Protocol of the Session on February 22, 2017

meine Damen und Herren, weil es dazu führen würde, dass Minister nicht persönlich haftbar gemacht werden könnten. Sie haben die Position vorgetragen, Minister könnten nur politisch haftbar gemacht werden. Zivilrechtlich – strafrechtlich ist das noch einmal eine andere Sache – sei eine Schadensersatzpflicht nicht denkbar.

Herr Prof. Ulrich Stelkens hat dazu zu Recht ausgeführt: Es sei schlicht nicht erkennbar,

warum etwa bei Zusammenwirken eines Ministers mit einem Ministerialbeamten nur der Beamte für den hierdurch verursachten Schaden des Dienstherrn schadensersatzpflichtig sein soll.

Genau das ist richtig. Die Behauptung, es schließe einen Minister nicht ein, ist aber eben vorgebracht worden; und das steht an zentraler Stelle Ihrer Pressemitteilung. Herr Dr. Arnold, ich weiß gar nicht, warum Sie das jetzt auf einmal bestreiten und sagen, die Vorschriften wären nicht einschlägig; für einen Minister würden sie nicht gelten. In allen Lehrbüchern steht drin – ich weiß, Sie lesen die juristischen Lehrbücher nicht –, und das Standardlehrbuch zum Staatshaftungsrecht macht deutlich, ich habe es auf meinem Tisch liegen, dass Minister selbstverständlich unter dieser Begrifflichkeit zu fassen sind. Deswegen kann ich Ihre Rechtsauffassung, Minister in Hessen könnten für ihr Handeln nicht persönlich haftbar gemacht werden, nur als abenteuerlich zurückweisen. Das würde ja dazu führen, dass Minister noch nicht einmal bei vorsätzlichem Verhalten, bei vorsätzlicher Schädigung, herangezogen werden könnten. Das ist einfach abenteuerlich.

(Beifall bei der SPD – Holger Bellino (CDU): Kommen jetzt auch noch Fakten?)

Ich komme zu den Fakten. – Sie werden wieder vortragen, dass bei der Stilllegungsverfügung eine angebliche Weisung des Bundes vorgelegen habe. Das ist aber ein reines Ablenkungsmanöver.

Herr Kollege, Sie müssten zum Ende kommen.

(Holger Bellino (CDU): Es ist noch nichts gesagt worden, und schon muss er zum Ende kommen!)

Die Ministerin hat immer die Wahrnehmungskompetenz. Diese Wahrnehmungskompetenz hat sie allerdings inkompetent ausgeführt, und deswegen ist sie zu Schadenersatz verpflichtet, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Danke, Herr Kollege Schmitt. – Als nächster Redner spricht Kollege Dr. Arnold für die CDU-Fraktion. Bitte, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

(Holger Bellino (CDU): Zehn Minuten geredet und nichts gesagt!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Auf Veranlassung der SPD haben wir in einer Sondersitzung am 20. Dezember, d. h. der Haushaltsausschuss und der Umweltausschuss, den jetzt noch einmal vom Kollegen Schmitt vorgetragenen Sachverhalt eingehend erörtert. Ich sage eindeutig für meine Fraktion: Herr Kollege Schmitt, ich hätte nach dieser ausgiebigen Diskussion eigentlich so viel Anstand von Ihnen erwartet, dass Sie diesen unsäglichen Antrag zurückziehen, weil er jeglicher Grundlage entbehrt.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben gemeinsam festgestellt, ich will es noch einmal deutlich sagen: Es gibt keine Anhaltspunkte für eine Amtspflichtverletzung von Frau Ministerin Puttrich. Es gibt keine Anspruchsgrundlage, auf die sich eine Haftung gründen könnte.

(Norbert Schmitt (SPD): Ah!)

Es liegt auch keine vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung vor.

Wenn es keine Anspruchsgrundlage gibt, dann können auch keine Schadenersatzforderungen entstehen. Ohne eine Anspruchsgrundlage gibt es auch keine Verjährung.

Herr Kollege Schmitt, Sie haben in dieser Ausschusssitzung ein Rechtsgutachten von Frau Prof. Laskowski zitiert, das zur Begründung herangezogen wurde. Dieser von ihr begründete Schadenersatzanspruch gegen Frau Ministerin Puttrich stützt sich unter anderem auf, wie sie es nennt, beamtete Minister. In Hessen gibt es keine beamteten Minister.

Herr Kollege Schmitt, auch Ihr untauglicher Versuch, diesen Lapsus durch das Heranziehen der Regelungen des § 48 Beamtenstatusgesetz zu heilen, hat nicht funktioniert. Das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich sagen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Viel wichtiger, als uns über die Anspruchsgrundlage zu unterhalten, ist die Frage:

(Norbert Schmitt (SPD): In Hessen hat ein Minister keine Verantwortung! – Nancy Faeser (SPD): Dafür aber in 15 anderen Bundesländern!)

