Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde es schon erstaunlich, dass wir hier darüber debattieren, dass wir eine Anpassung aufgrund bundesgesetzlicher Lage brauchen, und darüber, dass die Menschen mit einer Blindheit am Ende des Tages hier nicht schlechter dastehen.
Das ist aber doch eine Ebene, um die es hier tatsächlich gar nicht geht, sondern es geht um die Ebene, dass wir Menschen haben, die von zwei Behinderungen betroffen sind, und zwar zwei Behinderungen, die nicht einfach additiv zu betrachten sind, sondern die Menschen, die blind sind, kompensieren ihre Blindheit zu einem erheblichen Teil über ihr Gehör. Sie orientieren sich über Geräusche. Sie orientieren sich über Sprache und Ansprache. Umgekehrt: Die Gehörlosen kompensieren über das Sehen und kommen auf diese Weise im Leben zurecht.
Wenn beide Möglichkeiten der Kommunikation mit der Umwelt und der Wahrnehmung der Umwelt entfallen, macht es das Individuum extrem hilflos. Stellen Sie sich einen Moment lang vor, Sie könnten nicht Zeichensprache lesen, wenn Sie nicht hören können, und Sie könnten nicht sehen und nicht hören. Wem das nicht besonders gut gelingt, dem empfehle ich die Lektüre von Hannah Greens Roman „Bevor du liebst“.
Wer die 6,50 € nicht ausgeben mag, kann sich gerne mein Exemplar ausleihen. Das lohnt sich allemal, weil man ein sehr deutliches Bild vom reduzierten und sehr komplizierten Leben dieser Menschen gewinnt. Wir reden hier darüber, dass wir diesen Menschen, die für fast alles im Leben Hilfestellung brauchen, eine finanzielle Möglichkeit geben wollen, dass sie sich mehr Hilfestellung einkaufen können,
als es ihnen bisher möglich ist. Darüber reden wir, nicht über eine veränderte Gesetzeslage, die aus Berlin kommt. Wir reden darüber im Ausschuss und in anderen Zusammenhängen seit Jahren. Das ist ja kein neues Thema. Es könnte längst erledigt sein.
Dass wir hier diese Debatte darüber führen, ob wir die Lebensqualität von 30 Menschen in diesem Lande, die extremst reduziert ist, ein ganz kleines bisschen verbessern können durch einen Geldbetrag, der diesen Landeshaushalt nicht, aber auch gar nicht belastet, das finde ich eher schade. Ich habe eigentlich gedacht, wir könnten diesen Gesetzentwurf heute einbringen, morgen eine Ausschusssitzung machen und am Donnerstag beschließen. Das hätte ich für eine gute Lösung gehalten.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist immer gut, wenn sich auch der Hessische Landtag mit Menschen in dieser Gesellschaft beschäftigt, die es nicht so gut haben wie die meisten von uns und die der Unterstützung bedürfen.
Frau Schott, Sie haben hier sehr eindrücklich geschildert, wie es wohl blinden, gehörlosen, aber auch taubblinden Menschen gehen kann und muss. Das, finde ich, ist eine richtige Herangehensweise: zu schauen, wie und wo man unterstützen muss.
Aber der Schluss, den Sie gezogen haben, dass die von der SPD vorgeschlagene Erhöhung des Taubblindengeldes bzw. die Ausdehnung des Blindengeldes auf taubblinde Menschen nichts damit zu tun hätte, wie sich die gesetzlichen Grundlagen auf der Bundesebene verändern, stimmt so nicht. Denn es ist tatsächlich so – das wissen Sie aus den Diskussionen –, wie es auch der Kollege Reul vorgetragen hat: Durch die Änderung der drei Pflegestufen, die wir alle kennen, in fünf Pflegegrade ergeben sich Veränderungen, die sich auf das Blindengeld auswirken. Sie konnten der Antwort auf die Kleine Anfrage, die dem Kollegen Rock gegeben wurde, entnehmen, dass die Landesregierung sehr bald ein Gesetz zur Änderung des Landesblindengeldgesetzes einbringen wird.
Ich glaube, wir ersparen uns viel Arbeit, wenn wir beide Sachen zusammenwerfen. Wir sollten im Ausschuss eine gemeinsame Beratung und eine gemeinsame Anhörung machen, damit wir alle Dinge zusammentragen.
Natürlich ist es so: Menschen, die blind sind, bekommen in Hessen ein recht ordentliches Blindengeld. Im Vergleich der Bundesländer liegen wir im oberen Bereich. Von daher ist es natürlich eine Aussage, wenn wir sagen: Wir wollen nicht, dass sich blinde Menschen unter Einbeziehung des Pflegegeldes schlechter stellen. Genau das wollen wir versuchen, zu erreichen.
Es gibt für alle Menschen, die Hilfebedarf haben, Eingliederungshilfen. Wir müssen gemeinsam diskutieren: Wo sind die unterschiedlichen Bedarfe? Wo muss man gezielt unterstützen? Wie kriegen wir das hin?
