Das ist aber ein anderer Prozess mit anderen Zielen. Wenn noch nicht einmal die Kommunalpolitikerinnen und -politiker von dem Beteiligungsverfahren mehrheitlich wussten – sie müssen die meisten Maßnahmen umsetzen, denn das geschieht immer vor Ort; sie sind Teil des Ganzen –, dann ist das Verfahren missglückt. In Sachen Demokratisierung, Bürgerbeteiligung und guter Planung ist hier wirklich noch viel Luft nach oben. Das federführende Umweltministerium hat hier unserer Ansicht nach versagt.
Der Plan bzw. das, was von ihm durchgesickert ist, ist darüber hinaus bislang ein schlechter. Das gemeinsame Ziel aller Klimaschutzpläne muss nach dem Pariser Klimaschutzabkommen die Begrenzung des Anstiegs der globalen Durchschnittstemperatur auf unter 2°, möglichst auf 1,5° sein. Ob es sich dabei um den nationalen, internationalen oder den Klimaschutzplan der Stadt Wiesbaden handelt, ist völlig gleichgültig. Es muss überall und zügig stattfinden – sonst ist es zu spät.
Aber all diese Pläne sind daran zu messen, ob sie geeignet sind, dieses Ziel zu erreichen. Wir müssen an dieser Stelle leider feststellen, dass der Klimaschutzplan der Hessischen Landesregierung das Klimaschutzziel verfehlt. Der Plan liegt nicht knapp daneben, sondern er liegt ganz daneben. Der Klimaschutzplan der Hessischen Landesregierung bzw. das, was davon bekannt ist, orientiert sich immer noch an dem 2°-Ziel, nicht aber an dem 1,5°-Ziel, das wir
erreichen müssen, damit nicht viele Millionen Menschen ihren Lebensraum verlieren. Für Hessen bedeutet das 1,5°-Ziel fast eine Verdopplung der geplanten Klimaschutzaktivitäten. Wir erwarten von der hessischen Umweltministerin, dass sie erklärt, wie Hessen mit einem Plan, der von solch falschen Voraussetzungen ausgeht, das Klimaschutzziel erreichen soll. Wenn wir das ernst nehmen, müssen wir viel mehr tun.
Die Kritik fällt ja nicht vom Himmel. Die Klimaschutzkonferenz in Paris ist ein Jahr her. Der Vertrag ist mittlerweile von Deutschland ratifiziert und rechtskräftig. Frau Ministerin, wann findet das Eingang in die hessische Klimaschutzpolitik? Wenn man sich die geplanten Maßnahmen durchliest, wird klar, dass der hessische Klimaschutzplan, alle – aber auch wirklich alle – Klimaschutzziele verfehlen wird. Das 1,5°-Ziel des Pariser Abkommens, aber auch das 2°Ziel würden aufgrund der eklatanten Schwächen bei der CO2-Reduktion im Verkehrsbereich nicht erreicht werden. Auch die auf dem GRÜNEN-Parteitag in Münster formulierten Ziele würden in Hessen nicht erreicht. Sie machen sich nicht einmal Ihren eigenen Maßstab zu eigen.
Wenn das so bliebe, wäre das ein riesiger Skandal, eine Blamage für ein so reiches und technisiertes Land. Es wäre mehr als unsolidarisch gegenüber denjenigen, denen das Wasser buchstäblich bis zum Hals steht. Frau Ministerin, Sie müssen hier nachbessern. Ich weiß, dass man sich mit den Forderungen, die man in den Raum stellt und in die Tat umsetzen muss, nicht unbedingt beliebt macht. Aber wenn wir nicht damit beginnen, darüber nachzudenken, wie wir Verbrennungsmotoren reduzieren, wie wir verhindern, dass sie weiterhin gebaut werden und wie wir trotzdem Mobilität aufrechterhalten – wenn man nicht diese Fragen in Angriff nimmt und Antworten darauf gibt, mit denen auch die Menschen, die in der Industrie arbeiten und Autos bauen, leben können und mit denen das Bedürfnis der Menschen nach Mobilität befriedigt wird –, dann wird man von einem Klimaschutzplan weit entfernt sein. Man wird auch die Menschen nicht mitnehmen, die Angst davor haben, ihre Arbeitsplätze, ihre Mobilität zu verlieren und auch sonst in ihrem Leben eingeschränkt werden.
