obwohl zuvor bereits Initiativen in den Flächenpräsidien geschaffen wurden und es eine Stärkung beim Hessischen Landeskriminalamt gegeben hat, mit einer Anlaufstelle, mit einer großen Abteilung, die sehr wertvolle Arbeit leistet. Ich glaube, da wollen Sie mir gar nicht widersprechen,
Herr Bellino. Jetzt ein neues Kompetenzzentrum zu schaffen, erschließt sich uns nicht. Erstaunlich finden wir nur, dass für dieses neue Kompetenzzentrum acht neue Stellen im höheren Dienst geschaffen wurden.
Das ist etwas sehr Seltsames, Herr Innenminister, das haben Sie nämlich nicht mit erwähnt. Das ist etwas, was wir auch im Landespolizeipräsidium beobachten können, wo dieses Rückführungsmanagement mit einer eigenen Abteilung, auch mit acht neuen Stellen im höheren Dienst, geschaffen wurde. Meine Damen und Herren, hier werden immer mehr Häuptlinge geschaffen, aber die Indianer werden weniger, und von einer Verteilung in der Fläche kann man gar nicht reden.
Sie haben es beim Rückführungsmanagement gerade selbst schon erwähnt, Herr Innenminister. Ich bin Ihnen außerordentlich dankbar dafür, dass Sie die heutige Schlagzeile in der „Frankfurter Rundschau“, „Pensionäre sollen der Polizei helfen“, nun selbst angesprochen haben. Sie haben gesagt, es seien nur Verwaltungsaufgaben, die jetzt zu erledigen seien. Herr Innenminister, Sie sagen doch immer, wir hätten genügend Personal. Warum kann denn das vorhandene Personal das nicht erledigen? Entweder wir haben genügend Personal, oder nicht. Wir sagen, wir haben nicht genügend Personal, und sagen das schon seit Jahren. Dann bräuchte man auch die pensionierten Beamten nicht anzuschreiben.
Wir sind sehr erstaunt, dass der Innenminister heute nicht die gestiegenen Straftaten gegen die Polizeibediensteten und Rettungskräfte angesprochen hat. Wir haben eine Steigerung von 12,9 %. Das ist eine alarmierende Zahl, der wir alle miteinander entschieden entgegentreten sollten. Ich glaube, dass es das wert ist, dass wir heute etwas dazu sagen, wenn die Polizei und die Rettungskräfte wertvolle Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger leisten, aber von ebendiesen angegriffen werden. Dazu haben Sie auch bei der Präventionsarbeit nichts gesagt. Ich glaube, dass wir hier eine Präventionsarbeit von Anfang an brauchen. Wir brauchen schon eine Präventionsarbeit im Sozialbereich, im Schulbereich, die Kindern und Jugendlichen Respekt vor Rettungskräften und Polizeibeamtinnen und -beamten beibringt. Davon heute kein Ton.
Ich will die Initiative, die der Innenminister sonst immer gefordert hat, hier einmal aufgreifen. Ich hatte eigentlich erwartet, dass Sie heute etwas zur Strafverschärfung bei Delikten gegen Amtsträger sagen. Der Bundesjustizminister hat das vor Kurzem eingebracht, mit einer Mindeststrafe von sechs Monaten. Ich glaube, das war etwas, was Hessen auch gern wollte. Insofern wäre es schön gewesen, das heute mit zu erwähnen.
Herr Innenminister, das ist jetzt ein wirklich sehr gut gemeinter Rat. Sie haben etwas zum Salafismus und zu der groß angelegten Razzia gesagt. Auch wir haben öffentlich gesagt, dass es gut und richtig ist, sehr frühzeitig gegen Salafisten vorzugehen, auch mit einer groß angelegten Razzia. Aber hier heute zum ersten Mal von einer „Zerschlagung eines salafistischen Netzwerkes“ zu reden, worüber Sie in keiner Innenausschusssitzung je geredet haben, das
finde ich schon erstaunlich. Herr Innenminister, Sie sollten vorsichtig sein, in solchen Fällen nicht die aufzubauschen. Man kann Ihnen nur wünschen, dass in diesem Bereich nichts passiert und Sie nicht Lügen gestraft werden.
Herr Innenminister, wir hätten uns auch gewünscht, dass Sie etwas zum Anstieg der rechtsextremen Taten um – höre und staune – 18,9 % sagen. Das ist ein entsetzlicher Befund. Ich meine, dass wir hier dringenden Handlungsbedarf haben. Sie haben die Präventionsprojekte im Rechtsextremismus gelobt. Das ist sehr viel Projektarbeit. Ja, Herr Innenminister, wir fordern seit Jahren, dass Sie diese Projektarbeit verstetigen, dass langfristige Projekte daraus werden, die auch eine verlässliche Finanzierungsstruktur haben. Auch hier gilt das, was der Kollege Merz vorhin in der Fragestunde gefragt hat: Auch hier muss eine Präventionsarbeit sehr früh ansetzen, und da wäre eine flächendeckende Schulsozialarbeit sehr förderlich. Aber wir haben leider vorhin hören müssen, dass die Landesregierung nicht plant, dies flächendeckend auszuweiten. Das wäre aber vonnöten. Wir fordern Sie dazu auf, das zu tun.
Jetzt komme ich einmal zum Thema Wertschätzung. Herr Innenminister, ein Lob aufgrund der guten Statistik ersetzt keine echte Wertschätzung. Ich will Ihnen einmal sagen, was die GdP zu Ihren Veröffentlichungen der Kriminalstatistik gesagt hat. Am 16. Februar hat die GdP das wie folgt kommentiert – ich zitiere –:
Die guten Werte der PKS und die hohe Aufklärungsquote sind der Beweis, dass die Polizistinnen und Polizisten ungeachtet der geringen Wertschätzung durch die Landesregierung alles tun, damit die Bürgerinnen und Bürger in Hessen sicher leben können.
