Protocol of the Session on January 25, 2017

Die Rahmenbedingungen sind derart schlecht, dass sich hier der Idsteiner Polizeichef bei seiner Verabschiedung schon öffentlich hinstellt und so etwas sagt. Ich glaube, diejenigen, die sich bei der Polizei ein bisschen auskennen, wissen, dass dies das letzte Mittel für einen Beamten in Hessen ist, sich öffentlich dazu zu äußern. Wir haben Ihnen heute sehr, sehr viele Beispiele dafür genannt, wie hoch der Frust und die Verärgerung sind.

Deswegen: Ändern Sie endlich die Rahmenbedingungen, und stimmen Sie unseren Anträgen zu. Machen Sie die Polizeizulage wieder ruhegehaltsfähig. Lassen Sie die Beamtinnen und Beamten an der Lohnerhöhung der Tarifbeschäftigten teilhaben. Behandeln Sie die Beamten endlich anständig, das erhöht auch die Sicherheit in diesem Land.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank. – Ich habe keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Debatte zu Tagesordnungspunkt 24 und 52 abgeschlossen.

Soll Tagesordnungspunkt 52 direkt abgestimmt werden oder in den Ausschuss?

(Zuruf: Beide in den Ausschuss!)

Gut. – Dann überweisen wir die Tagesordnungspunkte 24 und 52 an den Innenausschuss.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 23 auf:

Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Frankfurt auf dem Weg zum führenden Fintech-Standort – Drucks. 19/4377 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten. Als Erster spricht Kollege Reif. – Ich bitte darum, die Unterhaltung einzustellen, Herr Kollege Rudolph.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 23. Juni 2016 haben wir das erste Mal in einer Aktuellen Stunde, beantragt durch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, über die innovativen Firmengründungen durch den Fintech-Hub in Frankfurt diskutiert. Der Grund damals war, dass die Digitalisierung natürlich auch vor der Finanzbranche keinen Halt macht, im Gegenteil: Auch hier zeigen sich die Innovationskräfte der Digitalisierung, die Chancen, aber auch Risiken bietet.

Was war eigentlich der tiefere Grund? Im Finanz- und Bankenwesen bestand die letzte große Innovation gegenüber dem Kunden in der Aufstellung von Bargeldauszahlungsautomaten, den ATM. Dann geschah gar nichts. Onlinebanking, das man bereits vor zehn Jahren hätte einführen können, war ein Fremdwort für die Banken. Und nun erfasst diese gesamte Digitalisierung das Finanzwesen in einer Art und Weise, dass es sich zum Teil selbst schwer damit tut, die Dinge auf den richtigen Weg zu bringen. Hier hat sich eine Gründerszene entwickelt, die dabei helfen kann, neue und interessante sowie smarte und kluge Innovationsprodukte in die Finanzindustrie zu bringen.

In Deutschland ist der digitale Zahlungsverkehr das größte Marktsegment und bietet die größten Zukunfts- sowie Wachstumschancen. Das reicht vom Bezahlen per Smartphone mit App oder ohne App, das reicht von der Digitalisierung und dem Bezahlen über Bildidentifikation oder Fotoüberweisung bis hin zu Apps und vielen anderen modernen Dingen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was ist bisher geschehen? Am 17. November 2016 konnte in Frankfurt durch den Hessischen Wirtschaftsminister das Tech Quartier im Pollux-Hochhaus in der Nähe der Frankfurter Messe eröffnet werden. Der führende Finanzplatz des Kontinents muss – das ist der Anspruch, den dieses Tech Quartier in sich vereint – natürlich auch die Führungsposition in Europa in der Fintech-Branche übernehmen.

(Beifall bei der CDU)

Frankfurt ist dafür der ideale Standort. Wir haben zwei Standorte, nämlich Berlin und Frankfurt. Berlin mit knapp 70 Fintech-Start-ups ist etwas größer, und auf der anderen Seite haben wir in Frankfurt wohl mittlerweile 58 solcher Fintech-Start-ups, die sich dort angesiedelt haben. Wir bündeln also hier am Finanzplatz Kräfte, die so in Kontinentaleuropa nirgendwo sonst gebündelt werden können.

Die Expertise der Banken, die Expertise der Finanzindustrie, die Expertise der spezialisierten Anwälte, der Wirtschaftsprüfer, der Steuerberater und vieler anderer Beratungsinstitutionen geben ein Vielfaches hinzu, dass nicht nur in kaufmännischer, sondern auch in wissenschaftlicher Hinsicht und unter Aspekten der Sicherheit die Dinge richtig auf den Weg gebracht werden.

(Vizepräsident Frank Lortz übernimmt den Vorsitz.)