Man muss deutlich machen, wie notwendig die Beantwortung der Fragen ist, und man muss Alternativen schaffen, die das Leben trotzdem attraktiv halten. Man kann damit z. B. bei der Kohle anfangen. Das ist ein dringend notwendiger erster Schritt. Wenn Sie nicht bereit sind, hier stärker einzuwirken und dafür Sorge zu tragen, dass wir dieses Klima retten, dann sehe ich sehr schwarz für schwarz-grüne Politik in diesem Land und für die Menschen der nächsten Generationen.
Vielen Dank, Frau Schott. – Ich nehme an, dass Frau Staatsministerin Hinz für die Landesregierung spricht. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das war jetzt wieder eine ordentliche Bandbreite zwischen einer Fraktion, die meint, man brauche auf Landesebene gar keinen Klimaschutzplan, und einer Fraktion, die gesagt hat, es sei
Ich beginne zunächst einmal mit dem Pariser Beschluss auf der Klimakonferenz vom letzten Jahr, als die Weltgemeinschaft sich dazu durchgerungen hat – aus meiner Sicht war das ein großer Erfolg –, dass die Temperatur möglichst nicht stärker als 1,5° steigen soll, auf jeden Fall nicht mehr als 2°. Das sind ein Ansporn und auch eine Verpflichtung für die Staaten, die Regionen und jeden Einzelnen von uns. Denn Klimaschutz erreicht man nicht dadurch, dass man einen Plan aufschreibt, sondern Klimaschutz wird dadurch Realität, dass sich alle diesem Ziel verpflichtet fühlen und in ihren jeweiligen Bereichen alles dafür tun, auch durch Verhaltensänderungen, dieses Ziel zu erreichen. – Darum geht es.
Es haben bereits 111 Staaten den Pariser Vertrag ratifiziert. Auf der Folgekonferenz in Marrakesch haben fast 50 Staaten neu erklärt, dass sie jetzt auf erneuerbare Energien umsteigen wollen. – Das ist nur ein Gruß an die FDP, die immer noch glaubt, wir seien in Deutschland allein auf der Welt. Aber ich habe sowieso den Eindruck, dass die FDP – das zeigt jedenfalls ihr Antrag – nicht verstanden hat, wie wichtig Klimapolitik für das weitere Leben, das Überleben unserer Gesellschaft ist und wie notwendig Klimapolitik auch für die wirtschaftliche Prosperität in unserem Land und damit auch in Hessen ist.
Bevor ich im Weiteren dazu komme, will ich kurz auf das Verfahren eingehen. Ich finde es höchst vergnüglich, dass Sie bis heute behaupten, Sie wüssten eigentlich von nichts, eigentlich sei auch niemand richtig beteiligt worden und die Fraktionen sowieso nicht. Frau Abg. Schott von den LINKEN behauptet sogar, die Öffentlichkeit sei nicht richtig beteiligt worden, und die Kommunen hätten auch von nichts gewusst. Das ist jetzt schon reichlich absonderlich, was hier in den Raum gestellt wurde.
(René Rock (FDP): Wann kommen wir denn zur Klimakonferenz? Frau Ministerin, sagen Sie doch einmal etwas zu den Fakten!)
Wir haben auf der Nachhaltigkeitskonferenz, in der alle Fraktionen einen Sitz haben, den Beschluss über die Frage gefasst, wie der Beteiligungsprozess ablaufen soll. In dieser Nachhaltigkeitskonferenz sitzen nicht nur die Fraktionen, sondern auch die Kommunalen Spitzenverbände und die Unternehmerverbände. Die Wissenschaft, die NGOs, die Umweltverbände und weitere parlamentarische Verbände sind da vertreten. Daher ist das ein breit aufgestelltes Gremium, das genau diskutiert und beschlossen hat, wie der Beteiligungsprozess vonstattengehen soll. Es gibt bis heute keine einzige Kritik aus diesem Kreis gegenüber dem Beteiligungsverfahren.
