Protocol of the Session on September 15, 2016

(Beifall bei der FDP und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Herzlichen Dank, Kollege Greilich. – Das Wort hat der Abg. Hermann Schaus, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn die CDU schon mal etwas gut macht, feiert sie sich gleich selbst mit einer Aktuellen Stunde. In Anlehnung an die Frage von Herrn Möller vorhin: „Brauchen wir eine solche Aktuelle Stunde?“, will ich eindeutig mit Ja antworten. Denn es kommt nicht so oft vor, das Sie etwas gut machen.

Deshalb möchte ich auch das Einigende in meiner Rede voranstellen: Ja, es ist immer richtig und auch wichtig, Präventionsmittel aufzustocken. Prävention ist besser als Repression, weil Prävention früh versucht, zu deeskalieren und zu vermitteln. Damit soll verhindert werden, dass sich gesellschaftliche Probleme in Gewalt und Fanatismus verwandeln.

Deshalb ist es auch absolut richtig, dass in Hessen in den letzten Jahren die Mittel für Prävention in der Tat in beträchtlichem Umfang aufgestockt wurden. Damit wurde im Übrigen auch eine langjährige Forderung von uns berücksichtigt. Das gilt insbesondere im Kampf gegen Rassismus und rechte Gewalt, der lange vernachlässigt wurde.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Anhörung im Innenausschuss in der letzten Woche hat gezeigt, wie gut dieses Geld angelegt ist.

Ähnliches muss man über die Programme im Sport sagen, bei denen mit vergleichsweise wenig Geld durch viele Ehrenamtliche viel an Integration organisiert wird.

Dies gilt sicherlich auch für die Präventions- und Beratungsstellen mit dem Schwerpunkt islamistische und dschihadistische Radikalisierung. Hier ist hervorzuheben, dass das Violence Prevention Network und andere eine ganz wichtige Arbeit leisten. Sie helfen und unterstützen frühzeitig, wenn Eltern, Freunde und Schulen verunsichert über das radikale Auftreten einzelner Jugendlicher sind. Sie können so vermitteln und Menschen Wege zurück anbieten. Das ist das Entscheidende.

Wir wissen, dass es für die vielen Ehrenamtlichen und die wenigen Hauptamtlichen, die diese wichtige Präventionsarbeit leisten, nicht einfach ist. Je mehr sich soziale, politische und internationale Spannungen zuspitzen, desto eher sind Eskalationen möglich.

Ich habe mir sagen lassen, dass die sorgfältige Begleitung eines radikalisierten, vielleicht auch fanatisierten Jugendlichen sowie der Kontakt zur Familie und zur Umgebung nahezu eine Vollzeitaufgabe sind. Deshalb: Unser aufrichtiger Dank gilt allen, die diese schwierige und für unsere Gesellschaft so wichtige Aufgabe wahrnehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Kritisch möchte ich allerdings anmerken, dass es mehrere Jahre dauerte, bis diese Mittel, sowohl die zur Bekämpfung des Rechtsextremismus als auch die zur Bekämpfung des Islamismus, nennenswert erhöht wurden. Hier hat Schwarz-Gelb – ich betone: Schwarz-Gelb – viel zu wenig gemacht, und deshalb gibt es auch sehr viel Nachholbedarf. Deshalb ist der Jubelton, in dem die CDU nun eine drei Monate alte Presseerklärung des Innenministers zur Auszeichnung des Beratungsnetzwerks vorträgt, nicht angebracht.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Menschen sind wegen der sozialen, politischen und internationalen Spannungen zunehmend beunruhigt, und wir erleben, wie schnell dies – auch bei uns – in offenen Hass umschlagen kann. Ich kann deshalb nur allen raten, nicht noch als Brandbeschleuniger zu agieren und Vorurteils-, Angst- und Ausgrenzungsdebatten zu führen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die GRÜNEN haben jüngst zu Recht erklärt – ich weiß nicht, wer es war –: Es ist wahrscheinlicher, in Mecklenburg-Vorpommern einen Buckelwal als eine Frau in einer Burka zu treffen. – In Richtung CDU heißt das für mich: Die von Ihnen angestoßene, rein virtuelle Burka-Diskussion kam nun wie ein Bumerang zurück. Gemäßigte Muslime fühlen sich pauschal verunglimpft, der Gewinn für die Sicherheit ist gleich null, aber das Thema der AfD wurde wieder einmal rauf und runter gespielt.

Sprechen wir doch lieber über eine Verbesserung der Integration von Flüchtlingen wie auch von sozial Benachteiligten, und versuchen wir, dies politisch und gesellschaftlich intensiver anzugehen, bevor irgendetwas in Gewalt oder Hass umschlägt. Das Beratungsnetzwerk ist hier, stellvertretend für viele andere, eine wichtige Institution, die wir gern weiter unterstützen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Kollege Hermann Schaus. – Das Wort hat Herr Abg. Frömmrich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte eigentlich gedacht, wir haben heute allen Grund, uns darüber zu freuen, dass wir in Hessen ein Projekt initiiert haben, das wirklich beispielgebend ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich habe gedacht, dass man vielleicht auch im Hessischen Landtag – das ist bei uns immer sehr schwer, ich weiß das – einmal über die Parteigrenzen hinweg sagen kann: Hessen hat ein vorbildliches Projekt zur Extremismusprävention aufgelegt; dafür sind wir ausgezeichnet worden. – Die Initiative „Deutschland – Land der Ideen“ erklärt, das sei eines der 100 besten Projekte in Deutschland, und dann kann man sich noch nicht einmal gemeinsam darüber freuen. Meine Damen und Herren, das ist schon ein bisschen komisch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE): Das hat er doch gesagt! – Hermann Schaus (DIE LINKE): Das habe ich doch gesagt! Haben Sie nicht zugehört?)

