Protocol of the Session on February 21, 2017

Wir lassen in unseren Anstrengungen nicht nach, auch neue Ideen umzusetzen, wie wir zuletzt mit dem hessischen „Verkaufsschlager“, der Bodycam, gezeigt haben. Wir setzen auf eine kontinuierliche Weiterentwicklung unserer sicherheitspolitischen Werkzeuge.

Ein Beispiel: Beim Wohnungseinbruchdiebstahl haben wir durch den Beitritt zu einer Länderkooperation den reisenden Tätern den Kampf angesagt. Außerdem setzen wir auf Innovationen: Die etwas sperrige Abkürzung „KLB-opera

tiv“ steht mittlerweile für eine hessische Innovation, und zwar „made by Polizei“. In der nächsten dunklen Jahreszeit wird unsere Prognosesoftware flächendeckend eingesetzt und als ein Teil eines ganzen Maßnahmenbündels dazu beitragen, Einbrechern das Handwerk zu legen.

Auch hier ruhen wir uns nicht aus: Mittels einer ebenfalls vom hessischen LKA entwickelten „Wohnungseinbruchdiebstahl-Web-App“ sind die umfassenden Analysen sehr einfach und schnell auf jedem polizeilichen Standardarbeitsplatz und auch auf mobilen Endgeräten verfügbar.

Die hessische Polizei ist innovativ und gegenüber neuen Techniken aufgeschlossen, um noch erfolgreicher Sicherheit zu gewährleisten.

Lassen Sie mich aus dem vergangenen Jahr noch unser „BasA“-Konzept herausgreifen. Wir widmen uns dabei der beschleunigten Rückführung besonders auf- und straffälliger Ausländer. Wir haben früh – vor den öffentlich beklagten Vorgängen um den Attentäter Amri – erkannt, dass wir eine bessere Verzahnung der beteiligten Behörden bei besonders straffälligen Ausländern brauchen. Polizei, Staatsanwaltschaften und Ausländerbehörden arbeiten bei diesen Intensivtätern Hand in Hand, um möglichst keine Reibungsverluste entstehen zu lassen. Daher haben wir nach einer Pilotphase im Jahr 2016 nunmehr ein eigenes Referat im Landespolizeipräsidium eingerichtet, welches sich um die Rückführung ausländischer Intensiv- und Mehrfachtäter kümmert.

Wir wollen die Akzeptanz für die Aufnahme von Flüchtlingen und Verfolgten in der Bevölkerung erhalten. Dafür ist es erforderlich, dass wir diejenigen wieder zurückführen, die in Deutschland kein Bleiberecht haben. Vor allem müssen wir aber diejenigen zurückführen, die sich in Deutschland nachhaltig nicht an die Regeln des Zusammenlebens halten. Dafür haben die Menschen in unserem Land zu Recht kein Verständnis.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein weiterer und neuer Schritt bei unserem stetigen Streben nach Verbesserung betrifft den virtuellen Raum. Vorbereitung und Durchführung vieler Straftaten haben sich schließlich teilweise in den virtuellen Raum verlagert. Um aus dem Cyberraum keinen rechtsfreien Raum werden zu lassen, sind immense Anstrengungen erforderlich.

Wir erkennen hier aber auch eine neue Qualität. Vom Internet und Darknet als Tatort und Tatmittel über die verschlüsselte Kommunikation zur Tatvorbereitung bis hin zur Abwehr von Infiltrationsversuchen und Cyberangriffen reicht die Bandbreite der Herausforderungen. Wir wissen heute, dass sich z. B. der islamistische Terrorismus der „hybriden Kriegsführung“ bedient.

Unternehmen sind neben Wirtschaftsspionage auch ganz handfester Erpressungs- oder Betrugskriminalität ausgesetzt, deren Schäden in Milliardenhöhe gehen. Angriffswerkzeuge und Techniken aus dem Internet werden von Kriminellen gegen staatliche Institutionen, gegen Unternehmen und gegen Bürger eingesetzt. Hierauf müssen wir unsere Sicherheitsstrukturen einstellen.

Unser neues „Hessen Competence Center für Cybersecurity – Hessen3C“ wird daher aus drei Bausteinen bestehen: dem Security Operation Center, den Big Data Techniken und einer Plattform für Begleitforschung. Die Kompetenzstelle wird die strukturellen und personellen technischen

Fähigkeiten von Internetmonitoring bis hin zu Big-DataVerarbeitung unter Einbindung der bisherigen Ermittlungsund Auswertekompetenzen sowie der bisherigen Strukturen bündeln und weiter ausbauen.

