Kolleginnen und Kollegen, kommen wir zur von der Koalition postulierten angeblichen Stärkung der Steuerverwaltung. Liebe Kollegin Arnoldt, Sie sprechen von 650 neuen Anwärtern im nächsten Jahr. Wenn wir in den Haushaltsentwurf 2017 schauen, werden wir feststellen: Im nächsten Jahr sind es 685 Stellen, also 35 Stellen mehr als bisher im Jahre 2016 sowie im Jahre 2015. Auch schon im Jahre 2015 standen im Haushalt 650 Anwärterstellen. Sie sprechen von einer Verstärkung des Innendienstes um 80 neue Dienstposten. Sie verschweigen aber, dass Sie weiter am Stellenabbauprogramm des Landes festhalten und im Haushaltsentwurf 2017 71 Stellen streichen wollen.
Im Haushaltsentwurf werden zudem 124 neue Stellen ausgewiesen. Aber wofür? – Um die Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 41 Stunden auszugleichen. Also auch durch diese 124 Stellen kommt es nicht zu einer Verstärkung der hessischen Finanzverwaltung.
Wir sind uns einig, eine wirksame Bekämpfung der Steuerkriminalität ist unersetzlich und führt zu mehr Steuergerechtigkeit. Das sehen wir genauso. Genauso wichtig wäre es allerdings, meine Damen und Herren, dafür zu sorgen, dass unser Steuersystem diejenigen stärker zur Finanzierung des Gemeinwesens heranzieht, die breitere Schultern haben und größere Lasten tragen können, als dies bisher geschieht.
Warum sperren sich Christdemokraten und Christsoziale gegen eine Reform der Erbschaftsteuer, wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert?
Warum – bitte erklären Sie mir das – dürfen nicht auch bei uns hohe und höchste Vermögen einen Beitrag zur Finanzierung der Bildung leisten?
Warum wird nicht endlich die Begünstigung von Kapitalerträgen gegenüber Löhnen und Gehältern beendet?
Kolleginnen und Kollegen, ich will gar nicht zu dem Einkommensteuerspitzensatz zurück, der galt, als ich als Steuerinspektor in diesem Land meine Laufbahnprüfung gemacht habe. Das waren damals 56 %.
Ich habe gesagt, ich möchte nicht dorthin zurück. – Aber, ich denke, im Sinne von mehr Steuergerechtigkeit ist schon noch ein wenig Luft nach oben, zwischen 42 und 56 %.
Gesetzgeberische Initiativen von der Landesregierung vermisse ich in diesem Zusammenhang. Was ist eigentlich aus den Wahlaussagen der GRÜNEN in ihrem Landtagswahlprogramm geworden?
(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was meinen Sie denn genau? Worüber reden Sie denn jetzt? War das nur so ein Spruch, oder kommt da jetzt noch etwas?)
Nein, ich hoffe, Sie geben mir hierauf, wo Ihre Initiativen bleiben, eine Antwort. – Sie haben sich dafür ausgesprochen, den Einkommensteuerspitzensatz wesentlich zu erhöhen. Wo sind also Ihre Initiativen?
(Beifall bei der SPD – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer regiert denn eigentlich in Berlin? Sagen Sie doch dazu etwas! – Lebhafte Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)
Frau Präsidentin, ich gehe davon aus, dass dies, welche Themen sich hier so abspielen, meiner Zeit zuwächst.
(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber Sie wollten doch eine Antwort! Erst fragen und dann keine Antwort wollen!)
Herr Wagner, Sie haben ja die Möglichkeit, anschließend ans Rednerpult zu kommen und zu meiner, wie ich wahrnehme, doch sehr interessanten Rede Stellung zu beziehen.
Wir sind uns einig, die wirtschaftliche Leistungskraft muss dort versteuert werden, wo die Umsätze generiert werden. Sie muss nicht dort versteuert werden, wo die niedrigsten Steuersätze gelten. Insoweit sind wir uns einig. Allerdings, denke ich, bedarf es mehrerer Initiativen, um dafür die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen. An dieser Stelle möchte ich auch beispielsweise die Doppelbesteuerungsabkommen nicht unerwähnt lassen. Der Name besagt ja, dass sie eine doppelte Besteuerung vermeiden sollen, aber nicht die Besteuerung an sich. Auch daran gilt es zu gehen.
Sie verweisen in Ihrem Antrag auf beachtliche Erfolge im Bund-Länder-Vergleich. Sie erwähnen auch die Prüfung von Großbetrieben. Was Sie nicht erwähnen, ist die Prüfung von Kleinst-, Klein- und Mittelbetrieben – logischerweise, denn dort gilt dieser Spitzenplatz nicht. Wie immer erwähnen Sie nur eine Seite der Medaille.
Sie geben an, in den letzten zehn Jahren seien die Prüferstellen um 25 % gestiegen. Im Jahr 2009 hatte dieses Land nach den Zahlen des Finanzministers in der Haushaltsausschusssitzung am 25.02.2015 1.322 Prüfer. Wie Sie jetzt sagen, sind es im Jahr 2016 1.400 Prüfer. Als Saldo sind das also 78 Prüferstellen mehr als im Jahr 2009. Erklären Sie uns also, wo die 25 % herkommen.
Kolleginnen und Kollegen, ich empfehle Ihnen eine interessante Lektüre, nämlich das Buch „Steueroase Deutschland“ mit dem Untertitel: „Warum bei uns viele Reiche keine Steuern zahlen“. Es ist übrigens in einem renommierten Verlag erschienen, nämlich im Verlag C. H. Beck. Dieses Buch ist interessant, insbesondere die Seiten 156 und 157, denn dort befinden sich aussagekräftige Zahlen. Was Sie nämlich machen müssten, wäre, die Anzahl der Prüferinnen und Prüfer und die Anzahl der Finanzbeamten in Relation zum Bruttoinlandsprodukt zu setzen; dann kämen Sie zu ganz anderen Ergebnissen.
Das Land Hessen finden Sie dann auf einem hinteren Platz, nämlich auf dem vorletzten Platz im Bundesvergleich.
Erstens. Die Beschäftigten in der Finanzverwaltung leisten hervorragende Arbeit, aber sie gehen auf dem Zahnfleisch.