Meine Herren von der FDP, dank Herrn Lorz sind sie nun doch nicht mehr so ganz aktuell. Dass der Kultusminister zahlreiche Gespräche geführt und auch das Versprechen abgegeben hatte, nachzubessern, das wussten wir. Nicht nur die Opposition, sondern auch Tausende Schülerinnen und Schüler sowie unzählige Eltern haben vehement gegen diese Kürzungen protestiert.
Ich bezweifle, dass es sich dabei um einen Zufall handelt. Herr Minister, Chapeau, ich denke, Sie haben das ganz gut hinbekommen.
Dass es sich bei diesen Stellenzuweisungen nicht, wie Kultusminister Lorz bis vor Kurzem gerne behauptet hat, um geringfügige Änderungen handelt, die keinen Einfluss auf Oberstufenkurse haben, wurde von den vielen Schulen verdeutlicht, die sich Hilfe suchend an die hessischen Schulpolitikerinnen und -politiker gewandt haben. Denn plötzlich konnten Kurse in der Oberstufe nicht mehr angeboten werden.
Eine der Petitionen, die wir hier besprechen wollten, ist von der Landesschülervertretung eingereicht worden. Innerhalb kürzester Zeit haben mehr als 30.000 Hessinnen und Hessen diese Petition unterzeichnet. Uns selbst haben Hunderte E-Mails und Briefe von empörten Eltern erreicht. Schulleitungen machten deutlich, dass durch die Zuweisungskürzungen tatsächlich weniger Unterricht gegeben werden wird.
Mit dem Erlass des Kultusministeriums und dem entsprechenden Beschluss zum Finanzplan des Landes Hessen für die Jahre 2015 bis 2019 finden tiefe Einschnitte in der Oberstufe statt. Begründet werden diese Kürzungen mit dem zusätzlichen Bedarf bedingt durch Ganztagsangebote, inklusive Beschulung, Deutschfördermaßnahmen und zur Aufstockung der Sozialindexstellen.
Diese zusätzlichen Stellen sehen wir als notwendig an, und sie sollen nicht abgesprochen werden. Dieses darf jedoch nicht zulasten anderer Schularten gehen.
Des Weiteren wird ausgeführt, dass der bereits im Jahr 2015/2016 gekürzte Schülerfaktor durch die erneute Kürzung definitiv dafür sorgen würde, eine 104-prozentige Lehrerversorgung in weite Ferne rücken zu lassen. Konkret führt die Petentin aus:
Diese Kürzungen gehen zulasten der Oberstufenschüler. Besonders davon betroffen sind die naturwissenschaftlichen Fächer sowie die Fremdsprachen. Die Folge sind erhöhte Schülerzahlen pro Kurs, und das Ganztagsangebot kann nicht in vollem Umfang gewährleistet werden.
Meine Damen und Herren, wir nutzen des Öfteren das Sinnbild des zu kurzen Tischtuchs. Das gilt auch hier. Wie der Stellungnahme des Hessischen Kultusministeriums zu entnehmen ist, ist das Volumen der gekürzten Stellen nicht gering. Im Gegenteil: In der Stellungnahme lässt sich eine Berechnung finden, die verdeutlicht, welches Ausmaß die Kürzungen tatsächlich haben.
Das gesamte Volumen für die von der Petentin erbetenen Rücknahmen der Zuweisungsänderung beträgt somit 472,2 Stellen.
Und dass bei dem Wegfall dieser 472,2 Stellen – wie es der Umkehrschluss zulässt – Unterricht zwangsläufig ausfallen muss, ist ja klar.
Herr Minister, Sie haben erklärt, dass die Kürzungen für das Schuljahr 2015/2016 nicht zurückgenommen werden sollen. Das ist sehr bedauerlich. Denn die Einschnitte sind auch hier groß.