Beratung und operative Unterstützung der zuständigen Sicherheitsbehörden, z. B. durch zentral gebündelte Spezialkenntnisse und Fähigkeiten – etwa im Bereich der Kryptografie bzw. Entschlüsselung der Kommunikation –, Monitoring und Auswertung von Interneterkenntnissen oder sozialen Medien und spezielle Sprachkompetenzen sind Ziele dieser gezielten Ressourcensteuerung im Cybersicherheitsbereich.

Mit dem Ausbau der Komponente „Big Data Techniken“ soll über die Auswertefähigkeit der Sicherheitsbehörden hinaus erreicht werden, dass neue Angriffsvektoren im Netz durch Analyse öffentlich zugänglicher Quellen aufgedeckt, abgewehrt und verfolgt werden können. Ein Mehrwert ist zudem durch die Fähigkeit zur Erkennung von Mustern in unstrukturierten Daten für die Bekämpfung des Terrorismus, der organisierten Kriminalität oder der Spionage zu erwarten.

Die Begleitforschung wird die Vernetzung des Hessen3C mit den einschlägigen Forschungseinrichtungen, die wir insbesondere in Darmstadt finden, gewährleisten. Daneben soll der kontinuierliche Austausch mit der IT-Sicherheitswirtschaft und Unternehmen mit kritischer Infrastruktur weiter fortgeführt werden.

Meine Damen und Herren, die hessischen Sicherheitsbehörden nehmen sich der Herausforderung an und entwickeln sich stetig weiter. Mit diesem Rück- und Ausblick will ich deutlich machen, welche beharrlichen Anstrengungen wir unternehmen, um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in Hessen nicht nur auf hohem Niveau weiter zu gewährleisten, sondern stetig zu verbessern. Wir tun dies nicht nur dann, wenn ein Thema gerade in der Öffentlichkeit steht. Es gilt, Handlungsbedarf frühzeitig zu erkennen und unverzüglich danach zu handeln, um eine größtmögliche Effektivität bei der Bekämpfung und der Verhinderung von Straftaten zu erreichen. Tüchtigen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten und Mitarbeitern der Sicherheitsbehörden verdanken wir eine erfolgreiche Umsetzung.

Ich knüpfe damit an den Beginn meiner Ausführungen an: Das Grundbedürfnis nach Sicherheit zu erfüllen ist ein wesentlicher Bestandteil für den Zusammenhalt einer Gesellschaft und das Verhindern des Abdriftens der Menschen an die gesellschaftlichen Ränder. Die Bürgerinnen und Bürger in Hessen können sicher sein, dass wir nicht in unserem Streben nachlassen, die größtmögliche Sicherheit zu gewährleisten und damit ganz unmittelbar zum Zusammenhalt der Gesellschaft beizutragen. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Wir beginnen mit der Aussprache. Das Wort hat Frau Abg. Faeser für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wir begrüßen, dass es eine so hohe Aufklärungsquote gibt. Das

ist aber allein das Verdienst der hessischen Polizeibeamtinnen und -beamten, bei denen wir uns ganz herzlich dafür bedanken wollen.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und der FDP so- wie bei Abgeordneten der CDU und des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Das ist aber keine Selbstverständlichkeit – lieber Herr Bellino –, weil sich die Arbeitsbedingungen der Polizeibeamtinnen und -beamten in den vergangenen Jahren kontinuierlich verschlechtert haben. Umso größer ist unsere Wertschätzung für die hessische Polizei, dass sie ein solches Ergebnis hervorgebracht hat.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der Regierungs- bank und des Abg. Holger Bellino (CDU))

Herr Ministerpräsident, auf das, was ich gerade hinter mir von der Regierungsbank höre, komme ich später zurück. Ich werde Ihnen sagen, was das Fehlen der Wertschätzung innerhalb der Polizei bedeutet.

(Holger Bellino (CDU): Da sind wir aber gespannt!)

Die Kriminalitätsstatistik, zu der der Innenminister heute so gut wie nichts gesagt hat – das finde ich erstaunlich –, enthält Licht und Schatten. Die Gesamtfallzahl hat sich leicht erhöht. Positiv ist sicher anzumerken, dass im Vergleich zum Vorjahr ein Rückgang der Fallzahlen beim Wohnungseinbruchdiebstahl um 1.190 zu verzeichnen ist. Gerade die Wohnungseinbrüche – das hat der Innenminister gesagt – verursachen bei den Opfern wirklich große Probleme, weil in ihre Privatsphäre eingegriffen wurde und sie sich danach sehr unsicher fühlen.

(Manfred Pentz (CDU): Ja, so ist es!)

Was der Innenminister aber nicht erwähnt hat, ist die geringe Aufklärungsquote von nur 20 % bei den Wohnungseinbrüchen. Auch das sind Zahlen der hessischen Kriminalstatistik, die aber in der Rede des hessischen Innenministers nicht vorgekommen sind.

