Protocol of the Session on April 2, 2014

Selbstverständlich ist es auch so, dass diese Expertenkommission regelmäßig nach Bedarf, wie auch immer der Hessische Landtag und insbesondere der Innenausschuss es

wollen, im Innenausschuss über ihre Arbeit berichtet und der Innenausschuss selbstverständlich Vorschläge machen kann, was er glaubt, welche Aufgabenstellung diese Expertenkommission auch noch haben sollte.

Meine Damen und Herren, eine letzte Bemerkung. Wir haben in den letzten zwei Jahren 14-mal im Hessischen Landtag über diese Fragen im engeren und weiteren Sinne gesprochen. Wir werden das auch zukünftig tun. Es kann keine Rede davon sein, Herr Schäfer-Gümbel, dass dies in irgendeiner Form unterdrückt werden soll. Ich glaube, wir sind ein selbstbewusstes Parlament. Sie sind eine selbstbewusste Opposition, das ist auch richtig und gut so. In dieser Frage wird es eine ausreichende und ausführliche Befassung des Parlaments mit all diesen Fragen auch weiterhin geben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Thorsten Schäfer- Gümbel (SPD) und Hermann Schaus (DIE LINKE))

Vielen Dank, Kollege Boddenberg. – Das Wort hat Herr Abg. Florian Rentsch, Fraktionsvorsitzender der FDP.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst will ich für meine Fraktion noch einmal klar sagen, dass wir es begrüßen, dass die Sozialdemokraten, wie es auch Kollege Greilich vorhin für uns gesagt hat, den Versuch unternehmen, dieses Thema im Innenausschuss noch einmal zu besprechen; denn – das glaube ich schon, und das können alle konstatieren – bisher ist mit diesem Thema verantwortungsvoll umgegangen worden.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU und der SPD)

Dass wir häufiger über dieses Thema hier im Landtag gesprochen haben, war auch dringend notwendig. Denn das, was in Deutschland passiert ist, von den Ermittlungsbehörden, aber auch insgesamt vom Verfahren her, stellt für diesen Rechtsstaat einen Skandal dar.

(Beifall bei der FDP, der SPD und der LINKEN so- wie bei Abgeordneten der CDU)

Wir sollten nicht darüber hinwegtäuschen. Dass solche Fälle der Aufarbeitung bedürfen – da war der Untersuchungsausschuss im Bund ein ganz wichtiger Anker und eine Grundlage –, ist völlig klar. Aber dass wir in Hessen einen besonderen Bedarf haben, das sollte zwischen den Fraktionen unstreitig sein. Denn die Fälle, die hier passiert sind, haben eine ganze Reihe von Fragen aufgeworfen. Ja, Herr Kollege Boddenberg, ich glaube schon, dass man hier keine Unterstellungen liefern sollte. Da bin ich bei Ihnen. Aber wir beide und alle Kollegen im Parlament haben Fragen, wenn ein Verfassungsschützer an dem Tag und an dem Ort, wo nachher ein Verbrechen passiert ist, anwesend war. Dass das Fragen aufwirft, die sicherlich zu klären sind, sollte zwischen den Fraktionen und bei Menschen, die einen gesunden Menschenverstand haben, unstreitig sein.

(Beifall bei der FDP, der SPD und der LINKEN)

Deshalb will ich ausdrücklich für unsere Fraktion noch einmal zu Protokoll geben: Wir werden in diese Gespräche offen hineingehen.

Ich glaube, dass eine Expertenkommission immer sinnvoll sein kann, wenn sie wirklich daran arbeitet, diesen Sachverhalt auch präventiv zu bearbeiten, Schlussfolgerungen zu ziehen, wie man in den nächsten Jahren mit diesem Thema umgeht. Aber ich will auch klar sagen: Sollte diese Kommission nur dazu gedacht sein, um über dieses Thema hinwegzukommen und einzig und allein eine Institution zu schaffen, die das Thema prolongiert, anstatt Lösungen zu erarbeiten, kann mit der Unterstützung der FDP an dieser Stelle nicht gerechnet werden.

Wir wollen Prävention. Wir wollen Aufklärung. Aber wir wollen auch das, was Kollege Schäfer-Gümbel hier gesagt hat: Wir wollen diesen Sachverhalt dazu nutzen, damit so etwas nie wieder in diesem Rechtsstaat vorkommt. Das sollte das Anliegen aller Fraktionen in diesem Haus sein.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Vielen Dank, Kollege Rentsch. – Wir sind am Ende der Aussprache.

