Protocol of the Session on October 13, 2016

Die Pluralität ist im hr-Rundfunkrat gestärkt worden. Der Versteinerung ist entsprechend vorgebeugt worden. Die Gremien werden in Zukunft weiblicher, und sie bleiben dabei voll arbeitsfähig, weil sie nicht zu Monsterrundfunkräten aufgebläht werden, die keine Arbeitsfähigkeit mehr gewährleisten.

Grundsätzlich ist schließlich aber mit der Modernisierung des hr-Gesetzes auch ein klares Bekenntnis zum Bestand des Hessischen Rundfunks insgesamt verbunden. Unter der neuen Intendanz wurde die Aufstellung des Hessischen Rundfunks innerhalb der Senderfamilie, wie die Hessische Landesregierung meint, klug und erfolgreich fortentwickelt. Wir unterstützen dies – ich sagte dies bereits bei der zweiten Lesung – aus hessischem Interesse ganz besonders.

Die Diskussion über die AVMD-Richtlinie, die in den nächsten sechs Monaten auch auf europäischer Ebene in Brüssel stattfinden wird, zeigt, dass die Begehrlichkeiten aus dem Bereich des privaten Rundfunks auch international, ja europäisch sind. Die Hessische Landesregierung wird sich auch in Zukunft dafür einsetzen, dass regionale Berichterstattung, sei es im öffentlich-rechtlichen oder auch im privaten Bereich, und damit auch die regionale Identität eine wichtige Stimme im Konzert der Medien ist und insbesondere durch den Hessischen Rundfunk wahrgenommen wird.

Eine zweite Anmerkung zur AVMD-Richtlinie, um die eigentlichen Probleme, über die wir diskutieren sollten, noch einmal darzustellen: Dort sollen Hörfunkräte und auch Landesanstalten für private Rundfunkstrukturen infrage gestellt werden, und zwar unter dem Stichwort der Europäischen Regulierungsstelle. Dem müssen wir uns zuwenden. Denn sonst diskutieren wir hier über Hörfunkräte, die mög

licherweise, wenn diese AVMD-Richtlinie zur Europäischen Richtlinie werden sollte, nicht mehr in dieser Form existieren, wie wir sie heute noch haben.

Wir wollen dieses Gesetz entsprechend sehr positiv goutieren. Ich spreche mich daher – und das wird Sie wirklich nicht erstaunen – für eine Verabschiedung des Gesetzes mit dem Änderungsantrag der Regierungsfraktionen und zugleich gegen die Annahme des Änderungsantrages der SPD-Fraktion aus. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Staatsminister Wintermeyer. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind damit am Ende der Debatte.

Ich lasse nun über den Gesetzentwurf abstimmen. Wer ihm zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? – SPD und FDP. Wer enthält sich? – Die Fraktion DIE LINKE. Somit ist dieser Gesetzentwurf in dritter Lesung angenommen worden und wird damit zum Gesetz erhoben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend Deutsche Gebärdensprache als Wahlpflichtfach an hessischen Schulen einführen – Drucks. 19/3633 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten. Als erste Rednerin hat sich Frau Kollegin Geis von der SPD zu Wort gemeldet. Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

(Präsident Norbert Kartmann übernimmt den Vor- sitz.)

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Bereits 1998 hat der Hessische Landtag nach entsprechender rotgrüner Initiative beschlossen, die Deutsche Gebärdensprache an den Schulen für Hörgeschädigte ab dem Jahrgang 5 einzuführen. Daran hat sich in den letzten Jahren nichts verändert. Es gab aber auch keine Weiterentwicklung, und das, obwohl die Deutsche Gebärdensprache seit 2002 als eigene Sprache durch das Bundesgleichstellungsgesetz in Deutschland anerkannt ist.

80.000 Menschen in Deutschland nutzen sie als ihre Muttersprache. Ebenso ist im Hessischen Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen niedergelegt, dass die Deutsche Gebärdensprache als eigenständige Sprache anerkannt ist, und in der UN-Behindertenrechtskonvention ist die Gebärdensprache sogar besonders hervorgehoben. Die Vertragsstaaten haben sich verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das Erlernen der Gebärdensprache und die Förderung der sprachlichen Identität zu erleichtern.

