Protocol of the Session on July 13, 2016

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist eine Verhohnepipelung der Bürgerinnen und Bürger. Ich glaube, dass sich die Sozialdemokratische Partei gut überlegen sollte, ob sie das immer weiter fortsetzt.

(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie mich die sechs Punkte nennen, die wir Liberale, wir Freie Demokraten, in der Steuerpolitik anstreben. Punkt 1. Abschaffung des Solidaritätszuschlags bis 2019. Das ist nämlich eine Belastung auch der kleinen und mittleren Einkommen. Das ist eine Belastung genau der Leute, denen Sie vorgaukeln, dass es mit der Vermögensteuer besser geht.

Zweitens. Ein mutiger Abbau der kalten Progression – nicht nur Alibi-Entlastungen. Was ist denn mit den Fachkräften? – Auch diese werden durch das Modell, das in Berlin verabschiedet worden ist, nicht entlastet, sondern weiterhin zusätzlich belastet. Tun Sie doch etwas für die kleinen und für die mittleren Einkommen, und seien Sie mit uns dabei, die kalte Progression vollkommen abzuschaffen.

(Beifall bei der FDP)

Wir wollen drittens die Vereinfachung des Steuersystems, möglicherweise bis hin zu einer Flat tax, d. h. einem einheitlichen Einkommensteuersatz.

(Norbert Schmitt (SPD): Oh!)

Wir wollen zum Vierten eine Steuerbremse im Grundgesetz. Der Staat soll über die Ertragsteuer nicht mehr als die Hälfte der Erträge eines Bürgers vereinnahmen können. Wir fühlen uns da in guter Gesellschaft: Das Bundesverfassungsgericht sagt in jeder zweiten oder dritten Entscheidung zum Thema Steuern: Passt auf, es gibt einen Deckel bei der Besteuerung; ihr dürft nicht meinen, dass der Staat immer nur zulangen kann.

(Norbert Schmitt (SPD): Die sind alle korrigiert!)

Fünfte Bemerkung. Eine Neuordnung der Finanzstrukturen von Bund, Ländern und Kommunen muss erreicht werden, bei der die Mischfinanzierung möglichst vermieden wird – ein hoher Kostenpunkt.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen, dass wir selbst auch schon daran mitgewirkt haben, Dinge zusätzlich zu finanzieren, kozufinanzieren, nur weil es Bundes- oder Europageld gegeben hat.

(Beifall bei der FDP)

Die Vermögensteuer ist auf dem verfassungswidrigen Müllhaufen, und da soll sie nach unserer Auffassung auch bleiben. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank. – Kolleginnen und Kollegen, ich habe noch keine weiteren Wortmeldungen. – Wer ist schneller? Wer will schneller sein? – Vielen Dank. Kollegin Erfurth, dann haben Sie sofort das Wort.

Das habe ich befürchtet. – Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch einmal darauf zurückkommen, was Steuern eigentlich sind: Steuern sind nämlich kein Selbstzweck. Sie dienen der Finanzierung der gesamtstaatlichen Aufgaben.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Das ist sozusagen Grundbildung von Finanzbeamtinnen und Finanzbeamten. Sie knüpfen an das Leistungsfähigkeitsprinzip an. Auch das ist richtig.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Oder, wenn man es ein bisschen einfacher haben will: Derjenige, der mehr hat, soll auch mehr bezahlen bzw. mehr zum Gesamtsystem beibringen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zuruf von der CDU: Das geschieht doch schon!)

Aber auch das ist zu beachten: Die Rechtsprechung hat eine Art Halbteilungsgrundsatz entwickelt und gesagt: Es gibt auch irgendwo eine Grenze der Abschöpfung. Es gibt irgendwo eine Begrenzung der Besteuerung, und diese muss man beachten.

(Beifall der Abg. Judith Lannert (CDU) – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Sehr wichtig! Das stimmt!)

Ich bin in Teilen bei den Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion DIE LINKE und bei Ihnen, Herr SchäferGümbel: Bei sehr hohen Einkommen und Vermögen sind wir davon recht weit entfernt. Das gilt für große Vermögen noch sehr viel mehr als für den Einkommensbereich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Die meisten von Ihnen kennen die Zahlen: 75 % des Nettovermögens konzentrieren sich bei 10 % der deutschen Haushalte. Oder, wenn man es andersherum sagt: 10 % der Menschen in Deutschland verfügen über drei Viertel des Gesamtvermögens, und dies mit beständig steigender Tendenz.

(Norbert Schmitt (SPD): Ja!)

Das ist ungerecht, zumindest empfinde ich das so, und es schafft beständig weitere Ungerechtigkeiten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

In zunehmendem Maße hängt Chancengerechtigkeit auch davon ab, ob jemand aus einem Haushalt kommt, in dem das Vermögen größer oder kleiner ist. In ungefähr der Hälfte der Haushalte sind nur ungefähr 2,5 % des Nettovermögens vorhanden. Menschen können zunächst einmal nichts dafür, in welchem Haushalt sie geboren werden und

aufwachsen. Es ist die Aufgabe der Politik, für einen Ausgleich und mehr Chancengerechtigkeit zu sorgen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die große Frage lautet: Macht man es so, dass der gesellschaftliche Konsens gewahrt bleibt? Das ist die große Schwierigkeit. Steuererhebung braucht gesellschaftliche Akzeptanz.

