Protocol of the Session on December 13, 2016

Ich denke nur, in der Konzentration und bei der Aufgabe der Schwangerschaftskonfliktberatung müssen diejenigen, die an dieser Stelle beraten, sehr genau aufpassen – auch zu ihrem eigenen Schutz –, ob sie nicht auf Expertisen von

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von kommunalen Gebietskörperschaften, von Versorgungsämtern oder anderen Bereichen verweisen müssen, die eine spezielle Ausbildung auch in der Beratung in diesen Fragestellungen haben. Dass nie auszuschließen ist, dass eine solche Frage gestellt wird, ist vollkommen klar.

Aber man darf sie sich nicht als eigenen Beratungsbestandteil innerhalb einer Schwangerschaftskonfliktberatung zu eigen machen, weil man an dieser Stelle sehr leicht in die Gefahr kommt, schlicht und einfach selbst in eine Situation hineinzukommen, möglicherweise nicht alle Dinge genau durchblicken zu können. Das ist dann auch der Schutz des eigenen Mitarbeiters oder der eigenen Mitarbeiterin in einer Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle, der an dieser Stelle zu beachten ist. Deswegen ist es sicherlich richtig, dass wir an dem Punkt aufpassen müssen, dass man sich auf die wesentlichen Aufgaben konzentriert.

Das Land Hessen erfüllt seine Aufgabe zum Wohle der Beratung suchenden Frauen und hat die Interessen aller Beteiligten, wie ich meine, gut im Blick. Ich bitte also erneut um Zustimmung zu diesem Gesetz.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Grüttner.

Es ist die dritte Lesung beantragt. Das heißt, wir überweisen diesen Gesetzentwurf und die zwei Änderungsanträge von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einerseits und der SPD andererseits an den sozialpolitischen Ausschuss zur Vorbereitung der dritten Lesung.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Gesetzes über Betreuungs- und Pflegeleistungen – Drucks. 19/4137 zu Drucks. 19/3743 –

Änderungsantrag der Fraktion der SPD – Drucks. 19/4278 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt siebeneinhalb Minuten. Als Erster erteile ich der Berichterstatterin, der Abg. Bächle-Scholz, das Wort.

Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren, werte Kollegen! Der Sozial- und Integrationspolitische Ausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der SPD, der LINKEN und der FDP, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsantrags Drucks. 19/4134 in zweiter Lesung anzunehmen.

(Beifall bei der CDU)

Frau Bächle-Scholz, danke für die Berichterstattung. – Frau Klaff-Isselmann von der CDU-Fraktion hat sich als Erste zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Pflege und Betreuung sind nicht nur ein Thema, sie sind das Thema der Zukunft, dem wir uns noch oft widmen werden. Dennoch sind sie ein Tabuthema, über das nicht häufig geredet wird. Doch es ist wichtig, dass sich jeder mit dem Thema Pflege und Betreuung auseinandersetzt.

Bereits in der ersten Lesung haben wir darauf hingewiesen, dass das bisherige Hessische Gesetz über Betreuungs- und Pflegeleistungen hervorragend ist. Es muss nicht grundsätzlich neu gefasst werden. Nein, es muss weiter gelten, bis 2024. Dafür sind nur wenige, vornehmlich redaktionelle, Änderungen notwendig.

Wir sind weiterhin fest der Meinung, dass trägerorganisierte ambulant betreute Wohngemeinschaften durch dieses Gesetz geregelt werden müssen. Das Schutzniveau für die Betroffenen darf nicht gesenkt werden. Wohngemeinschaften bis zu sechs Personen fallen ohnehin gar nicht unter die Vorschriften. Bei Wohngemeinschaften über sechs Personen sind außerdem durchaus Ausnahmen nach einer individuellen Prüfung möglich. Dieses Gesetz verhindert demzufolge keine trägerorientierten ambulant betreuten Wohngemeinschaften.

Pflege und Betreuung müssen die Mindeststandards erfüllen. Ja, Pflege und Betreuung sind finanziell aufwendig. Aber wir dürfen unsere hohen Qualitätsmerkmale nicht zugunsten einer besseren Wirtschaftlichkeit opfern. Der Mensch geht klar vor dem Profit.

