Protocol of the Session on May 17, 2016

Meine Kollegen von der Linksfraktion, das, was Sie hier vorgelegt haben, ist ja wohl das Hinterletzte. „Freibier für alle“ – das kennen wir von Ihnen. Herr Kollege Schaus, aber das ist gerade das Gegenteil von einer verantwortungsvollen Politik, die auch im zumutbaren Rahmen

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ach ja, bei 260 Millionen € Mehreinnahmen!)

einen Beitrag des öffentlichen Dienstes fordert.

(Beifall bei der FDP)

Aber eines will ich auch sehr deutlich sagen: Meine Damen und Herren von der schwarz-grünen Koalition, das, was Sie hier machen, ist das Dokumentieren des glatten Gegenteils von Wertschätzung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes Hessen. Das, was Sie machen, ist im Übrigen – darüber wird dann das Gericht zu entscheiden haben – ein Angriff auf das, was verfassungsmäßig gewährleistet ist. Sie gehen an das heran, was Ihnen das Bundesverfassungsgericht als Maßstab gesetzt hat, und Sie versuchen, sich da irgendwo noch ein Stückchen durchzuschlängeln. Tatsächlich aber ignorieren Sie unter dem Strich das, was insbesondere Prof. Battis in seinem Gutachten herausgearbeitet hat. Es spricht vieles dafür, dass das, was Sie jetzt machen, auf eine verfassungswidrige Unteralimentation, insbesondere in den unteren Besoldungsstufen, hinausläuft.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Da gebe ich dem Kollegen Rudolph einmal recht. Es geht nicht um den B-6-Beamten und die Landtagsabgeordneten – das ist der nächste Punkt, über den wir hier zu debattieren haben –, sondern es geht um die unteren Besoldungsstufen, bei denen Sie noch Realeinkommen wegnehmen. Das geht über die Grenze dessen hinaus, was das Alimentationsprinzip noch rechtfertigt. Die pauschale Vorfestlegung über mehrere Jahre ohne besondere Begründung – außer der Festlegung in Ihrem Koalitionsvertrag: wir machen das so – geht über die vom Verfassungsgericht verlangte Prozeduralisierung hinaus.

Der allgemeine Hinweis auf die Schuldenbremse reicht eben nicht zur Begründung dessen, was Sie hier tun.

(Michael Boddenberg (CDU): Wer sagt denn das?)

Ich sage das hier sehr deutlich. Insofern in gewisser Weise Respekt: Sie haben ohne Frage großen Aufwand betrieben,

um anhand der klaren Kriterien des Verfassungsgerichts zu versuchen, das zu begründen, was Sie jetzt tun. Nur ist es Ihnen halt nicht gelungen.

(Beifall bei der FDP – Michael Boddenberg (CDU): Wer sagt das?)

Wer das sagt? Herr Kollege Boddenberg, das ist z. B. Herr Prof. Battis, einer der renommiertesten

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Verfassungsrechtler der Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall bei der FDP – Michael Boddenberg (CDU): Gegen drei andere!)

Wenn Sie schon nicht auf die Opposition hören, dann sollten Sie wenigstens ernst nehmen, was Ihnen dort mitgeteilt wird.

(Michael Boddenberg (CDU): Nehme ich doch! – Günter Rudolph (SPD): Das ist enorm glaubwürdig!)

Versuchen Sie nicht, einfach stur an dem festzuhalten, stur Heil voranzugehen mit dem, was Sie in der Vergangenheit einmal mit Ihrem grünen Koalitionspartner ausgehandelt haben und jetzt stur Heil umsetzen, ohne auf bessere Argumente zu hören.

(Beifall bei der FDP)

In diesem Zusammenhang mache ich einen weiteren Punkt sehr deutlich: Schon heute stellen wir fest, dass es in etlichen Bereichen des öffentlichen Dienstes Probleme gibt, qualifizierten Nachwuchs zu akquirieren, einzustellen. Diese Gefahr vergrößern Sie. Sie verringern die Attraktivität des öffentlichen Dienstes. Ich denke da an Bereiche des technischen Dienstes, an die Rechtspflege, wo es schon heute ein Nachwuchsproblem gibt. Sie sollten im Blick behalten, dass Sie sich in direkter Konkurrenz mit der freien Wirtschaft befinden. Die Attraktivität des öffentlichen Dienstes mit Aspekten wie Arbeitsplatzsicherheit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf usw., aber auch einer angemessenen Alimentation, ist das wesentliche Argument, mit dem der öffentliche Dienst gegenüber der freien Wirtschaft punkten kann. Das aber setzen Sie fahrlässig aufs Spiel.

