Protocol of the Session on September 15, 2016

Darüber hinaus gibt es weitere Unterstützung für die kommunale Familie. Ich erwähne hier nur am Rande das Kommunalinvestitionsprogramm mit über 643 Projekten. Im Rahmen dieser Projekte werden über 1 Milliarde € für Infrastrukturmaßnahmen auf der kommunalen Ebene ausgeschüttet. Meine Damen und Herren, diese Beispiele zeigen, dass die Finanzen der Kommunen und die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger bei dieser Landesregierung in guten Händen sind.

(Timon Gremmels (SPD): Na ja!)

Meine Damen und Herren, es ist keine Frage, dass alle Kinder schwimmen können sollen. Da stimmen Ihnen alle zu. Aber ich darf schon die Frage in den Raum stellen: Ist das ausschließlich eine staatliche Aufgabe?

(Janine Wissler (DIE LINKE): Für Leute, die einen Swimmingpool im Garten haben, vielleicht nicht!)

Ich bin der Meinung, hier sind auch die Eltern gefragt. Warum muss denn die Schule den Kindern das Schwimmen beibringen?

(Timon Gremmels (SPD): Warum muss die ihnen denn Deutsch beibringen?)

Warum muss denn die Schule Kindern Schuhe zubinden, Fahrrad fahren, lesen und vieles andere mehr beibringen?

(Unruhe bei der SPD und der LINKEN – Glocken- zeichen der Präsidentin)

Das sind nach meinem Verständnis auch Aufgaben, bei denen die Eltern Erziehungsaufgaben mit leisten müssen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Dann brauchen die ein Schwimmbad dafür! – Unruhe bei der SPD und der LINKEN)

Die Schule kann hier durchaus unterstützen, um Grundlagenkenntnisse zu vermitteln.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das sind aber die Lernziele, da steht doch Schwimmen mit drin! – Anhaltende Unruhe bei der SPD und der LINKEN – Glockenzeichen der Präsidentin)

Natürlich. Ich habe doch nicht gesagt, dass es keine schulische Aufgabe ist.

Meine Damen und Herren, entscheidend ist doch, was im Grundgesetze steht: „Pflege und die Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern“ – das ist keine Frage, der Satz geht aber noch weiter – „und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.“ Das ist auch Aufgabe der Eltern. Man kann das nicht allein auf die Schule abwälzen.

Meine Damen und Herren – auch die Damen und Herren auf der Zuschauertribüne –: Wo haben Sie denn Schwimmen gelernt?

(Zuruf von der Zuschauertribüne: Im Schwimmbad! – Anhaltende Unruhe)

Kollege Bauer, Ihre Frage können wir wohl nicht beantworten lassen. Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ich bedauere das sehr. – Meine Damen und Herren, ich darf zum Schluss festhalten: Der Schwimmunterricht ist in Hessen möglich. Wir haben die Schwimmbäder unterstützt und gestärkt. Die Kommunen sind durchaus in der Lage, mit den finanziellen Zuweisungen ihre Schwimmbäder in Schuss zu halten.

Zum Schluss noch der Kerngedanke: Es ist nicht allein die Aufgabe des Staates, Schwimmenlernen zu vermitteln. Hier sehe ich auch die Eltern in der Pflicht.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Genau, die sollen alle im Main schwimmen lernen!)

Besten Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Greilich, FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mir ist nicht ganz klar, woher diese Aufregung kam. Das Thema ist doch zu wichtig und eigentlich kein Anlass für besonders aufgeregte Auseinandersetzungen. Ich bin den LINKEN dankbar, dass sie es hier einmal auf die Tagesordnung gesetzt haben. Wir sollten das aber in aller Ruhe besprechen.

Das Thema Schwimmunterricht beschäftigt den Landtag häufiger und seit geraumer Zeit. Es gab verschiedene Kleine Anfrage und Berichtsanträge. Anlass für die Befassung heute – das hat Kollege Schaus dargelegt – sind die neuesten Zahlen der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft. Nach Jahren des Rückgangs – auch das muss man einmal bemerken – sind die Zahlen von Todesfällen im Wasser jetzt wieder gestiegen; bis Ende August waren es in Hessen 30. Es gibt einen bundesweiten Anstieg bei Kindern im Grundschulalter.

Bei einem stimme ich dem Kollegen Bauer ausdrücklich zu: Man sollte diese Zahlen jetzt nicht pauschal benutzen, um wieder auf den fehlenden Schwimmunterricht in Hessen zu zeigen. Es gibt dort eine Vielzahl von Ursachen. Da müssen wir überall ansetzen, um das Beste dagegen zu tun.