Das Tech Quartier ist somit nicht nur ein bloßes Gründerzentrum, das attraktive Büro- und Arbeitsflächen bietet, sondern es ist die Aufgabe des Zentrums, Möglichkeiten zum Austausch, zur Vernetzung und zur Kontaktaufnahme mit Beratern und Investoren bereitzustellen. Darüber hinaus schafft das Zentrum in Frankfurt eine Plattform dafür, eine Vielzahl von Fintech-Aktivitäten am Finanzplatz Frankfurt zu bündeln. Wir bieten mit dieser Anlaufstelle Unternehmen aus ganz Deutschland die Möglichkeit, in

diesem Industriezweig durchzustarten und ihn weiterzuentwickeln, aber auch, einen Eintritt in den europäischen Markt vorzubereiten.

(Beifall bei der CDU)

Was ist getan worden, um das bis zum 17. November möglich zu machen? Das Tech Quartier finanziert sich ausschließlich aus laufenden Mieteinnahmen und aus wirtschaftlichem Sponsoring. Zu den Sponsoren zählen aktuell mehrere große Banken und Beratungsinstitute: die Commerzbank, die Deutsche Bank, die Deutsche Börse, die DZ-Bank, die Helaba, die ING-DiBa, die Sparda-Bank in Hessen und eine ganze Reihe von Beratungsunternehmen, an der Spitze Ernst & Young, KPMG, PwC und Allen & Overy, die international tätige Anwaltssozietät.

Das Tech Quartier ist übrigens auf Initiative der Landesregierung gegründet worden. Der Frankfurt Main Finance e. V. hat das Fintech-Dialogforum entwickelt. Gründungsgesellschafter sind neben der Johann Wolfgang GoetheUniversität die Wirtschafts- und Infrastrukturbank, die WIBank, und die Technische Universität Darmstadt, die in der letzten Woche den notariellen Vertrag unterschrieben hat. Die Stadt Frankfurt möchte ebenfalls gerne Gesellschafter werden, aber da scheint es an Kleinigkeiten zu hapern. Ich frage mich, was das für Kleinigkeiten sind, Herr Staatsminister; der Beitritt sollte schon im September oder Oktober des vergangenen Jahres geschehen. Offenbar hat Frankfurt wichtigere und bedeutendere Angelegenheiten zu klären.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir möchten, dass diese Fintechs nicht nur von Banken, von großen Institutionen begleitet werden. Der Charme von Start-up-Unternehmen liegt darin, dass sich private Investoren mit eigenem Geld an solchen Gründerunternehmen beteiligen und sie dann in wirtschaftlicher Hinsicht mit ihrem eigenen Netzwerk und mit ihren Möglichkeiten begleiten, auch was die Nutzung von Verbindungen sowie eine direkte Einflussnahme und Beratung angeht. Wird ein Start-up-Unternehmen in dieser besonderen Form privat begleitet, dann hat es auch Erfolg. Die Voraussetzung für den Erfolg liegt also darin, dass man diese einzigartigen Möglichkeiten nutzt. Das ist in Silicon Valley so, das ist in New York so, und das ist auch an anderen Orten so.

Ich will dazu sagen: Wir sind jetzt gestartet und haben schon einen ganz ansehnlichen Erfolg erzielt. Es ist aber ein weiter Weg, wenn man an die Erfolge anknüpfen will, die man in Amerika an der Westküste und an der Ostküste, in Silicon Valley und in New York, beobachten kann. Frankfurt ist aber in Kontinentaleuropa der größte Finanzplatz. Hessens Anspruch muss es sein, auch für Fintechund Start-up-Unternehmen der wichtigste Platz in Kontinentaleuropa zu werden. Wenn wir uns vergleichen, dann sehen wir: Wir sind zwar noch hinter London – das werden wir auch noch einige Zeit bleiben –, aber wir sind vor Singapur, vor Hongkong und vor Australien, und das bedeutet schon etwas, wenn man sich die Dynamik der asiatischen Märkte vor Augen hält.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist wichtig, dass die Universitäten durch ihre Vernetzung mit dem Rhein-Main-Gebiet an der Stelle einen großen Beitrag leis

ten können. Die TU in Darmstadt ist mit ihrem internationalen Renommee auf dem Gebiet der IT und ihren besonderen Stärken in der IT-Sicherheit ein geradezu idealer Partner; denn IT-Sicherheit und Sicherheit im Generellen sind in der Finanzindustrie ein ganz großes Thema. Ohne die Beratung, ohne die Expertise der renommierten TU in Darmstadt wären die Fintech- und Start-up-Unternehmen nicht komplett.

Herr Kollege Reif, Sie müssen langsam zum Schluss kommen.

Hier bietet das Center for Research in Security and Privacy in Darmstadt ideale Voraussetzungen.

Meine Damen und Herren, man könnte noch eine Vielzahl an Argumenten vorbringen, warum der Standort Hessen, warum das Rhein-Main-Gebiet gute Voraussetzungen bietet, neue und erfolgreiche Gründer in unser Land zu holen. Eines will ich allerdings noch sagen. Neben dem Erfolg liegt das Scheitern. Wir müssen uns daran gewöhnen, dass das Scheitern in dieser Industrie eine Gefahr ist, die wir zwar nicht minimieren, aber in Grenzen halten können. Wir dürfen Firmen, die zunächst gescheitert sind, nicht diskriminieren, sondern wir müssen ihnen helfen, ihren Startup fortzusetzen.

