Es ist auch eine Hochschulart, die eine wirklich außerordentliche Vielfalt von Aufgaben, aber insbesondere auch – das muss man immer mal wieder unterstreichen – positive Wirkungen auf einen Wissenschaftsstandort wie Hessen, aber auch auf einen Wirtschaftsstandort wie Hessen hat, also auf das Beschäftigungssystem, die Innovationsfähigkeit der Unternehmen und die regionale Strukturpolitik. Es ist eigentlich kein Wunder – Herr May hat hierauf verwiesen –, trotzdem ist es für die Beurteilung der Bedeutung der HAW interessant, dass zwei Drittel aller in Hessen ausgebildeten Ingenieure von den HAW kommen. Nicht nur die Ingenieure kommen von diesem Hochschultyp, sondern auch zwei Drittel aller ausgebildeten Betriebswirte.
Das funktioniert – auch das ist deutlich geworden – natürlich nicht ohne die entsprechenden Rahmenbedingungen. Eine besonders wichtige Rahmenbedingung ist und bleibt unser Hochschulpakt, also der Hessische Hochschulpakt 2016 – 2020, den wir geschlossen haben. Er ist in der Tat ein Meilenstein für den Wissenschaftsstandort. Er garantiert den Hochschulen in den kommenden fünf Jahren eine
finanzielle Ausstattung, wie es sie bislang noch nicht gab, nämlich in Höhe von 9 Milliarden €. Natürlich profitieren davon auch die Hochschulen für angewandte Wissenschaften.
Eine weitere wichtige Rahmenbedingung ist das erklärte Ziel, dass der auf die HAWs entfallende Anteil der Studierenden – auch darüber haben wir heute schon gesprochen – spürbar erhöht wird. Auch das ist nicht umsonst zu haben. Deswegen ist das mit den entsprechenden Finanzzuweisungen im Rahmen des Bund-Länder-Hochschulpakts 2020 finanziell hinterlegt worden.
Ich bin dankbar, dass CDU und GRÜNE das zum Thema gemacht haben, und stimme ausdrücklich zu, dass dies weiter verstetigt und finanziell unterlegt werden muss. Dafür ist ein weiteres Engagement des Bundes unerlässlich. Aus diesem Grund wird dieses Thema von der Wissenschaftskonferenz ganz intensiv mit dem Bund beraten.
Das ist exakt das, was den Bedürfnissen der Studierenden entspricht. Die Gewissheit, an den HAWs eine hervorragende berufliche Qualifikation zu erhalten und bestmöglich auf die Anforderungen des Arbeitsmarkts vorbereitet zu werden, ist und war für die Studierenden von HAWs das wesentliche Argument, sich für diese Hochschulart zu entscheiden.
Dazu gehört natürlich die didaktische Kompetenz der Professoren an den HAWs. Dazu gehört das auf den unmittelbaren Kontakt zu den Studierenden ausgelegte Lehrkonzept. Dazu gehören natürlich auch der intensive Austausch mit der beruflichen Praxis und die daraus resultierende stetige Aktualisierung von Lerninhalten. Das sind wesentliche Eckpfeiler des Erfolges dieser Hochschulart.
Ein anderer Meilenstein für die Entwicklung der HAWs in Hessen, aber natürlich mehr als nur eine Rahmenbedingung, ist das, was wir auch schon angesprochen haben.
Frau Wissler, weil ich gerätselt habe, wo ich es unterbringen könnte, will ich das Thema LOEWE aufrufen.
Lieber Kollege Rudolph, das schaffe ich schon. Lieber Holger Bellino, ich werde auch ausnahmsweise nicht Ho Chi Minh zitieren. – Ich will darauf hinweisen, dass wir in Zukunft dafür sorgen wollen, dass auch Kunsthochschulen an diesem LOEWE-Programm teilhaben können. Dass an Kunsthochschulen nicht geforscht würde, das erklären Sie doch bitte der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, die mit dem Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik genau das tut. Man findet also viele Argumente dafür, dass Kunsthochschulen an diesem Programm teilhaben können.
Das ist die im Hessischen Hochschulgesetz geschaffene Möglichkeit des eigenständigen Promotionsrechts der HAWs für forschungsstarke Bereiche, das wir an ganz strenge Leistungskriterien geknüpft haben, sogar an strengere Regelungen als bei Universitäten. Beispielsweise fin
den die Betreuung und Begutachtung der Promotion an den Hochschulen im Unterschied zur üblichen Praxis in Deutschland durch verschiedene Personen statt. Das halte ich für richtig. Deswegen wird kein Mensch davon reden können, dass es ein Promotionsrecht erster und zweiter Klasse gibt. Es gibt in Hessen ein Promotionsrecht, das gilt für die Hochschulen für angewandte Wissenschaften genauso wie für die Universitäten.
