Protocol of the Session on September 22, 2022

(Beifall AfD)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Kollegin Wiebke Knell, FDP.

Die Redezeit ist nicht auf null.

Sei doch froh, dann kannst du noch weiterreden.

(Heiterkeit und Beifall)

Wir stellen die Zeit zurück.

Ich glaube, dass ich die fünf Minuten gar nicht brauche, auch wenn das ein wichtiges Thema ist.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landwirtschaft in Hessen und in Deutschland steht nach wie vor unter Druck. Die wirtschaftliche Situation der Betriebe ist dramatisch; das hat verschiedene Gründe. Da sind zum einen der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, explodierende Betriebsmittelpreise, Kosten für Stickstoffdünger, Energie, Diesel, Futtermittel, Logistik. All das macht das Wirtschaften schwer. Man muss es sich erst einmal leisten können, überhaupt noch zu düngen.

Da ist zum anderen der Klimawandel. Auch dieses Jahr war wieder viel zu trocken. Aber – das muss man auch ganz deutlich sagen – es sind nach wie vor natürlich auch politische Gründe, d. h. Überregulierung und immer mehr Bürokratie. Wir haben die Flächenstilllegungen, die Düngeverordnung, das Glyphosatverbot, das Pestizidverbot in Vogelschutzgebieten. Diese Liste ließe sich ewig weiterführen.

Diesen Belastungen halten immer mehr Betriebe nicht mehr stand. Es war vor dem Ukraine-Krieg schon ein Trend, dass es immer weniger Betriebe gibt – gerade auch bei den Tierhaltern –, und der Trend wird jetzt verstärkt.

Deswegen muss man sich immer wieder die Frage stellen: Was tut eigentlich die schwarz-grüne Landesregierung für die Landwirtschaft in Hessen?

(Beifall Freie Demokraten)

Da gehört nämlich mehr dazu, als Erntekronen entgegenzunehmen und zu klatschen, wenn die Landjugend eine Rede hält, obwohl gestern sehr viel starke Kritik dabei war. Das hat mir sehr gut gefallen. Überlegen Sie sich einmal, was dort zur Ideologie gesagt worden ist. Ich hoffe, das wird im Nachhinein verinnerlicht.

(Beifall Freie Demokraten)

Aber Initiativen gegen zunehmende Regulierung, gegen immer mehr Beschränkungen und Verbote hat es von Frau Ministerin Hinz leider noch nicht gegeben. Das wird vermutlich auch nicht mehr passieren.

(René Rock (Freie Demokraten): Waren nur neun Jahre!)

Die Landwirtschaft in Hessen hat von Schwarz-Grün nichts mehr zu erwarten.

(Beifall Freie Demokraten)

Aber damit nicht genug: Es gibt handfeste Probleme im originären Zuständigkeitsbereich der Länder, unter anderem bei der Düngeverordnung, um die es heute eigentlich geht. Zur Erinnerung: Da ermitteln Landwirte den Dünge

bedarf einer Pflanze. Dann dürfen sie nur 20 % weniger Dünger ausbringen, als die Pflanze benötigt. Abgesehen davon, dass die Düngemittelpreise derzeit astronomisch sind und ohnehin niemand mehr düngt, als er müsste, ist es natürlich völlig absurd, weil die Qualität des Getreides leidet.

Auch wenn der Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir manchmal davon fantasiert, dass Getreide auf den Teller gehört und nicht in den Futtertrog:

(René Rock (Freie Demokraten): In eine Biogasanlage!)

Es ist nun einmal so, mit Futterweizen kann man nicht backen.

(Beifall Freie Demokraten – Zuruf Hans-Jürgen Müller (Witzenhausen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Deswegen kann man den Weizen dann oftmals nur noch verfüttern. Zumindest für viele Produkte kann man ihn nicht verwenden.

(Zuruf Hans-Jürgen Müller (Witzenhausen) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Ja, ich weiß, aber wir haben hohe Ansprüche an die Produkte. Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben hohe Ansprüche. Platte Brötchen möchte auch niemand kaufen. Das ist natürlich auch ein Problem. Wir haben nun einmal Futter- und Backweizen. Das muss man sich dann schon auch immer wieder klarmachen.

Die EU-Kommission forderte Deutschland im Juni 2021 erneut zu deutlichen Nachbesserungen auf. Im Juli dieses Jahres gab es eine Abstimmung im Bundesrat zur Novelle der AVV-Gebietsausweisung. Die Länder müssen bis Ende des Jahres die roten Gebiete neu ausweisen. Bis Ende 2024 müssen sie ein umfangreiches Grundwassermessnetz aufgebaut haben. Sie sind spät dran, was die Erstellung und Veröffentlichung der neuen Karten angeht. Auch das ist gestern Abend sowohl in den Reden als auch in den Gesprächen danach mit den Landwirtinnen und Landwirten deutlich gemacht worden. Die haben überhaupt kein Material. Wir kennen die neuen Karten noch nicht. Die Verbände kennen sie nicht. Dabei müssen sie zum 1. Januar Anwendung finden.

