Das bedeutet, dass viele junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler überhaupt keine Perspektive an den Hochschulen haben. Viele gehen den Hochschulen verloren, weil sie eine befristete Stelle und dann noch eine befristete Stelle haben. Sie hangeln sich von befristeter Stelle zu befristeter Stelle. Irgendwann überlegen sie sich, dass das für sie keine existenzsichernde Perspektive ist.
Deswegen ist unser Anspruch: Hochschulen müssen gute Arbeitgeber sein. Deswegen muss der Anteil der befristeten Beschäftigung an den Hochschulen zurückgedrängt werden. Das geht nur, wenn der Anteil der Drittmittel im Verhältnis wieder abnimmt.
Es ist nicht nur so, dass die Zahl der Studierenden steigt. Vielmehr haben wir noch besondere Herausforderungen. Beispielsweise ist das die Integration junger geflüchteter Studierender, die in ihrem Heimatland vielleicht schon fünf Semester Medizin studiert haben. Sie brauchen dann hier an den Hochschulen eine Perspektive. Auch das muss natürlich berücksichtigt und finanziert werden.
Ich will eine Anmerkung zur Hochschulfinanzierung insgesamt machen. Denn meine Vorrednerin hat das angesprochen. Wir sind der Überzeugung, dass Hochschulen keine Unternehmen sind. Das heißt, es ist nicht klug, dass immer mehr betriebswirtschaftliche Steuerungselemente Einzug in die Hochschulfinanzierung erhalten. Forschung und Lehre lassen sich nicht wie Industrieprodukte messen. Es geht um Erkenntnisgewinn. Es geht um das, was Menschen lernen. Es geht auch darum, dass man in der Forschung natürlich Fehler macht und vielleicht auch falsche Wege beschreitet.
Wir können da nicht wie mit einem Industriebetrieb umgehen. Deswegen sehen wir es sehr kritisch, dass die Hochschulfinanzierung immer mehr eine betriebswirtschaftliche Steuerung bekommt. Die Hochschulen werden quasi immer betriebswirtschaftlicher. Sie sind aber eigentlich Bildungseinrichtungen.
Gute Studienbedingungen hängen nicht nur davon ab, wie viele Professorinnen und Professoren es gibt und ob die Hörsäle aus allen Nähten platzen oder nicht. Vielmehr brauchen wir für die Studierenden auch eine gute soziale Infrastruktur. Auch da haben wir in Hessen großen Nachholbedarf.
Schauen wir uns einmal die Finanzierung der Studierendenwerke an. Da sind die Zuschüsse bundesweit absolut und relativ in den letzten Jahren zurückgegangen. Hessen finanziert seine Studierendenwerke im bundesweiten Vergleich besonders schlecht. Es gibt einen sehr geringen Anteil öffentlicher Zuschüsse. Er beträgt nicht einmal mehr 10 %.
Im Gegenzug dazu sind die Beiträge für die Studierenden vergleichsweise hoch. Das sorgt dann dafür, dass die Umsatzerlöse die Haupteinnahme für die Studierendenwerke sind. Höhere Preise sind eine Folge geringerer Zuschüsse. Das läuft natürlich auf eine zusätzliche finanzielle Belastung hinaus, und zwar gerade für die Studierenden in Südhessen. Das gilt aber auch für die anderen Hochschulstädte, in denen wir sehr hohe Mieten haben.
Gerade Studierende, die nicht aus reichen Elternhäusern kommen, sind darauf angewiesen, dass es z. B. ein bezahlbares Mensaessen gibt und dass es eine gute soziale Infrastruktur gibt. Deswegen fordern wir auch dieses Mal einmal mehr, dass es eine Finanzierung der Studierendenwerke braucht.
Es geht natürlich auch um den Wohnraum. Wir haben hier mehrfach darüber diskutiert. Es gibt da ein Problem in den
Ballungsräumen und in den Universitätsstädten. Es gibt da kaum bezahlbaren Wohnraum. Das ist sicherlich nicht nur ein Problem für Studierende. Aber es ist auch eines für Studierende.
