Protocol of the Session on September 14, 2016

Herr Schäfer-Gümbel, ich will einen Satz sehr klar kritisieren, den Sie gesagt haben.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Wenn Ihnen nur einer auffällt, ist es gut!)

Einen kritisiere ich jetzt ganz besonders und stelle ihn noch einmal heraus, damit Sie es auch mitbekommen. – Wenn Sie sagen, im Unternehmen K+S gebe es Menschen, denen die Umwelt egal sei – so haben Sie es formuliert; ich weiß nicht, ob Sie es so gemeint haben –, dann sage ich: Diesen Eindruck habe ich nicht. Im Gegenteil, wir haben es mit einem Management zu tun, das in einem schwierigen Weltmarkt unterwegs ist. Ich habe es eben zwischengerufen: mit Wettbewerbern aus Weißrussland, mit Wettbewerbern aus Südamerika. Sie haben wohl auch entsprechende Gespräche in Chile geführt; Kollege Rentsch hat es angesprochen.

Wenn Sie sich die Produktionskosten hier ansehen, mit über 200 € pro Tonne für das Hauptprodukt, und sehen, dass dasselbe in Kanada 120 € pro Tonne und in Weißrussland 70 bis 80 € pro Tonne kostet, dann wissen wir doch alle miteinander, dass das Unternehmen ständig auf einem sehr schmalen Grat steht, in Deutschland noch wirtschaftlich produzieren zu können.

Wir müssen uns nicht darüber streiten, ob diese Produktion hier notwendig ist. Ja, diese Produktion ist notwendig. Wir brauchen die Rohstoffe, übrigens auch in der Region dort oben, und wir brauchen diese Arbeitsplätze. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es in dieser Welt einen knallharten Wettbewerb und Preiskampf gibt.

Kollege Boddenberg, bitte kommen Sie zum Schluss.

Das wiederum bedeutet eine Abwägung der politischen und gesetzlichen Vorgaben und Rahmenbedingungen – das ist Aufgabe der Politik – im Vergleich zu dem, was ich gerade zur Härte des Wettbewerbs gesagt habe. Aber wenn diese Abwägung getroffen ist – das steht beispielsweise in der Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union, die wir gemeinsam entschieden haben –, dann müssen wir uns auch an diese Gesetze halten, damit sich beide Seiten darauf verlassen können, die Menschen in der Region, die dort Arbeit haben, und die Menschen in der Region, die Sorge um Trinkwasser und Umweltbelange haben. Wir bringen das alles zusammen.

Die Ministerin wird nachher die eine oder andere Frage, die Sie aufgerufen haben, sicherlich zu Ihrer Zufriedenheit beantworten. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Für eine Kurzintervention hat Kollege Rentsch das Wort.

Frau Präsidentin! Herr Kollege Boddenberg, ich will auf die rechtliche Dimension Ihrer Ausführungen eingehen: Was erwarten wir von der Landesregierung? – Klar würde ich mir wünschen, dass nach Recht und Gesetz in den nächsten vier Wochen die Genehmigung nach dem VierPhasen-Plan erteilt wird. Ich gehe aber nicht davon aus, dass das passiert.

Aber jetzt noch einmal zu der Debatte und zu dem Unterschied zu Thüringen. Wie kann es sein, dass eine grüne Umweltministerin dort die Übergangsgenehmigung für Unterbreizbach erteilt, dass dort wieder produziert werden kann, und warum klappt das nicht in Hessen? Ist das eine Frage der Chefsache, hat Herr Ramelow sich dort eingesetzt? Ich weiß es nicht. Frau Hinz, vielleicht können Sie uns erklären, was der Unterschied zwischen den Standorten ist.

(Ministerin Priska Hinz: Ja! – Minister Tarek Al- Wazir: Sehr einfach!)

Herr Al-Wazir, ich bin bei Ihnen: Wir finden das auch unglaublich.

(Beifall bei der FDP)

Aber jetzt will ich einmal zu der Frage kommen: Wie verhält sich das Umweltministerium? Es sind auch Mitarbeiter von Kali + Salz auf der Tribüne. An dem Tag, als wir bei der Demonstration waren – Kollege Schäfer-Gümbel und ich waren relativ früh da –, gab es eine Pressemitteilung des hessischen Umweltministeriums; die habe ich hier vorliegen. Frau Hinz, darin schreiben Sie:

Mit der Ende 2015 erteilten Übergangserlaubnis für das Unternehmen K+S haben wir bereits einen Stillstand in der Kaliproduktion abgewendet –

Frage: warum geht das jetzt nicht? –

obwohl das Unternehmen vorher versäumt hatte, die über Jahre geforderten Unterlagen für das 3-D-Modell und damit für die Versenkgenehmigung rechtzeitig bereitzustellen.

Sie werfen dem Unternehmen vor, wie Sie das auch schon in anderen Mitteilungen und auch im Ausschuss getan haben, seit Jahren nicht vollständige Unterlagen vorzulegen. Ich muss Ihnen ehrlich sagen – –

(Zurufe von der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist doch Ihre Pressemitteilung; jetzt regen Sie sich über Ihre eigene Pressemitteilung auf.

Herr Kollege Rentsch, Ihre Kurzintervention sollte sich auf den Beitrag des Kollegen Boddenberg beziehen.

Ich bedanke mich. – Herr Boddenberg, dann frage ich Sie, da Frau Hinz diese Pressemitteilung geschrieben hat: Sind Sie genau wie ich der Auffassung, dass das Ministerium hier verzögert, und sind Sie nicht auch der Auffassung, dass hier endlich einmal Klartext gesprochen werden muss? Warum kann in Thüringen gehandelt werden, während in Hessen Stillstand herrscht und damit Arbeitsplätze gefährdet werden?

