Auch wenn der Hessische Verwaltungsgerichtshof die fehlende Anhörung als formell rechtswidrig beurteilte, ist entscheidend, dass die Stilllegungsverfügungen nach dem Dafürhalten des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs auch materiell rechtswidrig waren.
Für die fehlerhafte Rechtsgrundlage und die Begründung trägt nach Auffassung des Ausschusses das Bundesumweltministerium die Verantwortung. Das ist ein entscheidender Punkt.
Herr Kollege Schmitt, in Ihren Ausführungen haben Sie sich im Wesentlichen mit der fehlenden Anhörung beschäftigt.
Der Ausschuss stellt fest, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme das Absehen von der Anhörung der RWE Power AG im Zeitraum 16. bis 18. März 2011 seine Grundlage in der Bewertung und Beratung durch die zuständige Fachabteilung im hessischen Umweltministerium sowie einen hinzugezogenen Rechtsanwalt … fand. Die Entscheidung der damaligen hessischen Umweltministerin folgte der Verfahrensweise der übrigen betroffenen Länder, von denen keines eine Anhörung durchführte. Hessen beschritt hier keinen Sonderweg, sondern handelte wie alle anderen Länder auch.
Jetzt kommt ein entscheidender Punkt, meine Damen und Herren. Wir haben alle diese Zeugenaussagen vor uns liegen und können das sehr wohl anhand dieser bewerten. Aus den Aussagen mehrerer Mitarbeiter der Fachabteilung des Umweltministeriums ergab sich übereinstimmend, dass man es für rechtlich vertretbar hielt, auf eine Anhörung der RWE Power AG nach § 28 Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz zu verzichten.
Warum? Sinn und Zweck einer Anhörung ist es ja gerade, einen Adressaten eines Verwaltungsaktes früh genug vor einem sonst überraschenden Eingriff einer Behörde zu schützen und ihn zu unterrichten. Die genannten Zeugen aus der Fachabteilung – das können Sie gerne noch einmal nachlesen – begründen ihre Einschätzung, auf eine Anhörung verzichten zu können, mit folgenden Punkten. Erstens sei die RWE Power AG über die Rechtsgrundlage des § 19 Atomgesetz informiert. Zweitens seien die der Begründung zugrunde liegenden Tatsachen und drittens der Zeitpunkt der beabsichtigten Stilllegung bekannt. Zudem habe viertens die RWE Power AG gegenüber der Presse ausdrücklich darauf hingewiesen, den Anordnungen Folge leisten zu wollen.
Meine Damen und Herren, es spricht doch für sich, dass bereits am 15. März RWE in einer Pressemitteilung geschrieben hat: RWE fährt Biblis ab. – Sogar am 16. März, zwei Tage bevor die Stilllegungsverfügung das hessische Umweltministerium verließ, wurde in einer Betriebsversammlung den Beschäftigten genau das zur Kenntnis gegeben.
Das zeigt doch, dass es mehrere gute Gründe gab für die Auffassung der Fachabteilung, eine Anhörung wäre wohl nur eine bloße Formalie gewesen, die das Verfahren um mehrere Wochen verzögert, aber am Ergebnis nichts geändert hätte. Das sind die Fakten, meine Damen und Herren.
Von einer förmlichen Anhörung nach § 28 HVwVfG konnte abgesehen werden, weil sie vorliegend nicht geboten erscheint. Die wesentlichen Inhalte dieser Anhörung sind Ihnen bereits bekannt, und Sie haben sich bereits diesbezüglich gegenüber den öffentlichen Medien zu unserer Kenntnis geäußert.
Das spricht doch für sich, meine Damen und Herren. Das zeigt deutlich, dass es hier eine klare Abwägung gegeben hat.
Frau Ministerin Puttrich sagte in ihrer Zeugenvernehmung – und das ist sehr wichtig, meine Damen und Herren, weil dadurch deutlich wird, wie die Dinge dort in diesen Tagen behandelt wurden –, dass sie – –
Das passt Ihnen vielleicht nicht, meine Damen und Herren. Aber das ist das, was Frau Puttrich vorgetragen hat. Das ist das, was unsere Wertung hier entsprechend deutlich macht.
Frau Puttrich sagte in ihrer Zeugenvernehmung auf die Frage, ob es einen offenen Prüfauftrag gegeben habe, ob auf eine Anhörung verzichtet werden könne, wörtlich – ich zitiere –:
Die Zeugin Puttrich hat im Übrigen in ihrer Vernehmung auch glaubhaft geschildert, dass bei einer anderen rechtlichen Bewertung durch die Fachabteilung auf eine Anhörung nicht verzichtet worden wäre. Auch das gehört in diesen Zusammenhang.
All diese Aussagen belegen, dass sich die Fachabteilung, der beratende externe Fachanwalt und Frau Ministerin Puttrich umfassend und verantwortungsvoll um die Frage einer förmlichen Anhörung gekümmert haben und vor Abfassung der Stilllegungsverfügung zu einer umfassenden Wertung und Entschlussfassung gekommen sind.
Deshalb weise ich die Behauptung der SPD, es liege eine vorsätzliche oder gar grob fahrlässige Amtspflichtverletzung vor, entschieden zurück. Das ist falsch, meine Damen und Herren.
Frau Ministerin Puttrich hat zum Zeitpunkt der Entscheidung verantwortungsvoll alle Fakten abgewogen und nachvollziehbar entschieden. Ihr ist kein Verschulden, weder fahrlässig noch vorsätzlich, vorzuwerfen.
Die SPD sollte ihr parteipolitisch motiviertes Manöver endlich einstellen. Es ist nicht glaubwürdig, was Sie hier vortragen. – Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU und bei Abgeordnetes des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Günter Rudolph (SPD): Haltet den Dieb!)
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einmal zwei grundsätzliche Bemerkungen, insbesondere im Hinblick auf die Rede von Herrn Arnold. Wenn Sie hier sagen, das sei rufschädigend,
dann muss ich schmunzeln. Bei diesem Vorgang gibt es genau zwei Möglichkeiten. Entweder es war Vorsatz, oder es war Inkompetenz. Sie sagen, es sei Inkompetenz gewesen.
Kollege Arnold, daher würde ich sagen, dass das ein klassisches Eigentor war. Wäre ich Frau Ministerin Puttrich, würde ich Herrn Arnold sagen: Herr Arnold, wir gehen einmal einen Kaffee trinken, und dann erkläre ich Ihnen, wie eine Verteidigungsrede geht.
Außerdem möchte ich mit einer weiteren grundsätzlichen Frage aufräumen, Herr Arnold. Die Frage lautet: Wie ist es denn mit der Wahrheit hier im Plenum?