Liegt überhaupt eine Verletzung der Sorgfaltspflicht durch Frau Ministerin Puttrich vor? – Meine Damen und Herren, das ist die entscheidende Frage.

(Beifall des Abg. Peter Stephan (CDU))

Es gibt an dieser Stelle auch eine klare Antwort: die Einlassungen der Zeugen im Untersuchungsausschuss. Wir haben lange genug dort gemeinsam gesessen. Auch die erneute Diskussion in dieser Sondersitzung der Ausschüsse hat klar gezeigt, dass die Entscheidung, auf eine Anhörung von RWE zu verzichten – das ist nach § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz möglich –,

(Norbert Schmitt (SPD): Nein!)

nach reiflicher Überlegung, nach Konsultationen der Fachabteilung und auf Rat eines externen Spezialisten im Verwaltungsrecht, nämlich von Rechtsanwalt de Witt, getroffen wurde.

(Norbert Schmitt (SPD): Nachdem die Entscheidung getroffen war!)

Alle Beteiligten, das haben wir mehrfach gehört, haben gesagt: Das kann man so machen, das ist ein gangbarer Weg.

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist falsch!)

Auch die anderen Bundesländer haben bekanntlich auf eine Anhörung verzichtet. Nach mehrfacher Beratung hat die Hausspitze entschieden, so zu verfahren. Ich kann hier keine, aber auch gar keine Verletzung der Sorgfaltspflicht durch Frau Ministerin Puttrich feststellen. Das ist eine klare Erkenntnis.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Auch die Landesregierung hat in ihrer Klageerwiderung nachvollziehbar und deutlich festgestellt, auch darauf hat Minister Wintermeyer in dieser Sondersitzung mehrfach hingewiesen, dass keine Anhaltspunkte für eine schuldhafte Amtspflichtverletzung von Frau Ministerin Puttrich vorliegen.

Herr Kollege Schmitt, es hätte Ihnen gut angestanden, sich diese Argumente in der Klageschrift einmal anzuschauen. Sie waren bei der Verhandlung, das haben Sie auch in der Ausschusssitzung gesagt. Sie hätten diese Argumente durchaus einmal prüfen können.

(Fortgesetzte Zurufe des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Das hätte Ihnen gut angestanden. Das hätte Ihnen ganz klar gezeigt, dass es Ihnen nur darum geht, eine unsägliche Schlammschlacht gegen Frau Ministerin Puttrich anzuzetteln.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Fortgesetzte Zurufe des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ich sage Ihnen an dieser Stelle im Namen meiner Fraktion: Frau Kollegin Puttrich ist eine hochgeschätzte Kollegin und Ministerin, die sich nichts vorzuwerfen hat.

(Lachen und Widerspruch bei der SPD, der LIN- KEN und der FPD)

Liebe Kollegen, bitte etwas mehr Ruhe. – Herr Kollege Dr. Arnold.

Danke, Frau Präsidentin. – Ich komme zu meinem Schlusssatz: Herr Kollege Schmitt, Ihren Versuch, den Namen einer verdienstvollen Kollegin durch diese Kampagne in den Schmutz zu ziehen, weise ich im Namen meiner Fraktion entschieden zurück.

(Beifall bei der CDU)

Das ist nicht die Art, wie wir diskutieren sollten. Ich fordere Sie auf, schnellstens wieder zu einer sachlichen Auseinandersetzung in dieser Angelegenheit zurückzukommen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Arnold. – Als nächster Redner spricht nun Herr Kollege Rock von der FDP-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Arnold, ich glaube, am Ende Ihrer Rede haben Sie sich doch ziemlich vergaloppiert, oder Sie haben

den Untersuchungsausschuss nicht mehr so richtig vor Augen. Wir waren in Berlin, wir waren bei der Kanzlerin.

Ich erinnere mich noch an eine Vokabel oder eine Wortfolge, die sich mir unglaublich eingeprägt hat. Die Kanzlerin hat unentwegt gesagt: Daran habe ich keine konkrete Erinnerung mehr. Das Einzige, woran ich mich erinnern kann, ist, dass wir in dieser fulminanten Sitzung auf gar keinen Fall über Schadenersatz gesprochen haben. – Das war die Botschaft, die wir aus Berlin mit nach Hause genommen haben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Die erste Folge dieser Aussage der Kanzlerin, die die CDU-Fraktion auch klaglos hingenommen hat, bedeutet, dass es zwischen den Aussagen des Ministerpräsidenten des Landes Hessen und der Bundeskanzlerin, die an nichts mehr eine Erinnerung hat, außer dass unter keinen Umständen über das gesprochen wurde, was Volker Bouffier behauptet hat, einen Riesendissens gab. Das war die Grundbotschaft, die wir aus Berlin mit nach Hause genommen haben. Das ist ein Widerspruch, den wir wahrscheinlich nie aufklären werden, der aber das Land Hessen vielleicht einmal eine Menge Geld kosten wird.