Umso mehr freue ich mich, dass ich Ihnen heute mitteilen kann, dass inzwischen die ersten beiden Anträge der Hochschule Fulda auf Genehmigung eines Promotionszentrums im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst vorliegen und beurteilt werden.
Natürlich gehört auch dazu, dass das mit Finanzen hinterlegt werden muss. Wir haben mit den hessischen HAWs Zielvereinbarungen geschlossen und haben jeder einzelnen Hochschule zusätzlich 4,5 Millionen € über fünf Jahre zugesagt, um damit das Promotionsrecht und die Forschung in Fachhochschulen umsetzen zu können. Das sind insgesamt 22,5 Millionen €, die das Wissenschaftsressort für den Zeitraum 2016 bis 2020 alleine in den Aufbau von Forschungsstrukturen steckt.
Dabei kann es um Personal gehen, um Labore, aber auch um die Gründung von Promotionsplattformen. Es geht um 22,5 Millionen €. Das ist durchaus als Anerkennung gedacht. Es ist weitaus mehr als nur ein kleiner Betrag. Das beendet eine Situation, die nicht mehr hinnehmbar war, dass nämlich, wenn es um Forschung an Fachhochschulen ging, nur aus Drittmitteln der Industrie geforscht werden konnte. Das haben wir jetzt in Hessen grundlegend verändert.
Manche Debatte, die um das Promotionsrecht geführt wird, kann ich nur als rückwärtsgewandt bezeichnen. Frau Beer, ich beziehe das ausdrücklich nicht auf Sie, weil ich weiß, dass Sie die Qualitätskriterien kennen, und es nur eine Pflichtübung ist, die Sie heute in der Beurteilung unseres Promotionsrechts vorgenommen haben.
Ich meine aber beispielsweise den Beschluss des Deutschen Juristen-Fakultätentages vom 2. und 3. Juni dieses Jahres. Dort heißt es in dem Beschluss zu Tagesordnungspunkt 9 a, Promotionsrecht für Fachhochschulen – ich wundere mich, dass sich ausgerechnet der Deutsche Juristen-Fakultätentag damit befasst, da kann man schon die Frage stellen, wo denn wirkliche Forschung in den Rechtswissenschaften stattfindet, das will ich aber, um die eigene Fakultät zu schützen, in Klammern setzen –:
Der Deutsche Juristen-Fakultätentag betont erneut, dass allein Universitäten das Promotionsrecht zustehen kann … Er missbilligt daher entschieden die in § 4 Abs. 3 Satz 3 des Hessischen Hochschulgesetzes seit dem 10.12.2015 vorgesehene Ermächtigung des Ministeriums, einzelnen Fachhochschulen („Hoch- schulen für angewandte Wissenschaften“) das Promotionsrecht zu verleihen.
Erstens. Ich finde das schon ein starkes Stück, dass ein Fakultätentag daherkommt und die Entscheidungen eines Parlaments – das war die Gesetzgebung dieses Hauses – missbilligt.
Zweitens. Es wird von völlig falschen Voraussetzungen ausgegangen. Es geht um das Promotionsrecht für solche Fachrichtungen, in denen eine ausreichende Forschungsstärke nachgewiesen wird, und nicht um das, was sie hier geschrieben haben. Das ist ein grundlegender Unterschied, den man hervorheben muss.
Drittens finde ich diesen Beschluss anmaßend. Ich finde ihn deswegen anmaßend, weil wir es normiert haben, weil wir Respekt haben vor der enormen Fortentwicklung der hessischen HAWs, die sich diese Fortentwicklung hart erarbeitet haben. Natürlich ist in diesem Hochschulsystem nichts in Beton gegossen. Die Hochschulen haben sich seit den Achtzigerjahren rasant entwickelt. Sie leisten heute ganz im humboldtschen Sinne der Einheit von Forschung und Lehre in der anwendungsorientierten Forschung großartige Arbeit. Es ist aus meiner Sicht konsequent gewesen, ihnen ein an Voraussetzungen geknüpftes eigenständiges Promotionsrecht einzuräumen.