(Beifall bei der SPD)

Zu einer Stärkung der Bildungschancen für Menschen mit einer Hörbehinderung gehört auch die Stärkung der Deut

schen Gebärdensprache. Im Jahr 2016 ist es aus unserer Sicht an der Zeit, die Deutsche Gebärdensprache als Wahlpflichtunterricht und für die Gymnasien analog § 2 der Verordnung über die Stundentafeln im Wahlunterricht im ersten Schritt für all diejenigen Schulen einzuführen, die Schülerinnen und Schüler mit Hörbehinderungen unterrichten. Der Deutsche Gehörlosenbund schreibt dazu in seiner Stellungnahme:

Schulversuche haben bewiesen, dass bilingual

also mit Gebärdensprache und mit Lautsprache –

erzogene gehörlose Kinder annähernd gleiche Lesekompetenz und Textverständnis haben wie vergleichbare hörende Kinder. Die bilingual erzogenen Kinder zeigten mehr Bereitschaft zur Lautsprache.

In Hessen besuchen laut LWV 750 Schülerinnen und Schüler eine Förderschule. Weitere 1.300 Schülerinnen und Schüler mit Hörbehinderungen besuchen eine Regelschule, und das ist gut so.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Denn, wie wir gestern hörten, ist es ein Ziel der Landesregierung, in jedem erwünschten Fall eine inklusive Beschulung vorzunehmen.

(Christoph Degen (SPD): „Ermöglichen statt verordnen“!)

Im Rahmen der Inklusion ist es aber nicht zu verstehen, weswegen die Deutsche Gebärdensprache im ersten Schritt nicht an all denjenigen Schulen eingeführt wird, an welchen ein hörbehindertes Kind beschult wird. In den USA z. B. ist die Amerikanische Gebärdensprache als Wahlfach in den Highschools längst etabliert und dort die viertpopulärste Sprache nach Spanisch, Arabisch und Französisch.

Auch der Landeselternbeirat von Hessen forderte bereits 2014 ein, dass die Deutsche Gebärdensprache als Wahlpflichtfach für alle Schülerinnen und Schüler auch in den Oberstufen eingeführt wird

(Beifall bei der SPD)

das zeigt eine deutliche Position der hessischen Eltern bereits im Jahr 2014 –; denn das wäre Inklusion für Hörbehinderte leicht gemacht.

Hilfreich für unser Anliegen ist auch die Initiative des Beauftragten für Menschen mit Behinderungen in der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion, Herrn Uwe Schummer. Ich zitiere seine Position:

Wenn wir auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene sowie im Privatbereich Barrierefreiheit erreichen wollen, dann ist einer der ersten Schritte, die Gebärdensprache aufzuwerten. Möglichst viele Menschen müssen motiviert werden, diese Kommunikationsform zu erlernen.

Ich finde diese Initiative sehr interessant und begrüßenswert.

(Beifall bei der SPD)

Die Bundestagsfraktion der CDU hat die Kultusministerkonferenz angeschrieben und darum gebeten, die Gebärdensprache als Unterrichtsfach in Regelschulen einzuführen. Die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Frau Dr. Bogedan, hat es unterstützt und das Schreiben an die Mitglieder der KMK weitergeleitet. In den Bundesländern

Berlin und Brandenburg wird die Deutsche Gebärdensprache eingeführt werden. In Hamburg ist sie bereits eingeführt.

(Dr. Daniela Sommer (SPD): Hört, hört!)

Die Einführung der Deutschen Gebärdensprache wäre auch für das Land Hessen eine große Chance, in dem Bemühen um inklusive Beschulung die rote Laterne zumindest im Bereich der Menschen mit Hörbehinderungen abzugeben.