Für die Verbändeanhörung ist vorher auch nicht mehr viel Zeit. Das hat im Umweltministerium mittlerweile ohnehin System. Das erleben wir bei allen möglichen Themen. Die Länder sind in der Pflicht, das Messstellennetz endlich entsprechend auszubauen; eine Messstelle auf 50 km2 ist die Maßgabe. Davon ist Hessen leider weit entfernt. Wenn es nur eine Messstelle in der ganzen Wetterau gibt, spricht das Bände. Das ist ein großes Problem, weil die Landwirte natürlich Einbußen haben – und das basierend auf Messwerten, die gar nicht aussagekräftig sind.

Man kann vielerorts beobachten, wie absurd das in der Praxis teilweise ist. Wir haben schon im letzten Jahr gefordert, dass wir das Messstellennetz schneller verdichten müssen. Wir haben sogar im vergangenen Jahr beantragt, dafür Mittel in den Haushalt einzustellen. Das hat die Koalition aber abgelehnt.

Frau Ministerin, Sie sind jetzt in der Pflicht, schnell für unsere Landwirtinnen und Landwirte zu handeln.

(Beifall Freie Demokraten und Gerhard Schenk (AfD))

Vielen Dank, Frau Kollegin Knell. – Jetzt kommt Frau Kollegin Petra Heimer, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Nur ca. die Hälfte des in der Landwirtschaft eingesetzten Stickstoffs wird von den Pflanzen genutzt. Die andere Hälfte geht in die Atmosphäre, belastet unser Grundwasser und überdüngt Bäche und Flüsse. Mehr als 50 % der reaktiven Stickstoffverbindungen gelangen in Deutschland über die Landwirtschaft in die Umwelt. Zu Recht hat Deutschland aufgrund seiner Großzügigkeit beim Einsatz von Dünger ein Vertragsverletzungsverfahren von der Europäischen Kommission kassiert. Die Hessische Landesregierung hat hier keine gute Figur gemacht.

Hohe Nitratkonzentrationen auf den Feldern sind ein Umweltproblem, gefährden unser Trinkwasser sowie die Artenvielfalt und verursachen hohe Folgekosten. Vor diesem Hintergrund und mit der Begründung, dass in Europa Krieg ist, fordert die Fraktion der AfD die Landesregierung auf, die Umweltgesetzgebung zu schleifen. Das ist absurd, aber nicht neu. Das hat sie mit anderen Begründungen auch schon vor dem russischen Angriffskrieg gefordert.

(Dr. Frank Grobe (AfD): Dann lieber verhungern, oder?)

Auch die Landwirtinnen und Landwirte wissen, dass es darauf ankommt, Dünger zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Menge und Form auszubringen, sodass wir das Nitrat nicht später aus unserem Trinkwasser entfernen müssen.

(Volker Richter (AfD): Sie wissen doch genau, wie es geht!)

Darüber hinaus haben sich die Preise für Stickstoffdünger seit 2020 vervielfacht. Es liegt also auch im eigenen ökonomischen Interesse der Landwirte,

(Gerhard Schenk (AfD): Nichts mehr zu ernten!)

kein Kilogramm Dünger mehr auf den Acker zu bringen, als die Pflanzen wirklich aufnehmen können.

(Beifall DIE LINKE – Dr. Frank Grobe (AfD): Die sollen lieber insolvent gehen?)

Bei der Düngeverordnung geht es nicht darum, unsere Landwirtinnen und Landwirte zu drangsalieren.

(Gerhard Schenk (AfD): Was denn sonst?)

Es geht um eine umwelt- und klimaverträgliche Landwirtschaft, die auch in Krisenzeiten in der Lage ist, uns zu ernähren.

(Dr. Frank Grobe (AfD): Das wird sie dann aber nicht mehr sein!)

Darum geht es der AfD aber nicht. Sie unterstützen mit ihrer Aktuellen Stunde das Geschäftsmodell der Agrarmultis.

(Dr. Frank Grobe (AfD): In Afrika sollen Leute sterben?)

Nur mit einer Intensivlandwirtschaft, die außer der Nutzpflanze alles andere Leben auf dem Acker totspritzt, sei der Welthunger zu stillen. Meine Damen und Herren, das war schon lange vor dem Ukraine-Krieg falsch.

(Beifall DIE LINKE und Martina Feldmayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Die aktuelle Argumentationsstrategie der Befürworter dieser Intensivlandwirtschaft ist bekannt. Im Windschatten der ökonomischen Verwerfungen und der gesellschaftlichen Verunsicherung durch den Krieg propagieren Sie in populistischer Manier