Im Übrigen, auch das sollte der Juristen-Fakultätentag übernehmen: Es ist doch nicht einzusehen, dass Studierende, die sich bewusst für eine HAW entschieden haben und deren Forschungsarbeiten qualitativ keinen Deut hinter den Forschungsaktivitäten ihrer Kollegen an Universitäten zurückstehen, anders, ungleich oder schlechter behandelt werden als Studierende an Universitäten. Das halte ich für ein völliges Unding.
Frau Beer, im Übrigen ist auch kein Grund ersichtlich, dass forschungsstarke Fachbereiche oder Bereiche von Fachhochschulen, die die vom Wissenschaftsrat aufgestellten Kriterien erfüllen, vom Promotionsrecht ausgeschlossen sind. Alles andere wäre eine absurde Situation. Den einen nur deswegen dieses Recht nicht zu verleihen, weil sie eine Hochschule für angewandte Wissenschaft sind, würde ich für eine vollkommen absurde Situation halten.
Deswegen ist die Rollenverteilung im deutschen Hochschulsystem, dass die einen sich um die Praxis kümmern und die anderen für die Theorie zuständig sind, so wie das vielleicht in den Siebziger- und Achtzigerjahren gewesen ist, glücklicherweise passé.
Insofern liegen auch diejenigen falsch, die sagen, es sei nicht im System angelegt, dass Absolventen von Fachhochschulen promovieren. Dieses System ist Vergangenheit, dieses System ist passé. Fachhochschulen und Hochschulen für angewandte Wissenschaften wollen auch keine kleinen Universitäten sein. Sie wollen auch keine kleinen Universitäten werden. Sie werden durch das Promotionsrecht die Qualität ihrer anwendungsorientierten Forschung stärken, genauso wie sie die Stärken im Studium beibehalten werden. Genau das ist der richtige Weg, wie man ein klares, ein geschärftes und ein eigenständiges FH-Profil entwickelt.
Genau das wollen wir. Die Forschung an Hochschulen für angewandte Wissenschaften ist für den Innovationsstandort Deutschland, aber ganz besonders für den Innovationsstandort Hessen überlebenswichtig, weil es gerade diese Hochschulen für angewandte Wissenschaften sind, die die originären Forschungspartner der KMU sind. Das sieht man ganz besonders, wenn man sich die heute auch schon
Ich komme zum Ende, Herr Präsident. – Das sieht man ganz besonders, wenn man sich die heute auch schon erwähnte dritte Förderlinie des LOEWE-Programms anschaut. Hessen wird von der neuen Stärkung der FHs aus meiner Sicht intensiv und immens profitieren. Deswegen werden wir als Koalition sie weiterhin intensivst unterstützen. Das gilt für alle Bereiche, die in diesem Antrag genannt sind.
Ich freue mich über den Antrag, und ich freue mich auch über die darin zum Ausdruck kommende Unterstützung für die Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Ich glaube, man kann diese Unterstützung und den Ausdruck der Unterstützung noch dadurch steigern, dass der Antrag mit großer Mehrheit verabschiedet wird. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und wünsche einen guten Verlauf in den nächsten Stunden.
(Heiterkeit – Minister Boris Rhein: Danke schön! – Zuruf von der CDU: Herr Minister, bleiben Sie noch ein bisschen!)
Der Antrag Drucks. 19/3367 soll dem Wissenschaftsausschuss überwiesen werden. Gibt es andere Vorstellungen? – Das ist nicht der Fall. Dann wird er an den Ausschuss überwiesen.
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP betreffend Großbritannien ist wichtiger Teil der Europäischen Union – Drucks. 19/3509 –
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In wenigen Stunden öffnen die Wahllokale in Großbritannien, und die britischen Wählerinnen und Wähler entscheiden darüber, ob Großbritannien Mitglied der Europäischen Union bleibt oder die Union verlässt.
Mit unserem gemeinsamen Antrag wollen wir zum Ausdruck bringen, dass wir es begrüßen würden, wenn Großbritannien Mitglied der EU bleibt.
Großbritannien hat mutig im Zweiten Weltkrieg für Demokratie und Freiheit gekämpft und mit dem Sieg der Alliierten über das Naziregime einen wichtigen Grundstein für die Entstehung der Europäischen Gemeinschaft gelegt. Die Einigung Europas hat eine nie gekannte Phase des Friedens, der Sicherheit und des Wohlstands gebracht, von dem auch Großbritannien profitiert hat.