Protocol of the Session on May 17, 2016

Das Wort hat der Abg. René Rock für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatte über die Diätenerhöhung ist in jedem Parlament immer eine sensible, und sie wird von der Öffentlichkeit auch zu Recht immer sehr genau beobachtet. Darum ist es gerade bei der Diätenerhöhung wichtig, dass man versucht, einen Konsens unter den Parlamentariern herzustellen und darüber ins Gespräch zu kommen, was angemessen ist. Der Hessische Landtag hat das in der letzten Legislaturperiode grundsätzlich gemacht, um eine Antwort auf die sehr schwierige Frage zu finden: Was ist angemessen?

Man hat sich überlegt, dass ein Querschnitt der Erhöhungen der Bezüge in Hessen ein Leitfaden für eine solche Entscheidung sein könnte. Uns ist klar, dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten diese Erhöhungen niedrig sein werden oder womöglich sogar unter der Inflationsrate liegen und dass sie in wirtschaftlich guten Zeiten für alle Menschen, die in Hessen arbeiten, etwas höher ausfallen können. Darum gab es hier den großen Konsens – bis auf die formalen Einwände der Fraktion DIE LINKE, die das

jährlich beschlossen haben wollen –, einen Weg zu finden, auch um die Debatte über die Diätenerhöhung ein Stück weit zu entpolitisieren, also einfach zu sagen: Was könnte denn objektiv die richtige Höhe bei einer Diätenerhöhung sein?

Das, was wir jetzt erleben, ist genau das Gegenteil. Die Mehrheit in diesem Landtag politisiert diese Debatte, und zwar in einer Form, wie wir es nicht mehr machen wollten. Ich habe jedenfalls gedacht, darin seien wir uns einig.

(Beifall der Abg. Florian Rentsch (FDP) und Günter Rudolph (SPD))

Es ist müßig, zu sagen: „Der FDP ist 1 % zu wenig“, oder: „Der FDP sind 2 % zu wenig“. Wir werden diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen, was zur Folge haben wird, so, wie es ist, wenn ein solcher Gesetzentwurf nicht beschlossen wird, dass es zu einer Nullrunde kommt. Einer solchen Kritik werden wir uns sicherlich nicht aussetzen.

(Günter Rudolph (SPD): Ja, dann ist es halt so!)

Ich finde es aber sehr schade, dass ein Konsens, der sehr schwer herzustellen war, auf die Art und Weise eigentlich aufgekündigt wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn man etwas nach intensiver Debatte gemeinsam vertrauensvoll beschließt, sollte man zumindest das Gespräch suchen und überlegen, wie man gemeinsam mit dem Thema umgeht. Glauben Sie nicht, dass irgendein Beamter in Hessen sagt: Ich finde die Nullrunde und das Einfrieren auf 1 % viel gerechter, viel angenehmer und viel besser zu leisten, weil der Abgeordnete auch nur 1 % bekommt.

(Lachen des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ich glaube, diese Verquickung wird für keinen Polizisten in unserem Land als Erklärung hinreichend sein.

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das haben wir doch nie gesagt! – Gegenrufe von der SPD: Nein, nein! – Günter Rudolph (SPD): Herr Bellino hat das doch eben gesagt!)

Frau Dorn, schauen Sie in der Begründung Ihres eigenen Gesetzentwurfs nach. Ihr Zwischenruf macht mir schon ein bisschen Angst. Wenn Sie Ihren Gesetzentwurf jetzt vor sich liegen hätten, könnten Sie in die Begründung schauen und genau das nachlesen. Genau diese Verquickung verwenden Sie in Ihrem Gesetzentwurf.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Sie sehen mich hier nicht sehr ärgerlich stehen. Ich finde es nur schade. Ich glaube, keiner in diesem Haus würde sagen: Da unsere Diäten jetzt um 1 % weniger erhöht werden, gehen wir ärgerlich aus diesem Plenarsaal hinaus. – Ich frage mich nur: Was erreichen Sie damit, wenn Sie auf diese Art und Weise die Diätenerhöhung der Abgeordneten politisieren und das miteinander verknüpfen? Was erreichen Sie damit?