Ich finde, das muss man gemeinsam in einen Beratungsbereich einwerfen. Deswegen glaube ich, dass es gut ist, wenn wir das im Sozialausschuss gemeinsam beraten und wenn die Kolleginnen und Kollegen von der SPD mit uns gemeinsam zustimmen würden, dass wir das in einem Beratungsgang machen. Damit ersparen wir uns Arbeit, und wir bekommen alle Informationen auf einen Tisch. Ich glaube, das wäre ein gutes Herangehen. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will erst zum Verfahren noch einmal das sagen, was ich bereits im Ausschuss gesagt habe. Ich habe im Ausschuss den Obleuten berichtet, dass es einen Entwurf der Landesregierung zur Änderung des Landesblindengeldgesetzes in der Form gibt, dass er eine Anpassung bezüglich der Veränderung von Pflegestufen zu Pflegegraden beinhaltet. Dieser Gesetzentwurf wird als Regierungsentwurf kommen. Deswegen wird er nicht vom 01.01. an gelten, sondern wahrscheinlich zum 31.03. rückwirkend. Wir befinden uns momentan im Verfahren. Wenn die Regierungsanhörung fertig ist, werde ich dem Kabinett eine entsprechende Vorlage vorlegen. Ich will mich aber an dieser Stelle nicht auf zwei Wochen festlegen, weil ich nicht weiß, welche Anregungen an dem Punkt noch kommen. Aber wir sind in dem Verfahren.
Natürlich spielte auch im Vorfeld – das haben die Antworten auf die beiden Kleinen Anfragen gezeigt – die besondere Rolle von Taubblinden eine wichtige Rolle in der Erörterung der vorzunehmenden gesetzlichen Änderungen. In der Tat ist die Situationsbeschreibung vollkommen korrekt: Die Beeinträchtigung von Taubblinden ist mit anderen Beeinträchtigungen wenig gleichzusetzen. Das führt im Schwerbehindertenrecht zu der Situation, dass es drei Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis gibt, weil mit TBl – also taubblind – Regelungen im übergeordneten gesetzlichen Bereich, z. B. im Steuerbereich, nicht gelten, die es für Blinde und für Taube gibt. Daher kommen die Merkzeichen Gl für gehörlos und Bl für blind noch zu TBl hinzu, um die besondere Stellung zu verdeutlichen. Damit gehen besondere Unterstützungsleistungen für einen in der Tat kleinen Personenkreis einher.
Ich denke, bei der Diskussion, wie schwerwiegend die Beeinträchtigungen sind, brauchen wir nicht zu versuchen, uns gegenseitig zu überzeugen. Es ist letztendlich ein übergreifendes und uneingeschränktes Anerkenntnis, dass taubblinde Menschen einen besonderen Unterstützungsbedarf im Alltag haben. Die Frage, um die es sich handelt, ist: Wie wird dieser Unterstützungsbedarf umgesetzt? – Darüber müssen wir uns auseinandersetzen. Ist der Unterstützungsbedarf ausschließlich durch eine Geldleistung abgegolten, die im Rahmen einer gesetzlichen Regelung erfolgen kann, und zwar in einer Höhe, die der Landesgesetzgeber festlegen kann? Der Gesetzentwurf der SPD nennt dies.
Oder ist es gerade im Zuge der aktuellen Diskussion über das Bundesteilhabegesetz nicht auch eine spannende Dis
kussion, inwiefern Leistungen, die tatsächlich eine Teilhabe ermöglichen, auf eine andere Art und Weise gewährt werden können als durch Geldleistungen, um dem besonderen Unterstützungsbedarf dieser Personengruppe Rechnung zu tragen?
Diese Leistungen gewinnen insbesondere vor dem Hintergrund der mit den besonderen Leistungen zur selbstbestimmten Lebensführung von Menschen mit Behinderungen verbundenen Zielsetzungen Bedeutung, eine individuelle Lebensführung und eine Förderung gleichberechtigter Teilhabe am gesellschaftlichen Leben umzusetzen.
Deswegen ist immer die entscheidende Frage: Wie setze ich Hilfestellungen an? Setze ich sie durch Geldleistungen an, oder setze ich sie durch Leistungen im Hinblick auf besondere Assistenzen an?
Mit Blick auf den Gesetzentwurf der SPD kann man möglicherweise, wenn ich im Ausschuss noch einmal sage, wie die Zeiträume sind – ich habe sie momentan nicht hundertprozentig parat –, was den Gesetzentwurf der Landesregierung anbelangt, die Beratungen auch in Form von Anhörungen mit harmonisieren und die Fragen gemeinsam erörtern. Wir sollten uns gemeinsam in eine Diskussion begeben, wie das im Verhältnis zu der Gruppe der Personen mit Einschränkungen und Behinderungen zu werten ist, die natürlich auch entsprechende Merkzeichen haben, aber keine Geldleistungen bekommen.
Das ist an dieser Stelle, sage ich, das Ringen um den richtigen Weg im Hinblick auf Hilfestellungen für eine Personengruppe, die einen besonderen Bedarf hat. Dies kann man meines Erachtens außerhalb der politischen Streitkultur machen.