Über eines sollten wir uns aber auch im Klaren sein: Die beste Prävention gegen das Ertrinken ist, dass wir den Menschen zuerst einmal das Schwimmen beibringen. Insbesondere sind wir natürlich dafür verantwortlich, dass die Kinder Schwimmen lernen. Der Tatbestand ist so, wie es Michael Hohmann von der DRLG Hessen formuliert hat. Ich darf aus einem Bericht der „hessenschau“ zitieren: „Ein Drittel der Kinder nach der Grundschule kann nicht oder nur unsicher schwimmen.“

Herr Kollege Bauer, es geht also nicht um 100 %. Ein Drittel kann nicht oder nur unsicher schwimmen. Ich zitiere Herrn Hohmann weiter: „Wenn der Schwimmunterricht nicht mehr gehalten werden kann, dann können auch immer weniger Schüler schwimmen.“

(Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Herr Kultusminister, das sind Zusammenhänge, die man sicher nicht wegdiskutieren kann. Es ist nun einmal so, dass die Landesregierung für den Erhalt des Schwimmunterrichts als verbindlicher Bestandteil des Schulsports zuständig ist. Es ist unbestritten – auch darauf hat Herr Kollege Bauer hingewiesen –: Die Durchführung von Schwimmunterricht ist natürlich an den jeweiligen Schulstandorten auch davon abhängig, dass die Möglichkeit zur Nutzung von Schwimmbädern geschaffen wird. Dafür sind in erster Linie die Schulträger verantwortlich. Das kann man nicht wegdiskutieren.

Ich will unterstreichen: Auch die Eltern sind in der Pflicht, ihren Kindern möglichst frühzeitig das Schwimmen beizubringen und sich bewusst zu machen, dass auch der Erwerb des Seepferdchens nicht ausreicht, um von Schwimmen können zu reden.

Aber – Herr Kollege Bauer, das haben Sie leider ausgeblendet – das befreit die Landesregierung nicht davon, Ideen und Konzepte zur Realisierung des Schwimmunterrichts zu entwickeln und ihrer Verpflichtung gerecht zu werden, den Schwimmunterricht zu gewährleisten.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Ich darf einmal die bestehenden Regeln zitieren: Für den Bildungsstandard Sport Primarstufe, den die Landesregierung erarbeitet hat, gilt in Hessen – Herr Bauer, bitte hören Sie jetzt genau zu – unter der Überschrift „Bewegen im Wasser“ nicht, dass ein paar Kindlein schwimmen lernen sollen, sondern dort steht:

Ziel ist es, dass alle Kinder die Anforderungen für den Erwerb des Deutschen Jugendschwimmabzeichens in Bronze (Freischwimmer) erfüllen bzw. sich mindestens sicher über Wasser halten können.

Damit hat die Landesregierung selbst die Messlatte gesetzt, und sie läuft – wie leider so oft – wieder darunter durch.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Zu den Berichtsanträgen und wortgleich in der Beantwortung der Kleinen Anfrage Drucks. 19/1536 hat die Landesregierung ausgeführt – ich zitiere –:

Die hohe Bedeutung des Schwimmunterrichts für die Landesregierung kommt hinreichend dadurch zum Ausdruck, dass Schwimmunterricht in Lehrplänen und Bildungsstandards verankert ist.

Meine Damen und Herren, das müssen Sie sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Herr Kultusminister, das ist eine etwas abenteuerliche Argumentation. Wenn das ausreicht, um die Pflichten zu erfüllen, was würde das für andere Fächer wie Mathematik, Deutsch, Musik usw. bedeuten? Können die auch einfach ausfallen?

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das können doch die Eltern beibringen!)

Die Landesregierung lehnt sich dann entspannt zurück mit dem Hinweis: Wir haben unsere Pflicht erfüllt. Es steht in den Lehrplänen und Bildungsstandards, ob der Unterricht stattfindet oder nicht. Das ist nicht unsere Verantwortung.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Janine Wissler (DIE LIN- KE): Dafür sind die Eltern verantwortlich!)

Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung muss dafür Sorge tragen, dass die Schulen den Schwimmunterricht erteilen können. Es ist erforderlich, Konzepte zu entwickeln und die Schulen vor Ort zu unterstützten. Eine gute Einbettung in den Unterricht, Kooperationsmodelle, Blockunterricht – das alles sind nur Stichworte. Da ist Kreativität gefragt. Das ist meine abschließende Forderung an diese Landesregierung: Verwenden Sie Ihre Kreativität doch einmal dafür, solche Modelle zu entwickeln, und nicht dafür, die Schulen immer mehr zu gängeln.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Vielen Dank. – Die nächste Rednerin ist Kollegin Hartmann, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im alljährlichen Rhythmus führen wir die Diskussion über die besorgniserregende Entwicklung, dass die Zahl der Nichtschwimmer – rund ein Drittel der unter 14-Jährigen kann laut Statistik nicht schwimmen – und die Zahl der tödlichen Badeunfälle extrem angestiegen sind. Eines unterscheidet aber die heutige Debatte von den vorherigen: Solch hanebüchene Argumente habe ich selbst von Rednern der CDU-Fraktion noch nie gehört.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Herr Bauer, es ist schon makaber, wie Sie bei der Analyse der Zahl der tödlichen Badeunfälle vorgehen. Sie kommen aus demselben Landkreis wie ich, der laut der „hessenschau“ einen rühmlichen letzten Platz bei den Badeunfällen – oder einen Spitzenplatz, was das Nichtvorhandensein von Schwimmmöglichkeiten anbelangt – einnimmt. Ich hätte erwartet, dass Sie etwas sensibler an dieses Thema herangehen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LIN- KEN)

Meine Vorredner haben es schon deutlich gemacht: Die geschilderte Negativentwicklung kommt nicht von ungefähr.