Protocol of the Session on January 25, 2017

Aber in die kommunale Selbstverwaltung einzugreifen – es wurde bereits darauf hingewiesen –, indem man den Kommunen erst die Zuweisungen zusammenstreicht, sie dann mit zusätzlichen Aufgaben betraut und ihnen am Ende sagt, dass sie die Grundsteuer bitte nicht erhöhen dürfen, meine Damen und Herren von der FDP, das geht eben auch nicht.

Ich finde, der beste Schutz vor exorbitant steigenden Grundsteuern ist die angemessene Ausstattung der Kommunen. Hier müsste die FDP erklären, ob sie dazu bereit ist, den Kommunen über den KFA mehr Landesmittel zuzuweisen, damit sie etwa ihre Investitionen endlich angemessen finanzieren können.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Denn die Alternative wäre, dass die Kommunen die Gewerbesteuer erhöhen. Auch dafür wäre ich im Zweifel zu haben, etwa indem man den Nivellierungshebesatz der Gewerbesteuer im KFA regelmäßig anpasst. Nur gehe ich davon aus, dass die FDP genau das nicht wollte.

(René Rock (FDP): Das stimmt!)

Denn Ihnen geht es nicht um die soziale Gerechtigkeit,

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Doch!)

sondern, wie Sie in Ihrem Antrag schreiben, einzig und allein um den Wirtschaftsstandort Hessen. Herr Hahn, ich muss Ihnen sagen, auf den ersten Blick ist Ihre Idee charmant. Allein, mir fehlt der Glaube, dass Sie Ihren Antrag im Interesse der Kommunen und der besonders von der Grundsteuer betroffenen Menschen gestellt haben.

(Beifall des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Mit diesem Vorschlag wollen Sie nur einen weiteren Angriff auf die Finanzierungsgrundlagen des Gemeinwesens unternehmen. Das lehnen wir ab. Wir wollen ein sozial gerechtes Steuersystem. Dazu gehören sicherlich auch Grundsteuersätze, die niemanden überfordern. Aber alleine sind sie kein Mittel, das wir unterstützen könnten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege van Ooyen. – Als nächste Rednerin spricht nun Frau Kollegin Erfurth von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon ein bisschen seltsam, wenn die FDP in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen die Mieterinnen und Mieter stellt,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

um zu überdecken, dass es um eine vermögensbezogene Steuer geht. Es geht darum, dass auch große Grundstücke

und auch großer Grundbesitz angemessen besteuert werden. Aber das nur am Rande.

Herr Kollege Hahn, dieser von Ihnen immer „Rosenmontagserlass“ genannte Erlass vom 3. März 2014 war schon mehrfach Thema hier im Plenum. Ich finde, es ist eine Art freidemokratischer Wiedergänger, den Sie hier immer wieder einmal zum Gegenstand der Debatte machen. Auch die Kollegen von der SPD machen das ganz gerne, und deshalb sage ich es in beide Richtungen: Offenbar haben Sie immer noch nicht wahrgenommen, dass dieser Erlass vom 3. März 2014 sehr viele Sachverhalte regelt, die in der Gemeindehaushaltsverordnung und in der Hessischen Gemeindeordnung geregelt sind, die aber nicht immer so ganz stringent von allen kommunal Verantwortlichen vor Ort umgesetzt werden. Die sind in diesem Erlass sehr konzentriert und durchaus sehr stringent zusammengetragen worden.

Es ist eine altbekannte Tatsache, dass kommunale Gebührenhaushalte mit Ausnahme der Kindertagesstättengebühren ausgeglichen werden sollen. Das ist eine altbekannte Tatsache, die können Sie nicht bestreiten.

(René Rock (FDP): Das steht auch im Gesetz!)

Es steht auch im Gesetz, Herr Kollege. – Es ist aber genauso bekannt, dass das nicht immer gut eingehalten wird. Herr Kollege Kummer, Sie haben auch darauf hingewiesen, dass die kommunal Verantwortlichen vor Ort sich manchmal scheuen, die entsprechenden Anpassungen bei Gebühren vorzunehmen. Ich bin auch kommunalpolitisch tätig. Auch ich kenne diese Debatten.

Da wird immer erst einmal gerne geschoben: Na ja, jetzt ist Bürgermeisterwahl. Jetzt ist Kommunalwahl. Jetzt ist Landtags- und Bundestagswahl. – Man hat immer einen Grund, warum man solche eher unbequemen Entscheidungen vor Ort nicht trifft.

Wir haben dann den altbekannten Mechanismus: Wir gleichen die Gebührenhaushalte nicht ganz aus. Dann schauen wir einmal, wo wir landen.

Diesen Mechanismus sollte der Erlass vom 3. März 2014 durchbrechen. Als Hilfestellung hatte das Land den Schutzschirm angeboten. Er hat in vielen Fällen gute Wirkung gezeigt. Denn alle Kommunen haben sehr intensiv daran gearbeitet, aus der Verschuldung herauszukommen. Auch das muss man sagen. Es hat große Anstrengungen all derer gegeben, die in den Kommunen daran gearbeitet haben.

(Beifall der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Zurufe und Gegenrufe)

Möchten Sie sich untereinander austauschen? Dann machen Sie das. Ich warte so lange.

Es war und ist der Spielraum der Kommunen, ob sie die Gebührenhaushalte ausgleichen oder ob sie die Grundsteuer entsprechend erhöhen. Das ist sozusagen, holzschnittartig aufgezeigt, der Spielraum, der da gegeben ist.

