Protocol of the Session on July 14, 2016

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Ich fasse zusammen: Wir haben eine gute Situation, aber wir verschließen nicht die Augen vor den noch anstehenden Herausforderungen. Wir werden es gemeinsam mit den Akteuren prioritär beantworten, auch finanziell. Aber wir versprechen nicht allen alles, nur um ein bisschen Populismus abräumen zu können. Wir machen eine seriöse Kinderbetreuungspolitik für unsere Kinder und die Eltern und Familien in diesem Land. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Bocklet. – Das Wort hat Frau Abg. Schott, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Bocklet, Sie waren tatsächlich einmal der Meinung, dass man die Schuldenbremse nur einführen könnte, wenn man gleichzeitig auch für mehr Einnahmen sorgen würde. Jetzt, wo Sie regieren, ist Ihnen das Geschwätz von gestern nichts mehr wert.

(Beifall bei der LINKEN und der Abg. Sabine Waschke (SPD) – Zuruf von der CDU)

Wenn wir die Einnahmen hätten, könnten wir nämlich eine Politik machen, in der die Dinge, die Sie eben selbstkritisch gesehen haben, auch vernünftig finanziert werden.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

Aber gestern haben Sie sich mit aller Kraft dagegen gesperrt, an dieser Stelle etwas zu verändern, und das ist typisch für die Politik, die Sie gerade an den Tag legen.

(Beifall bei der LINKEN – Widerspruch der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Eigentlich reden wir hier über Kinder, und Kinder sind etwas Tolles, etwas Großartiges: neugierig, großzügig, liebevoll und wissbegierig.

(Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wenn Sie etwas zu sagen haben, kommen Sie nach vorne und hören auf, immer dazwischenzuschreien, Frau Dorn. Sie werden mich damit nicht aus dem Konzept bringen. Hören Sie einfach mit dieser Methode auf, die ist nicht hilfreich.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

Einen Moment, Frau Kollegin. – Ich bitte um Ruhe. Wenn einer dazwischenschreit, bin ich das. – Frau Kollegin Schott, Sie haben das Wort. Bitte sehr.

Kinder brauchen gute Bedingungen, um in einer sicheren und wertschätzenden Umgebung gut aufwachsen zu können und schließlich selbstbestimmte Menschen zu werden.

Die Vorstellung, dass dies alles nur in einer Familie zu passieren hat, ist von vorgestern. Frau Wiesmann, wenn Sie sagen, die CDU glaube, dass dies noch immer der wichtigste Ort ist, dann erwidere ich: Das ist keine Glaubensfrage. Erstens gibt es reale Lebensbedingungen der Menschen, die verhindern, dass sie ihre Kinder den ganzen Tag selbst betreuen können, weil sie nämlich arbeiten müssen, und zwar beide Elternteile. Zweitens gibt es wissenschaftliche Untersuchungen, wonach das Aufwachsen in der Gemeinschaft hilfreich für Kinder ist; und die kennen Sie auch. Es geht hier also nicht um Glaubensfragen. Der Arbeitsprozess in unserer Gesellschaft erwartet flexible, überall und immer einsetzbare Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und frühkindliche Bildung in der Tageseinrichtung spielt nun einmal eine wesentliche Rolle.

Kinder gehen dort auch gerne hin, weil sie dort Freunde haben, weil sie etwas lernen, weil sie viele Möglichkeiten haben und Zuwendung erfahren. Deshalb hat diese Gesellschaft eine hohe Verantwortung, Kindertageseinrichtungen richtig gut zu machen. Kommen Sie dieser nach? Nur bedingt. Ich sage nicht, dass Sie ihr nicht nachkommen, aber eben nur bedingt. Wir haben gut ausgebildete und engagierte Erzieherinnen und Erzieher, die eine gute Arbeit leisten wollen. Sie werden aber von der Politik nicht dabei unterstützt. Fakt ist: Es mangelt an politischem Willen, es mangelt an finanziellen Ressourcen für die frühkindliche Bildung, die zur Verfügung gestellt werden, und es mangelt auch noch an ausgebildeten Fachkräften.

Frau Wiesmann, es ist auch keine Diagnose, die die SPD hier heute Morgen gestellt hat, sondern das tun die Fachleute. Es hilft auch nicht, eine Studie zu diskreditieren, nur weil einem die Studienergebnisse nicht gefallen. Das macht es dann nämlich nicht besser.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wertvoll wäre es, sich selbstkritisch damit auseinanderzusetzen und dann festzustellen, was da analysiert worden ist, und daran zu arbeiten. Das ist der Arbeitsauftrag, den die Opposition der Regierung hier erteilt, dies endlich auch vernünftig und konsequent zu tun.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Können Sie einmal etwas zu Thüringen und Brandenburg sagen? – Gegenruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE): Wir sind in Hessen!)

Als Ergebnis des Mangels könnten Sie einmal zur Kenntnis nehmen, dass wir in Hessen sind, dass wir hier arbeiten und dass wir hier diese Dinge abzuarbeiten haben.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

Vergleiche sind durchaus sinnvoll, aber nicht die Lösung für hessische Probleme, und davon haben wir nun einmal eine ganze Menge.