Trotzdem können alle diejenigen, die sich so vehement gegen die Kürzungen zur Wehr gesetzt haben, einen Teilerfolg verzeichnen. Und ganz habe auch ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass das Einsehen des Kultusministers bis zum Ende des Schuljahres so groß ist, auch die 150 verschobenen Stellen wieder an ihren Platz zu setzen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Kollegin Cárdenas. – Für die Landesregierung spricht nun Staatsminister Lorz. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im März-Plenum dieses Hohen Hauses hatte ich die SPD-Opposition verdächtigt, auf die nächste Oscar-Nominierung zu schielen, weil sie wie Leonardo DiCaprio als „Wiedergänger“ ein Thema zum Setzpunkt gemacht hatte, das genau so auch schon im letzten Jahr auf der Tagesordnung des Landtags stand.
Das scheint die FDP-Fraktion in diesem Haus in besonderer Weise animiert zu haben. Denn sie hat dasselbe Thema nun im April zu ihrem Setzpunkt gemacht.
Aber, meine Damen und Herren – das kann man auch aus der Filmbranche lernen –, die zweite Wiederholung von irgendetwas bringt einem garantiert keinen Oscar ein.
Ich hoffe aber, Sie werden es der Landesregierung umgekehrt positiv anrechnen, dass sie Ihnen mit der von mir gestern bekannt gegebenen Entscheidung wenigstens erspart hat, die Reden vom März unverändert noch einmal halten zu müssen.
Die SPD hat das ja ersichtlich auch getan. Dass sie mich allerdings in ihrer Pressemeldung gleich in die Nähe des Friedensnobelpreises gerückt hat, das hätte ich dann doch nicht erwartet. – Vielen Dank für diese nette Überraschung.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Hessischer Filmpreis!)
Aber zur Sache. Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass wir aktuell vor großen Herausforderungen in der Schulpolitik stehen und dass die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen schon in der Koalitionsvereinbarung politische Schwerpunkte für ihre bildungspolitischen Investitionen beschlossen haben. Das ist in vorderster Linie der Ausbau der Bildungs- und Betreuungsangebote in Ganztagsform, das ist die Sprachförderung für Migrantinnen und Migranten, das ist der Ausbau der inklusiven Beschulung, und das ist die Verdopplung der Sonderzuweisung für Schulen, die in einem schwierigen sozialen Umfeld arbeiten, also das, was man landläufig als Sozialindex bezeichnet. Daran halten wir unverändert fest.
Wir haben – das will ich nur noch einmal klarstellen; Herr Abg. Wagner hat das bereits gesagt – 800 zusätzliche Stellen, die wirklich zusätzlich über den bisherigen Bestand der Stellen hinaus in den Etat hineingeschrieben worden sind, und wir dürfen ja auch nicht vergessen, dass wir immer noch das haben, was – jetzt muss ich ein Wort bringen, das ich nicht mag, aber es muss an der Stelle sein – man landläufig als „demografische Rendite“ bezeichnet.
Denn wir haben, wenn man von dem zuwanderungsbedingten Bedarf absieht, der mit diesen 800 Stellen abgefangen werden soll, nach wie vor zurückgehende Schülerzahlen. Die Lehrerstellen, die dort frei geworden sind, werden in genau diese Schwerpunkte reinvestiert. Keine dieser Stellen verlässt das Bildungssystem. Wenn Sie das netto rechnen und einmal den Strich darunter ziehen, unter all die Bemühungen in den letzten beiden Schuljahren, dann sind wir schon bei über 1.500 Stellen, die wir mobilisiert haben, um sie in diese Schwerpunkte zu investieren, und zwar ohne irgendwelche Umlenkungen, Kürzungen oder Reduzierungen an anderer Stelle.
Aber das zentrale Thema dieser Plenardebatte und der vergangenen Plenardebatten ist und war die Lehrerversorgung in der gymnasialen Oberstufe, die – objektiv betrachtet – im Vergleich mit anderen Schulbereichen sehr gut ausgestattet war und ist. Hier hatten wir für die beiden kommenden Schuljahre noch Stellenumlenkungen in der Qualifikationsphase vorgesehen, aber – das habe ich gestern öffentlich erklärt und wiederhole es heute gern in diesem Haus – die Landesregierung und die Spitzen der Koalition haben sich in dieser Woche auf meinen Vorschlag hin darauf verständigt, auf diese Stellenumlenkungen zu verzichten.