Ich kann da nur sagen: Die wirksamste Grundsteuerbremse ist die kommunale Selbstverwaltung.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Kummer, da bin ich am Ende genau bei dem, was Sie gesagt haben: Die kommunale Selbstverwaltung ist ein sehr hohes Gut. Es wird vor Ort entschieden, wel

cher Weg eingeschlagen wird. Das ist sehr gut und richtig so.

Das ist auch schon ausgeurteilt worden. Das sage ich sehr bewusst an die Adresse der FDP-Fraktion. Wir haben Urteile des Verwaltungsgerichts Gießen, die das genau so ausgeurteilt haben. Wir haben Urteile des Verwaltungsgerichtshofs in Kassel, bei denen genau gesagt wurde: Die kommunale Selbstverwaltung geht vor. Die Kommune entscheidet, welchen Weg sie geht. – Das ist gut und richtig so.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Manfred Pentz (CDU) und Lothar Quanz (SPD))

Diese kommunale Entscheidungsfreiheit möchte die FDPFraktion jetzt eingrenzen. Wenn wir das vorgeschlagen hätten, hätten Sie „Überregulierung“ gebrüllt. Ich glaube, dass das ein Vorschlag ist, der völlig über das Ziel hinausgeht.

Er ist auch völlig überflüssig. Denn Sie schlagen vor, in Hessen solle keine überproportionale Grundsteuer, bezogen auf die gewichteten Durchschnittshebesätze erhoben werden. Schauen Sie sich die gewichteten Durchschnittshebesätze an. Im Bundesdurchschnitt liegen wir bei 455 Punkten. Hessen liegt bei 444 Punkten. Wo also ist das Problem? Wir brauchen so ein Gesetz gar nicht. Wir liegen in Hessen unter dem Bundesdurchschnitt. Herr Kollege Hahn, deshalb würde das von Ihnen vorgeschlagene Gesetz völlig überflüssig sein.

Ich kann einfach nur sagen: Nehmen Sie den Antrag zurück. Denn auch Sie haben einmal gesagt, Sie seien dagegen, überflüssige Gesetze zu machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Holger Bellino (CDU))

Da wir die Vermutung haben, dass Sie das mit dem Gesetz nicht zurücknehmen werden, werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Lothar Quanz (SPD))

Frau Kollegin Erfurth, vielen Dank. – Für die Landesregierung spricht nun Herr Staatsminister Dr. Schäfer. Herr Minister, bitte schön, Sie haben das Wort.

(Manfred Pentz (CDU): Das ist ein guter Mann! – René Rock (FDP): Die einen sagen so! – Norbert Schmitt (SPD): Und die anderen sagen die Wahrheit! – Manfred Pentz (CDU): Moment mal, wir sind die Guten! – Zuruf von der SPD: Wissen die anderen das auch? – Günter Rudolph (SPD): Das hat Frau Steinbach ein bisschen anders dargestellt! – Manfred Pentz (CDU): Die ist nicht mehr bei uns! – Weitere Zurufe)

Der Herr Staatsminister hat das Wort.

(Zuruf des Ministers Stefan Grüttner – Günter Ru- dolph (SPD): Die Regierung hat auch etwas zu sagen! Das ist prima!)

Ich bitte um etwas mehr Ruhe. Wir wollen doch weiterkommen. – Herr Dr. Schäfer, bitte schön.

(Günter Rudolph (SPD): Es ist eh schon dunkel!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich wollte bei dem Dialog nicht stören.

(Heiterkeit – Günter Rudolph (SPD): Das ist nett von Ihnen! – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Herr Schäfer, das wäre das erste Mal!)

Herr Zinßer wird diese elaborierte Debatte ordnungsgemäß im Protokoll niederlegen.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin dem Haus dankbar, dass es, wie ich der Debatte entnommen habe, aus sehr unterschiedlichen Gründen, aber weit überwiegend dem Antrag nicht zuneigt. Ich halte ihn auch in der Sache für falsch.

Ich will versuchen, Ihnen noch einige Sachinformationen nachzureichen, die vielleicht bei der Beurteilung der Notwendigkeit einer solchen Entscheidung hilfreich sein können. In dem Antrag wird vorgetragen, Hessen sei ein Hochsteuerland. Das lässt sich jedenfalls mit den empirisch gesicherten Daten nicht aufrechterhalten. Frau Erfurth hat darauf hingewiesen, dass sich Hessen beim gewogenen Hebesatz der Grundsteuer B nach den bundesweit zuletzt verfügbaren Daten jedenfalls unterhalb des Bundesdurchschnitts bewegt.

Eines ist richtig: Im Jahr 2012 bewegten sich die hessischen Kommunen bei dem Grundsteuerhebesatz B 75 Punkte unter dem Bundesdurchschnitt. Das heißt, mit der hessischen Erhebungspraxis wurde flächendeckend erheblich unter dem Bundesdurchschnitt Grundsteuer erhoben.

Wenn man als verantwortlicher Kommunalpolitiker lange eine solche Entscheidungspraxis fährt, nämlich die eigentlich notwendige Erhöhung nicht durchzuführen, und wenn man gleichzeitig dasselbe Angebotsniveau sicherstellen will, wie es die Nachbarkommune in einem anderen Bundesland hat, dann ist klar, dass es da ein Stück weit auseinandergehen muss. Dann muss sich auch ein verantwortlicher Kommunalpolitiker am Ende vorhalten lassen – vor Ihnen steht jemand, der sich auch ein paarmal geordnet um solche Entscheidungen in der Heimat herumgedrückt hat –, die notwendige Entscheidung nicht rechtzeitig getroffen zu haben.