Der SPD-Antrag zeigt, dass Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, die Flexibilität des vorliegenden Gesetzesvorschlags nicht erkannt haben und daher zu keinem Konsens bereit waren.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Wir wollen zudem Änderungen, die einen deutlichen Bürokratieabbau vorsehen. Sie aber wollen nicht Bürokratie abbauen, sondern aufbauen. Sie wollen die Einrichtungen nicht entlasten, sondern mit weiteren Vorschriften belasten. Mir scheint, Sie vertrauen den Betreuerinnen und Betreuern sowie Pflegerinnen und Pflegern wenig. Wir trauen diesen Menschen Fachkompetenz und menschliche Wärme zu und machen dies in diesem Gesetz deutlich.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Präsident Norbert Kartmann übernimmt den Vorsitz.)

Diese Menschen leisten bereits jetzt Tag für Tag hervorragende Arbeit. Wer sich um andere Menschen täglich hingebungsvoll kümmert, der hat nicht nur unser Vertrauen verdient. Nein, dem gehören bei aller Kontrolle und Fachlichkeit Dank und Anerkennung ausgesprochen.

Meine Damen und Herren, wir setzen des Weiteren auch auf flexible Lösungen. Das sind so weit die Wünsche der Beteiligten. Diese haben wir alle im Ausschuss bei der öffentlichen Anhörung und im direkten Austausch mitgeteilt bekommen. Wir setzen sie um, so wie die Einrichtungen und Betroffenen sich das auch wünschen, nicht anders.

(Gerhard Merz (SPD): Nein!)

Dazu gehört die Gewaltprävention, dazu gehört die Vermeidung freiheitsentziehender Maßnahmen, dazu gehören die Qualitätsanforderungen, und dazu gehört die Beseitigung bestehender Mängel.

Wir möchten die Einrichtungen einladen, mitzuwirken, und ihnen nicht ausschließlich etwas von oben diktieren. Die Einrichtungen sollen und dürfen eigene, individuelle Konzepte entwickeln, wie sie z. B. Gewalt, auch sexueller Natur, frühzeitig verhindern können. Seien Sie versichert: Dieses Gesetz schützt die Interessen älterer betreuungsbedürftiger Menschen, pflegebedürftiger volljähriger Menschen und volljähriger Menschen mit Behinderungen, die gegen Entgelt betreut oder gepflegt werden.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es trägt zum Bürokratieabbau bei: im Bereich der Anzeige der Personaländerungen, im Bereich der Prüfberichte. Mit diesem Gesetz setzen wir Anforderungen an die Qualität und Kompetenz der für die Pflege verantwortlichen Personen in ein ausgewogenes Verhältnis zu dem Vertrauen, das wir diesen Menschen entgegenbringen möchten.

Meine Damen und Herren, es gibt nach wie vor keine Alternative zu diesem Gesetz. Ich lade alle Fraktionen ein, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Behinderte und pflegebedürftige Menschen werden durch dieses Gesetz auch weiterhin geschützt. Das haben wir zu gewährleisten, und wir stellen es hiermit auch sicher. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Abg. Rock für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Zum Heimgesetz muss ich nicht so viel ausführen wie zu dem Gesetz, über das wir davor geredet haben. Uns allen ist klar, wie wichtig das Heimgesetz ist. Uns allen ist klar, welche Überlegungen in diesem Gesetz vorangestellt werden.

Für mich als Abgeordneter, der einmal in einer Koalition war, ist klar geworden, dass es vielleicht klug wäre, nicht zu viele Ermächtigungen für das Ministerium in ein solches Gesetz zu schreiben.

(Günter Rudolph (SPD): Sehr gut!)

Stattdessen sollte man es hier im Landtag das eine oder andere Mal konkret beschließen, weil man vielleicht feststellen kann, dass die Ministerien nicht so arbeiten, wie man sich das erhofft hat, oder dass sie, weil es problematisch ist, lieber nichts ändern möchten. Das ist eine kleine Erkenntnis, die ich bei diesem Gesetz gewonnen habe.

