Protocol of the Session on October 13, 2016

(Zurufe von der CDU – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE): Wir haben nicht mit dem Vergleich mit Thüringen angefangen!)

Darf ich vielleicht einmal wieder? – Ich habe eine weitere Wortmeldung für 1:30 Minuten. Frau Kollegin Dorn, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Minister Tarek Al-Wazir: Wenn wir innerstädtisch mehr leer stehende Plattenbauten hätten, wäre es auch einfacher!)

Sehr geehrte Kollegen! Es ist wohl richtig, dass Thüringen nicht ganz so viele Probleme mit Studentenwohnheimen hat wie Hessen, weil wir ein viel stärker gefragtes Bundesland sind. Gleichzeitig können Sie wirklich nicht sagen, dass Thüringen vorn und Hessen hinten ist.

Ich habe hier die Statistik. In Bau befindliche Plätze: in Hessen 330, in Thüringen 6. – Entschuldigung, das ist ein kleiner Unterschied. Hessen ist vorne, das ist eindeutig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Hermann Schaus (DIE LINKE): Thüringen hat 15 % Quote!)

Kolleginnen und Kollegen, nachdem wir alle Statistiken abgeklärt haben, gibt es keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Debatte um Tagesordnungspunkt 37 beendet und die Aktuelle Stunde abgehalten.

Ich komme zu Tagesordnungspunkt 38:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend eine Aktuelle Stunde (Regierung Bouffier unterstützt blaue Plakette und lässt Handwerker und Mittelstand im Stich – er- neut schwerer Eingriff in Eigentumsrechte) – Drucks. 19/3871 –

Erster Redner ist Kollege Lenders, FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Verkehrsministerkonferenz am 6. und 7. Oktober in Stuttgart hat den Vorstoß der Länder Baden-Württemberg, Bremen und Hessen für eine blaue Plakette gestoppt. Nur das Land Berlin konnte sich dem anschließen. Die deutliche Mehrheit hat dem widersprochen.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Marius Weiß (SPD))

Worum ging es am Ende? Es ging darum, dass die Deutsche Umwelthilfe eine Definition der Berechtigten für eine blaue Plakette erstellt hat. Das ist auch bemerkenswert. Das allein wäre eine Aktuelle Stunde wert, sich über die Deutsche Umwelthilfe zu unterhalten.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Marius Weiß (SPD))

Aber was es am Ende für die Verbraucher bedeuten würde, wenn es solche Pläne geben würde: Das sind nicht nur die Dieselfahrzeuge, die davon betroffen sind. Es kommt in der Diskussion manchmal ein bisschen zu kurz, dass Fahrer von Benzinern mit Direkteinspeisung erst ab einer Neuzulassung ab ca. September 2015 eine hohe Sicherheit haben können, dass ihre Fahrzeuge die Euro-6-Norm überhaupt erfüllen.

Was heißt das für die Bürgerinnen und Bürger? Es sind 13 Millionen Dieselfahrzeuge und rund 3 Millionen ältere Benziner, die praktisch über Nacht ein Fahrverbot erleben würden. Das ist nichts als kalte Enteignung.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, Herr Boddenberg, das kommt am Ende von einem CDU-Ministerpräsidenten. Ministerpräsident Volker Bouffier stellt sich sonst immer gerne vor den Mittelstand und vor das Handwerk und sagt, er sei ihr Freund. Aber gerade der Mittelstand wäre von solchen Maßnahmen massiv betroffen, weil die ihre Flotten überhaupt nicht so schnell umstellen könnten, sodass sie am Ende nicht mehr in die Innenstädte hineinfahren könnten.

Meine Damen und Herren, das ist ein unglaublicher Eingriff in das Eigentumsrecht, und das muss man hier benennen dürfen.

(Beifall bei der FDP)

Dann sind es gar nicht Dieselfahrzeuge, die die größten Verschmutzer sind. Die größten Verursacher gibt es im Einflussbereich der öffentlichen Hand. Das sind die öffentlichen Busse. Meine Damen und Herren, hier könnte die Landesregierung unter der Führung der CDU mithilfe der GRÜNEN aktiv werden. Ich weiß, Sie haben irgendein Programm aufgelegt. Aber diese Flotte erst einmal umzustellen, das wäre aller Mühen wert.

(Beifall bei der FDP)

Schauen wir uns die rechtliche Seite an. Sie sind da auf einem sehr dünnen Eis, wie Verwaltungsrechtler gesagt haben. Prof. Hufen hat in Mainz gesagt, dass die Verhältnismäßigkeit überhaupt nicht gewahrt ist, dass es rechtlich wahrscheinlich überhaupt nicht zulässig ist, solch eine blaue Plakette einzuführen.

Meine Damen und Herren, eine Umweltplakette haben wir schon eine ganze Weile. Schauen wir uns an, was die Umweltzonen bisher überhaupt gebracht haben. Es gibt Untersuchungen vom Fraunhofer-Institut. Es gibt auch andere Untersuchungen europäischer Forschungseinrichtungen. Die bescheinigen ihnen eine nahezu vollständige Wirkungslosigkeit.

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bei was?)