Wir haben in Hessen die Situation, dass die Wohnheimquote, also der Anteil der Studierenden, die einen Platz in einem Studentenwohnheim haben können, besonders niedrig ist. Auch im bundesweiten Vergleich ist er sehr niedrig. Da die Zahl der Studierenden weiter wächst, beim Bauen aber nicht die Anstrengungen unternommen werden, die man eigentlich brauchen würde, sinkt der Anteil immer weiter.
Deswegen sagen wir: Gute Studienbedingungen bedeutet auch bezahlbaren Wohnraum für Studierende. Denn je höher die Miete ist, umso mehr müssen die Studierenden natürlich nebenher arbeiten, um ihr Studium zu finanzieren. Deswegen müsste hinsichtlich des studentischen Wohnraums viel mehr passieren, als das bisher der Fall ist.
Ich will noch auf Folgendes hinweisen: Es gibt an vielen Hochschulen mittlerweile Zivilklauseln. Sie wurden eingeführt, weil man deutlich machen wollte, dass man Rüstungsforschung an den Hochschulen ausschließen möchte.
Diese Zivilklausel ist nicht gesetzlich verankert. Das möchte die Landesregierung nicht. Ich finde aber, dass es sinnvoll wäre – das haben wir mehrfach beantragt –, eine Art Kompetenzstelle im Wissenschaftsministerium zu schaffen, die einem einen Überblick über die Forschungsprojekte verschafft, die zwar grundsätzlich nicht für die militärische Forschung gedacht sind, aber dafür durchaus dienen könnten. Es geht da also um die klassische DualUse-Frage.
Ich fände es durchaus sinnvoll, wenn es im Ministerium eine Stelle geben würde, die Hochschulen, die eine Zivilklausel haben, genau hinsichtlich der Frage berät, ob es sich um militärische Forschung handeln könnte, ob es eine militärische Komponente gibt oder ob das eben nicht der Fall ist. Ich fände, das wäre ein gutes Zeichen, das besagt, dass sich die Hessische Landesregierung für eine friedensorientierte Forschung an den Hochschulen einsetzt.
Natürlich will ich auch zu Kunst und Kultur noch etwas sagen. Da stellen wir schon fest, dass es punktuell Verbesserungen gibt. Das betrifft z. B. den Kulturkoffer. Aber auch die Kulturförderung bleibt ausbaufähig. Die Mittel für die institutionelle Förderung der verschiedenen Verbände und Kultureinrichtungen sind zum Teil seit zehn Jahren nicht mehr angehoben worden. Sie sollen auch im nächsten Jahr nur für wenige Einrichtungen leicht erhöht werden.
Die Kosten für Energie, für die Bauunterhaltung, für Dienstleistungen sind in diesem Zeitraum regelmäßig gestiegen. Es hat Tariferhöhungen gegeben. Das musste aus dem Budget finanziert werden. Das bedeutet, dass diese Einrichtungen immer weniger Geld zur Verfügung hatten, weil die Landesregierung die steigenden Kosten einfach nicht ausgleicht.
Die Kultureinrichtungen werden also von der Landesregierung mit den steigenden Kosten faktisch alleine gelassen. Allzu häufig haben sie dann keine anderen Möglichkeiten mehr, als Angebote zu kürzen oder zu streichen oder die Belastungen auf die Beschäftigten abzuwälzen. Das gilt so
wohl für die Museen als auch für die Bibliotheken. Das gilt aber z. B. auch für die Staatstheater, zu denen ich noch ein bisschen etwas sagen möchte.
Es gibt einzelne Verbesserungen, z. B. bei den soziokulturellen Zentren. Das gilt auch für die Projektförderung für die privaten Museen. Aber insgesamt haben wir es mit einer schleichenden Aushöhlung der kulturellen Förderung zu tun. Es besteht das Problem, dass die steigenden Kosten einfach nicht ausgeglichen werden. Das muss vielmehr aus den Budgets finanziert werden.
Der Hessische Museumsverband muss z. B. jährlich die Förderanträge hessischer Museen in der gleichen Höhe zurückweisen, wie er Förderungen gewähren kann, von dem erforderlichen Ausbau der Angebote, wie etwa der kulturellen Bildung vor Ort durch Museumspädagoginnen und -pädagogen oder durch Jugendkunstschulen, ganz zu schweigen. Der Kulturkoffer, den wir grundsätzlich begrüßen, ist ein gut vorzeigbares Einzelprojekt. Aber er kann keine umfangreiche und umfassende Wirkung erzielen.