Ich würde mir an Ihrer Stelle eher Gedanken darüber machen, wie Sie es schaffen könnten, dass die Beamten Ihre Politik als gerecht und angemessen empfinden. Ich glaube, dann wäre die Diskussion im Plenum anders, und sie wäre auch mit den Menschen draußen, die sich für uns einsetzen – gerade die Polizisten oder die Beamten im mittleren Dienst –, anders zu führen, sodass sie die Politik, die Sie

betreiben, akzeptieren. Das, was Sie hier machen, wird diese Akzeptanz nicht herbeiführen.

Wir werden den Gesetzentwurf ablehnen. Das wird theoretisch wieder zu einer Nullrunde führen. Von daher haben wir uns als Freie Demokraten auch nichts vorzuwerfen. Ich finde nur die Art und Weise schade, wie Sie mit diesem Thema umgehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat Frau Abg. Dorn für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir Abgeordnete können unsere Aufwandsentschädigung selbst bestimmen. Das machen wir alle – das sage ich wirklich für das ganze Haus, und das weiß ich – nicht leichtfertig. Wir wissen, dass das eine hohe Verantwortung ist. Da bin ich ganz beim Kollegen Rock. Herr Rock, wir wissen, dass wir da unter großer Beobachtung stehen, und das ist auch richtig so. Gerade weil das so ist, haben wir das sehr sorgfältig überlegt und haben uns das nicht leicht gemacht. Wir haben aber gerade eine Phase einer Konsolidierung, die wir unglaublich wichtig finden. Hier geht es um das Thema Generationengerechtigkeit. Wir verlangen Einsparungen von den Bürgerinnen und Bürgern.

(Zuruf von der SPD: Nein, von den Beamten!)

Wir haben auch Einsparbedarf bei den Beamtinnen und Beamten. Herr Kollege Gremmels, Sie wissen, dass der Bereich Personal über 40 % des Landeshaushalts ausmacht. Das muss man erst einmal erreichen, um die Ausgaben zu decken. Wir haben uns der gesamten Breite der Verantwortung gestellt. Wir haben die Einnahmen erhöht. Da hat die SPD leider nicht zugestimmt. Wir haben Einsparungen gemacht. Und wir gehen auch in den Bereich der Besoldung. Das ist alles nicht leicht. Das machen wir nicht leichtfertig – im Gegenteil. Wir finden, dass es nur richtig ist, wenn wir es uns nicht leicht machen, wenn wir von allen für die Generationengerechtigkeit etwas abverlangen und wenn wir auch vor uns selbst nicht haltmachen. Genau deswegen kommt dieser Gesetzentwurf zustande.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir als GRÜNE hatten beim Thema Abgeordnetenentschädigung schon immer zwei Prinzipien. Das erste große Prinzip ist die Transparenz.

(Günter Rudolph (SPD): Ja!)

Wir legen auch viel Wert darauf. Wir sind alle als gläserne Abgeordnete im Internet zu finden. Wir legen Wert auf die Diskussionen hier im Plenum, wie wir sie gerade führen. Wir haben auch immer das Vorgehen, wie wir es uns vorstellen, wie wir die Abgeordnetenentschädigung entsprechend an den Bereich der Beamtenbesoldung knüpfen, transparent gemacht. Wenn Sie insofern alle sagen, das sei alles so intransparent, was wir tun, keiner habe von etwas gewusst, und plötzlich sei der Gesetzentwurf gekommen, dann möchte ich noch einmal meine Kollegin Sigrid Erfurth von vor zwei Jahren zitieren. Da hat sie gesagt:

In diesem Jahr nehmen wir noch einmal das alte Verfahren, das eine etwas geringere Diätenerhöhung bedeutet, als wenn wir auf ein neues Verfahren umgestellt hätten, stoppen für das Jahr 2015 und werden dann im Lichte der Besoldungserhöhung für den öffentlichen Dienst das weitere Verfahren beschließen.

Wir haben immer sehr transparent gemacht, was wir in diesem Bereich vorhaben, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Unser zweites Prinzip ist die Nachvollziehbarkeit. Deswegen haben wir schon immer gesagt: Ja, wir wollen uns an der Einkommensentwicklung orientieren, die das Statistische Landesamt uns vorgibt. Das finden wir sehr richtig, aber es soll eben eine Orientierung sein. Orientierung bedeutet keine Zwangsläufigkeit, sondern das hängt vom politischen Hintergrund ab.

(Günter Rudolph (SPD): Jetzt wird es interessant!)