Bei den Feinstaubplaketten, bei den Umweltzonen. – Die Aussage ist: Es bringt zwar nichts, aber es schadet auch nichts. Infolgedessen wird es nicht mehr abgeschafft. – Den GRÜNEN fällt ein, das dann auch noch zu verschärfen. Das ist nicht zielführend.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, Fahrverbote für Millionen Menschen, das ist unfassbar. Das ist ein Eingriff in die Grundrechte, und es gefährdet am Ende den Mittelstand. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Als Nächste spricht Kollegin Dorn, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben ein Thema mit politischem Zündstoff. Es betrifft direkt die Menschen: zum einen das tägliche Autofahren, zum anderen die Gesundheit der Menschen. Deswegen hat die FDP heute wieder ordentlich gezündelt, und ich würde gerne zu den Fakten zurückkommen.

Sehr geehrter Herr Lenders, Sie haben kein Wort darüber gesagt, dass die Grenzwerte für Stickstoffdioxid verbindlich sind und dass diese Höchstwerte seit dem letzten Jahr gelten. Sie haben kein Wort dazu gesagt, dass es in vielen hessischen Städten Überschreitungen dieser Grenzwerte gibt.

Sie haben auch nichts zu den Gesundheitsgefahren gesagt. Sie haben nichts zu der komplexen juristischen Lage gesagt, dass die Europäische Union ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland führt. Sie haben auch nichts dazu gesagt, dass viele Prozesse gegen Bundesländer und Kommunen verloren wurden. Es waren fast alle. Sie haben auch nichts dazu gesagt, dass bei den Umweltzonen schon jetzt viele Ausnahmen für sensible Gruppen und für bestimmte Fahrzeugtypen gelten. Herr Lenders, es ist populistisch, all diese Fakten wieder einmal nicht zu nennen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

In der letzten Landesregierung hat Umweltministerin Puttrich immer wieder versucht, Umweltzonen einzurichten. Die FDP hat sie dabei blockiert. Wir hätten fast wegen Wiesbaden und Darmstadt Zwangsgelder zahlen müssen. Glücklicherweise kam der Regierungswechsel noch rechtzeitig. Wir konnten diese Blockade auflösen. Dadurch sind wir von Zwangsgeldern verschont geblieben. Herr Kollege Rentsch, Ihre Politik hat uns aber kostbare Zeit gekostet, die verloren gegangen ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Bei dem, was ich von Mitgliedern der LINKEN bisher in der Öffentlichkeit vernommen habe, wurden leider immer sehr wenige Fakten genannt. Es wird immer wieder gesagt, wir würden gar nichts tun. Das stimmt nicht. Ich habe gerade die Einführung der Umweltzonen genannt. Wir machen eine Menge für den öffentlichen Personennahverkehr.

Herr Kollege Lenders, das, was Sie gesagt haben, nämlich die Busse umzurüsten, machen wir längst. Das reicht aber leider nicht aus, um die Belastung in den Griff zu bekommen.

Wir fördern die Nahmobilität. Wir haben schon eine Menge für die Luftreinhaltung erreicht. Herr Kollege Lenders, mit der Umweltzone haben wir es endlich geschafft, dass beim Feinstaub die Grenzwerte eingehalten werden. Das, was Sie sagen, stimmt einfach nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Lenders, wir müssen das mit dem Stickstoffdioxid in den Griff bekommen. Sie haben keinen einzigen Vorschlag gemacht, wie wir dieses Problem wirksam in den Griff bekommen können.

Das ist der Unterschied zu uns, den Mitgliedern der Koalition. Denn wir überlegen uns genau, was wirksam ist und was gleichzeitig verhältnismäßig ist.

Wir brauchen Lösungen. Sie müssen der Gesundheit gerecht werden. Sie müssen der Umwelt gerecht werden. Sie müssen verhältnismäßig sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Es ist klar: Für Veränderungen braucht es einen gewissen Druck. Gleichzeitig braucht man die Akzeptanz. So verbinden wir, die Mitglieder der Koalition, Ökologie und Ökonomie.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Was ist der Hintergrund der blauen Plakette? Die Hauptursache für Stickstoffdioxid sind nun einmal die Dieselfahrzeuge. Herr Lenders, das zeigen alle Statistiken. Die blaue Plakette soll jetzt die sauberen Diesel von denjenigen unterscheiden, die einen zu hohen Schadstoffausstoß haben.

Ich glaube, dass die blaue Plakette eine Chance sein kann. Es ist eine Chance angesichts des Imageverlustes, den Diesel-Pkw gerade durch die VW-Affäre erleiden.

Es gibt die sauberen Dieselfahrzeuge. Sie können auch eine schadstoffärmere Übergangstechnologie sein. Das wäre möglich. Das geht aber nur dann, wenn zum einen die angegebenen Abgaswerte den realen Wert widerspiegeln und wenn wir zum anderen endlich zur Euro-6-Norm kommen.

Ich glaube, wir müssen diese Chance für die Automobilindustrie ergreifen. Wir haben hier die Chance, zu klimafreundlicher Mobilität zu kommen, wenn wir es gescheit machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)