Was mich besonders geärgert hat, bezieht sich auf die Beiräte, wo man unter Beihilfe der GRÜNEN wieder einen Schritt zurückgegangen ist. Das finde ich sehr traurig. Wir haben sehr dafür gekämpft, dass es hier zu einer gesetzlichen Regelung kommt, die den Beiräten entgegenkommt.

Die Anhörung hat ergeben, was das Wichtigste an solch einem Gesetz ist. Solch ein Gesetz ist immer eine Nachbetrachtung. Wir haben eine gesellschaftliche Entwicklung, und wir versuchen, mit dem Gesetz auf diese gesellschaftliche Entwicklung einzugehen, sie ein Stück weit zu ordnen und für die, die unsere Unterstützung brauchen, Qualität sicherzustellen. Wir hecheln eigentlich immer ein Stück

weit der Entwicklung hinterher. Das ist kein Vorwurf, es ist einfach so. Denn man kann sich als Regierung, als Gesetzgeber viele Dinge ausdenken. Aber die gesellschaftliche Entwicklung nimmt nicht so viel Rücksicht darauf.

Wenn man den Hinweis hat, dass es einen Regelungsbedarf gibt, dass sich ein Feld entwickelt hat, wo es wichtig wäre, auf die Vorschläge aus der Anhörung einzugehen, und man es ignoriert, dann macht man aus meiner Sicht einen Fehler.

Ich habe mit dem Gesetz schon in der letzten Legislaturperiode keinen echten Frieden gemacht. Das weiß der Minister auch aus intensiven Debatten. Wir haben damals einen Kompromiss gefunden. Der Kompromiss ist jetzt ein Stück weit aufgeweicht. Man ist auf die Entwicklung, die in der Anhörung deutlich geworden ist, leider nicht eingegangen. Von daher werden wir dieses Gesetz nicht mittragen können. Wir werden es im Ausschuss noch einmal beraten. Vielleicht ändere ich meine Meinung noch. Ich glaube es aber eher nicht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Armin Schwarz (CDU))

Das Wort hat Frau Dr. Sommer für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Klaff-Isselmann, eben habe ich noch gedacht, ich wäre in einer anderen Anhörung gewesen als Sie. Aber Herr Rock hat alles wieder geradegebogen. Anscheinend hatten wir doch dasselbe Vergnügen

(Zuruf des Abg. Armin Schwarz (CDU))

und haben derselben Anhörung lauschen können. Sie haben anscheinend nicht registriert, dass es tatsächlich Änderungsbedarf gibt. Es gab einige Aspekte, die beklagt worden sind. So sehen wir ebenfalls Änderungsbedarf. Deswegen haben wir natürlich unseren Änderungsantrag eingebracht. Dass das Gesetz hervorragend gefasst sei, das können wir ganz und gar nicht unterzeichnen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Zu bemängeln – das haben wir bereits in der ersten Lesung deutlich gemacht – ist das, was in § 5 unter Abs. 3 steht. Das hat Herr Rock gerade schon benannt: Da soll eine Sollformulierung in eine Kannbestimmung überführt werden. Wir wollen, dass die alte Sollregelung für den Angehörigen-, Betreuerinnen- und Betreuerbeirat beibehalten wird. Mit der von Ihnen vorgeschlagenen Version würde dieser zur Option. Das begrüßen natürlich einige Einrichtungen, weil es dann nicht mehr so aufwendig ist. Aber es geht um die Unterstützung. Frau Klaff-Isselmann, Sie haben gesagt, Ihnen geht es um das Wohl der Betreuten. – Genau hier geht es um das Wohl der Betreuten, dass sie eine Stimme bekommen. Es ist ein Instrument, um die persönlichen Rechte zu stärken.

(Beifall bei der SPD)

Der zweite Aspekt, den wir mit unserem Änderungsantrag, den Sie kritisiert haben, einbringen, wurde von den allermeisten Anzuhörenden immer wieder beklagt. Es geht darum, dass trägerorganisierte ambulant betreute Wohnfor

men durch die Regelungen konterkariert werden. Die Anhörung hat deutlich gemacht, dass trägerorganisierte ambulant betreute Wohnformen kaum existieren, da sie unter das Gesetz fallen. Das kann doch eigentlich nicht unser Interesse sein. Denn das ist die Lebensform, die sich viele Menschen wünschen.