(Beifall bei der FDP – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Herr Kollege Boddenberg, Sie haben die Gelegenheit zur Erwiderung.

Das ist eine sehr kurze Erwiderung auf das, was der Kollege Rentsch gesagt hat. Den Unterschied zwischen Hessen und Thüringen kann ich mit einem Satz beschreiben: In Thüringen hat das Unternehmen einen Antrag gestellt, in Hessen noch nicht; denn die Dinge, die Sie angesprochen haben, fehlen noch,

(Florian Rentsch (FDP): Nach dem Gespräch mit der Ministerin!)

und das Unternehmen muss selbstverständlich das liefern, was es zur Genehmigung seines Antrags braucht. Das liegt noch nicht vor. Deswegen: In Thüringen kann man so entscheiden, weil dort ein Antrag vorliegt; wir können es noch nicht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt kommen wir zu der nächsten Kurzintervention. Der Kollege Schäfer-Gümbel hat das Wort.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Es gibt aber noch mehr Unterschiede zwischen Hessen und Thüringen!)

Das wollte ich – darauf lege ich Wert – gerade sagen. Hessen ist auch Nettozahler. Es stimmt, es gibt noch ein paar andere Unterschiede. Aber die sparen wir uns jetzt.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren! Herr Boddenberg, ich habe mich noch einmal gemeldet, weil Sie, ein bisschen nach dem alten Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“, zu erklären versucht haben, es gebe Widersprüche in der SPD-Fraktion. In der Tat, in meiner Fraktion gibt es Debatten und unterschiedliche Akzentuierungen. In Ihrer Fraktion soll das übrigens nicht völlig anders sein, habe ich gehört.

(Heiterkeit bei der SPD)

Der wesentliche Punkt ist aber, dass wir in der Frage, wie wir mit dem Gesamtkomplex umgehen, Entscheidungen getroffen haben. Es gibt zwischen dem, was Sie hier in

Form eines Vorhalts vorgetragen haben, sowie meiner Position und der des Kollegen Gremmels überhaupt keinen Widerspruch. Ich habe am Ende ausdrücklich gesagt, dass man damit aufhören muss, Arbeit und Umwelt gegeneinander auszuspielen. Im Übrigen gibt es von mir keinen Brief an irgendjemanden – z. B. an den Ministerpräsidenten, um ihn aufzufordern, irgendeine Genehmigung zu erteilen.

(Michael Boddenberg (CDU): Das ist Ihnen auch nicht vorgeworfen worden!)

Sie haben es auch auf mich bezogen. Ich sage Ihnen, einen solchen Brief gibt es nicht. – Wir haben vielmehr gesagt, es gibt die Notwendigkeit zur Solidarität. Es gibt ein paar Fragen, die geklärt werden müssen; denn es besteht eine Lücke zwischen dem Vier-Phasen-Plan und dem Masterplan. Sie haben ganz bewusst – zutreffend, wie ich finde – den Konflikt nicht nur mit der thüringischen Umweltministerin angesprochen. Auch dazu habe ich übrigens etwas gesagt. Aber wir haben objektiv ein Problem, wenn der Vier-Phasen-Plan und der Masterplan nicht übereinstimmen.

(Norbert Schmitt (SPD): In der Tat!)

Jetzt habe ich noch nichts darüber gesagt, wie Sie mit dem Thema 360-Millionen-€-Paket umgegangen sind. Sich hierhin zu stellen und zu sagen, das sei eigentlich das Werk der CDU-geführten Landesregierung, ist absurd. Das 360-Millionen-€-Paket ist ein Paket des Unternehmens, das im Übrigen die Beschäftigten bezahlt haben, sonst niemand.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Ich erwähne das, weil Sie hier immer versuchen, den Eindruck zu erwecken, Sie seien die Einzigen, die irgendetwas machen. Aber am Ende ist es auch ein Teil der Wahrheit, dass Ihre Umweltministerinnen kollektiv versagt haben, indem sie das Thema seit Jahren haben liegen lassen. Das ist ein Teil dessen, was man heute mit erwähnen muss.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Kollege Schäfer-Gümbel, die zwei Minuten Redezeit sind zu Ende.

Frau Präsidentin, letzter Satz. – Ich will dabei nur an die wortreichen Erklärungen des Kollegen Landau auf die Frage erinnern, welche Vorhalte er dem Unternehmen machen wolle. Diese Erklärungen sprechen eine eigene Sprache. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Kollege Boddenberg, zur Erwiderung.

Herr Kollege Schäfer-Gümbel und Herr Kollege Rentsch, ich glaube, die Lautstärke und die Emotionalität der Debatte erklären sich von selbst. Aber ich meine – nehmen Sie mir das nicht übel –, dass Ihre heutigen Beiträge nicht ge

rade dazu geführt haben, dass wir nur über sachliche Zusammenhänge reden. Das alles sage ich ohne Vorwurf; das ist völlig in Ordnung.

Sie haben Ihre traditionelle Beziehung zum Bergbau angesprochen. Das wird Ihnen keiner nehmen. Ich kann mit dieser Tradition, dieser Bindung und dem Kümmern aller Beteiligten, auch der Sozialdemokraten, nicht nur gut leben, sondern ich finde sogar, es ist eine tolle Geschichte, dass der Bergbau in unserem Land – übrigens bis 2060, wenn wir das alles jetzt hinbekommen – nicht nur eine Tradition, sondern auch eine Zukunft hat.