Deshalb werden wir Anträge zum Haushalt stellen, die an diesen Problemen ansetzen sollen. Die Förderung muss mindestens entsprechend der allgemeinen Preissteigerung erfolgen oder bei der Projektförderung der Museen dem tatsächlichen Bedarf angepasst werden.
Erfreulich finden wir, dass die Murnau-Stiftung aus der bisherigen Projektförderung in die institutionelle Förderung des Landes übernommen wurde. Meine Damen und Herren, wir halten es für richtig, dieses einmalige und international höchst bedeutsame Filmarchiv, das auch nächste Woche Geburtstag feiert, langfristig zu sichern und dauerhaft finanziell aus Landesmitteln zu fördern.
Ich will noch eine Bemerkung zum Theater machen. Vielleicht haben Sie es gelesen: Es gab eine Aktion mit dem Namen „40.000 Theatermitarbeiter*innen treffen ihre Abgeordneten“. Ich habe mich in dem Zusammenhang mit zwei Schauspielerinnen getroffen und sehr spannende Diskussionen über das Theater und die Arbeitsbedingungen von Künstlern gehabt. Ich habe gesehen, dass sich die Kollegin Feldmayer, Herr Möller von der CDU, Frau Özgüven von der SPD und vielleicht auch noch andere – Angela Dorn meldet sich gerade – ebenfalls getroffen haben. Ich freue mich, wenn sich viele mit den Künstlerinnen und Künstlern getroffen haben. Ziel der Aktion war es, auf die oft prekären und nicht angemessen bezahlten Beschäftigungsverhältnisse aufmerksam zu machen. Ich muss sagen, dass ich schon etwas erstaunt war, zu hören, dass unter 1.500 € netto für eine bis zu 48-Stunden-Woche Realität für viele Schauspielerinnen und Schauspieler sind. Man sollte schon erwähnen, dass die meisten unter ihnen ein abgeschlossenes Studium haben. Das ist eine Bezahlung, die eigentlich kaum existenzdeckend ist.
Deshalb wurde vor Kurzem ein Netzwerk gegründet, das Arbeitszeiterfassung, Gagentabellen, Freizeitausgleich, Überstundenbezahlung, die Gleichbezahlung von Männern und Frauen und auch mehr künstlerisches Mitspracherecht fordert. Ich denke, Theaterbeschäftigte brauchen eine soziale Absicherung und eine angemessene Bezahlung. Das ist dabei ein ganz wichtiger Punkt.
Aber dazu brauchen natürlich auch die Theater eine bessere Finanzausstattung, damit solche Verbesserungen nicht zulasten des künstlerischen Etats gehen. Auch hier sind die
Zuschüsse seit vielen Jahren oft eingefroren, und nicht einmal die Kostensteigerungen, die objektiv entstehen, werden ausgeglichen. Daher liegt auch hier eine Verantwortung beim Land, dass wir gut finanzierte Kultureinrichtungen haben, die wiederum dafür sorgen, dass wir gut bezahlte, sozial abgesicherte Beschäftigungen haben, gerade bei den Kulturschaffenden, unabhängig davon, ob das an den Staatstheatern oder in der freien darstellenden Szene ist. Ich glaube, daran sollten wir alle ein Interesse haben – auch in dem Sinne, dass Kultur für alle durchgesetzt wird, wie Hilmar Hoffmann das einmal genannt hat.
Entfremdet und entwürdigt ist nicht nur der, der kein Brot hat, sondern auch der, der keinen Anteil an den großen Gütern der Menschheit hat.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde, das Wichtigste, das wir in Hessen haben, sind kluge Köpfe, Kreativität und Kultur. Der Einzelplan 15 zeigt auch, dass die Landesregierung in Hessen und die sie tragenden Fraktionen das erkannt haben.