(Beifall bei der SPD)

Die Kultusministerkonferenz hat gemäß Mitteilung der Union im Bund die Länder aufgefordert, individuelle Wege für junge Menschen mit Hörbehinderungen zu finden, auch ohne das Vorweisen einer zweiten Fremdsprache zum Abitur gelangen zu können. Es wäre interessant, zu erfahren, wie weit diese Bemühungen in Hessen schon gediehen sind.

Dazu gehören im Übrigen auch die Bemühungen, mehr Lehrkräfte auszubilden. Die vorhandenen 13 Dozentinnen und Dozenten in dieser Sprache sind deutlich zu wenig.

Wenn dann auch noch in der Tat hörende Schülerinnen und Schüler Interesse daran haben, die Deutsche Gebärdensprache im Rahmen des Wahlpflichtunterrichts zu erlernen, so ist das ein großer Schritt hin zur Ermöglichung von Teilhabe aller in der Gesellschaft und damit auch hin zu einer Inklusion, die diesen Namen wirklich verdient. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Nächste Wortmeldung, Frau Abg. Ravensburg für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Geis, seit dem Jahr 2000 ist die Gebärdensprache als eigenständige Sprache anerkannt. Sie haben darüber berichtet. Deshalb könnte der Antrag der SPD, Gebärdensprache als Wahlpflichtfach an hessischen Schulen einzuführen, auf den ersten Blick Charme haben. Auf den zweiten Blick muss ich allerdings die Frage stellen: Was wollen Sie damit erreichen? Ist tatsächlich der Wahlpflichtunterricht die richtige Lösung?

Will man die Gebärdensprache als eigenständige Sprache und die Anerkennung als zweite Fremdsprache einführen, die dann auch – Sie haben es erwähnt – in der gymnasialen Oberstufe anerkannt wird, dann müsste diese Entscheidung an die Kultusministerkonferenz verlagert werden.

Sollte die Gebärdensprache dann unterrichtet werden können, wenn ein hörgeschädigtes Kind in der Klasse unterrichtet wird – das haben Sie eben so geschildert –, dann sollten wir zunächst einmal wissen, um welche Kinder es überhaupt geht. Es gibt nicht das eine hörgeschädigte Kind, sondern das flächendeckende Hörscreening – ich möchte hier bemerken, dass es eine große Errungenschaft ist – hat dazu geführt, dass Hörprobleme schon ganz früh diagnostiziert werden können, sodass Kinder mit CochleaImplantaten versorgt werden können. Diese Kinder benötigen überhaupt keine Gebärdensprachdolmetscher im inklusiven Unterricht. Oftmals sind technische Einrichtungen

wie Akustikdecken oder die Ausstattung mit Mikrofonsystemen völlig ausreichend.

Deshalb reduziert sich die Anzahl der Kinder, die auf Gebärdensprache im Regelunterricht angewiesen sind, auf wenige Kinder in Hessen. Sie können den inklusiven Unterricht nur mit der Unterstützung von Gebärdensprachdolmetschern besuchen, und da wäre es natürlich sehr zu begrüßen, wenn auch ihre Mitschüler über die Gebärdensprache mit diesen Kindern kommunizieren könnten.

Jedoch frage ich mich dann, Frau Geis, warum der Antrag auf Wahlpflichtunterricht gestellt wird; denn der beginnt – das Gleiche gilt für den Wahlunterricht im Gymnasium – erst mit der 7. Klasse. Das hörgeschädigte Kind ist aber bereits ab dem 5. Schuljahr in der weiterführenden Schule. Außerdem stellt sich die Frage: Was geschieht in der Grundschule? – Vielleicht ist es Ihnen nicht bekannt gewesen, dass es in Hessen bereits die Möglichkeit gibt, Gebärdensprache als Wahlunterricht oder im Rahmen von Ganztagsangeboten, dann aber nicht benotet, anzubieten.

Auch das haben Sie erwähnt: Will ich vielleicht das Interesse an der Gebärdensprache wecken, um mehr Kinder für den Beruf des Gebärdensprachdolmetschers zu begeistern? Meiner Meinung nach ist aber deshalb der Wahlpflichtunterricht nicht notwendig. Vielmehr gibt es andere Ansätze, die wir wählen sollten.