Meine Damen und Herren, bevor Sie Ihren Gesetzentwurf aus der Tasche gezogen haben, wurde zwischenzeitlich kolportiert, es gäbe ein Angebot von 1,5 bis 1,8 %. Das kam, kurz nachdem die Landesregierung – der Innenminister, der Ministerpräsident – sich öffentlichkeitswirksam das Gutachten von Herrn Battis hat vom Beamtenbund aushändigen lassen. Der Innenminister hat dann dementiert, dass man bei den Beamtenverbänden falsche Eindrücke erweckt habe – was aber mittlerweile von Etlichen bestätigt wurde. Natürlich hat es mehrere Emissäre aus Ihren Fraktionen gegeben,

(Michael Boddenberg (CDU): Netter Versuch!)

die genau das diskutiert haben. Herr Kollege Frömmrich, im Innenausschuss hatten wir die denkwürdige Situation, dass ich formuliert habe: „Aha, jetzt wird also dafür bestraft, dass man nicht bereit ist, sich mit einem kleineren Zuschlag zufriedenzugeben; dann gibts gar nichts“ –, und da hat Herr Frömmrich sehr deutlich genickt und seine Zustimmung signalisiert.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie wissen nicht, wie ich nicke! So ein Unsinn! – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Er ist vielleicht eingenickt!)

Herr Greilich, kommen Sie bitte zum Schluss.

Herr Präsident, ich komme zum Ende. – Meine Damen und Herren, das ist keine Art und Weise, wie man mit den Mitarbeitern des Landes Hessen umgeht. Herr Kollege Boddenberg, auch das will ich mit Bezug auf den Anfang Ihrer Rede sagen: Sie haben gesagt, Sie seien eigentlich ein Lobbyist für Beamte. Ich kann Ihnen sagen: Die Beamten des Landes Hessen bedanken sich für einen solchen Lobbyismus. Auf den können sie gut verzichten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Michael Bod- denberg (CDU))

Danke, Herr Greilich. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Staatsminister Beuth das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Hessische Landesregierung begrüßt diesen Gesetzentwurf, der durch die Koalitionsfraktionen vorgelegt worden ist.

(Günter Rudolph (SPD): Sie haben ihn ja schreiben lassen!)

Schon alleine die Tatsache, dass sich dieser Gesetzentwurf auf 17 Seiten Begründung sehr ausgiebig und detailliert mit den Fragen auseinandersetzt, die das Bundesverfassungsgericht uns als Land Hessen aufgegeben hat, um eine korrekte Besoldung zu bestimmen, zeugt davon, dass wir mit dieser Problematik angemessen umgegangen sind.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Boddenberg hat das sehr deutlich am Anfang gesagt: Dieser Gesetzentwurf beinhaltet eine einprozentige Erhöhung der Besoldung für die Beamtinnen und Beamten des Landes Hessen. Es ist eine Erhöhung, und es bleibt eine Erhöhung – auch wenn der Kollege Greilich hier eben anderes behauptet hat; darauf komme ich sofort zurück.

Die Maßnahme, die wir dort mit der einprozentigen Erhöhung festgesetzt haben, statt dem Tarifergebnis zu folgen, ist kein Selbstzweck. Das haben wir hier miteinander diskutiert – übrigens eben in einer anderen Debatte schon einmal. Das folgt dem Grundsatz der Generationengerechtigkeit. Wir wollen mit dieser Koalition zum Ende dieser Wahlperiode Generationengerechtigkeit herstellen, und da kommen wir nicht umhin, bei den Themen Personal und Besoldung maßvoll zu agieren. Das tun wir mit diesem Gesetzentwurf, und das folgt, wie gesagt, diesem Grundsatz.

Meine Damen und Herren, Hessen besoldet seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut. In allen Besoldungsgruppen liegen wir unter den besten zehn Ländern. Beispielsweise liegen wir in A 7 – da geht es um diejenigen, die bei der

Feuerwehr beginnen – auf dem 7. Platz. Bei der Polizei, bei A 9, sind wir auf dem 6. Platz. Bei den Studienräten sind wir ebenfalls auf dem 6. Platz. Schon daran kann man ermessen, dass wir mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Lande ordentlich umgehen. Bei aller Debatte, die Sie zu dieser Besoldungsfrage hier geführt haben, muss das nochmals deutlich gesagt sein.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern kann ich angesichts dieses Gesetzentwurfs mit einer nur einprozentigen Erhöhung schon deutlich machen, dass wir die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserem Land sehr, sehr schätzen – und zwar nicht nur, weil sie in den Amtsstuben, in den Ministerien, in den Verwaltungen, überall dort, wo sie unterwegs sind, für die Bürgerinnen und Bürger gute Dienste leisten, sondern ich möchte auch daran erinnern, dass sie gerade im vergangenen Jahr überobligatorisch an vielen Stellen – weil wir eben eine besondere Aufgabe zu bewältigen hatten – Herausragendes geleistet haben. Dafür sind wir sehr, sehr dankbar.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Dankbarkeit drückt sich allerdings nicht nur – für manchen auch – in der Höhe der Besoldung aus. Aber ich möchte schon nochmals deutlich machen, dass die Hessische Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen in den letzten zwei Jahren dafür Sorge getragen haben, dass wir zahlreiche Baustellen, die sich einfach turnusmäßig im Dienstrecht ergeben, aufgeholt haben. Beispielsweise haben wir bei der Dienstrechtsreform die Folgen aufgearbeitet, die sich durch die Anwendung des neuen Dienstrechts im Jahre 2010 ergeben haben. Da gab es erhebliche Sorgen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die wir unlängst im Gesetzentwurf gelöst haben. Wenn Sie sich daran erinnern wollen: Wir haben das Hessische Personalvertretungsgesetz an einigen Stellen anpassen können, ganz im Sinne und Interesse der Beschäftigten. Auch hierauf möchte ich nochmals deutlich verweisen. – Das sind zwei Beispiele von vielen, die ich Ihnen hier vortragen könnte, die wir in den vergangenen zwei Jahren gelöst haben.