Uns ist es wichtig, dass alle Bürgerinnen und Bürger in Hessen, egal ob hier geboren, zugezogen oder Geflüchtete, möglichst gleiche Zugänge zum Studium haben. Ich will nur den erleichterten Zugang für beruflich Qualifizierte nennen oder den Hessen-Fonds für Flüchtlinge, der es ermöglicht, hier in Hessen ein Studium oder die wissenschaftliche Karriere fortzuführen, was die Menschen in ihren Ländern aus den Fluchtgründen Krieg, Vertreibung und wegen anderer schlimmer Dinge nicht fortführen konnten. Die Mittel von 2,95 Milliarden € für Wissenschaft und Kunst sorgen an den Hochschulen für hervorragende Rahmenbedingungen für die Studierenden und auch für die Kultur in unserem Land.
2017 wird das Hochschulbudget gemäß Hochschulpakt um 18 Millionen € erhöht. Die Hochschulen erhalten dadurch einen verlässlichen Aufwuchs ihrer Mittel auf 1,6 Milliarden €. Frau Wissler, damit kann Hessen auf die große Anzahl der Studienanfänger reagieren. Auch die soziale Infrastruktur für Studierende liegt uns am Herzen. Wir wollen gut ausgestattete Mensen, Wohnheime, Betreuung für die Kinder der Studierenden und Beratung für die Studierenden. Deshalb stärken wir die Studentenwerke in Hessen. Sie erhalten 2017 1,2 Millionen € mehr und somit eine Landesförderung von insgesamt 21,1 Millionen € pro Jahr. Frau Wissler, wir machen genau das, was Sie fordern. Wir statten die Studentenwerke noch viel besser aus und haben damit eine sehr gute soziale Infrastruktur für diesen Bereich.
Neben der guten Ausstattung der Hochschulen und der sozialen Infrastruktur gibt es neue Professorenstellen. Frau Wolff hat es schon genannt: 100 Professorenstellen an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften und 50 zusätzliche Nachwuchsprofessuren sowie 60 Professuren an den Unis, insgesamt also 210 Stellen. Meine Damen und Herren, ich finde, das ist eine ganze Menge.
Damit wird nicht nur eine bessere Betreuung gewährleistet, sondern die Hochschulen werden entlastet, und es werden dauerhaft hochwertige Beschäftigungsverhältnisse geschaffen. Hessen ist eines der Bundesländer, das in der Hochschulpolitik hervorragend aufgestellt ist.
Meine Damen und Herren, ich bin Kollegin Wissler ausdrücklich dankbar, dass sie sich Zeit für den Bereich der Kultur in diesem Einzelplan genommen hat. Ich glaube, die Kultur kommt bei den Beratungen immer etwas zu kurz. Ich habe das auch ein bisschen bei Herrn Grumbach vermisst. Sie haben gesagt, das ist wichtig. Sie haben auch einen wichtigen Punkt angesprochen, nämlich dass das Geld vor allem dorthin fließt, wo die Prominenz ist. Dann war Ihre Redezeit leider zu Ende. Ich hätte mir gewünscht, dass der Kultur etwas mehr Zeit gewidmet wird.
Meine Damen und Herren, Hessen ist ein reiches Land, weil wir so reich an kreativen Künstlerinnen und Künstlern sind. Frau Wissler, Sie haben ein wichtiges Thema angesprochen. Selbstverständlich müssen wir uns auch darum kümmern, wie es den Künstlerinnen und Künstlern geht. Wie sind deren Bedingungen? Ich glaube, das ist in Hessen nicht anders als in anderen Bundesländern. Darauf muss man auch einmal ein Augenmerk richten.
Meine Damen und Herren, in der Kultur in Hessen hat sich in diesem Jahr mit den zusätzlichen Mitteln für das Jahr 2017 – das wurde auch schon von der Vorrednerin und anderen Kolleginnen und Kollegen gewürdigt – schon viel getan. Hier gibt es einen großen Spielraum und noch bessere Rahmenbedingungen. Frau Wissler, Sie haben davon gesprochen, es habe sich ein bisschen etwas getan, und die Fördermittel seien leicht gestiegen. Wenn ich mir den Bereich Soziokultur – den haben Sie wohl ausgenommen – oder auch die freie darstellende Theaterszene anschaue, stelle ich fest, wir haben die Mittel verdoppelt. Ich glaube, da haben wir schon einiges getan, was ein bisschen mehr ist als nur eine leichte Verbesserung.