Wir haben es übrigens nachgeprüft: Es sind wirklich – auch im Nachgang – alle Fraktionen persönlich eingeladen worden. Daher weiß ich nicht, warum sich drei Fraktionen aus diesem Haus überhaupt nicht weiter an dem Zustandekommen beteiligt haben.
Im Übrigen sind nicht nur aus dem Steuerungskreis, sondern auch aus den Arbeitsgruppen alle Protokolle im Internet einzusehen. Auch der Fortgang, wie sich die einzelnen Verbände und Akteure aufgestellt haben und was sich an den Maßnahmen, die vorgeschlagen wurden, verändert hat, ist im Internet nachzulesen. Ich weiß nicht, wie man das noch transparenter machen soll.
Wir haben ein Unternehmensforum und zwei Regionalforen gehabt, in denen nicht nur die Regierungspräsidien, sondern auch die Landratsämter und Kommunen eingebunden waren. Wir haben zwei extra Veranstaltungen mit Kommunen und Veranstaltungen auf dem Hessentag gehabt. Dann haben wir eine Onlinebeteiligung über die Homepage der Nachhaltigkeitskonferenz gehabt. Es gab da eine breite Beteiligung: 1.400 Kommentare und Maßnahmenvorschläge. Ich warte im Übrigen bis heute auf einen einzigen konkreten Vorschlag eines Mitglieds der FDPFraktion – nur so viel zur Beteiligung.
Dann komme ich zu dem Punkt: Muss denn die EU alles regeln? Haben wir da gar nichts mehr zu machen? – Meine Damen und Herren, selbstverständlich legt die EU gemeinsame Klimaschutzziele für ihre Mitgliedsländer fest. Das hat sie getan. Wie kommen die zustande, und wie erreichen wir das Ziel? Indem die Nationalstaaten ihre Ziele festlegen, um den Prozess zu gestalten, und indem die Länder ihre Klimaschutzziele festlegen und Aktionspläne gestalten, an denen sie die Kommunen beteiligen.
Die Hessische Landesregierung hat zwar Klimaschutzziele beschlossen. Wir wollen und werden das 1,5°-Ziel erreichen, Frau Kollegin Schott, denn wir haben festgelegt, dass wir bis 2050 mindestens 90 % der Treibhausgasemissionen einsparen wollen. Das ist ein absoluter Wert, und den wollen wir auch erreichen. Aber selbstverständlich müssen dabei alle mittun, und zwar von der untersten Ebene bis zur EU.
Auch der nationale Klimaschutzplan ist doch nicht aus dem Off. Zu diesem Plan haben alle Länder beigetragen. Wir wurden gefragt, was wir machen können, und haben dem Bundesumweltministerium eine Antwort geliefert. Unter anderem auf unserer Antwort ist der Plan aufgebaut worden. Anders kann es ja gar nicht funktionieren. Von daher sollten Sie sich ein bisschen kundiger machen, worum es eigentlich geht, wenn Sie über dieses Thema reden.
Im Übrigen wundert es mich dann doch, dass die Kolleginnen und Kollegen der FDP in Rheinland-Pfalz weder das Klimaschutzgesetz, das es in Rheinland-Pfalz gibt, noch den Klimaschutzplan, noch den Klimaaktionsplan gecancelt haben.
Es ist unglaublich: Die FDP hat alle drei von Rot-Grün übernommen – wahrscheinlich deshalb, weil die FDP gemerkt hat, dass man so etwas in einem Land der Bundesrepublik braucht.