Nunmehr stellt sich die Frage der Besoldung. Hierzu haben wir klare Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts erhalten, wie wir dort vorzugehen haben. Es gibt einzelne Prüfungsschritte. Dazu gehören die Fragen: Wie haben sich die Tarife entwickelt? Wie hat sich der Nominallohnindex entwickelt? Wie haben sich die Verbraucherpreise entwickelt?

Das haben wir Ihnen in diesem Gesetzentwurf aufgeschrieben. Wir haben Ihnen nachvollziehbar erklärt, wie wir zu unserem Ergebnis gekommen sind.

Übrigens war das eine Sorge, die uns von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorgetragen worden ist, insbesondere aus den Gewerkschaften: dass wir das nicht hinreichend begründet tun. – Das aber tun wir hier. Das ist eine hinreichende Begründung. Mit den Zahlen, die wir hier ermittelt haben, brauchen wir uns wahrlich nicht zu verstecken.

Kollege Boddenberg hat schon die Frage von Besoldung und Tarif angesprochen. Ich möchte hier schon nochmals deutlich machen, dass wir auch beim Nominallohnindex – also dem, was insgesamt in unserem Land verdient wird –

bei einem Indexwert von 129 gegenüber dem Jahr 2000 nur um knapp einen Punkt bei der Besoldung und um knapp einem halben Punkt beim Tarif hinterherhinken. Es ist also keineswegs so, dass wir grundsätzlich eine Situation hätten, wonach der öffentliche Dienst von der allgemeinen Lohnentwicklung abgekoppelt wird. Das stimmt einfach nicht. Was wir hier ermittelt haben, steht nunmehr in diesem Gesetzentwurf.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, immer wieder ist erklärt worden, dass sich in den letzten Jahren im öffentlichen Dienst die Besoldung und der Tarif so entwickelt hätten, dass es zu realen Einkommensverlusten gekommen sei. Auch das wird durch diese Zahlen, die wir aufgeschrieben haben, als Mär zurückgewiesen. Beim Verbraucherpreisindex liegen wir sowohl bei der Besoldung als auch beim Tarif in der Größenordnung zwischen 6 und 7 Punkten oberhalb der Entwicklung der Verbraucherpreise, haben also einen Nominallohnzuwachs, einen -besoldungszuwachs, einen -tarifzuwachs in den vergangenen 15 Jahren erreicht.

Herr Kollege Greilich, man könnte unter normalen Gesichtspunkten darauf kommen, zu sagen: Wenn es nur 1 % gibt, dann ist das so etwas wie eine Lohnkürzung. – Ja, wenn wir von Inflationsraten ausgehen, an die wir uns in den vergangenen Jahrzehnten gewöhnt haben. Wir hatten aber im März 0 % Inflation. Das heißt, eine einprozentige Besoldungserhöhung ist eben doch ein nominaler Zuwachs bei der Besoldung und insofern keine Einkommenskürzung.

Lassen Sie mich noch zwei Punkte kurz ansprechen. Kollege Rudolph war so freundlich, uns die Verhältnisse vorzuhalten, die für einen nach A 6 besoldeten Bediensteten gelten. Kollege Frömmrich hat gesagt, wo wir hinsichtlich des mittleren Dienstes im Ländervergleich einsortiert sind. Ich will Ihnen aber einmal sagen, wie weit wir diesbezüglich vor anderen Bundesländern stehen. In Hessen beträgt die Jahresbruttobesoldung in der Besoldungsgruppe A 6, mittlerer Dienst, bestehend aus Grundgehalt, allgemeiner Stellenzulage und Sonderzulage, 25.428,57 €. Das sind 10 % mehr als in Berlin; der Regierende Bürgermeister von Berlin ist bekanntlich ein Sozialdemokrat. Hessen hat einen Vorsprung vor dem Land Nordrhein-Westfalen – das wird bekanntlich von Frau Kraft regiert – von 250 €, vor dem Land von Herrn Weil von 400 €

(Zurufe von der SPD und der LINKEN – Hermann Schaus (DIE LINKE): In Hessen muss aber 42 Wochenstunden gearbeitet werden!)