Die hessischen Polizistinnen und Polizisten warten seit Monaten auf ein Zeichen der Wertschätzung. Man hat sie nun im dritten Jahr in Folge von der allgemeinen Einkommensentwicklung abgekoppelt. Trotz zunehmender Gewalt und Respektlosigkeit und einem besorgniserregend hohen Krankenstand verringert das Land den Arbeitgeberanteil zur Krankenversicherung um 32 Millionen €.
Die Polizistinnen und Polizisten fühlen sich ausgegrenzt und verhöhnt. Sie wollen die schönen Sonntagsreden nicht mehr hören, wenn diesen nicht endlich Taten folgen. Derzeit liegen die hessischen Polizisten bei der Besoldung abgeschlagen auf dem vorletzten Tabellenplatz aller Bundesländer. Alle anderen Landesregierungen haben in diesen schwierigen Zeiten ihre Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in besonderem Maße wertgeschätzt, indem sie das Tarifergebnis 1 : 1 übertragen haben. In Hessen ist das Gegenteil eingetreten.
Meine Damen und Herren, besser könnte man nicht zusammenfassen, wie die Stimmung in der Polizei derzeit ist. Aber dazu kein Wort des hessischen Innenministers.
Ich bin froh über die Rahmenbedingungen rechtlicher, personeller und sachlicher Art, die wir seit 1999 kontinuierlich geschaffen haben und von denen die hessischen Sicherheitsbehörden auch heute ganz unmittelbar profitieren.
Vielleicht sollten Sie statt „profitieren“ lieber „leiden“ sagen. Die CDU-geführte Landesregierung hat die Rahmenbedingungen für die hessische Polizei konsequent verschlechtert, meine Damen und Herren.
Vielleicht sollten Sie sich einmal die Briefe der Polizeibeamtinnen und -beamten geben lassen, die gerade Ihre Fraktion erreichen. Das sind inzwischen 250 Briefe,
die, ausgelöst durch die GdP-Aktion „Ebe‘ langts“, allen Fraktionen dieses Hauses zur Kenntnis gelangt sind. Aber ich habe den Eindruck, dass ein Teil dieses Hauses diese Briefe offenbar nicht wahrnimmt.
Die können Sie von mir haben. Herr Boddenberg, ich gebe Ihnen gleich einen Stapel mit, ich schicke Ihnen das zu. Damit Sie wissen, was darin steht, zitiere ich einmal aus einigen dieser Briefe.
(Michael Boddenberg (CDU): Ich kenne keinen dieser Briefe! – Gegenruf des Abg. Thorsten SchäferGümbel (SPD): Löschen Sie die? – Michael Boddenberg (CDU): Nein, ich lösche die nicht! – Glockenzeichen des Präsidenten)
Herr Boddenberg, ich glaube nicht, dass die GdP die Briefe ausschließlich an die SPD-Landtagsfraktion weitergeleitet hat.
(Michael Boddenberg (CDU): Wahrscheinlich! Ich kenne keinen einzigen dieser Briefe! – Weitere Zurufe – Glockenzeichen des Präsidenten)
Herr Kollege Boddenberg, wenn Sie die nicht kennen, dann hören Sie mir einmal zu. Ich werde aus ihnen vorlesen.
(Judith Lannert (CDU): Das ist komisch, dass nur Sie die haben! – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD): Wir schreiben die Briefe selbst! – Zurufe von der CDU)
Wir rechnen die Zeit nicht an. – Darf ich jetzt um Ruhe bitten? Hier vorne spielt die Musik, Herr Kollege Rudolph, Herr Boddenberg.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Boddenberg, ich zitiere aus diesen Briefen, damit Sie wissen, was darin steht:
Die Kolleginnen und Kollegen in Hessen sind mittlerweile zutiefst enttäuscht, stinksauer und fordern eine sofortige Umkehrung des Lohndiktats. Ein „Weiter so“ darf es nicht geben. Die Stimmung in der Truppe ist fast am Ende. Lediglich durch die Überzeugung, den richtigen Beruf gewählt zu haben, wird das Schiff am Fahren gehalten.
Auffällig sind auch die Stellungnahmen unseres Innenministers, Herrn Beuth, der immer wieder nur die hohen Einstellungszahlen und die Ausrüstung lobt und hervorhebt. Der Faktor Mensch wird überhaupt nicht erwähnt.
Zurück zu den freien Tagen. Die gibt es kaum noch, da muss man wirklich Glück haben. Die Dienstgruppen laufen auf Sparflamme durch Dauerkranke, Abordnungen zu anderen Einheiten, Mehrbelastungen durch Einsätze, Lehrgänge, um auf die neue Situation (Terror) besser reagieren zu können. Das Leben mit der Familie beschränkt sich nur noch auf die Zeit zwischen Diensten und den nicht freien Tagen. Dabei wird immer wieder von unserer Regierung stolz präsentiert, dass Familie und Beruf großgeschrieben wird. Leider ist das schon lange nicht mehr so.
Was denken Sie, wie man sich fühlt, wenn man von einer Landtagsdebatte hört, bei der bekundet wird, dass die Polizeibeamten ja noch nicht am Hungertuch nagen? Was glauben Sie, wie es sich anfühlt, wenn der Innenminister wie ein Mantra wiederholt, dass ihm andere Zahlen als die tatsächliche Besoldungssituation vorliegen? Auch Ehrlichkeit gehört zur Wertschätzung.