Hessen ist ein wirtschaftsstarkes Bundesland, und wir wollen das bleiben. Wir wollen unsere Wirtschaft in dem Transformationsprozess hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft und damit möglichst klimafreundlichen Gesellschaft unterstützen. Wir wollen vor allen Dingen in den schnell wachsenden Märkten im Bereich des Klimaschutzes und der erneuerbaren Energien führend bleiben. Das heißt, auch unsere Wettbewerbsfähigkeit steht auf dem Spiel. Warum stimmen die Gewerkschaften der Automobilbranche inzwischen der Herstellung emissionsarmer Fahrzeug zu? Warum ist das so? Doch nicht deshalb, weil die Gewerkschaften gerne auf diesen Transformationsprozess setzen, der natürlich erst einmal auch Fragen bezüglich der Arbeitsplätze aufruft, sondern deshalb, weil sie wissen, dass die Automobilbranche sonst Standorte in Deutschland verliert, weil China, Japan und die USA uns vormachen, wie es gehen kann. Wir haben hier etwas zu verlieren, und deswegen ist es notwendig, dass man sich auch mit der Ökonomie des Klimaschutzes befasst. Das hat die FDP meines Erachtens nicht getan.
Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass der Aktionsplan der Bundesregierung Arbeitsplätze schafft und langfristig auch mehr Einsparungen bringt, als er kostet. Genau so ist es im Übrigen beim Klimawandel. Der Klimawandel kostet jetzt schon unglaublich viel Geld – volkswirtschaftlich und teilweise auch betriebswirtschaftlich. Die Münchener Rück hat das einmal berechnet – für die internationale Gemeinschaft, für Europa, für Deutschland und für Hessen. Auch das können Sie nachlesen, wenn Sie sich dafür interessieren.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss, weil ich ausreichend dargelegt habe, dass es sich kaum lohnt, sich mit dem Antrag der FDP-Fraktion weiter auseinanderzusetzen.
Wir sind in der Regierung bei den letzten Abstimmungen über den Klimaschutzplan. Dann werden wir ihn veröffentlichen.
Ich bin nicht sicher, ob wir es dieses Jahr noch schaffen, aber wir werden ihn spätestens Anfang nächsten Jahres der Öffentlichkeit vorstellen. – Ich komme gerne auch in den Landtag und diskutiere den Plan mit Ihnen. Damit habe ich überhaupt kein Problem. Sie wissen, ich diskutiere über Einzelmaßnahmen, über Pläne, über Strategien. Debatten sind immer gut. Wenn die Regierung beschlossen hat, dann hat das Parlament auch etwas Konkretes vorliegen, über das es hoffentlich etwas fundierter diskutieren kann als über einen Antrag der FDP-Fraktion.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Ministerin, Sie haben eben noch einmal deutlich unterstrichen, wie wichtig unser Antrag ist, indem Sie ganz deutlich herausgearbeitet haben, dass Sie das Parlament bei der Frage ignorieren, wie Sie diesen Klimaschutzplan ausgestalten werden. Sie ignorieren das Parlament. Das ist Ihr Verständnis von Demokratie.
Sie haben deutlich gemacht – und haben das auch immer so gesagt –, Sie werden als Regierung diesen Plan veröffentlichen, und irgendwann, wenn Sie Lust dazu haben, werden Sie uns irgendwie, in irgendeiner Form damit befassen. Das ist genau das, was wir nicht wollen, und das ist auch genau das, liebe Kollegen von der Union, was Ihre Kollegen von der Bundestagsfraktion kritisiert haben.
An die Kollegen gerichtet, die sich hier geäußert haben: Als Demokrat und als Liberaler erachte ich es als selbstverständlich, dass ich jemandem, der den menschengemachten Klimawandel leugnet, trotzdem die Hand gebe, mit ihm trotzdem einen Kaffee trinke und mit ihm rede, wenn er hier im Parlament ist.
Wie Sie hier auftreten, wie Sie versuchen, Leute, die eine andere Meinung haben, mundtot zu machen, das zeigt kein demokratisches Selbstverständnis, sondern das ist eine Frechheit.