebt, dass vom Innenminister Geld vor allem bei seinen Lieblingsprojekten verteilt wurde: Beim Verfassungsschutz und vor allem im eigenen Haus wurde befördert und eingestellt, dass die Schwarte nur so krachte.

Dem standen unzureichende Mittel bei den Kommunen gegenüber, die weitere Gebührenerhöhungen bei den Bürgerinnen und Bürgern auslösten. Ich nenne an dieser Stelle nur die Straßenausbaubeiträge. In der Corona-Pandemie rächt sich, dass die kommunalen Behörden schon seit Jahren unterfinanziert sind und aus der Not heraus Personal vor allem in den klassischen Verwaltungsbereichen abbauen mussten.

Herr Bauer, insofern haben Sie recht: Es gab für diesen Einzelplan noch nie mehr Geld als mit diesem Entwurf. Mehrausgaben von etwa 300 Millionen € in jedem Jahr waren seit 2018 möglich, aber die von uns beantragten 60 Millionen € für Ausgleichszahlungen für Straßenausbaubeiträge sind immer noch nicht im Etat enthalten, obwohl viele andere Länder diesen Schritt längst gegangen sind. Nein, meine Damen und Herren, da stimmt etwas in der Bilanz des Innenministers nicht. Wir fordern deshalb erneut: Schaffen Sie – wie z. B. Bayern und Thüringen – die ungerechten Straßenausbaubeiträge endlich ab. Das ist möglich und finanzierbar. Wir werden das erneut beantragen.

(Beifall DIE LINKE)

Generell muss man feststellen, dass Herr Beuth mit all dem vielen Geld weder Ruhe noch Ordnung, noch nicht einmal mehr Zufriedenheit in den eigenen Laden gebracht hat. Günter Rudolph hat darauf bereits hingewiesen und das sehr ausführlich dargestellt. Deshalb will ich mich an der Stelle kurzfassen und darauf hinweisen, dass nach über zwei Jahren noch immer keine Ermittlungsergebnisse zum NSU-2.0-Skandal vorliegen. Das werden wir weiterhin thematisieren. Herr Minister, wie ich an anderer Stelle schon gesagt habe, ist dieser Fall mit Ihrer Person in einer Weise verbunden, dass Sie da nicht mehr herauskommen werden.