Das ist das Wichtige. Die Frage ist: Soll man das automatisch machen, oder soll man das auch davon abhängig machen, wie gerade der politische Hintergrund ist? Der politische Hintergrund ist so – und das habe ich vorhin genau so gesagt –, dass wir durchaus auch den Beamten etwas abverlangen, was uns nicht leichtfällt. Aber wenn wir diese Rahmenbedingungen haben, müssen wir eben auch schauen, wie wir da weiterkommen. Genau das ist der Hintergrund. Deswegen stellen wir uns der Verantwortung. – Herr Kollege Rudolph, wenn Sie immer dazwischenrufen, möchte ich Sie schon einmal fragen: Was wollen Sie eigentlich?

(Zuruf von der CDU: Der hört gar nicht zu!)

Sind Sie dafür, dass wir auf die 1-%-Begrenzung unserer Diätenerhöhung gehen, oder sind Sie nicht dafür? Diese Frage müssen Sie uns gleich noch beantworten, wenn Sie hier ans Podium gehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir glauben, wenn wir die Steigerung der Bezüge bei den Beamten begrenzen, dass das auch für die Abgeordneten gelten muss. Im Bericht werden 2,2 % als angemessen ausgewiesen. Wir sagen: Wir begrenzen uns auch auf 1 %. Wir glauben ganz fest, dass alles andere ein völlig falsches Signal wäre. Wir sagen damit nicht, dass damit alles begründet ist, warum wir den Rest machen. Wir haben gerade den Kollegen Frömmrich und den Kollegen Boddenberg gehört. Wir begründen natürlich die Frage der Beamtenbesoldung ganz anders. Aber die Frage ist doch: Würden wir es anders machen – –

(Unruhe)

Bitte etwas mehr Ruhe. – Einen Augenblick, Frau Kollegin.

Die Frage ist ja: Würden wir jetzt 2,2 % beschließen, wäre das dann gerecht? – Genau das ist die Frage, die Sie sich stellen müssen. Es ist die Frage, die wir uns gestellt haben.

Wir haben sie beantwortet. Wir haben hier einen Vorschlag gemacht. Wir sind in der ersten Lesung. Wir freuen uns sehr, wenn wir hier zu einer einvernehmlichen Lösung kommen und das gemeinsam vorschlagen. Wir haben den Vorschlag gemacht. Bitte überlegen Sie mit uns, ob das der richtige Weg ist. Aus unserer Sicht ist es der richtige Weg. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Das Wort hat Herr Abg. Rudolph für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Jahr 2008 gab es einen Konsens im Hessischen Landtag, als wir das Abgeordnetengesetz geändert haben. Es gab ein Einverständnis, die Altersgrenze zu erhöhen, ab der man bezugsberechtigt ist, und die Dauer der Zugehörigkeit zum Landtag wurde erhöht. Das alles sind Maßnahmen, die vernünftig waren. Wir haben uns darauf verständigt, wie wir ermitteln können, ob eine Anpassung der Diäten sinnvoll ist, und wenn ja, in welcher Höhe. Da sind wir auf den Index gekommen, den eine unabhängige Stelle, nämlich das Statistische Landesamt, ermitteln soll. Das ist eine vernünftige Größenordnung.

Frau Kollegin Dorn und Herr Kollege Bellino, der erste Trugschluss ist – es gibt auch eine Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts –: Die automatische Gleichsetzung der Diätenerhöhung mit der Beamtenbesoldung ist nicht zulässig. Jetzt sagen Sie, Sie orientieren sich daran. Sie haben sich jetzt zweimal hintereinander exakt an das gehalten, was Sie für den Beamtenbereich gemacht haben. Deswegen ist die Gleichsetzung falsch, die Sie an dieser Stelle betreiben.

(Beifall bei der SPD)

Sie wollen sich doch nicht ernsthaft hierhin stellen und behaupten, dass der Justizsekretär in der Besoldungsgruppe A 6 sagt: Prima, ich bekomme nur 1 %, und da der Abgeordnete auch nur 1 % Diätenerhöhung bekommt, finde ich das ganz toll, bin zufrieden und lobe Schwarz-Grün in meinem Nachtgebet.

(Heiterkeit bei der SPD – Holger Bellino (CDU): Das hat doch keiner gesagt!)

So naiv können selbst Sie von der CDU nicht sein. So naiv können selbst Sie nicht sein.