(Norbert Schmitt (SPD): Na ja!)

Das können gerade auch wir GRÜNE bestätigen. Wir haben dies sehr gut erfahren können: Wenn man die gesellschaftliche Akzeptanz vernachlässigt, dann strafen einen die Wählerinnen und Wähler ab. Ich glaube, auch die Sozialdemokratinnen und -demokraten haben dies ein Stück weit erfahren.

Gesellschaftliche Akzeptanz ist nach meiner Wahrnehmung immer dann zu erzielen, wenn es gegen etwas geht, was offensichtlich ungerecht ist und auf Kosten anderer Menschen passiert. Deshalb ist es gut und richtig, dass wir uns in der schwarz-grünen Koalition darauf verständigt haben, Steuerhinterziehung zu bekämpfen, gegen Steuerverlagerungsmodelle vorzugehen und Steuerbetrügereien den Kampf anzusagen. Das ist ein sehr vielversprechender Weg, Steuereinnahmen zu heben und für Steuereinnahmen zu sorgen. Dazu haben wir in Hessen schon einiges auf den Weg gebracht. Mit Finanzminister Dr. Schäfer haben wir auch einen entschiedenen Streiter für mehr Steuergerechtigkeit. Das konnten wir in der Debatte um die Panama Papers feststellen, als wir im April darüber diskutiert haben, was wir denn machen, um der Steuerflucht Einhalt zu gebieten. Ich kann Ihnen sagen: Auch in Sachen Steuerbetrug durch manipulierte Registrierkassen war der Finanzminister recht erfolgreich.

(Norbert Schmitt (SPD): Das hat zehn Jahre lang gedauert!)

Ja, einen Teil davon waren auch Ihre Parteifreunde in Berlin an der Regierung; das kann ich an diesem Punkt auch wieder sagen. Jetzt gibt es endlich einen Gesetzentwurf auf Bundesebene; manipulierte Registrierkassen dürfen künftig nicht mehr sein.

Meine Damen und Herren, ich habe es eingangs schon gesagt: Die Schere in Bezug auf die Vermögensverteilung ist in der letzten Zeit weit auseinandergegangen. Es ist in der Tat eine große Herausforderung, wie die Vermögensbesteuerung in Zukunft auszusehen hat. Ich spreche ganz bewusst von vermögensbezogenen Steuern und nicht von der einen Steuerart, nämlich der Vermögensteuer, die die Kollegen von den LINKEN immer wieder als eine Art Geheimwaffe hervorziehen und von der sie sagen: Damit lösen wir alle Finanzprobleme.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Es ist nicht geheim!)

Nein, das ist nicht geheim. Aber es ist Ihre Allroundwaffe; wir wollen es einmal so nennen.

Von daher kann es nicht das eine Instrument sein; man muss vermögensbezogene Steuern im Paket betrachten. Das besagt auch unser Antrag zur heutigen Tagesordnung. Auf Bundesebene steht eine ganze Reihe von Entscheidungen zu vermögensbezogenen Steuern an, zum einen zur Grundsteuer. Das ist ein Projekt, bei dem sich fast alle Bundesländer endlich einmal bewegt und gesagt haben,

wie sie die Grundsteuer als vermögensbezogene Steuer künftig regeln wollen.

Daran ist die hessische schwarz-grüne Landesregierung maßgeblich beteiligt, wie auch das rot-grüne Niedersachsen, wo man versucht hat, jetzt endlich einmal einen Weg aufzumachen, um die Grundsteuer als vermögensbezogene Steuer auf eine neue, verfassungsrechtlich sichere Grundlage zu stellen. Wir streiten in Hessen auch im Interesse der Kommunen dafür, dass das weitergeht; denn es ist eine kommunale Steuer, die bei den Kommunen landet. Deshalb ist es sehr in unserem Interesse, dass der Gesetzentwurf für die neue Grundsteuer eine Chance auf eine Realisierung hat. Auch das ist ein wichtiger Punkt, wie wir künftig Vermögen besteuern. Auch das dürfen wir nicht vergessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Noch nicht endgültig entschieden ist ein weiterer wichtiger Teil der vermögensbezogenen Steuern, nämlich die Erbschaftsteuer. Auch das ist noch nicht endgültig entschieden. Das Bundesverfassungsgericht hatte dem Bundesgesetzgeber aufgegeben, die zu starke Begünstigung großer Unternehmen zurückzufahren und für eine gerechtere Besteuerung zu sorgen. Im Moment haben sich auf Bundesebene nach meiner Wahrnehmung nicht alle mit Ruhm bekleckert.

(Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!)

Diese Aufgabe ist bisher nicht zufriedenstellend gelöst worden.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das teile ich ausdrücklich!)

Die meisten von Ihnen haben verschiedene Schleifen und Anläufe des Bundesfinanzministers gesehen, der versucht hat, die Steuer auf einen verfassungsfesten Weg zu führen. Es gab ziemlich große Einsprüche aus dem Süden der Republik, die jetzt noch einmal zu Einigungsversuchen geführt haben. Diese waren aber – dies sage ich ausdrücklich aus grüner Sicht – nicht Erfolg versprechend, weil damit aus unserer Sicht die Verfassungsfestigkeit der Erbschaftsteuer nicht gegeben ist. Viele Finanzexperten teilen diese Ansicht.