Meine Damen und Herren, zu dieser Entscheidung sind wir nicht zuletzt aufgrund der mit einigen betroffenen Schulen geführten Fachgespräche gekommen. Daran sehen Sie auch die Stärke und den Effekt des von uns initiierten Dialogverfahrens.
Wir haben die entsprechenden Einladungen ausgesprochen und diese Gespräche geführt, weil wir in vollem Ernst die individuelle Situation der Stellenverwendungen im Detail nachvollziehen wollten.
Wir haben dabei, soweit uns die Schulen Probleme vorgetragen haben, die Ursachen identifiziert, auch Ursachen außerhalb der Veränderungen bei der Zuweisung. Wir haben aber auch die Erkenntnis gewonnen, dass gerade zum kommenden Schuljahr mehrere Effekte zusammengekommen wären, die die Forderung nach einer Entlastung von der geplanten Stellenumlenkung in diesem Zeitpunkt berechtigt erscheinen ließen. Das habe ich im März in einem Brief an die betroffenen Eltern ausdrücklich anerkannt und habe gesagt, wir werden nach Möglichkeiten zu dieser Entlastung suchen.
Um diese Möglichkeiten zu finden, braucht man natürlich die Voraussetzungen dafür, also insbesondere die Mittel.
Deswegen, meine Damen und Herren, ist es eine schöne, eine frohe Botschaft auch für mich gewesen, dass es uns gelungen ist, im Etat des Kultusministeriums für das kommende Schuljahr Spielräume zu identifizieren, die es uns ermöglichen, auf die zweite Tranche der geplanten Stellenumlenkungen zu verzichten.
Weil Sie danach gefragt haben, Herr Abg. Yüksel, sage ich, dass sich das ganz einfach erklärt. Unsere Berechnungen verändern sich permanent. Denn wir fangen zu Beginn
eines Schuljahres an, das kommende Schuljahr zu berechnen. Da werden Prognosen erstellt; die werden laufend aktualisiert, und durch Rückmeldungen, durch Plausibilisierungen verfeinert. Und je näher man an das kommende Schuljahr herankommt, umso mehr kann man natürlich schätzen, wie die Schülerzahlen tatsächlich sein werden, wie die Sollklassenverteilung ist, was man tatsächlich an Mitteln brauchen wird. Das darf dann auch einmal so ausgehen, dass man sagt, gut, wir brauchen zum kommenden Schuljahr diese zweite Tranche, wie sie ursprünglich kalkuliert war, nicht mehr.
Aber das allein hätte noch nicht gereicht. Deswegen bin ich auch sehr froh – ich möchte mich ausdrücklich bei dem Ministerpräsidenten und bei allen Kolleginnen und Kollegen bedanken –, dass ich darüber hinaus die politische Zusage der gesamten Landesregierung gewinnen konnte, dass wir es 2017 so einrichten werden, dass wir auf die dann geplante dritte Tranche der Stellenumlenkungen ebenfalls verzichten können.
Meine Damen und Herren, das ist für sich betrachtet schon eine große Leistung. Denn es entspricht einer finanzpolitischen Kraftanstrengung, einer finanzpolitischen Verpflichtung, die wir für das kommende Jahr eingehen und von der wir wissen, dass wir damit eine Herausforderung in Angriff nehmen, aber eben auch zuversichtlich sind, dass wir sie meistern können.
Die erste Phase, die zu Beginn dieses Schuljahres vollzogen worden ist, bleibt davon unberührt, weil dafür der Spielraum einfach nicht reicht.
Aber es war auch ein einhelliges Ergebnis der Fachgespräche, dass das, was dieses Schuljahr geschehen ist, die Schulen nicht in Schwierigkeiten gebracht hat. Daraus erklären sich beispielsweise die Meldungen in der Presse, die hier schon mehrfach zitiert worden sind, dass selbst von denjenigen, die die Proteste im vergangenen Jahr, in den vergangenen Wochen angeführt haben, die Rückmeldung kam: Ja, das ist jetzt ein gutes Ergebnis, und damit können wir leben.