Ich habe das jetzt so aufgefasst, dass alle damit einverstanden sind, die beiden Anträge, den Antrag der SPD-Fraktion, Drucks. 19/244, und den Dringlichen Antrag von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 19/294, dem Innenausschuss zu überweisen. – Das ist so, und dann ist es auch so.

Dann rufe ich Tagesordnungspunkt 3 auf:

Wahl der nicht richterlichen Mitglieder des Staatsgerichtshofs des Landes Hessen

Nach § 6 Abs. 2 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof legen die Fraktionen zur Wahl der sechs nicht richterlichen Mitglieder Listen vor. In jeder Liste müssen die Namen und Anschriften von mindestens zehn wählbaren Personen verzeichnet sein.

Nach § 3 Abs. 1 Staatsgerichtshofgesetz kann als Mitglied zum Staatsgerichtshof nur gewählt werden, wer das 35. Lebensjahr vollendet hat, zum Landtag wählbar ist und sich für den Fall seiner Wahl schriftlich bereit erklärt, das Amt anzunehmen. Nach den Bestimmungen des Landtagswahlgesetzes ist zum Landtag wählbar, wer mindestens während der letzten drei Monate vor dem Wahltag seinen Wohnsitz in Hessen hat, wobei bei Inhabern von Hauptund Nebenwohnungen im Sinne des Melderechts der Ort der Hauptwohnung als Wohnsitz gilt.

Die Mitglieder, die aus jeder Liste zu entnehmen sind, werden in entsprechender Anwendung des § 5 Abs. 4 gewählt. Sie sind in der Reihenfolge gewählt, in der ihre Namen in den Listen verzeichnet sind. Die übrigen in den Listen verzeichneten Personen werden zu stellvertretenden Mitgliedern in der Reihenfolge der Liste.

Es liegen Ihnen hierzu die Wahlvorschläge der Fraktionen der SPD, Drucks. 19/99, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 19/100, sowie der CDU, Drucks. 19/101, vor.

Ich darf Ihnen einen Brief der Fraktion der SPD vom heutigen Tag an den Präsidenten des Hessischen Landtags vorlesen.

Sehr geehrter Herr Präsident,

Herr Prof. Dr. Safferling hat einen Wohnsitz mit folgender Anschrift in Marburg: Weidenhäuser Straße 98, 35037 Marburg. Wir bitten, die Anschrift in unserem Wahlvorschlag zu ändern. Wie in unserem Schreiben vom 12. März bereits mitgeteilt, hat uns Herr Prof. Safferling erklärt, dass sein Lebensmittelpunkt in Marburg sei. Wir sehen daher die Voraussetzung der Wählbarkeit nach dem Gesetz über den Staatsgerichtshof als erfüllt an.

Mit freundlichen Grüßen

Günter Rudolph Parlamentarischer Geschäftsführer

Damit stelle ich fest, dass die Anschrift in der Drucks. 19/99 ausgetauscht und somit geändert ist.

Jetzt ist mir signalisiert worden, dass zu diesem Punkt eine Aussprache gewünscht ist. – Herr Kollege Bellino, bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Wahl zum Staatsgerichtshof ist ein Punkt, der gewöhnlich ohne Aussprache erfolgt. Dass dies aber heute zum wiederholten Mal nicht der Fall ist, zeigt, dass dieser Anlass alles andere als gewöhnlich ist: denn die SPD hat im März eine Liste zur Wahl der nicht richterlichen Mitglieder des höchsten hessischen Gerichts eingereicht, die auf Platz 3 einen Kandidaten aufweist, bei dem nicht nur die Adresse falsch ist, weil Postleitzahl und Wohnort noch nicht einmal zusammenpassten, sondern der augenscheinlich nicht in Hessen wohnt.

Damit ist unter tatkräftiger Mithilfe der FDP mit Herrn Prof. Safferling ein Kandidat auf die SPD-Liste gesetzt worden, der nicht die Wählbarkeitsvoraussetzungen zum Staatsgerichtshof erfüllt. Ich habe großes Verständnis dafür, wenn einmal ein Fehler unterläuft.