Ich will den Kollegen Schaus, der gerade dazwischenruft, ausdrücklich ausnehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber über den Kollegen Greilich habe ich mich wirklich sehr gewundert.

(Zurufe von der FDP: Oh!)

Das Violence Prevention Network, d. h. die „Beratungsstelle Hessen – Religiöse Toleranz statt Extremismus”, ist als bundesweit vorbildliches Projekt in Deutschland ausgezeichnet worden. Die von VPN getragene Beratungsstelle leistet beispielhafte Arbeit dabei, junge Menschen vor einer islamistischen Radikalisierung zu bewahren. Wir haben in Hessen sehr frühzeitig erkannt, dass wir gegen Islamismus und Salafismus eine Präventions- und Interventionsstrategie brauchen. Dieses Programm hat bundesweit Vorbildcharakter, und ich finde, wir alle sollten darauf stolz sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Arbeit der Beratungsstelle wurde jetzt ausgezeichnet. Die Initiative „Deutschland – Land der Ideen“ würdigt dieses Engagement ausdrücklich. Ich will es hier noch einmal betonen: Mit dieser Auszeichnung wird das engagierte Arbeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Bereich – sie waren gerade da – gewürdigt. Für dieses engagierte Arbeiten bedanken wir uns ausdrücklich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Die Beratungsstelle von Violence Prevention Network wendet sich an Jugendliche, an Eltern und an Fachpersonal, die Fragen im Zusammenhang mit Extremismus haben. Sie bietet Maßnahmen der Prävention, der Intervention und der Deradikalisierung als Antwort auf die allgemeine Hilflosigkeit im Umgang mit religiösem Extremismus an. Ich finde, das ist eine gute Strategie. Es zeichnet uns in Hessen aus, dass wir in den letzten Jahren neben die Säule der Repression eine ganz starke Säule der Prävention gestellt haben.

Es ist doch aller Ehren wert, sich nicht nur Gedanken darüber zu machen, sondern auch Geld dafür zur Verfügung zu stellen, dass man möglichst frühzeitig auf Jugendliche einwirkt, damit sie erst gar nicht in diese radikalen Strukturen abgleiten, man sie also von vornherein davon fernhält. Liebe Kolleginnen und Kollegen, alles Geld, das wir da investieren, brauchen wir nachher nicht für unsere Sicherheitsbehörden auszugeben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir haben doch in vielen Gesprächen gehört, dass Eltern und Freunde von radikalisierten Jugendlichen nicht wussten: An wen wenden wir uns? Wer kann uns in einer solchen Situation Hilfestellung geben? Wer kann uns beraten? Wer kann auf diese Jugendlichen zugehen? Wer hat die Möglichkeiten dazu?

Das haben wir in Hessen mit dem Violence Prevention Network sehr gut gemacht. Es geht nicht darum, dass eine Landesregierung gelobt wird, oder um sonst etwas, sondern wir freuen uns darüber, dass diese Arbeit so gut läuft wird; das ist der Wert dieser Auszeichnung. Das sollten eigentlich alle in diesem Landtag so sehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich will – weil es mich geärgert hat – im Zusammenhang mit dieser Frage noch einmal auf den Kollegen Greilich eingehen. Ich finde nämlich, man sollte immer darauf schauen, was man selbst gemacht hat, als man an der Re

gierung war. Herr Kollege Greilich, ich muss leider sagen: Bei Ihnen haben wir in diesem Bereich leider nichts vorgefunden.

Wir haben das hier aufgesetzt. Ich erinnere Sie daran, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in den Jahren 2012 und 2010 Haushaltsanträge zu diesem Bereich gestellt hat, die die Haushaltsjahre 2013 und 2011 betrafen. Wir GRÜNE haben gesagt: Wir brauchen eine Strategie für die Extremismusprävention. Neben dem Rechtsextremismus müssen wir auch beim religiösen Extremismus präventiv tätig werden.

Wissen Sie, wer diese Anträge abgelehnt hat? Die FDP. Dazu, dass Sie sich jetzt hierhin stellen und sagen, wir hätten uns da im Dornröschenschlaf befunden, sage ich: Guten Morgen, guten Morgen, guten Morgen, liebe FDP.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Frömmrich, Sie müssen langsam zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Uns ist also eine Gesamtstrategie im Kampf gegen den Extremismus wichtig. Wir brauchen eine starke Säule der Prävention. Wir brauchen aber auch das, was wir mit unserem Sicherheitspaket 2017 gezeigt haben: einen Ausbau und eine Stärkung der Polizei. Diese Landesregierung tut beides. Deswegen finden wir es gut und freuen uns über die Auszeichnung, die wir bekommen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Kollege Jürgen Frömmrich. – Das Wort hat Frau Abg. Nancy Faeser für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die „Beratungsstelle Hessen – Religiöse Toleranz statt Extremismus“ ist, wie wir Sozialdemokraten meinen, zu Recht ausgezeichnet worden; denn sie leistet in Hessen hervorragende Arbeit.

(Allgemeiner Beifall)

Das Netzwerk kümmert sich jetzt seit zwei Jahren um die Deradikalisierung von extremistisch-salafistischen Jugendlichen. Wenn man das auf der Homepage von VPN liest, dann sieht man, dass in diesen zwei Jahren ca. 104 gefährliche oder radikalisierte Jugendliche angesprochen wurden, durch Beratungsangebote tatsächlich auch erreicht wurden und jede Menge Angehörige und Institutionen beraten wurden. Ich glaube, dass es wichtig und richtig ist, diesen Ansatz zu haben. Deswegen unterstützen wir ausdrücklich dieses Netzwerk.

(Allgemeiner Beifall)