(Beifall bei der LINKEN – Mathias Wagner (Tau- nus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Können Sie einmal sagen, wie es dort aussieht, wo Sie den Ministerpräsidenten stellen?)

Ich dachte, Sie wollten nicht mehr dauernd dazwischenreden, sondern nach vorne kommen, wenn Sie etwas zu sagen haben. Es hat keine drei Minuten gehalten – so lange halten Ihre Versprechen.

(Beifall bei der LINKEN – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Ein ganzheitliches Bildungsverständnis kommt dadurch zu kurz, Persönlichkeitsbildung wird nicht ausreichend angeboten. Die altersgerechte Beteiligung der Kinder ist nicht strukturell verankert, die Praxis vorurteilsbewusster Pädagogik steckt noch in den Kinderschuhen.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Noch einmal: Sie können gerne nach vorne kommen. – Die frühkindliche Sprachförderung stützt sich oft einseitig auf die Förderung der deutschen Sprache, die Förderung anderer Muttersprachen kommt dadurch zu kurz.

Wir brauchen verbindliche, möglichst bundeseinheitliche Mindeststandards.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

Wir brauchen eine ordentliche Finanzierung der Kinderbetreuung durch das Land, damit das unwürdige Geschacher in den Kommen aufhört,

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Weiß das auch Herr Ramelow?)

damit in den Kommunen das Geld, das die Kitas kosten, auch klar finanziert ist und nicht mehr die Eltern zur Kasse gebeten werden müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Ganze muss so abgesichert sein, dass eben nicht die Kommunalaufsicht den Kommunalpolitikern den Hahn abdreht, wenn sie versuchen, die Kitagebühren niedrig oder kostenlos zu halten. Das ist doch das Problem, das wir zurzeit haben: Es ist das tägliche Brot in den Kommunalparlamenten, die nicht beschließen können, die Elternbeiträge auf null zu setzen.

Ich unterstelle den Kommunalpolitikern und -politikerinnen grundsätzlich ein hohes Engagement für ihre Kindertageseinrichtungen. Jedenfalls in der überwiegenden Zahl der Gemeinden kämpfen sie dafür und suchen, wo sie Geld finden können, um die Standards zu halten oder zu verbessern.

Zunehmend werden die Qualität der frühkindlichen Bildung und die Höhe der Elternbeiträge zur Stellschraube für die chronisch unterfinanzierten kommunalen Haushalte. Hier wird so lange geschraubt, wie es das KiföG erlaubt. Hier hilft auch nicht der Griff in die Mottenkiste, was die SPD vor 20 Jahren gemacht hat; denn die Erde ist keine Scheibe, sondern sie hat sich weitergedreht. Natürlich hat sich der Anspruch an frühkindliche Bildung auch deutlich verändert. Niemand hat vor 20 Jahren davon geredet, dass es Standard sein müsse, dass bereits ganz kleine Kinder in Tageseinrichtungen gehen sollten. Damals waren die gesellschaftlichen Standards anders. Deswegen ist es auch nicht zu vergleichen, was vor 20 Jahren an Geld in dem Topf war und was heute drin ist. Deshalb lassen Sie bitte den Griff in diese Mottenkiste, immer wieder zu sagen, was vor 20 Jahren war. Das passt nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Kollegin Schott, Sie müssen zum Schluss kommen.

Lassen Sie mich noch zwei Sätze dazu sagen.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Der eine ist, dass wir nach wie vor mehr Erzieher und Erzieherinnen brauchen und dass daran viel mehr getan werden muss. Der andere ist der, dass noch einmal sehr genau darüber nachgedacht werden muss, wie man die Finanzierung ausstattet und das mit den Elternbeiträgen regelt. Einen entsprechenden Gesetzentwurf haben wir dazu im Verfahren. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schott. – Das Wort hat der Abg. René Rock, FDP, Seligenstadt.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In dieser Aktuellen Stunde kann ich, weil sie so inhaltsschwer ist, leider nicht ausführlich auf meine Vorredner eingehen. Nur so viel als Bemerkung: Herr Wagner, Sie haben viel reingerufen – wahrscheinlich wollten Sie die Rede von Herrn Bocklet irgendwie kompensieren, schließlich hat er nichts gesagt.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP, der SPD und der LINKEN)

Herr Bocklet, wenn wir Ihren Anspruch aus der Debatte zum KiföG mit dem vergleichen, was Sie in dem Koalitionsvertrag formuliert haben und hier zum Thema Kinderbetreuung abliefern, kann man nur sagen, dass ein schwarzes Loch in der hessischen Landespolitik entstanden ist. Darum ist es wichtig, dass wir heute auch über dieses Thema reden.

Frau Wiesmann, ich glaube, Sie haben bei diesem Thema eine Kompetenz, die man nicht abstreiten kann. Aber Sie

haben hier wohl vorsätzlich um das Thema herumgeredet und nicht den eigentlichen Punkt herausgearbeitet.