(Allgemeine Unruhe – Glockenzeichen des Präsi- denten)

Gerade bei der Vielzahl von Benennungen, Besetzungen und Wahlen, die wir im Zusammenhang mit der Konstituierung des Landtags zu absolvieren hatten, kann das passieren – gar keine Frage.

Daher habe ich auch zunächst in einem Schreiben an den Landtagspräsidenten und die Damen und Herren PGF-Kollegen aller Fraktionen intern auf diesen Fehler hingewiesen. Mit einer Streichung des Kandidaten von der Liste durch die antragstellende Fraktion wäre dieser Fehler ohne großes Aufsehen zu bereinigen gewesen.

(Norbert Schmitt (SPD): Das stimmt gar nicht! – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Glockenzeichen des Präsidenten)

So jedoch nicht die Reaktion der SPD. Diese beharrte auf einer verfassungswidrigen Wahl. – Ich kann verstehen, dass Sie bei der Opposition nervös werden. – Sie beharrte auf einer verfassungswidrigen Wahl. Dabei ist es Ihnen offenbar auch egal, dass Sie mit Ihrem sturen Verhalten dem

Ansehen des höchsten hessischen Gerichts, aber auch dem Ansehen dieses Landtags schaden.

(Beifall bei der CDU)

Der Präsident hatte im März-Plenum die Fehlerhaftigkeit Ihres Wahlvorschlages gerügt. Wir haben daraufhin die Wahl von der Tagesordnung genommen, um Gelegenheit zu geben, den offensichtlichen Fehler noch einmal zu prüfen, zu korrigieren – Klammer auf, da reicht aber jetzt einfach die Angabe eines nicht zutreffenden Wohnorts nicht aus, Klammer zu.

Dies haben Sie damals kritisiert und als verfassungswidrig bezeichnet. Zwischenzeitlich liegt Ihnen ein unabhängiges Gutachten

(Lachen bei der SPD – Norbert Schmitt (SPD): Von der Staatskanzlei! Da muss er selber schmunzeln! – Glockenzeichen des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, das Wort hat der Kollege Bellino. Ich bitte Sie um etwas Aufmerksamkeit.

eines angesehenen Verfassungsrechtlers vor. – Herr Kollege Schmitt, wenn ich schmunzle, dann ist es wirklich wegen Ihrer Art, wie Sie mit höchsten Gerichten, wie Sie mit einem Kommentator der Hessischen Verfassung umgehen, der auf über 1.000 Seiten

(Lachen der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

einen Kommentar zu dieser Verfassung geschrieben hat. Und jetzt führen Sie das alles ad absurdum, was dieser Mensch an Qualifikation aufzuweisen und an qualifiziertem Gutachten niedergelegt hat. Das ist wirklich bezeichnend für Ihre Art, wie Sie mit diesem Thema und damit mit dem höchsten Gericht des Landes umgehen – blamabel, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Zwischenzeitlich wurde bestätigt, dass dies damals richtig war. Insofern war die Absetzung der Wahl im März-Plenum nicht nur zulässig, sondern sie war notwendig. Wir haben als Hessischer Landtag den verfassungsgemäßen Auftrag, für eine rechtmäßige Besetzung des höchsten hessischen Gerichts zu sorgen. Genau deshalb ist im Gesetz die 21-Tage-Frist vorgesehen, in der wir das entsprechend zu prüfen haben.

Meine Damen und Herren, gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Staatsgerichtshofgesetz ist die Wählbarkeit zum Hessischen Landtag eine der Voraussetzungen für die Wählbarkeit zum Staatsgerichtshof. Entgegen dem, was Kollege Rudolph der Öffentlichkeit weiszumachen versucht, kommt es hierbei gemäß § 4 Wahlgesetz gerade auf den Wohnsitz an. Dieser muss seit einem Jahr in Hessen liegen.

Das ist bei Prof. Safferling augenscheinlich nicht der Fall. Laut einfachem Melderegisterauszug, den jedermann – somit auch Herr Rudolph – einholen könnte, sind sowohl er als auch seine Frau unter der im Wahlvorschlag ursprünglich genannten Adresse in Erlangen gemeldet. Familie Safferling hat zudem 2012 im öffentlich zugänglichen Mitteilungsblatt der Stadt Erlangen die Geburt ihres gemeinsamen Sohnes unter dieser Erlanger Adresse angegeben.

(Günter Rudolph (SPD): Was hat das damit zu tun?)