Nein, ich habe nicht gemerkt, dass das politisch streitbefangen gewesen wäre. Ich glaube auch nicht, dass Sie das jetzt meinem Wortbeitrag entnehmen. Vielmehr ist das eine Fragestellung des Ringens um den richtigen Weg, wie solche Unterstützungsleistungen gewährt werden können. Dieser Gesetzentwurf und möglicherweise der Gesetzentwurf der Landesregierung können dann eine Grundlage für die entsprechenden Beratungen bilden. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Grüttner. – Wir sind am Ende der ersten Lesung zu Drucks. 19/4467 angelangt und überweisen den Gesetzentwurf zur Vorbereitung der weiteren Beratung an den Sozialpolitischen Ausschuss.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zu dem Zwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag – Drucks. 19/4502 –
Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten. Ich erteile Herrn Staatsminister Wintermeyer das Wort zur Einbringung.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat Ihnen den Entwurf eines Zustimmungsgesetzes zum Zwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vorgelegt. Schwerpunkt dieser Neuregelung ist die Änderung des DeutschlandradioStaatsvertrags.
Bevor ich zum Inhalt des Staatsvertrags komme, gestatten Sie mir vorab eine Anmerkung zum Verfahren der Ratifizierung. Der Staatsvertrag soll zum ganz überwiegenden Teil am 1. September 2017 in Kraft treten. Da die Ratifikationsurkunden bis Ende August beim Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz vorliegen müssen, werden nun die Ratifikationsverfahren in den Landesparlamenten eingeleitet bzw. laufen schon.
Meine Damen und Herren, dieser Zeitplan dürfte auch gut zu schaffen sein, zumal sich einerseits der Regelungsinhalt weitestgehend auf die Änderung des DeutschlandradioStaatsvertrags beschränkt und dieser keine hessenspezifischen Besonderheiten aufweist. Die Ländergemeinschaft hat hierzu eine Fachanhörung durchgeführt. Die entsprechenden Unterlagen kann ich dem Ausschuss, wenn das von Ihnen gewünscht wird, für die Beratung gern zur Verfügung stellen.
Meine Damen und Herren, im Rahmen der Novellierung des ZDF-Staatsvertrags haben wir die rechtlichen Vorgaben bereits ausführlich sowohl im Plenum als auch im Hauptausschuss diskutiert. Erlauben Sie mir deshalb bitte, dass ich an dieser Stelle auf den Deutschlandradio-Staatsvertrag nur kurz inhaltlich eingehe. Auch hier sind die verfassungsrechtlichen Vorgaben von 2014 zur Staatsferne, zur Vielfaltsicherung, zur Gremienzusammensetzung, zur Gleichstellung und zur Transparenz umzusetzen. Die meisten der im vorliegenden Regelwerk enthaltenen Änderungen orientieren sich an jenen Änderungen, die wir bereits im ZDF-Staatsvertrag umgesetzt haben.
Meine Damen und Herren, wie Sie alle wissen, geht es bei den Programmen des Deutschlandradios um Informationsangebote allererster Güte. Es geht um Informations-, Kultur- und Bildungsprogramme, die ein Aushängeschild des öffentlich-rechtlichen Rundfunks darstellen. Auch die Zahlen, die gemeinhin nicht so sehr bekannt sind, beeindrucken. Deutschlandradio sendet täglich 500 Minuten Nachrichten, hat dabei mehr als zwei Millionen Hörerinnen und Hörer und rund neun Millionen regelmäßige Hörerinnen und Hörer. Es sendet jedes Jahr 570 Hörspiele und Features.
Deshalb freut mich sehr, dass wir mit dem vorliegenden Staatsvertrag für das Deutschlandradio rechtliche Rahmenbedingungen schaffen können, die die Zukunftsfähigkeit dieses hervorragenden Informationsangebots gerade in Zeiten von Fake-News sicherstellen sollen.
Ich bitte Sie daher bereits heute, dem Gesetzentwurf zum Zwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zuzustimmen, und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich zu dieser Debatte einmal ein bisschen früher zu Wort gemeldet, damit ich noch etwas Neues sagen kann, nachdem Herr Staatsminister Winter gesprochen hat.
Herr Wintermeyer hat mir in der Tat einige Aspekte übrig gelassen, die ich noch zum Besten geben kann und die aus sozialdemokratischer Sicht für die Akzentuierung dieses Rundfunkänderungsstaatsvertrags von Bedeutung sind.
Da es im Kern um das Deutschlandradio geht, ist dies natürlich der Ort – das will ich unterstreichen –, um auch die Bedeutung des Deutschlandradios zu würdigen. Herr Wintermeyer hat es zum Ausdruck gebracht: Sowohl die Anzahl der Hörer ist beachtlich als auch – das möchte ich besonders hervorheben – die Qualität des Programms immer ein Genuss, besonders wenn über Themen teilweise auch etwas länger berichtet wird, als wir es aus anderen Formaten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kennen. Das passiert an einem Ort, der auch uns wichtig ist: im Deutschlandradio. Dies zu unterstreichen ist mir wichtig, meine sehr verehrten Damen und Herren.