(Michael Boddenberg (CDU): Frau Kollegin, wollen Sie die Polizei loben oder beschützen?)

Der Innenminister hat den Zusammenhang zwischen der Aufklärungsquote und dem Personaleinsatz heute nur an einer Stelle dargestellt. Er hat davon gesprochen, dass in der Drogenkriminalität der Fahndungsdruck durch 10.000 Einsatzkräfte massiv erhöht wurde, insbesondere an gefährdeten Plätzen, wie dem Frankfurter Hauptbahnhof. Seit Wochen sei man dort unterwegs, um die Drogenkriminalität zu unterbinden.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Das ist sicher eine gute Maßnahme, Herr Bellino. Das ist sicher unstreitig, einmal davon abgesehen, dass die Kräfte an anderer Stelle fehlen. – Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Statistik, weil es sich um sogenannte Kontrolldelikte handelt: Das heißt, mit dem Auffinden von Drogen bei den Tätern werden die Täter sofort mitgeliefert. Deshalb liegt die Aufklärungsquote bei Rauschgiftdelikten auch bei ca. 94 %.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Herr Kollege Boddenberg, ich erwähne das nur, weil das etwas über die Aussagekraft der Kriminalstatistik sagt. Es ist Ihr Innenminister, der sich dafür lobt, eine so tolle Auf

klärungsquote zu haben. Dann muss man sich einmal genau anschauen, was diese Zahlen eigentlich bedeuten.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Zurufe von der CDU und der LINKEN)

Ich nenne Ihnen einige der Zahlen, die am Ende zu den 62,7 % Aufklärungsquote führen.

(Manfred Pentz (CDU): Was gibt es daran auszusetzen?)

Sie haben folgende Aufklärungsquoten: Diebstahl aus Kraftfahrzeugen 16,6 %, Diebstahl von Fahrrädern 19,6 %, Diebstahl insgesamt 30 %, Tageswohnungseinbrüche 23,2 %, Handtaschenraub 25,5 %. Jetzt kommen aber die anderen Delikte, nämlich die Kontrolldelikte: Abrechnungsbetrug 96,5 %, Urkundenfälschung 87,5 %, Widerstand gegen die Staatsgewalt – da hat man auch gleich den Täter – 98,8 %, Aufenthaltsgesetz – ein sehr klassisches Kontrolldelikt – 99,9 %,

(Michael Boddenberg (CDU): Ist das jetzt alles neu, oder war das schon immer so? – Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Rauschgiftdelikte – ich habe es schon gesagt, lieber Herr Bellino – rund 94 %, Beförderungserschleichung 98,8 %. So setzen sich diese 62,7 % zusammen. Es wäre gut, wenn der Innenminister das auch einmal sagen würde.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE) – Zurufe von der CDU)

Herr Kollege Bauer, der Innenminister ist heute sehr allgemein geblieben. Dabei gibt es einige Kriminalitätsfälle, bei denen die Zahlen stark angestiegen sind. Ich finde, darauf sollte man einen Blick werfen.

Die Waffenkriminalität ist beispielsweise um 17,8 % gestiegen. Das finde ich sehr beachtlich. Ich hätte vom Innenminister schon gerne gehört, was er gedenkt, dagegen zu tun. Bei den Körperverletzungsdelikten sind die Fallzahlen um 6,3 % gestiegen. Ich glaube, insbesondere um dieses Delikt sollten wir uns sehr intensiv kümmern. Die Internetkriminalität ist ebenfalls sehr stark gestiegen.

Der Innenminister hat heute sehr viel zur Cyberkriminalität gesagt. Ich will das einmal aufgreifen, weil Sie nämlich leider nicht gesagt haben, wie man dieser Steigerung entgegentritt. Sie haben heute auch nicht gesagt, welche Volksverhetzungsdelikte dort dranhängen und welch schlimmen Umgangston wir im Internet mittlerweile haben, dem wir Demokraten alle entschieden entgegentreten sollten.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Aber ich will einmal aufführen, was der Innenminister über Cyberkriminalität gesagt hat. Wir haben bei den letzten Haushaltsberatungen vorliegen gehabt, dass ein neues Kompetenzzentrum, das sogenannte Hessen3C, Hessen Competence Center für Cybersecurity – ich meine, da könnte man sich einmal für eine Sprache entscheiden, aber das nur am Rande –, geschaffen wurde,

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

obwohl zuvor bereits Initiativen in den Flächenpräsidien geschaffen wurden und es eine Stärkung beim Hessischen Landeskriminalamt gegeben hat, mit einer Anlaufstelle, mit einer großen Abteilung, die sehr wertvolle Arbeit leistet. Ich glaube, da wollen Sie mir gar nicht widersprechen,