Herr Präsident, wir werden fröhlich und – –

Herr Kollege Reif, Sie sind sehr lieb, aber Sie müssen langsam zum Schluss kommen. Ich mache mir auch Sorgen, ob Sie hier so lange stehen können.

(Heiterkeit)

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Ich will nur erreichen, dass wir diese Initiative fröhlich unterstützen. Wenn das auch die Opposition tut, vertreten durch Herrn Eckert und Herrn Lenders, dann wird das ein grandioser Erfolg für unser Land Hessen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollege Reif. Ihre Standfestigkeit war beeindruckend. – Ich darf als Nächsten den Kollegen Kai Klose von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ans Pult bitten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann mich den Wünschen des Kollegen Reif, die er zum Schluss geäußert hat, anschließen, möchte aber eingangs sagen, dass der Erfolg dieses Projekts glücklicherweise nicht davon abhängt, ob Herr Lenders und Herr Eckert es mittragen.

Eines der wenig charmanten Urteile, mit denen wir politische Entscheidungsträgerinnen und -träger gerne konfrontiert werden, lautet, Politik sei langsam, entscheidungsschwach und hinke aktuellen Themen hinterher. – Ich finde, die Entwicklung der Region Frankfurt/Rhein-Main zum führenden Fintech-Standort widerlegt das geradezu beispielhaft.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Diese Entwicklung ist nämlich ein hervorragendes Beispiel für schnell und gut vorgenommene Weichenstellungen, die gemeinsam mit wichtigen wirtschaftlichen Akteuren vorbereitet wurden. Herr Minister, ich finde, darauf können Ihre Mitarbeiter und Sie wirklich stolz sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Es war vor ziemlich genau einem Jahr, als in der Frankfurter Universität auf Einladung des hessischen Wirtschaftsministers neun Konzepte für ein Fintech-Zentrum in Frankfurt vorgestellt wurden. Das war genau der richtige Schritt, um einen Ort zu schaffen, an dem man die Dienstleister der Finanztechnologie zusammenführen und Freiräume für Gründungen zur Verfügung stellen konnte. Frankfurt als die Stadt in Kontinentaleuropa, die innovative IT-Firmen, forschungsstarke Hochschulen und einen einzigartigen internationalen Bankenplatz beherbergt, verfügt über hervorragende Voraussetzungen.

Wohlgemerkt, diese Weichen wurden zu einer Zeit gestellt, als niemand auf einen Brexit gewettet hätte.

Im vergangenen März hat Staatsminister Al-Wazir im Rahmen seiner umfassenden Regierungserklärung „Digitales Hessen: Intelligent. Vernetzt. Für Alle“ dargelegt, wie die Landesregierung den Wandel durch die Digitalisierung analysiert, welche Chancen, aber auch welche Risiken sie für unser Land und seine Bürgerinnen und Bürger sieht und welche Maßnahmen sie ergreifen will. In der damaligen Debatte wurde neben den Veränderungen, die die Digitalisierung für unser Zusammenleben und unsere Arbeitswelten mit sich bringt, auch bereits auf die Umbrüche im Finanzdienstleistungssektor, der Frankfurt stark prägt, eingegangen.

In den zehn Monaten, die seither vergangen sind, ist viel passiert, und es lohnt sich, die Finanztechnologieanbieter – eben jene Fintechs – heute einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Woher kommt eigentlich ihr Erfolg? Ich glaube, er hat mindestens drei zentrale Ursachen.

Erstens. Die immer intensivere Nutzung der Informationstechnik folgt einem allgemeinen Trend, der natürlich auch vor dem Finanzsektor nicht haltmacht. Zunächst wurden das interne Rechnungswesen und der Zahlungsverkehr zwischen den Geldhäusern automatisiert. Überweisungen auf einem Papierformular mit Durchschlag sind beinahe schon Geschichte. Längst werden zahlreiche Bankgeschäfte online abgewickelt.

Zweitens. Der Druck auf das Bankgewerbe und auf Finanzdienstleister im Allgemeinen ist enorm, und er hat in den letzten Jahren nochmals zugenommen. Die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise nach der Lehman-Pleite 2008 hat dazu geführt, dass das Vertrauen in die Banken gesunken ist. Die regulatorischen Anforderungen sind seither aus guten Gründen gestiegen.

Mit der Dresdner Bank ist eine der ehemals drei großen deutschen Geschäftsbanken verschwunden. An der Commerzbank ist die Bundesrepublik Deutschland immer noch mit rund 15 % beteiligt, und die Turbulenzen, in denen sich die Deutsche Bank befindet, sorgen fast wöchentlich für neue sorgenvolle Schlagzeilen.